Kim nickte verstanden. „Gut, gehen wir!“ Sie erschrak, als sie Beatrice am Arm packte und zurückzog. „Tut mir leid, aber da ist etwas, das Sie noch wissen sollten.“ Kim legte ihren Kopf schief und ihre Augen zeigten deutlich ihre Ungeduld, die sie zu unterdrücken versuchte.
„Der Täter…ist kein Unbekannter…“ Kim konnte Beatrice Mimik deutlich lesen und schüttelte fassungslos mit dem Kopf.
„Nein, Brun, das kann nicht ihr ernst sein! Für Witze ist es wirklich der schlechteste Zeitpunkt!“
„Ich will’s ja auch nicht glauben, aber Semir hat es mir auf dem Weg zum Krankenhaus erzählt. Es besteht kein Zweifel! Er kann sich nicht irren. Nicht seiner Reaktion zufolge!“
Beatrice löste ihren Griff um Kims Arm, da sie spürte, wie die Chefin der Autobahnpolizei zitterte. „Das ist noch nicht alles…wenn Paul nicht eingegriffen hätte, wäre es Semir, der nun im OP liegt!“
Nun rissen sich Kims Augen ins Unermessliche auf.
„Er hat…“
„Er hat nicht nur so getan, er hat direkt auf ihn gezielt und war bereit, abzudrücken.“
Kim setzte sich auf die metallene Bank, die sich vor dem Krankenhaus befand und schüttelte mit dem Kopf.
„Wie geht es Gerkhan?“
„Stinksauer. Ich musste ihn beruhigen, als der Arzt nach dem Schockraum seine erste Diagnose durchgegeben hatte. Aber mir geht’s auch nicht besser…“
Kim bemerkte, wie Beatrice Zigarettenhand ebenfalls zitterte und der bläuliche Rauch immer wieder auf und ab ging.
„Das heißt, dass unsere Bemühungen vielleicht umsonst waren?“ Beatrice nickte auf Kims Frage. „Scheint so“, flüsterte sie und Kim versteckte ihr Gesicht in den Händen. „Ich fass es nicht“, zischte Kim wütend und schnaubte noch durch die Fingerritzen hindurch. „Ich rauche normalerweise während dem Dienst auch nicht…aber nun hatte ich eine gebraucht. Meine Kollegen würden mir wieder sagen, sie muss den Dampf mit Dampf bekämpfen.“
Kim hob ihr Gesicht aus den Händen und schluckte schwer. „Gehen wir zu Gerkhan!“
Beatrice drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus und desinfizierte sich die Hände, bevor sie sich zum Operationsbereich begaben und Semir vor der Türe fanden.
Er hielt Pauls persönliche Sachen an seinen Körper gepresst und starrte aus dem Fenster.
„Gerkhan“, rief Kim und Semir drehte sich zu den beiden Frauen um. „Chefin…danke, dass Sie gekommen sind“, sagte er mit ruhiger Stimme. „Ist es wahr?“, fragte Kim langsam nach und Semir nickte.
„Es besteht keinen Zweifel, Chefin. Diese Augen würde ich überall erkennen! Selbst als Blinder noch! Es war Ben, der auf Paul geschossen hat und aus Voos Büro geflüchtet ist.“
Kim schlug die Hände über den Kopf. „Er wollte Sie töten Gerkhan! Ist Ihnen das bewusst? Er hat auf Sie gezielt! Wenn Renner nicht reagiert hätte…dann…“ Semirs Blick verdunkelte sich und er drückte Pauls Sachen noch fester an seine Brust. „Ich weiß…und ich schwöre Ihnen Chefin, bis ich ihn nicht hinter Gittern habe und die Wahrheit herausfinde, werde ich keine Ruhe mehr tun! Ben soll dafür bezahlen, mit allen Mitteln, die das Gesetz für ihn bereithalten! Ich bin ein enger Freund, ein treuer Freund, aber, so sehr Sie mir das vielleicht nicht glauben werden, auch ich habe meine Grenzen. Und die hat er damit definitiv überschritten!“