Da ich in den folgenden Tagen sehr viel Zeit habe, versuche ich mich auch mal wieder an einer FF. Sie spielt zwischen "Geld regiert die Welt" und "Tödliche Wahl" und stellt letztere Folge etwas anders dar.
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Um Semir das Leben zu retten, erschießt Andrea während eines Banküberfalls einen der beiden Täter. Dessen Bruder entkommt – allerdings ohne Beute. Aufgrund des fehlenden Geldes erblindet Hartwig Vogts Schwester nur einen Tag später, um ihr Leben zu retten, wäre eine zu teure Operation nötig gewesen. Damit zerplatzen die Karriereträume von Elena Vogt, die kurz darauf ohne noch einmal mit ihrem Bruder zu sprechen Suizid begeht, da sie keinen anderen Weg sieht. Hartwig Vogt kocht vor Wut und schwört Vergeltung. Er entführt Semir und stellt seinen Partner Ben vor eine teuflische Wahl. Ben muss entscheiden, wessen Leben wichtiger ist: Andreas oder Semirs!
Semir parkte den BMW direkt vor dem Eingang zur Sparkasse.
„Du hast was vergessen, mein Schatz.“
Andrea sah erst ihren Mann schmunzelnd an und blickte deutete dann mit dem Kopf in Richtung Tankanzeige.
„Oh. Na ja, das können wir ja gleich erledigen. Die Tanke ist ja fast um die Ecke.“
Semir und Andrea stiegen aus und betraten die kleine Filiale. Es war kurz vor Feierabend, sodass sich nur noch zwei Angestellte, ein Mann und eine Frau, in der Bank aufhielten. Andrea schritt auf den Mann zu und zückte ihre Bankkarte.
„Guten Abend. Was kann ich für Sie tun?“, erkundigte sich der Angestellte breit lächelnd bei Semirs Frau.
„Ich hätte gerne eine Auszahlung von 750 Euro in Hundertern“, erläuterte Andrea ihr Anliegen, ohne dabei irgendetwas auf das Lächeln des Mannes zu entgegnen.
Semir trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen, während der Angestellte dabei war, die Karte zu überprüfen. Er sah nach draußen – und stutzte. Zwei Männer, ganz in schwarz gekleidet, überquerten die Straße und schritten direkt auf die Bank zu. Ihre Gesichter waren von Tüchern verdeckt, sodass Semir nicht viel erkennen konnte. Instinktiv vergewisserte er sich, dass er seine Waffe mit sich führte. Die Männer betraten die Bank, verschafften sich einen kurzen Überblick und sprangen dann regelrecht auf den Bankangestellten zu, der gerade die 750 Euro für Andrea abzählte.
„Hände hoch! Das ist ein Überfall!“
Semir reagierte sofort, doch der Mann neben ihm schien seine Absicht zu durchschauen. Ehe Semir seine Waffe auf die Bankräuber richten konnte, stieß er Semir zu Boden und brachte dessen Waffe an sich. Andrea drehte sich zu ihrem Mann um. Ein entsetzter Ausdruck lag in ihrem Gesicht, der sich steigerte, als sie sah, wie der Räuber auf Semir zielte.
„Adios, Kumpel!“
„Spinnst du? Lass den Scheiß!“, wurde er plötzlich von seinem Komplizen angeheizt, der sich von dem völlig eingeschüchterten Angestellten bereits eine Tüte mit Geld füllen ließ.
Semir nutzte den Moment, als sich der Typ, der ihn bedrohte, zu seinem Komplizen drehte. Er rammte seine Faust unter das Kinn des Mannes, stand auf und versuchte, seinen Gegner außer Gefecht zu setzen. Doch offenbar war dieser kein Laie bezüglich Kampfsportarten. Er setzte sich mit gezielten Schlägen und Tritten zur Wehr, während der zweite Täter dem Angestellten die Tüte entriss: „Das genügt!“
In diesem Moment gelang es Semir, seinem Gegner die Maske vom Gesicht zu ziehen. Für einen kurzen Augenblick starrte Semir ihn an. Das nutzte der Angreifer, er schickte Semir brutal auf den Boden und richtete Semirs Waffe direkt auf seine Stirn.
„Pech gehabt. Das war der größte Fehler deines Lebens! Und dein Letzter…“
Andrea stieß einen kurzen, spitzen Schrei aus, als sie sah, wie die Finger des Mannes sich auf den Abzug legten. Dessen Waffe war beim Zweikampf direkt in Andreas Nähe geschleudert worden. Ohne lange zu überlegen, griff sie danach. Dabei wurde sie aus dem Augenwinkel vom Täter mit der Geldtüte beobachtet. Dieser reagierte zu spät. Andrea kniff die Augen fest zusammen und drückte ab.
„NEIIIIN!“
Der demaskierte Bankräuber sank auf den Boden. Seine Augen starrten seinen Komplizen noch einige Sekunden an. Dann sackte sein Kopf zur Seite. Fassungslos wechselte der Blick des zweiten Mannes zwischen Andrea und dem Toten hin und her.
