„Okay, habt ihr alles?“ Auf Pauls Frage hin blickten Ayda und ihre kleine Schwester Lilli an sich herab und nickten. „Ich denke, wir haben alles. Mama hat unseren Rucksack ja gepackt und ich habe sogar nochmals kontrolliert“, antwortete Ayda und Paul lächelte. „Ja, da kann nichts mehr schiefgehen“, grinste er und hing sich seinen Rucksack um und nahm Lilli bei der Hand. „Also, zum Bahnhof haben wir nicht weit, du bleibst schön an meiner Seite, Ayda?“ Die Angesprochene hob eine Augenbraue. „Ich bitte dich, Paul. Ich bin kein kleines Kind mehr“, erwiderte sie pikiert und lief voraus, worauf Paul lächelnd die Augen verdrehte und mit Lilli an der Hand hinterherlief.
„Wohin fahren wir denn genau, Onkel Paul?“, fragte Lilli, als sie den Bürgersteig entlangliefen in Richtung des Busbahnhofes.
„In den Siegener Wald. Meine Tante ging oft dorthin mit mir. Und ihr wolltet doch wandern gehen und Geister jagen!“
Lillis Gesicht erhellte sich. „Dort gibt’s Geister?“, fragte sie neugierig und Paul nickte. „Ganz viele. Und als Tochter des besten Polizisten, wirst du sie sicher alle finden!“ Lilli nickte begeistert. „Klar! Ich finde sie alle!“, gab sie mehr als selbstsicher an und Paul stupste ihr auf die Nase. „Siehst du, da brauch ich mir gar keine Angst zu haben!“
„Sehen wir dort Tiere?“, fragte nun Ayda neugierig und Paul dachte kurz nach. „Also Rehe und kleine Häschen habe ich bestimmt schon gesehen!“, antwortete er und Ayda lächelte nun ebenfalls begeistert.
„Was meinst du, was Mama und Papa nun an ihrem freien Tag machen?“, fragte Lilli ihre große Schwester und Paul zog es vor nicht zu antworten.
Semir war nämlich ihm gegenüber ziemlich direkt gewesen, wofür Andrea und er den freien, insbesondere kinderfreien, Tag nutzen wollten. Er hatte Paul gebeten, auf die zwei Kleinen aufzupassen. Dana hätte einen Weg gefunden, den Tag zu nutzen und hätte sich sowieso nicht bereit erklärt, mitzukommen.
„Ich denke, Spaß haben“, antwortete Ayda und Paul wusste, dass das Mädchen nun nicht dasselbe dachte, wie er.
„Ach so! Aber wir werden dafür mit Onkel Paul Spaß haben!“
Innerlich war Paul gerührt, wie sehr sich Semirs Kinder schon an ihn gewohnt haben. Natürlich kam ihm zugute, selbst eine Nichte in dem Alter der Kleinen zu haben, aber die Entscheidung, ob man gemocht wurde oder nicht, lag immer bei den Anderen.
„Klar werden wir das Lilli! Mama und Papa werden sich noch ärgern, nicht mit uns gegangen zu sein!“
Während Paul daran dachte, dass dies nicht der Fall sein würde, hörte er jemand nach ihm rufen und drehte sich um.
Er sah eine junge Frau, Mitte Zwanzig, auf ihn zukommen. Er erkannte den zugepiercten, brillentragenden Nerd sofort.
Hartmuts neue Assistentin Johanna, von allen „Joshi“ genannt, Schimke. Sie hatte vor einem Monat angefangen und hatte sich bereits gut ins Team eingegliedert. Ihre lebenslustige, sonnige Art war sofort ansteckend und ihre Professionalität war durchaus beeindruckend. Wenn sie die Prüfungen bestanden hatte, würde sie fest als Hartmuts Assistentin eingestellt werden.
In ihrer Begleitung war ein Junge in Lillis Alter und die Beiden sahen ebenfalls so aus, als hätten sie einen langen Ausflug vor sich.
„Hey Joshi“, begrüßte Hartmut sie und sie umarmten sich kurz, „wer ist denn der kleine Mann an deiner Seite!“
Joshi blickte auf den blonden Jungen mit eisblauen Augen und nickte auf Paul. „Magst du dich gleich selbst vorstellen?“ Er nickte schüchtern. „I-Ich heiße Benedict…“, murmelte er und Paul kniete sich, noch immer mit Lilli an der Hand, zu ihm hinunter. „Hey Benedict. Freut mich dich kennenzulernen. Ich heiße Paul, das ist Lilli und die Große da ist Ayda.“, stellte er seine Gruppe vor und Lilli schüttelte Benedict sogar die Hand. „Ist das dein Sohn? Papa hat nichts davon erzählt“, murmelte Ayda zu Johanna und diese lächelte. „Anscheinend hat dein Papa schon vieles von mir erzählt. Nein, das ist mein Patenkind, also der Sohn meiner besten Freundin.“, erklärte Johanna und Ayda nickte verstanden.
„Wo verschlägt es euch denn hin?“, fragte Paul und Johanna lächelte. „Siegener Wald. Ich bin ja in Siegen aufgewachsen und mein Kleiner hier wollte mal sehen, wo seine Patentante immer spielen gegangen ist.“
„Da gehen wir auch hin!“, sagte Lilli begeistert und Paul nickte zustimmend. „Geht ihr auch auf den Reisebus? Dann können wir zusammen hin!“
„Klar, was meinst du Benedict. Dann hast du Spielkameraden!“ Noch immer schüchtern, nickte Benedict und Paul klatschte in die Hände. „Dann steht das fest!“ Ayda ging zu Johanna. „Darf ich Benedict an die Hand nehmen?“, fragte sie artig und der Junge versteckte sich hinter seiner Patentante. „Ben…Ayda möchte dich begleiten und kennenlernen. Du brauchst keine Angst zu haben. Sie ist Semirs Tochter. Erinnerst du dich? Der coole Polizist von dem ich dir erzählt habe!“ Nun schien sich etwas bei Benedict zu regen. Er nickte, ließ Johanna los und nahm Aydas Hand. Diese kicherte begeistert und lief mit Benedict voraus.