Semir sah nachdenklich auf sein Handy und Andrea bemerkte es natürlich. „Was ist denn?“ wollte sie wissen. „Das war Paul. Er will die Tochter von Frank Reich überprüfen.“ murmelte er. „Okay, und hat er auch gesagt warum?“ Semir nickte. „Nun Thilo, unser neuer Kollege hat wohl den Vorschlag gemacht. Ich denke, er will abklären, ob sie nicht dahintersteckt. Ich kann es mir wirklich nicht vorstellen.“ Andrea setzte sich neben ihn. „Warum traust du ihr das nicht zu?“ Semir zog die Schultern hoch. „Das Mädchen war damals neun Jahre und hat nur ihren Vater gehabt. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sie die ganzen Jahre nur an ihre Rache gedacht hat.“ Andrea nickte leicht. „Nun, ich kenne das Mädchen nicht, aber Vaterliebe ist stark. Vielleicht hat Thilo ja doch den richtigen Riecher. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass die Frau auf uns geschossen hat.“ Semir sah seine Exfrau an. „Vielleicht hast du Recht. Vielleicht hat Thilo ja auch den richtigen Riecher. Für mich ist es jetzt erst einmal wichtig, dass ihr in Sicherheit seid.“ Andrea sah kurz auf Ayda und Lilly, die eng aneinander gekuschelt im Bett lagen und schliefen. „Ich nehme an, dass du, sobald du ab morgen mit Paul zusammen bist, selbst ermittelst oder?“ Semir senkte seinen Kopf. „Andrea, denkst du wirklich, dass ich mich zurückhalten werde? Dieser Kerl oder wer auch immer, hat meine Kinder verletzt, hat dich verletzt und das kann ich nicht einfach hinnehmen.“ Seine Exfrau lächelte leicht. „Natürlich nicht. Und ich finde es richtig, aber Semir, ich bitte dich vorsichtig zu sein. Du kennst deinen Gegner nicht und wer weiß, was ihm oder ihr noch einfällt, dich zu bekommen. Er scheint sehr verbittert und…“ Semir hörte den flehenden Ton in der Stimme. Er lächelte leicht. „Ich werde auf mich aufpassen. Außerdem habe ich doch Paul an meiner Seite.“ unterbrach Semir sie und zog sie an sich. Andrea schmiegte sich an ihn und schloss die Augen. Sie genoss die Zärtlichkeit. „Ich will dich nicht noch einmal verlieren ...“ hauchte sie. „Das wirst du nicht. Ich werde den Verantwortlichen zur Strecke bringen und der gerechten Strafe zuführen. Er wird für eine sehr lange Zeit im Knast landen. Wichtig ist nur, dass ihr in Sicherheit seid und bitte, ihr bleibt im Savehouse egal wie lange es dauert!“ legte Semir fest. Andrea nickte nur.
Thilo versuchte heraus zu finden, was mit dem Kinderheim passiert war und erfuhr, dass es seit langem geschlossen war. Er bekam jedoch eine Telefonnummer einer ehemaligen Erzieherin und rief diese an. Nach wenigen Minuten beendete er das Gespräch und legte auf. Dann sah er zu Paul. „Das Kinderheim ist schon seit 2007 geschlossen. Aber die Unterlagen über die damals untergebrachten Kinder sind im Jugendamt einsehbar. Heute ist das allerdings nicht mehr drin.“ berichtete Thilo. „Gute Arbeit. Okay, hast du sonst noch was für mich?“ Thilo schüttelte den Kopf. Paul nickte leicht. „Gut, dann werden ich morgen mit Semir zum Jugendamt fahren und dort nachhaken.“ „Okay, das ist sicher gut. Aber was mache ich denn jetzt?“ Sein junger Kollege sah ihn an. „Bericht schreiben? Hast du das schon gemacht?“ grinste Paul leicht. „Och man, Paul… dazu habe ich überhaupt keinen Bock. Kann ich nicht zu Jenny und meine Ablösung ablösen?“ „Nein, du wirst mir helfen und das heißt auch, dass wir jetzt Feierabend machen. Du wirst dich einfach nach Hause begeben und dich ausruhen. Morgen früh bist du dann pünktlich hier!“ Thilo nickte, packte seine Sachen ein und verließ das Büro. Paul klopfte nur wenig später an Kims Tür. „Ja!“ forderte sie zum Eintreten auf. „Frau Krüger, ich wollte Sie auf den aktuellen Stand bringen…“ fing Paul an. „Schießen Sie los, ich bin ganz Ohr!“ Paul setzte sich auf den Stuhl. „Thilo und ich haben uns nochmal die Akten von den Fällen vorgenommen, wo Semir und Tom Kranich ermittelt haben. Thilo ist dabei auf eine Tochter gestoßen, die ins Visier von uns geraten ist, denn sie wäre eine mögliche Täterin.“ Kim Krüger nickte. „Und?“ wollte sie wissen. „Wir haben herausgefunden, in welchem Kinderheim sie gebracht wurde, nur ist das schon seit vielen Jahren geschlossen. Morgen können wir uns aber die Akten ansehen und erfahren welchen Namen das Mädchen jetzt trägt und wo sie eventuell ist.“ ging es bei Paul weiter. „Und Sie werden, so nehme ich an, morgen mit Gerkhan dann diese Spur weiterverfolgen?“ Paul bestätigte es mit einem Nicken. „Ich werde Semir morgen um neun abholen und dann direkt zum Jugendamt fahren. Alles Weitere wird sich dann zeigen.“ Kim Krüger atmete tief durch. „Herr Renner, ich will keinen Ärger haben. Sorgen Sie dafür, dass Gerkhan sich an die Regeln hält. Ich will nicht, dass er sich selbstständig macht.“ mahnte sie den jungen Hauptkommissaren.