Prolog:
Mitten in einem kleinen Wald in Köln, angrenzend der Autobahn, herrschte pure Einsamkeit. Es war still. Nur die Blätter der Bäume rauschten im Wind und erzeugten mit ihrem Geräusch eine unheimliche Stimmung. Durch die vorherrschende Dunkelheit und der Tatsache, dass hier nicht oft ein Mensch vorbeikommt, war der Wald ziemlich einschüchternd. Jedoch wurde diese einsame Dunkelheit durch rotes und blaues Licht durchbrochen, welches von der Ferne zu geschnellt kam. Drei Fahrzeuge der Polizei fuhren mit ihren eingeschalteten Sirenen an den Waldrand heran. Ermittler und Spurensicherer stiegen aus den Fahrzeugen aus und liefen nur wenige Meter in den Wald hinein. Die flackernden Lichter erhellten die Stelle und ließen ein Blick auf den vorzufindenden Tatort zu. Man brauchte keine besonderen Kenntnisse, um zu sehen, dass hier ein Verbrechen stattgefunden hatte. Die Ermittler warfen einen Blick auf die Tote, die vor ihnen auf dem kalten Waldboden lag. Es war eine junge, hübsche Frau mit langen blonden Haaren, welche ihr lockig über die Schultern fielen. Ihre hellblauen, verblassten Augen starrten den Himmel hinauf. Die Frau trug keine Kleidung, sondern wurde von vielen Blättern überdeckt, sodass man nicht auf ihren bloßen Körper schauen konnte. Ihre Arme waren entspannt zur Seite gelegt und ihr Kopf und halber Oberkörper waren an einem umgekippten Baumstamm angelehnt. Es hatte etwas Anmutiges, wie sie so da lag. Unter ihrem Schlüsselbein zog sich sichtbar ein tiefer Schnitt, welcher ihr vor ihrem Tode zugefügt wurde, denn es floss immer noch Blut aus der Wunde. Die Flüssigkeit suchte sich ihren Weg über den Oberkörper und versank schließlich in dem Laub, welches auf ihr lag. Hätte man von dem Blut und der Schnittwunde abgesehen, hätte man denken können, die Frau würde entspannt in den Himmel schauen und die Sterne beobachten.
Einer der Ermittler, ein Mann Mitte 40 mit schwarzem Haar und etwas Bauch bei 1,85m, kniete sich neben die Leiche und begutachtete jeden Zentimeter ihres Körpers. Mit seinen in Handschuhen gekleideten Händen drehte er vorsichtig den Kopf der Frau beiseite, um freie Sicht auf ihren Hals zu erlangen. Und was er sah, war wie erwartet. Deutliche Teaserspuren befanden sich auf der rechten Seite ihres schmalen Halses und überall waren Blutergüsse zu erkennen. Der Ermittler schüttelte nur mit dem Kopf, während sein Kollege, ein etwas jüngerer Mann mit blondem Haar und durchtrainierten Körper bei 1,90m, in sein Funkgerät sprach: "Wir brauchen hier sofort den Gerichtsmediziner und sorgt für ausreichende Beleuchtung und Absperrband!" Dann gesellte er sich zu seinem Partner und kniete sich auf die linke Seite, direkt ihm gegenüber. "Scheiße, schon wieder! Das kann doch nicht wahr sein! Das ist jetzt schon die dritte Frau in vier Wochen." Sein älterer Partner nickte und schaute sich den Wald etwas näher an, doch er bezweifelte, dass sie irgendwelche brauchbaren Spuren finden würden - denn das taten sie nie.
