Es war Winter geworden. In Köln war es feuchtkalt und ungemütlich. Für Schnee war es eigentlich zu warm, aber trotzdem gab es immer wieder Unfälle durch überfrierende Nässe, Spaziergänger glitten aus und brachen sich Knochen, die allgemeine Stimmung war gereizt, denn in wenigen Wochen war Weihnachten, die Weihnachtsmärkte begannen gerade ihre Buden auf zu bauen und die Geschäfte hatten schon bald den zweiten Monat die Weihnachtsdekoration in den Auslagen und der allgemeine Vorweihnachtsstreß holte die Kölner mehr und mehr ein.
Nach einem schweren Stromunfall hatte Ben sich gut erholt und düste bereits wieder mit Semir über die Autobahnen. „Oh Mann-ich bin fast froh, wieder in der Arbeit zu sein!“ vertraute er seinem Partner an. „Mia-Sophie ist so brav, die schläft eigentlich schon von Anfang an durch, Tim ist in sein neues Kinderzimmer mit Begeisterung eingezogen-er hatte sich doch dieses Bett, das aussieht wie ein Rennauto, gewünscht und seitdem gibt es für ihn nichts Schöneres als da drin zu schlafen-außerdem kommt der nach mir, der schläft morgens schön lang und weil Sarah ja noch stillt, kann ich sonst leider gar nichts machen!“ erzählte er Semir mit einem breiten Grinsen und der boxte ihn gegen den Oberarm. „Gibs zu, du hast deinen Sohn bestochen, dass der so lange schläft, damit du auch liegen bleiben kannst!“ vermutete er und Ben entwich nun ein Lachen. „Das wenn so leicht ginge, aber wider Erwarten sind wir trotz eines Kleinkinds und nem Säugling viel weniger gestresst, als wir gedacht hatten!“ erzählte er und schwärmte danach davon, wie schön es wäre, ein wenig außerhalb zu wohnen, morgens nur die Tür aufzumachen, damit der Hund in den Garten konnte und lange Spaziergänge über die Felder zu machen. „Sarah hat bereits viel Anschluss bei anderen jungen Familien gefunden, da gibt es ne Menge Kinder im Alter wie unsere beiden und irgendwie bin ich mir da während der Zeit als ich noch krank geschrieben war, immer ein wenig fehl am Platz vorgekommen, wenn die anderen jungen Mütter bei uns zu Kaffee und Kuchen vorbeigekommen sind, die sich über Babycremes, musikalische Frühförderung und die Wahl des geeigneten Kindergartens unterhalten haben. Das ist gerade Sarah´s größtes Problem-in welchen Kindergarten sollen wir Tim nächstes Jahr mit drei geben, wo kriegen wir noch einen Platz, wird es ihm dort gefallen, ist es nicht doch noch zu früh-oder zu spät?
Weisst du was-ich war der glücklichste Mensch, als ich vor zwei Wochen endlich wieder zur Arbeit durfte. Mit dir über die Autobahn zu düsen, hier nen Strafzettel, dort ne Verfolgungsjagd, das ist einfach mein Leben. Meine Narben zwicken zwar manchmal noch, aber ansonsten geht es mir einfach in unserem gemeinsamen Alltag am Besten-ich habe mich langsam schon in der Küchenschürze am Herd stehen und Kuchen für Sarah´s Freundinnen backen sehen, aber das ist einfach nichts für mich!“ erklärte er seinem Freund und der schmunzelte vor sich hin. Ja Ben als Hausmann war schlecht vorstellbar und so war auch er glücklich und zufrieden, dass der Alltag sie wieder hatte.
Als sie nach der Streifenfahrt in die PASt kamen, wurden sie von der Chefin zur Besprechung gerufen. Alle Anwesenden versammelten sich vor der Videowand und nun wurden ihnen einige Bilder von Leichen gezeigt, die man aus dem Rhein gefischt hatte. Auch wenn alle Beamten solche Anblicke eigentlich gewöhnt sein sollten, hörte man ein Würgen und Jenny war kurz davor, sich auf den Fußboden zu übergeben. Es handelte sich um drei fremdländisch wirkende Männer, erschreckend abgemagert und alle verstümmelt. Sie trugen nur einige dünne Fetzen am Leib, hatten aufgesprungene Hände und Füße und viele Geschwüre am Körper. Aber das Schlimmste waren die aufgerissenen Münder, die alle etwas gemeinsam hatten-den Männern war die Zunge herausgeschnitten worden. „Oh Gott-ich hoffe, das wurde wenigstens erst nach ihrem Tod gemacht!“ flüsterte Ben entsetzt, aber mit Kummer in den Augen schüttelte die Chefin den Kopf. „Nein-wie aus dem Bericht des Gerichtsmediziners hervor geht, wurden die Männer gefesselt und vor ihrem Tod gefoltert, bevor sie dann im Rhein ertränkt wurden. Was noch auffällig ist: Die Verletzungen an Händen und Füßen sind Erfrierungen, die bereits mindestens ein bis zwei Wochen vor dem Tod erfolgt sind. Das ist jetzt vielleicht kein spezieller Fall für die Autobahnpolizei, aber ich wollte, dass sie Bescheid wissen und einfach die Augen offen halten. Die Ausländerbehörde ist informiert, aber es liegen aktuell keine Vermisstenanzeigen vor, die man mit den Männern, von denen vermutlich keiner über vierzig ist, in Verbindung bringen könnte. Die Mordkommission ermittelt natürlich hauptsächlich, aber man will der Öffentlichkeit die Details vorenthalten, damit keine Panik ausbricht. Hier sind grausame Mörder und Sadisten am Werk und letztendlich ist es ja egal, wer die überführt und festnimmt, ach ja und es handelt sich um mehrere Täter, denn die Fesselungen wurden laut der Gerichtsmedizin von unterschiedlichen Menschen vorgenommen-denn jeder knüpft Knoten anders!“ fügte sie noch hinzu-aber das hatten sie alle schon in der Polizeischule gelernt.
Betroffen gingen sie nun alle ihrer Arbeit wieder nach, niemand hatte einen speziellen Auftrag bekommen, aber natürlich würde man auf Dinge achten, die einem merkwürdig vorkamen und die Kollegen bei ihrer Arbeit unterstützen. Bestien, die so etwas anderen Menschen antaten, musste ermittelt, gefasst und weggesperrt werden, egal von welcher Abteilung!
Als Semir und Ben wenig später einen Schnellfahrer nach einer kurzen Verfolgungsjagd, die Semir und Ben beiden extrem Spaß gemacht hatte-was sie aber vor der Chefin nie zugeben würden, zur Kasse gebeten hatten, sinnierte Ben ein wenig über die Opfer. „Die Ertränkten waren vielleicht auch Familienväter, haben ihre Frauen und Kinder geliebt, sind einer Arbeit nachgegangen und haben sich gewünscht in Ruhe und Frieden alt zu werden.“ überlegte er. „Hoffentlich gelingt es den Kollegen bald die Täter zu überführen!“ hoffte er, ohne zu ahnen, welche Rolle er persönlich in dieser Geschichte spielen sollte.