Für Semir und seiner Familie verging die Zeit nur sehr langsam. Nach dem Mittagessen legten sich Ayda, Lilly und Andrea hin und versuchten zu schlafen. Semir ging noch einmal zu Dana, doch dort gab es keine Neuigkeiten und die Schwestern schickten ihn nach guten zwei Stunden wieder in sein Zimmer. Dort angekommen setzte er sich auf sein Bett und starrte einfach nur aus dem Fenster. Andrea schlug die Augen auf und sah ihn an. Sie spürte an seiner Haltung das etwas nicht stimmte und setzte sich auf. „Semir, ist was mit Dana?“ fragte sie leise. „Nein, es gibt nichts Neues. Sie ist stabil aber sie ist noch immer nicht über den Berg. Andrea, wenn … wenn sie es nicht schafft, dann…“ Er stieß einen Seufzer aus und Andrea kam zu ihm. Sie setzte sich und nahm ihn in den Arm. „Sie wird es schaffen! Du wirst sehen, in spätestens einer Woche wird sie sein, wie gestern. Erinnerst du dich noch, als ich diesen Bauchschuss hatte?“ Semir nickte stumm. „Damals hast du auch gedacht, dass ich nicht durchkomme. Aber ich habe es geschafft, weil ich stark war und Dana ist auch stark. Sie wird es schaffen! Sie hat deine Gene.“ Semir stand auf und ging zum Fenster. „Denkst du wirklich, dass es gut ist, wenn wir wieder zusammenziehen?“ Er sprach leise und wagte es nicht, sie anzusehen. Andrea kam zu ihm und legte ihren Kopf auf seine Schultern. „Du meinst, weil wir dann wieder in Gefahr geraten könnten? Weil wir dann und wann mal in eine Schutzwohnung gebracht werden, unter Schutz stehen? Semir ich habe dich damals geheiratet, weil ich dich liebe, wie du bist. Ich tue es immer noch und ich würde einiges dafür geben, wenn ich die Uhr zurückdrehen könnte. Du hast den Wink, den ich dir vor dem Scheidungsrichter gegeben haben, vermutlich nicht verstanden. Ich wollte die Scheidung nicht mehr.“ gab sie von sich. Semir lächelte verbittert. „Ich habe ihn schon verstanden. Aber ich war verletzt. Sehr verletzt.“ sagte er. Andrea nickte. „Das verstehe ich auch. Aber wir gehören zusammen. Wir sind eine Familie und dazu gehört auch Dana. Sie wird auch wieder zu uns zurückkommen, da bin ich mir sicher. Du wirst sehen, morgen gibt es sicher gute Nachrichten von ihr.“ Sie griff mit der gesunden Hand zu seinem Kinn und zwang ihn sanft, sie anzusehen. Als er den Kopf gedreht hatte, sah sie die Tränen in seinen Augen. Sie küsste ihn sanft. „Ich liebe dich Semir. So wie du bist.“ flüsterte sie.
Auf der Intensivstation ging Marianne in das Schwesternzimmer und traf dort auf ihre Kollegin und beste Freundin Julia. „Marianne, kannst du die Betten auf Zimmer Acht schon machen. Ich muss mich erst um Dana kümmern.“ Marianne nickte. „Dana? Wer ist Dana?“ wollte sie wissen. „Das ist der Neuzugang aus der letzten Nacht. Ein 18jähriges Mädchen, welches angeschossen wurde. Bauchschuss und es sieht nicht wirklich gut aus. Die Werte sind zwar stabil, aber du kennst es ja. Es kann kippen.“ „Oh mein Gott, wie schrecklich…“ gab Marianne zurück. „Ja, komm mal. Ich zeige sie dir.“ Sie gingen zusammen in das Zimmer mit der Nr. 108. Als Marianne vor dem Bett von Dana stand sah sie auf das Mädchen, welches an Schläuchen angeschlossen war und von den medizinischen Geräten überwacht wurde. „Mein Gott, sie ist noch so jung…“ Julia ging auf die andere Seite und strich Dana über die Wange. „Ja, das ist sie und ich hoffe inständig, dass sie kämpfen wird und vor allem, dass sie den Kampf gewinnt. Ihr Vater würde zugrunde gehen, habe ich das Gefühl, wenn sie es nicht schafft. Der ist nämlich auf Station mit den anderen Familienmitgliedern in einem Zimmer. Alle, bis auf er, haben etwas abbekommen. Ich kümmere mich jetzt um sie und du machst die Betten im Nebenraum, bitte.“ Marianne nickte und verschwand. Julia wandte sich wieder Dana zu. „Hey Dana, ich werde dich jetzt ein wenig waschen und dann kannst du auch weiterschlafen. Und ich würde mich riesig freuen, wenn du bald die Augen aufschlägst. Du bist noch so jung. Viel zu jung um zu sterben. Du hast dein ganzes Leben noch vor dir und ich mag es einfach nicht, wenn meine Patienten nicht kämpfen, verstehst du? Kämpfe Mädchen! Kämpfe!!“ sprach sie mit der Patientin während sie ihre Arbeit verrichtete. Immer wieder warf sie einen Blick auf die Monitore, über die das Mädchen überwacht wurde. Marianne kam nach einigen Minuten zurück. „Ich bin fertig. Kann ich dir hier noch helfen?“ Julia schüttelte den Kopf. „Weißt du denn was mit ihr passiert ist?“ hakte Marianne nach und sah sie an. Julia zog die Schultern hoch. „Wie gesagt, es wurde auf ihr geschossen. Auch ihre Geschwister und ihre Mutter sind angeschossen worden. Sie sind auf Station 4. Ihr Vater ist Polizist. Aber mehr weiß ich leider auch nicht.“ Schrecklich…“ gab Marianne von sich. Sie war sichtlich bestürzt über das, was Dana zugestoßen war.