Wenige Minuten später traf der Gerichtsmediziner ein, warf einen kurzen Blick auf die Leiche und erzählte den Ermittlern nichts Neues: "Wie es aussieht, habt ihr es mit einem Serienmörder zu tun. Die Frau ist seit circa 13 Stunden tot. Todesursache ist genau dieselbe wie bei den zwei Frauen zuvor: Sie wurde erdrosselt. Ich werde mir das Opfer in der Gerichtsmedizin genauer anschauen, aber ich glaube, Sie wissen schon, was ich finden werde." Der Gerichtsmediziner stand auf und wollte gerade gehen, um seine Leute anzuweisen, die Leiche in den Transporter zu laden, als der Chef der Mordkommission herantrat. "Chef, was machen Sie denn hier?", fragte der jüngere Ermittler, denn eigentlich war es nicht seine Art an Tatorten aufzukreuzen. "Ich glaube es wird an der Zeit den Fall abzugeben." "Aber Chef, Sie können uns den Fall doch nicht wegnehmen! Immerhin sind wir die Mordkommission. Wer soll diesen Fall denn sonst bitte lösen?", warf nun der Ältere ein und war sichtlich gegen die Meinung seines Vorgesetzten. "Die Autobahnpolizei. Es ist besser so, glauben Sie mir, Mayer! Eine der dortigen Ermittler hatte früher mit genau diesen Fällen zu tun.", erklärte der Chef der Mordkommission und strich sich dabei seine grauen Haare aus dem Gesicht. Doch der jüngere Ermittler wollte diesen Fall nicht Aufgeben und fragte ungläubig: "Die Autobahnpolizei? Seit wann ermitteln die denn in Morduntersuchungen. Vor allem bei einem Serienmörder wie diesen hier?!" Der Chef hörte eine deutliche Verachtung in der Stimme seines Mitarbeiters. Doch die Sache war beschlossen. "Fischer, es ist beschlossen. Die Kollegen der Autobahnpolizei bekommen von uns alle Unterstützung die Sie brauchen!" Somit verließ er den Tatort, setzte sich in sein Auto und wählte mit seinem Handy eine Nummer, die er lange nicht mehr gewählt hatte.
Kapitel 1:
In dem Revier der Autobahnpolizei herrschte für die späte Stunde noch reger Betrieb. Es war bereits 22 Uhr und eigentlich hätte die Nachtschicht schon längst den Dienst übernommen, doch kurz vor Dienstschluss wurden die beiden Hauptkommissare Ben Jäger und Semir Gerkhan zu einem Einsatz gerufen, welcher unverhofft etwas mehr Zeit in Anspruch nahm als erwartet. Flüchtige Bankräuber waren auf der Autobahn unterwegs und hatten durch ihre Flucht eine gefährliche Fahrweise an den Tag gelegt, welche für einen schweren Unfall auf der Autobahn gesorgt hatte. Während der Verfolgungsjagd mit den Flüchtigen wurde Bens Wagen von mehreren Kugeln getroffen und auch der Fahrer des Fluchtwagens ließ es sich nicht nehmen, das Auto von Ben zu demolieren. Nachdem Semir mit einem gekonnten Schuss den Fahrer außer Gefecht setzten konnte, landete der Wagen am rechten Fahrbahnrand. Der Bankräuber flüchtete daraufhin die große Wiese entlang, welche sich neben der Autobahn befand. Jedoch nahmen Ben und Semir weiterhin mit ihrem Wagen die Verfolgung auf, da sie so schneller waren als zu Fuß. Doch als Semir aus dem Auto gesprungen war, um den Bankräuber zu fassen, fuhr Ben mit seinem Auto in einen Tümpel, der sich hinter einer kleinen Kuppe befand. Und jetzt saßen die beiden Kommissare in ihrem Büro und schrieben ihre Berichte, wobei Semir gar nicht mehr aus dem Lachen herauskam.
"Ben, du hättest mal dein Gesicht sehen müssen!", brüllte der ältere Kommissar und wischte sich mit seiner Handfläche die Augen, da sie lauter Lachen schon am Tränen waren. Doch Ben konnte sich nicht in die Freude seines Partners hineinversetzten. Dieser äffte Semir nur nach und wollte einfach nur seinen Bericht zu Ende bringen und nach Hause fahren.
"Gar nicht lustig! Wirklich gar nicht."
Semir hörte auf zu Lachen und schaute seinen Partner mit strenger Miene an und versuchte in einem ernsten Tonfall zu sprechen, was ihm wirklich schwer fiel.
"Nein, du hast Recht! Gar nicht lustig."
Doch als er diesen Satz beendete, platzte es wieder aus ihm heraus. Der alleinige Gedanke an den Vorfall mit dem Tümpel brachte Semir heitere Stimmung, die er nicht kontrollieren konnte. Ben lehnte sich nur genervt in seinen Stuhl zurück und ließ den Stift sinken, denn so konnte er sich nicht auf seinen Bericht konzentrieren. Semir schaute zu seinem Partner und merkte, dass es langsam genug war. Er fasste sich wieder mit seinen Gedanken und Lachanfällen, denn immerhin wollte er auch bald nach Hause. Seine Frau Andrea wartete bestimmt schon auf ihn und er wollte noch die Möglichkeit haben, seinen Töchtern "Gute Nacht" zu sagen, ehe sie dem tiefen Schlaf verfallen waren. Dann schlug er ein ernsteres Thema an:
"Wenn du Glück hast, bekommt die Krüger den Bericht über den Dienstwagen erst morgen!"
