Dump Dump... Dump Dump... irgendwie fühlte sich ein Herzschlag unnatürlich an, wenn man zittert. Irgendwie fühlt sich der Boden unter einem heiß und kalt gleichzeitig an, wenn man zittert. Irgendwie spürte man auch am Atmen, das man zittert. Man kann nicht einfach tief ein und ausatmen, der Atem stottert, zittert, man fühlt sich schwummrig, schwindelig, man hyperventiliert. Schweiß kühlt den Körper, sagt man. Jetzt fühlte er sich glühend heiß auf der Stirn an, und doch war er eiskalt, als sie ihn berührte. Er war auch nasser als sonst, er lief an der Schläfe aus ihren kurzen Haaren, über die Wange und tropfte in den staubigen Sand. Ihre nackten Knöchel rieben sich in dem Sand, der hier im Schatten der schäbigen Häuser erträglich war und doch heiß und kalt gleichzeitig.
Sie hatte nie Drogen genommen, und doch taten sie jetzt gut. Gegen das Vergessen, für das Vergessen. Wollte sie eigentlich vergessen? Warum war sie hier? Vor einigen Wochen lief ihr Leben in einigermaßen geregelten Bahnen, doch innerhalb von Tagen hatte sie alles weggeworfen. Freunde, die ihre Familie waren. Ihren ganzen Lebenswandel hatte sie hinter sich gelassen, um zu vergessen. Feige war sie weggelaufen. Genauso feige, wie sie ihre große Liebe getötet hatte.
Ja, sie hatte ihn getötet. Eiskalt und doch durch ihre Feigheit. Ihre Fußsohle kratzte über den steinigen und sandigen Untergrund, die Sonne brannte ausserhalb der kleinen Gasse unbarmherzig auf die Menschen nieder, die die Straße säumten. Die Geräusche jedoch drangen nicht bis zu ihr ins Gehirn, nicht bis in ihr Bewusstsein, sie wurden gefiltert und erklangen nur dumpf. Eigentlich hatte sie ihn zweimal getötet. Vor Jahren, einfach so. Dann hatte sie ihn wiederbelebt, um ihn noch einmal umzubringen. Es tat weh, so unendlich weh, wie er sich von ihr abwandte, ohne Worte, ohne einen Abschied. Warum so? Hätte er sie nicht anschreien können? Nein, er erschien ihr gefühlskalt und sie konnte es ihm nicht einmal verübeln.
Sie hatte alles verloren, weggeworfen, sich abgewandt. Alles hinter sich gelassen und ausgebrochen. Von einem kleinen Chaos ins scheinbar unendliche Chaos gestürzt. Sie hatte nie Drogen genommen, und jetzt spürte sie ihre Schattenseiten. Ein Trip, eine Tablette... sie fühlte sich gut. Sie vergass ihn, sie vergass die Freunde. Sie wusste ausgerechnet von ihrer großen Liebe, wie gut Drogen taten, wenn man vergessen wollte, und wie gefährlich sie wurden, wenn man die Kontrolle verlor. Wie sie das Leben übernahmen, jeden Schritt, jedes Denken. Ihr Herz schlug schneller, ihre Hände gruben sich in den Sand, ihr Top hatte unter dem Ausschnitt einen Schweißfleck.
Ihr passiere nichts, hatte sie gesagt, bevor sie ging. Sie wusste, wann man mit Drogen wie umging. So oft hatte sie es in ihrer Umgebung beobachtet bei ihren Freunden, ihrer Familie, so oft hatte sie davor gewarnt, und nun war sie dem Teufel doch ins Netz gegangen und es hatte nur einige Wochen gedauert. Der Gürtel an ihrem Arm schmerzte, und das Zittern in der freien Hand ließ sie nicht los, als die Metallspitze der Nadel ihre Wene suchte. Warum brannte die Nadel, obwohl sie vorher noch eiskalt war? Warum hatte man das Gefühl zu fliegen, wenn man gerade abstürzte? Und warum spürte sie Befriedigung in dem Moment als die Wirkung einsetzte, obwohl man gerade mit voller Wucht aufschlug.
Sie betete manchmal darum, gerettet zu werden. Sie betete direkt danach, dass sie niemals jemand finden soll. Niemand von ihren Freunden, niemand sonst. Es war sowieso zu spät, und niemand würde sie mehr retten können... Die Struktur des Sandes verschwamm, ihr Kopf fiel erschöpft gegen die Hauswand und sie schloß ihre Augen. Sie flog und schwebte, es fühlte sich so gut an. Nichts war zu spüren von diesem Elend um sie herum, von den Menschenmassen, die durch die Straße ging. Sie war allein für sich, nur ihn hatte sie bei sich. Sie küssten sich, er streichelte ihre Haare, sie sah in seine Augen. Alles war friedlich...