Hartmut nahm die Papierrose und sah den Hauptkommissar an. „Aha….Origami. Das ist die Kunst des Papierfaltens. Wusstest du, dass diese Kunst im Jahr 610 in Japan von chinesischen Mönchen entwickelt wurde. Schon 100 v. Chr. war diese Kunst in China bekannt. Hier in Deutschland ist es eigentlich sehr selten. Aber man kann es mit Hilfe des Internets erlernen. Natürlich mit viel Geduld. Diese Rose ist nicht ganz fehlerfrei.“ Semir rollte die Augen. Es schien keinen Bereich zu geben, den Hartmut nicht kannte und zu dem er nichts sagen konnte. „Hartmut, ich will nicht wissen, was das für eine Kunst ist, sondern wer diese Rose gefaltet hat und diesen Brief geschrieben hat. Mehr will ich nicht wissen!“ Hartmut sah ihn fragend an. „Und wie soll ich es deiner Meinung nach anstellen? Vom Papier Fingerabdrücke nehmen?“ „Keine Ahnung, du bist doch der Techniker!“ Alex grinste verschmitzt. „Semir wird gestalkt und er hat darauf keinen Bock. Ich hab ihm schon Polizeischutz angeboten, aber davon will er nichts wissen.“ „Klar! Das verstehe ich sehr gut, Semir. Ich würde es auch nicht wollen. Aber leider kann ich von dem Papier keine Fingerabdrücke nehmen. Das verhält sich wie beim Stoff. Papier ist ein Naturprodukt und da kann man keine Abdrücke nehmen. Was ich dir sagen kann, ist woraus die Tinte besteht oder aber was die Person für eine Schreibschwäche hat, nur wird dir das nicht helfen.“ Semir brachte seine Stirn in Falten. „Okay, danke Hartmut. Dann muss ich anders versuchen heraus zu finden, wer mich da nervt.“Er stöhnte auf. „Wenn du vorher zu mir gekommen wärst, dann hätte ich dein Handy überwachen lassen und sie dann bekommen.“ Semir sah zu Alex, der seine Schultern hochzog. „Das hab ich dir ja gesagt, Semir.“„Das ist doch von einer Messagebox!“ beschwerte sich Semir sofort. „Na und?“ Hartmut sah ihn fragend an. „Ja was, na und? Das kannst du doch gar nicht zurückverfolgen!“ Hartmut lachte auf. „Wer sagt das denn?“ tadelte er den Hauptkommissar. „Ja das ist doch so, oder nicht?“ Semir war etwas verwirrt. „Nun ja. Wenn der Versender es von einem Handy schickt, dann kann ich die Nummer herausfinden. Wenn er es von der Box versendet, dann kann ich den Standort des PCs ermitteln. Wo ist denn das Problem? Allerdings müsste ich dann auf deinem Handy bzw. auf die alte Karte geschaltet sein, wenn die SMS kommt. Aber die werde ich einfach mit dem Computer koppeln.“ erklärte Hartmut das weitere Vorgehen.
Sie traf sich mit ihren Brüdern vor ihrer Haustür. „Also… ihr werdet ihn morgen holen und ihr bleibt so lange bei mir, bis er mir bedingungslos gehorcht.“ André und auch Moritz zuckten zusammen, als sie den scharfen Ton ihrer Schwester hörten. „Dann musst du aber erst zahlen! Mindestens die Hälfte für jeden!“ Sie lächelte und griff in ihre Tasche. Zwei Bündel Geld hielt sie in der Hand. Diese reichte sie den Brüdern rüber, die gierig danach griffen. „Okay, und wo willst du ihn hinhaben?“ André sah seine Schwester an und steckte das Geld ein. „In der alte Hütte von Papa. Sie steht leer und abgelegen. Wir werden dort ein schönes Krankenzimmer einrichten. Die Sachen hab ich schon organisiert und dort werde ich ihn dann behandeln. Tropf, Medikamente, Essgeschirr alles wie im Krankenhaus. Sogar die Geräuschkulisse.“ erklärte sie und spielte mit ihren Haaren. „Wie willst du ihn denn festhalten? Er ist ein erwachsener Mann und keines deiner hilflosen Tiere! Und warum eigentlich?“ Sie schloss die Augen. „Er ist mein Traummann. Nur keine Sorge. Das bekomme ich schon in den Griff. Er wird sich mir unterwerfen. Wenn nicht, dann wird er bestraft werden. Ihr wisst doch wie ich, das so mache.“ Sie kicherte albern als ihre Brüder sich ansahen und verließ den Raum. „Die ist ja völlig durchgeknallt.“ André konnte seinem Bruder nur zustimmen. „Na und? Sie zahlt uns das Geld und wir tun es. Dann werden wir uns absetzen und das Geld verjubeln. Sie ist dran, wenn man sie schnappt. Und besser ihn als uns. Denk mal an die Vergangenheit. Sie hat uns immer ganz schön zugesetzt“ Moritz schluckte bei der Erinnerung an die Kindheit. „Sie sollte aber in ihrem Beruf schon klar sein. Ich habe Angst, dass sie komplett durchdreht. Auch wenn sie jetzt unsterblich in den Mann verliebt ist. Mir ist nicht wohl bei der Sache.“ André lachte. „Wann war sie denn jemals normal? Schon damals, überleg doch mal! Sie hat immer verrückte Ideen gehabt. Sie hatte sogar einen unsichtbaren besten Freund. Erinnerst du dich noch, wie sie uns immer Schläge durch ihn angedroht hat?“