"Na, hoffen wir's! Ich will gleich einfach nur nach Hause und das ohne vorher von ihr einen Einlauf zu bekommen."
Doch wie es das Schicksal so wollte, hallte plötzlich ihre Stimme durch das ganze Büro.
"Gerkhan! Jäger! Sofort in mein Büro!" Ein wütender Unterton war zu hören.
Die beiden Kommissare schauten sich wehleidig an und verdrehten die Augen. Sie wussten, was jetzt kommen würde.
"Na super! Hättest du mal nichts gesagt, Semir!"
Widerwillig standen sie von ihren Bürostühlen auf und schlenderten zum Büro ihrer Chefin. Als sie bei Susanne vorbeikamen, wünschte sie ihren beiden Kollegen noch "Viel Glück" und drückte ihnen die Daumen.
Die beiden Kommissare betraten das Büro ihrer Chefin und setzten sich ohne ein Wort auf die Stühle vor ihrem Schreibtisch. Sie schwiegen vor sich hin, schauten ihre Chefin an und warteten auf ihre Reaktion. Doch Kim Krüger blickte ihre Männer abwechselnd an und schaute zudem zwischenzeitlich auf den Bericht der vor ihr lag. Dann zog sie eine Augenbraue hoch, legte das Stück Papier auf ihren Schreibtisch nieder und begann im ruhigen Ton zu sprechen, was Semir und Ben wunderte.
"Wie schaffen Sie es eigentlich jedes Mal ihren Dienstwagen dermaßen zu demolieren und zu zerstören?!" Die Chefin atmete genervt aus, doch versuchte ihre Kontrolle und Ruhe zu bewahren. Es war schon spät und sie wollte ihre letzten Minuten in der PAST nicht schlecht gelaunt verbringen.
"Nun...", begann der braunhaarige Kommissar. Da es sein Auto war, wollte er Selber die Situation aufklären.
"Es ist so Chefin. Wir wurden von Anfang an von diesen Bankräubern beschossen und als der eine Täter dann über dieses Acker lief... da sind wir ihm eben gefolgt... mit dem Auto. Zum Aussteigen blieb uns ja keine Zeit, ne?!"
Ben stupste seinen Partner mit dem Ellenbogen an und wartete auf eine Bestätigung seiner Aussage, welche auch schnell kam. Semir nickte zustimmend mit seinem Kopf und fügte hinzu:
"Genau! Denn wären wir vorher ausgestiegen, dann wäre er schon über alle Berge gewesen." Bei dem Wort "Berge" breitete Semir seine Arme aus, um seiner Aussage etwas Nachdruck zu verleihen.
"Und wie ist bitte das Auto in dem Tümpel gelandet, Jäger?" Kim schaute Ben aus schmalen Augen an. Für diesen Zwischenfall hoffte sie eine plausible Erklärung, denn sie konnte es sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie man diesen Tümpel übersehen konnte.
"Es war alles ein großes Missgeschick, Frau Krüger! Das müssen Sie mir glauben! Ich hab diesen Tümpel zu spät gesehen und dann plötzlich... war ich mit dem Wagen auch schon baden..."
Ben schaute seine Chefin wehleidig an und versuchte etwas wie Mitleid bei ihr zu erreichen, doch ihre Miene änderte sich nicht, sondern Kim starrte ihn weiterhin an, ohne ein Wort zu sagen. Semir hingegen hatte Mühe sich sein Lachen zu verkneifen und rollte sich beinahe in dem Stuhl herum. Ben widmete Semir einen wütenden Blick und auch Frau Krüger musste nun etwas lächeln. Ihr Lächeln ließ Bens Nervosität von ihm abfallen.
"Jäger, und auch Gerkhan, Sie Beide wollen gar nicht wissen, was ich manchmal über Sie denke!", lächelte Kim und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Ihr Blick wanderte zur Uhr, es war schon fast halb 11.
"Das wird noch Konsequenzen für Sie beide haben!" Kim zeigte mit ihrem Zeigefinger auf ihre Kollegen vor ihr und fügte hinzu:
"Aber nicht heute. Machen Sie endlich Feierabend. Die Berichte können bis morgen warten. Dann bitte pünktlich bis 10 Uhr auf meinem Schreibtisch."
Semir und Ben waren Überglücklich. Denn jetzt stand ihrem Feierabend nichts mehr im Weg. Die Kommissare bedankten sich bei Frau Krüger und liefen stolz aus ihrem Büro. Dann klopfte Semir Ben auf die Schulter.
