Nicht zum Lesen hier
Während Semir im Keller Finn befreite, durchsuchten Ben und Alex leise das Erdgeschoß des Mehrfamilienhauses. Sie fanden zwar ein Matratzenlager vor und Getränkekisten, aber Personen hielten sich dort nicht auf. Als sie die Treppen in die obere Etage hinauf schlichen, hörten sie, wie Semir und Finn das Haus verließen. Ben atmete auf, Finn war aus der Schusslinie, dachte er bei sich. Aber als kurz darauf eine polternde Stimme durch das Haus schallte, nämlich als Mario Torres Semir und Finn auf der Straße entdeckt hatte, zischte er: „Fuck“ und verstärkte den Griff um seine Waffe, jederzeit damit rechnend, sich einem die Treppe hinab stürzenden Gegner stellen zu müssen. Aber es kam niemand. Stattdessen hörten sie mehrere Stimmen und laute Tritte in der oberen Wohnung. Mit wie vielen Gegnern hatten sie es hier zu tun? Mario Torres und vier weitere Männer, so wie ihnen Alvarez im Wagen verraten hatte, oder doch mehr?
Als sie vor der Tür der oberen Wohnung standen und sich zum Stürmen bereit machten, klangen Schreie und Schüsse von der Straße zu ihnen hinauf. Alex lief noch bis zur Tür zur Feuertreppe und blickte hinaus. Er hob drei Finger in Bens Richtung. „Drei Männer sind draußen“, flüsterte er, als er wieder bei seinem Partner war, „vielleicht nur noch zwei hier“. Ben nickte. Das hoffte er auch. Und er hoffte auch, dass es Semir noch gelungen war, Verstärkung zu rufen und vor allem mit dem Jungen zu entkommen. Dann ging er drei Schritte zurück, um mit Anlauf die Tür einzutreten.
Mit Alex gemeinsam stürmte er in die Wohnung. Die Überraschung war auf ihrer Seite. „Hände hoch, Polizei!“, schrie Alex, „Waffen weg!“ Er unterstrich seine Worte mit einem Warnschuss in die Decke und einem weiteren dicht neben einem Mann der ihm im Flur entgegen kam. Ben rannte an diesem vorbei und warf einen schnellen Blick in die weiteren Räume der Wohnung. Im Wohnzimmer lauerte ein weiterer Mann hinter der Tür und griff ihn an.
Während Alex kein Problem hatte, seinen Gegner auszuschalten und ihm Handfesseln anzulegen, zu groß war dessen Angst vor Alex‘ Waffe und doch so sehr klein sein Mut in der Abwesenheit von Mario Torres, entfachte sich zwischen Ben und dem anderen ein erbitterter Kampf. Ben hatte Mühe, die Oberhand zu gewinnen und musste einige empfindliche Schläge einstecken.
Gerade als Alex seinen Gegner kampfunfähig gemacht hatte und Ben zu Hilfe eilen wollte, rollte dieser mit seinem Kontrahenten über den Fußboden und stieß dabei so heftig gegen ein Bücherregal, dass sich eine Lawine von Taschenbüchern über die Kämpfenden ergoss und eine Staubwolke in Richtung Decke schickte. Alex griff den Komplizen von Mario Torres am Kragen und befreite Ben von dessen Griff. „Jetzt ist Schluss“, befahl er, „wir sind schließlich nicht zum Lesen hier!“
Ben rappelte sich rasch auf und konnte den Mann übernehmen und ebenfalls fesseln. Die Suche nach weiteren Gangmitgliedern im restlichen Haus blieb ohne Ergebnis. So führten Alex und Ben die beiden Festgenommenen aus der Wohnung.