„Oh ich erinnere mich sehr genau. Mich hatte sie besonders oft auf dem Kicker. Was machen wir, wenn sie uns befiehlt auf den Mann aufzupassen? Weißt du was er vom Beruf ist?“ Moritz zog sich zusammen bei der Erinnerung.„Nein, aber ehrlich gesagt ist es mir auch egal. Ich weiß nur, dass er mal verheiratet war und drei Kinder hat. Aber er ist sicher kein Millionär. Da würde sie sich nämlich anders anstrengen. Vermutlich ist er ein kleiner Bauarbeiter, den eh niemand vermissen wird, weil er jeden Abend säuft und seine Frau verprügelt.“ Andre stand auf und zog seine Jacke an.„Na egal…machen wir uns an die Arbeit. Er soll morgen schließlich einziehen. Wir müssen bis morgenfrüh fertig sein. Wenn sie will, das wir ihn beseitigen, weil sie keine Lust mehr auf ihn hat, auch gut. Dann machen wir das. Sie bezahlt uns dafür und alles andere interessiert mich nicht mehr.“ Ihre Schwester kam zurück. Gemeinsam ging es nun zur Hütte und André machte sich mit Moritz daran, das Zimmer für den Mann herzurichten. Sie strichen es weiß und legten sogar einen Linoleumboden aus. Als das Zimmer fertig eingerichtet war, sah es wirklich aus wie im Krankenhaus. Selbst das angrenzende Bad war mit einer Notrufklingel ausgestattet. „Aber irgendwie ist sie auch verdammt gewitzt. Sie weiß genau was sie will. Na von mir aus soll sie ihr Spielzeug haben. Besser er als wir.“ Moritz grinste breit und wurde direkt wieder nachdenklich. „Sie dreht durch. Hast du den Schrein gesehen? Überall hängt sein Bild. Aber du hast Recht. Besser er als wir.“ stimmte er seinem Bruder zu.
Semir gab seine alte Karte an Hartmut, der diese in ein sonderbares Gerät steckte und es mit dem Computer koppelte. „So, damit können wir es herausfinden. Ich versuche mal die bisher gesendeten Daten vom Provider zu bekommen, damit ich schon mal den PC bestimmen kann. Wenn er nur von einem PC kommt, dann ist es sehr einfach. Du solltest nach Hause fahren und dich ausruhen. Ich werde dich anrufen, wenn ich etwas herausgefunden habe.“ Hartmut lächelte zuversichtlich. Semir und Alex verschwanden. Doch nach dem Feierabend sah Semir in den Briefkasten. Hier lagen drei Briefe drin. Zwei Rechnungen und einmal Werbung. Erleichtert legte er die Brief auf seine Ablage und ging in die Wohnung. „PAPA! Da bist du ja…ich habe eine große Bitte….“ überfiel ihn Dana. „Dennis hat morgen Geburtstag und ich habe auch schon ein Geschenk besorgt, aber wir wollen eine richtig große Party machen und das kann spät werden. Darf ich bei ihm schlafen?“ Dana legte den Kopf schief und sah ihren Vater flehend an. Semir dachte kurz nach. „Ja sicher… du darfst. Wo findet die Party statt?“ „In Siegburg. Würdest du mich morgen hinfahren?“ Wieder sah Dana ihn an. „Ja, kann ich machen. Wann willst du denn da sein?“ Dana überlegte kurz. „Um elf.“ „Ist in Ordnung. Was riecht denn hier so lecker?“ Er war sehr erstaunt. Seit einigen Tagen bemerkte er eine Veränderung in Dana. „Ich habe gekocht…für dich und für mich. Ich glaub, ich hab mich die letzte Zeit ziemlich komisch verhalten…“ Semir lächelte verlegen. „Na, dann wollen wir mal essen. Apropos Essen. Andrea hat uns für morgen Abend eingeladen, aber das hat sich dann ja erledigt, wenn du morgen Geburtstag feierst.“ Dana nickte leicht. „Tut mir Leid. Ich wäre gern mitgekommen, denn ich möchte auch mit Andrea Frieden schließen.“ „Dafür gibt es sicher noch andere Gelegenheiten.“ Sie gingen in die Küche und aßen gemeinsam. Semir stellte fest, dass seine Tochter zwar keine Superköchin war, aber sie sich immerhin Mühe gegeben hatte.