Kim Krüger schaute ihren Männern hinterher, als sie ihr Büro verließen und schüttelte mit dem Kopf. "Wie kann man nur so viele Dienstwagen zu Schrott fahren?", fragte sie sich im Stillen und räumte ihren Schreibtisch noch etwas auf, ehe sie nach Hause fahren wollte. Doch ihre Tätigkeit wurde von dem Klingeln ihres Handys unterbrochen. Die Chefin der PAST kramte ihr Handy aus der Hosentasche und wunderte sich, welcher Name auf dem Display stand. Hannes Seidel. Ihr ehemaliger Vorgesetzter bei der Mordkommission.
Das Gespräch mit ihm dauerte keine 5 Minuten und doch waren es sehr unangenehme Minuten für Kim. Die Tatsache, dass drei Morde an einen ehemaligen Mörder erinnerten, machten der Chefin zu schaffen. Ohne weiter zu Überlegen verließ sie ihr Büro und konnte Gerkhan und Jäger gerade noch so im Großraumbüro aufhalten, die gerade drauf und dran waren, nach Hause zu gehen.
"Gerkhan, Jäger! Es tut mir leid, aber das mit dem Feierabend wird sich noch etwas nach Hinten verschieben müssen. Wir haben da einen neuen Fall hereinbekommen, welcher oberste Priorität hat!"
Kapitel 2:
Es war fast Mitternacht, als die Kommissare Semir Gerkhan, Ben Jäger und Kim Krüger an dem sonst so stillen Waldstückchen neben der Autobahn ankamen. Schon von Weitem sahen sie die Absperrbänder, die im Wind flatterten und die großen aufgestellten Lichter, die den Tatort mit ihrem grellen Licht durchfluteten. Semir stellte seinen Wagen zwischen zwei Polizeiautos ab und schaltete den Motor aus. Dann wandte er sich zu Frau Krüger, die auf dem Rücksitz saß. "Was war das denn damals für ein Fall, den sie bearbeitet haben?", fragte der Kommissar und auch Ben war sehr interessiert an der Antwort, sodass er sich nun ebenfalls zum Rücksitz wandte. Frau Krüger schaute ihre beiden Kommissare an und atmete hörbar aus. "Nun gut. Damals, als ich noch bei der Mordkommission gearbeitet habe, hatten wir einen sehr schwierigen und komplizierten Fall. Es wurden mehrere Frauenleichen gefunden, welche gewisse Spuren aufwiesen. Zum Beispiel hatten alle Teaserspuren an ihrem Hals und überall Blutergüsse. Aber das größte Merkmal war eine große und tiefe Schnittwunde direkt unter dem Schlüsselbein. Diese Wunde wieß jede der Frauen auf und wurde damals auch für die Öffentlichkeit nicht Preis gegeben, damit wir keine Nachahmungstäter dadruch bekommen würden." Ben und Semir hörten gespannt ihrer Chefin zu und konnten nicht fassen, was sie ihnen gerade erzählte. "Des Weiteren wurden alle Opfer des Mörders vergewaltigt und das nachdem der Tod eingetreten war." Kim Krüger machte eine kurze Pause, damit ihre Kollegen alle wichtigen Informationen aufnehmen konnten. Sie sah an den Gesichtern von Ben und Semir, dass sie geschockt waren. "Und wie ging es weiter? Welches Schwein war für diese Taten verantwortlich?", wollte Ben wissen und schaute zu Semir, welcher gespannt nickte. "Nun, wir hatten lange Zeit niemandem in Verdacht. Jedes Mal hatten wir keine oder kaum brauchbare Spuren. Seine Daten waren in keinem Computer erfasst, er war wie ein Geist. Damals haben wir uns einen Psychologen zu rate gezogen, der uns einen wichtigen Hinweis geben konnte und zwar, dass solche Serientäter meist an dem Ort des Verbrechens wiederkehren. Also sind wir alle Tatortfotos durchgegangen und hatten immer den selben Mann auf den Bildern. Er hatte also einen Fehler begangen, den wir ausnutzen konnten. Es stellte sich später heraus, dass der Mann Dr. Wolff war. Er war eine kurze Zeit lang Arzt, wurde aber damals herausgeschmissen, weil er sich an einer Toten vergangen hat und erwischt wurde." Kim wurde von Semir unterbrochen. "Dieses ekelhafte Schwein!" "Ja, das war er... Ist er wahrscheinlich heute noch." Dann fragte Ben: "Und wie haben sie ihn festgenommen?" Kim überlegte kurz und sortierte ihre Gedanken, ehe sie antwortete: "Die Festnahme war etwas komplizierter. Er hatte sich sein nächstes Opfer schon ausgesucht und entführt. Wir haben ihn in seinem Keller gestellt, als er gerade dabei war die Frau zu foltern. Zum Glück kamen wir rechtzeitig, sodass die Frau gerettet werden konnte und Dr. Wolff wurde verhaftet und zu lebenslanger Haft verurteilt... Gott sei dank!"