„Dafür werdet ihr bezahlen! Ich schwörs euch! Ihr verdammten Schweine! Ich mache euch fertig!“
Während der Täter aus der Bank stürmte, zitterten seine Hände so stark, dass ihm die Tüte mit dem erbeuteten Geld auf den Boden fiel. Er rannte weiter. Währenddessen blickte Semir seine Frau an, die unter Schock stand. Er wusste nicht, worum er sich zuerst kümmern sollte. Er entschied sich Andrea in den Arm zu nehmen und sie zu beruhigen. Als er nach einer halben Minute endlich die Verfolgung des Täters aufnehmen wollte, schien es zunächst, als wäre es bereits zu spät. Semir kurvte ergebnislos durch die nahe Umgebung – bis von hinten ein Wagen mit überhöhter Geschwindigkeit direkt auf Semir zuschoss. Im letzten Moment konnte dieser das Lenkrad herumreißen und dem Auto ausweichen. Semir konnte deutlich sehen, wer in dem Wagen saß: Der Täter hatte die Maske nicht abgenommen. Gerade, als er die Verfolgung aufnehmen wollte, passierte es: Der letzte Tropfen Benzin war verbraucht. Hilflos musste Semir dem flüchtigen Bankräuber hinterhersehen. Es gelang ihm zu spät, ein vorbeifahrendes Auto zu stoppen.
„Susanne, gib bitte eine Fahndung raus nach einem roten Mercedes mit dem Kennzeichen K-AU-779, Ende.“
Als Semir die Bank erneut betrat, waren die Kollegen bereits vor Ort. Die Bankangestellte hatte sie per Knopfdruck gerufen. Andrea hockte, die Hände vor ihr Gesicht gefaltet, auf einem Stuhl und starrte ins Leere. Semir setzte sich neben sie und legte seinen Arm um ihre Schulter.
„Andrea, mein Schatz…“, begann er, doch mehr wollte nicht kommen. Seine Stimme versagte.
Gerade als sein Partner Ben Jäger die Bank betrat, klingelte Semirs Handy.
Semir löste sich von seiner Frau und meldete sich: „Susanne, habt ihr was herausgefunden?“
„Der Wagen ist als gestohlen gemeldet. Die Fahndung läuft. Wie geht es Andrea?“
„Sie muss sich erst mal erholen. Ich fahre sie jetzt nach Hause.“
„Semir… Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist.“
Ben stürmte auf seinen Partner zu: „Semir! Oh Mann, geht’s dir gut?“
Semir nickte kaum merklich. Er drehte sich zu Andrea, die unverändert auf dem Stuhl kauerte.
„Sag Bescheid, wenn die Kollegen wissen, wer der Tote ist. Ich bringe Andrea erst mal von hier weg.“
„In Ordnung, Partner. Ich mache hier mal ein bisschen Dampf.“
Als sie vor dem Haus ankamen, blickte Semir zu Andrea, die seit dem Überfall kein Wort gesagt hatte. Andrea schluckte schwer und erwiderte dann Semirs Blick.
„Was ist, wenn der Kerl Ernst macht?“, fragte sie dann und blickte Semir tief in die Augen.
„Andrea, bitte, mein Schatz, alles wird gut. Wir werden ihn schnell kriegen, das verspreche ich dir. Jetzt ruhst du dich mal ein wenig aus.“
Kurz darauf lag Andrea auf dem Bett und starrte in die Luft. Immer wieder lief die Szene vor ihrem geistigen Auge ab, immer wieder hörte sie den Schrei, den der Komplize ausgestoßen hatte und seine wütende Drohung. Er würde herausfinden, wer sie war, wer Semir war und er würde keine Ruhe geben, bis er seine Rache hatte. Andrea wurde schwindelig. Sie bekam diese Bilder einfach nicht aus dem Kopf. Es dauerte lange, bis sie schließlich in einen sehr unruhigen Schlaf fiel. Sie stand auf einer Brücke, unter ihr war nichts als Wasser. Sie starrte entsetzt in die Augen des maskierten Mannes, der ihr eine Waffe gegen den Kopf hielt und sie konnte nicht verhindern, dass er abdrückte. Sie fiel ins Wasser, bekam keine Luft mehr, hustete, spuckte – und wachte auf. Semir stand mit besorgter Miene an ihrem Bett.
„Andrea. Alles ist gut, du bist in Sicherheit. Alles ist in Ordnung. Niemand tut dir etwas. Ganz ruhig. Ich hole dir ein Glas Wasser, ja?“
Besorgt eilte Semir in die Küche, während Andrea sich durch die Haare fuhr und seufzte. Da war es wieder. Das Bild, wie der maskierte Täter sie wutentbrannt angestarrt hatte. Andrea versuchte, ruhig und tief ein- und auszuatmen. Würde Semir den Bankräuber fassen, bevor er seine Drohung wahr machen konnte?