„Er kann sich zwar erinnern, aber er hat noch keine Adresse genannt. Die Taxifahrerin sagte, dass sie ihn im Gebiet des Steinbruchs Hohenhagen aufgegabelt hat. Auf der Karte habe ich gesehen, dass Burscheid nicht weit davon entfernt ist. Ich nehme an, oder besser ich habe es bereits bewiesen, er wurde in der Hütte von Stender festgehalten. Ines Stender hat ihn mit Morphin behandelt und er hat noch jede Menge von dem Zeug in seinem Körper. Das wollten die Ärzte jetzt erst einmal rauskriegen, in dem er schläft. Wie es psychisch mit ihm weiter geht, weiß ich nicht. Morgen soll sich ein Psychologe mit ihm befassen. „Okay…wo ist Semir jetzt?“ „Er wird erst einmal im Krankenhaus bleiben. Andrea wird morgen zu ihm fahren. Heute soll er Ruhe bekommen.“ „Sie werden sich nur um diesen Fall kümmern. Sie werden herausfinden, wo Semir war und was ihm zugestoßen ist. Vielleicht finden wir jetzt Hinweise und erfahren was passiert ist. Alle anderen Fälle werden auf die Kollegen verteilt.“ Alex sah sie an. „Okay… Was ist mit Sander? Die Frist die er gesetzt hat, ist zu Ende.“ „Nun Semir ist gefunden, es erübrigt sich damit die Suche nach einem neuen Partner. Und alles andere ist gerade auf einem Prüfstand.“ Alex stand auf und verließ das Büro. Sein Handy klingelte und ein Blick zeigte ihm, dass Jenny Dorn ihn anrief. „Hallo Jenny…“ „Alex, schön dass du dich meldest. Wie sieht es aus bei euch? Kommt ihr noch ohne mich klar?“ „Ja sicher…“ Alex lachte auf, seine junge Kollegin hörte sich entspannt an. „Wie geht es dir?“ „Danke, mir geht es blendend. Die Kur tut wirklich sehr gut. Ich kann schlafen, ohne dass ich Alpträume bekomme.“ Alex hörte an der Stimme der jungen Frau, dass er sich hier keine Sorgen machen musste. „Was ist denn mit Semir? Ich habe ihn schon versucht zu erreichen, aber er meldet sich nicht.“ Alex schloss die Augen. „Ja, er hat eine neue Karte. Ich gebe dir die Nummer, wenn du wieder hier bist. Erhol dich noch ein Bisschen.“ „Danke, das werde ich tun und grüß mir Semir bitte ganz herzlich.“
Jenny steckte nachdenklich das Handy weg. „Hey, alles in Ordnung?“ Sie drehte sich um und sah Manuel an. „Ja…alles bestens. Ich musste einfach wissen, ob alle meine Kollegen wohl auf sind. Wir haben da nämlich zwei, die es mit Sicherheit nie genau nehmen, obwohl eigentlich können sie nichts dafür. Sie geraten immer in ziemlich heftigen Situationen.“ Sie lachte. „Und sie sind alle in Ordnung?“ Jenny nickte. „Ja, sie sind alle in Ordnung.“ „Dann lass uns noch den letzten Abend hier genießen. Du fährst morgen wieder nach Hause und ich auch. Dann sind wir wieder jeder für sich allein.“ Manuels Stimme veränderte sich. Jenny griff sanft sein Kinn und sah ihn an. „Das muss nicht sein. Du könntest doch zu mir kommen, oder ich zu dir.“Manuel lächelte sanft. „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. Sieh mal…wir kennen uns erst seit zwei Wochen und…also eigentlich ist es…weißt du…“ Manuel suchte nach Worten. Jenny nickte. „Ich war nur ein Kurschatten nicht wahr? Du hast eine Freundin und kehrst zu ihr zurück. Ich bin ein Abendteuer für dich.“ Manuel senkte den Kopf. „Nein….ich habe keine Freundin und du bist kein Abenteuer für mich. Ich habe mich richtig in dich verliebt. Ich habe aber auch einen Job, den ich erfüllen muss und ich glaube nicht, dass es so schnell mit einer Versetzung von Darmstadt nach Köln möglich ist.“ „Darmstadt? So weit ist es doch gar nicht. Wenn wir es wollen, dann bekommen wir es auch hin. Ich liebe dich Manuel. Ich liebe dich wirklich.“ Jenny redete auf Manuel ein. Jetzt sagte er nichts mehr und zog sie einfach an sich heran. Es folgte ein langer inniger Kuss. „Du hast Recht…das ist nicht so weit.“ Gemeinsam ging das junge Paar am See entlang und genossen den lauen Abend.
Semir wachte auf. Er fühlte eine weiche Unterlage unter sich und öffnete vorsichtig die Augen. Der Geruch, der ihm in die Nase stieg, ließ ihn zusammen zucken. Es roch nach Krankenhaus. Er sah sich um. Die Wände um ihn herum waren freundlich und hell gestrichen. Er spürte, dass er anfing zu zittern. War seine Flucht nicht geglückt? Er drehte seinen Kopf und sah an der rechten Seite einen Tropf stehen. Von diesem Tropf ging ein Schlauch ab und er folgte diesem. Semir war nicht wirklich verwundert, dass er feststellte, dass der Schlauch an einem Zugang in seiner Hand endete. Damit war für ihn klar, dass er immer noch bei Ines war. Aber er war nicht mehr angebunden. Im Gegenteil. Seine Handgelenke waren verbunden und irgendwie fühlte er sich wohl. Er schien alles nur geträumt zu haben. Seine Flucht, Ines Tod… alles nur Träume unter Morphineinfluss.„Guten Morgen Herr Gerkhan…“ riss ihn eine sanft klingende Stimme aus seinen Gedanken. Langsam drehte er den Kopf. Eine blonde Frau mit klaren blauen Augen sah ihn an. „Wie geht es ihnen?“ „Wo bin ich?“ Vor der Antwort, die nun folgen sollte, hatte er Angst. „Sie sind im Krankenhaus. Dr. Behnke wird gleich zu Ihnen kommen.“Nervös lecke er sich über die Lippen. „In einem richtigen Krankenhaus?“ Sie lachte hell auf. „Ja, in einem richtigen Krankenhaus.“ Die Tür ging auf und ein Mann in weißem Kittel trat ein. „Ah, wir haben ausgeschlafen. Wie geht es ihnen?“ „Gut… glaube ich…“ Semir schloss erleichtert die Augen. Er war frei. Er war wirklich frei. „Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. Es tut mir wirklich sehr leid, was Ihnen angetan wurde.“ Semir nickte. „Was ist mit mir und wo ist mein Partner? Könnten Sie ihn bitte anrufen und bitten zu mir zu kommen?“ „Er wartete bereits draußen. Ich werde ihn gleich reinholen. Zu Ihrer ersten Frage. Sie sind gesund, was das Blutergebnis angeht. Derzeit bekommen Sie eine Kochsalzlösung, die Ihren Kreislauf wieder in Schwung bringt. Sie haben mehrere Hämatome am gesamten Körper, Ihre Handgelenke sind durch Fesselung in Mitleidenschaft geraten, Sie haben eine ungefährliche Kopfverletzung, einen Rippenbuch und eine leichte Gehirnerschütterung. Also alles was wieder in kürzester Zeit heilen wird.“ Dr. Behnke lächelte ihn freundlich an. „Danke Doc…“ „Ich werde jetzt Ihren Kollegen holen.“ Der Arzt ging zur Tür und öffnete. „Sie dürfen jetzt zu ihm!“