Tödliche Storys
Ben kam nach einem anstrengenden Arbeitstag heim in sein kleines, aber umso schöneres Gutshaus im Kölner Umland. Es war schon nach 20.00 Uhr, also waren die Kinder bereits im Bett, was dem dunkelhaarigen Polizisten zwar leid tat, aber manchmal waren Überstunden einfach nötig und die Familie musste hintan stehen. Sarah saß-vielmehr lag- gemütlich mit dem Laptop auf dem Bauch auf dem Biedermeiersofa und wandte den Blick kaum vom Bildschirm, als er eintrat. „Kleinen Moment noch!“, tönte sie, während ihre Finger flink über die Tasten flogen. Dann war sie fertig, klappte den Lappi zu, erhob sich vom Sofa und drückte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange, während sie Richtung Küche schritt, um ihm etwas zu trinken aus dem Kühlschrank zu holen. Er hätte das ohne weiteres selber hätte machen können, aber das war ein Ritual und Liebesbeweis zwischen ihnen und sie fragte ihn gleichzeitig: „Was war denn bei euch auf der Autobahn los, dass du Armer erst so spät Feierabend hast?“
Ben ließ sich mit einem zufriedenen Seufzer aufs Sofa fallen und nahm dankbar die Bierflasche entgegen, die seine Frau ihm reichte, um sich danach an ihn zu kuscheln. „Mann du glaubst es nicht, was wir gerade für Vollpfosten verfolgen! Die liefern sich überall um Köln illegale Autorennen, bringen dabei sich und andere Verkehrsteilnehmer in Lebensgefahr, aber bis jetzt sind sie uns immer knapp entwischt. Ich sags dir, wenn Semir so ein Bürschchen in die Finger kriegt, das kann sich warm anziehen!“, berichtete er und Sarah lauschte gespannt seinen Erzählungen. Ben wunderte sich zwar fast ein wenig, dass sie seit einigen Wochen-im Gegensatz zu früher- so an seiner Arbeit interessiert war, aber zugleich tat es ihm einerseits gut, sich den Frust von der Seele zu reden und dann fühlte er sich durchaus auch ein wenig geschmeichelt. Natürlich verriet er keine Namen und so machte Sarah das ja auch, wenn sie von den gelegentlichen Sitzwachen auf der Intensivstation erzählte. Sie ging zwar seit dem zweiten Kind nicht mehr regelmäßig arbeiten, aber wenn man in der Klinik eine Aushilfe für eine einzelne Nacht oder am Wochenende brauchte, wurde sie angerufen und wenn es passte, dann versorgte sie eine Schicht lang einen kritischen und sehr pflegeaufwändigen Patienten, so kam sie nicht ganz raus und später, wenn die Kinder größer waren, wollte sie durchaus auch wieder ein wenig mehr arbeiten, auch wenn sie das Geld eigentlich nicht brauchten, aber Sarah liebte ihren Beruf und keiner konnte das besser verstehen als Ben. Wenn er nicht zuhause war, versorgte Hildegard, ihre langjährige Kinderfrau und Freundin dann die Kinder, Tim ging mit seinen dreieinhalb Jahren mit Begeisterung in den Kindergarten und auch Mia-Sophie, die süße Eineinhalbjährige war gerne bei Hildegard, die so etwas wie eine Ersatzoma für sie war.Allerdings fiel Ben durchaus auf, dass Sarah wesentlich mehr Zeit als früher an ihrem Laptop verbrachte. Er selber machte ja fast alles vom Handy aus, nutzte außerdem höchstens mal das Tablet, aber was auch immer sie da trieb-es schien ihr Spaß zu machen und dann war es in Ordnung!
Am nächsten Morgen konnte er ausschlafen, denn es war Samstag und er hatte frei. Auch die Kinder schliefen ein wenig länger, aber als Ben einmal gegen sechs kurz aufstand, um zur Toilette zu gehen, war der Platz neben ihm bereits leer und als er am Arbeitszimmer vorbei ging, das wie das Schlafzimmer und die Kinderzimmer in der ersten Etage lag, saß Sarah bereits wieder hoch konzentriert am Laptop und tippte, was das Zeug hielt. Momentan legte er sich nochmals hin, aber als er gegen acht vom Kinderlärm erwachte, der Duft frisch gebrühten Kaffees durchs Haus zog und ihn die Sonnenstrahlen im Gesicht kitzelten, stand er doch auf, ließ kurz Lucky, ihren riesigen grauen Deerhound vor die Tür, der ihm wie immer, wenn er zuhause war, wie ein Schatten folgte und setzte sich dann gemütlich an den Frühstückstisch, wo Mia-Sophie schon im Hochstuhl mit ihrer Kindertasse voll Kaba saß und voller Begeisterung ein Schokocroissant zerkrümelte und die süße Füllung mehr im Gesicht und an den Händen, als im Mund hatte. „Na du kleines Ferkel!“, begrüßte er seine gut gelaunte Tochter liebevoll und half ihr ein wenig beim Essen, während er selber genüsslich zulangte und Tim ihm vom gestrigen Kindergartenausflug in den Zoo erzählte. Nach dem Frühstück wuschen sie gemeinsam die Kinder und zogen sie an, Ben sprang selber unter die Dusche und danach fuhr er zum Metzger im Ort und kaufte Unmengen an Fleisch und Würstchen, denn sie hatten Semir und seine Familie am Abend zum Grillen eingeladen. Er mähte auch noch den Rasen-allerdings mit einem Rasentraktor, so ein Schiebeding war nicht so seines und bei ihren Flächen rentierte sich die Maschine auch. Er hatte extra darauf geachtet ein PS-starkes Gerät zu kaufen. Tim wollte auf seinem Schoß mitfahren und durfte auch mal lenken, so dass sich diese eigentlich ungeliebte Arbeit zu einem gemeinsamen Event gemausert hatte. Mittags aßen die Kinder eine Suppe, die Erwachsenen hielten sich zurück, denn sie mussten sich Hunger fürs Abendessen aufheben. Sarah hatte bereits Baguettes und ein paar Salate vorbereitet und während Ben sich noch mit den Kindern zu einem kleinen Mittagsschläfchen hinlegte, verschwand Sarah wieder im Arbeitszimmer und er hörte das Geräusch der Tasten, als er langsam in den Schlaf dämmerte.
Als er gemeinsam mit den Kindern wieder erwachte, seine kleine Tochter wickelte und Sarah immer noch am PC saß, musste er sie doch einmal fragen. „Sag mal, was machst du da eigentlich die ganze Zeit?“, wollte er wissen. „Ich dachte ja erst du zockst, wie ich das ja manchmal zur Entspannung mache, aber da braucht man nicht so viel Tastatur!“, bemerkte er und Sarah bekam einen roten Kopf. „Ich schreibe!“, war die Antwort und jetzt sah Ben sie überrascht an. „Was schreibst du denn?“, hakte er dann nach. „Na-so Geschichten…“, wand sich seine Frau, aber in diesem Augenblick hupte es unten-Semir, Andrea, Ayda und Lilly waren eingetroffen und jetzt gingen sie erst mal alle miteinander nach unten, um ihre Freunde zu begrüßen.