Semir schlug die Augen auf, als sein Handy ihn aus den schönsten Träumen riss. Er brauchte eine Weile um richtig wach zu werden, schlug die Decke zur Seite und setzte sich auf. Mit den Händen fuhr er sich über das Gesicht und grunzte leicht. Was für ein schöner Traum und wenn er in wenigen Tagen wahr werden würde, dann wäre er der glücklichste Mann den es auf Erden gab, da war er sich sicher. Nur noch zwei Wochen und er würde mit seinen Töchtern und Andrea unter einem Dach leben. So wie er es eben schon im Traum erlebt hatte. Immer noch müde schlurfte er ins Bad, stellte sich unter die Dusche und ließ sich durch das kühle Nass vollends aufwecken. Nach einer guten halben Stunde war er fertig und ging in die Küche. Hier erwartete ihn die erste Überraschung an seinem 50igsten Geburtstag. Der Tisch war bereits gedeckt. Es stand herrlich duftender Kaffee und frisches Rührei auf dem Tisch. Die Brötchen waren bereits aufgeschnitten. „Guten Morgen Papa…“ begrüßte Dana ihn mit einem Kuss. „Alles Gute zum Geburtstag,“ hängte sie an. Semir lächelte verlegen. „Wow, womit habe ich das denn verdient? Und was machst du schon auf? Du hast doch später Schule. Sonst schläfst du doch auch viel länger.“ staunte er. Dana sah ihn lächelnd an. „Heute ist nicht irgendein Tag. Ich wollte dir zu deinem Ehrentag eine Freude bereiten.“ Semir wurde leicht rot. „Das ist dir gelungen. Das sieht richtig gut aus. Hast du das Rührei gemacht?“ Dana rollte mit den Augen. „Natürlich, wer denn sonst? Wir wohnen hier allein und ich fahre sicher nicht eine Stunde durch die Stadt und hole Rührei von Andrea. Ich hoffe, der schmeckt auch annähernd so. Ich habe es nach ihrer Anleitung gewürzt.“ erklärte sie ausführlich. Semir nickte und besah sich den Tisch noch einmal genau. Etwas enttäuscht schien er doch noch zu sein. „Aber ich habe noch ein anderes Geschenk für dich. Einen Moment!“ Dana verschwand und kam nur wenig später mit einem Briefumschlag und einem Karton zurück. „Noch einmal, alles Gute zum Geburtstag. Der Karton stand gestern vor der Tür, als ich nach Hause kam.“ Semir nahm den Umschlag und den Karton fragend an. „Was ist denn da drin?“ wollte er wissen. „Mach ihn doch einfach auf.“ schlug Dana vor und Semir riss den goldfarbenen Umschlag auf. Er sah hinein und grinste. „Ein Gutschein?“ lachte er. Dana steckte ihre Hände in die Hosentaschen und nickte. „Ja, für einen Grillkurs. Ich halte es für dringend notwendig. Denk mal bitte an deinen letzten Versuch bei Andrea. Sie kann echt froh sein, dass nur die Hollywoodschaukel Feuer gefangen hat. Ich meine, wenn wir demnächst schon mit allen unter einem Dach wohnen, dann wäre es für deren Sicherheit wesentlich besser.“Semir legte Gutschein und Umschlag auf den Tisch und bedankte sich mit einer festen Umarmung bei seiner Tochter. „Danke Dana…“ gab er von sich. „Dann werde ich mir mal den Karton ansehen.“ hängte er an und wandte sich dem kleinen Geschenk in der Größe einer Zigarrenkiste zu. Er nahm es in die Hand und bemerkte, dass kein Absender darauf zu erkennen war. Ein mulmiges Gefühl kam in ihm auf. „Das stand vor der Tür?“ Er sah Dana an und seine Tochter nickte.
Semir musterte den kleinen Karton genau und tastete ihn ab. Er spürte keine Drähte oder sonst irgendwelche Ungereimtheiten, doch er wusste auch, dass er sich in seinem Leben genügend Feinde gemacht hatte und es wäre nicht das erste Mal, dass sich jemand auf grausame Art und Weise rächen wollte. Er stellte das Kästchen auf den Tisch. „Dana, stellt dich bitte an die Tür!“ befahl er sanft und sah sie lächelnd an, doch seine Tochter schüttelte verständnislos den Kopf. „Was? Warum denn?“ „Tu bitte, was ich dir sage!“ befahl er nun etwas schärfer. Dana lachte auf. „Denkst du man schickt dir zum Geburtstag eine Bombe? In so einem kleinen Karton? Das ist doch lächerlich.“ Semir ignorierte den Einwand und tastete das Geschenk erneut akribisch ab. „Ich habe mir in meinem Leben eine Menge Feinde gemacht und davon sind einige schon auf ganz andere Ideen gekommen. Bitte Dana, wenn da etwas Gefährliches ist, dann möchte ich nicht, dass du verletzt wirst.“ Doch auch jetzt bewegte sie sich nicht. „Papa, wenn das wirklich eine Bombe drin ist, dann ist es ziemlich egal, ob ich am Tisch oder fünf Meter weiter in der Tür stehe. Nun mach schon auf und gut ist!“ Semir leckte sich nervös über die Lippen und öffnete das Geschenk sehr vorsichtig. Alles ging gut. „Siehst du, alles gut. Keine Bombe.“ grinste seine Tochter. Er öffnete den kleinen Kasten und sah, dass es ein Schwimmer war. Schnell griff Dana rein und holte ihn heraus. „Was ist das?“ wollte sie wissen. „Das ist ein Schwimmer. Ein Angelutensil. Das wird an die Sehne der Angel gelegt und unten kommt der Haken dran, mit dem der Fisch gefangen wird.“Dana sah ihn an. „Aber du angelst doch gar nicht.“ staunte sie. Semir nickte. „Ich weiß, dass ich nicht angele, aber ich habe es mal getan.“ „Okay, und warum sollte man dir einen …das Ding da schenken?“ „Ich weiß es nicht Dana.“ gab er zu. Er nahm ihr den Schwimmer ab und legte ihn wieder in den Kasten.