Kim strich ihre Haare aus dem Gesicht und stieg mit Semir und Ben aus dem Wagen aus.
Sie liefen einige Schritte in Richtung des Tatorts und wurden von Hannes Seidel, dem Leiter der Mordkommission, erwartet. Als er Kim erblickte, fing er an zu lächeln und umartmte sie zur Begrüßung. "Schön dich wiederzusehen Kim. Auch wenn die Umstände alles andere als schön sind." "Schön auch dich wiederzusehen! Es ist lange her", antwortete Kim und löste sich aus der Umarmung. "Wenn ich vorstellen darf, das sind meine Kollegen Semir Gerkhan und Ben Jäger. Meine besten Männer", lächelte sie und Ben und Semir gaben Hannes Seidel die Hand, welcher sich auch sofort vorstellte. "Meine besten Männer warten am Tatort." Somit lief der Leiter der Mordkommission vorraus und Ben, Kim und Semir folgten ihm. Sie liefen unter dem rot-weiß gestreiften Absperrband hindurch und erhielten einen erschreckenden Anblick auf den Tatort. Der erste Blick fiel direkt auf die tote Frau, welche gerade von zwei Assistenten der Gerichtsmedizin in einen Leichensack gertagen wurde. Kims Blick blieb an der Frau haften. Sie beobachtete, wie die Assistenten die Frau in die Plastikfolie hüllten, damit keine weiteren Spuren verloren gingen. Dann trugen sie den Leichensack hoch und legten diese auf eine Metallbahre, welche direkt neben dem Tatort stand. Sie schnallten die Leiche mit den Gurten auf der Bahre fest und wollten sie gerade zum Wagen der Gerichtsmedizin bringen, als Seidel sie aufhielt. "Einen Moment bitte!" Dann wandte er sich zu Kim. "Du willst sie sicherlich sehen, bevor sie Abtransportiert wird." Kim nickte bloß und lief mit Seidel zur Bahre. Bevor Kim den Reißverschluss der Plastikhülle öffnete, sprach Seidel zu ihr. "Ich möchte deine unvoreingenommene Meinung. Egal was ich dir am Telefon erzählt habe. Sag mir einfach, ob Wolff wieder da ist oder ob wir es mit einem anderen Serienmörder zu tun haben." Hannes Seidel schaute seine ehemalige Kollegin an und wartete auf ihre Reaktion. Der Fall war damals für niemanden leicht gewesen, doch für Kim war der Fall damals komplizierter und härter gewesen als für jeden anderen im Team und das wusste auch Seidel. "Ich krieg' das hin... Versprochen", lächelte die Kommissarin ihn aufmunternd zu. Nun öffnete sie vorsichtig den Reißverschluss und sofort fielen blonde Locken heraus. Kim zog das Plastik weiter zurück und erhielt einen direkten Blick auf die lange Schnittwunde unter dem Schlüsselbein. Sie war blutrot und sehr tief. Ihr Atem stockte für einen Augenblick. Dann wanderten ihre Blicke weiter. Sie entdeckte die Teaserspuren und die Würgemale am Hals. "Von den Wunden her und ihrem Alter und Aussehen nach zu Urteilen war er es..." Diese Worte brachte Kim nur schwer von ihren Lippen. Sie hätte sich nicht vorstellen können, dass sie jemals in ihrem Leben erneut eine Frauenleiche mit den genau gleichen Anzeichen sehen würde. Schlimme Erinnerungen von damals schwirrten in ihrem Kopf. Die Leiche der Frau brachte verdrängte Erinnerungen und Gedanken wieder zum Vorschein, die Kim am liebsten für immer Vergessen würde. Jedoch fasste sich die braunhaarige Frau schnell wieder, denn eine wichtige Frage brannte ihr auf den Lippen. "Aber Dr.Wolff sitzt doch im Gefängnis. Also wie kann das sein, dass die Frau hier genau die gleichen Verletzungen vorweißt wie damals?"
Währenddessen unterhielten sich Semir und Ben mit den Polizisten Mayer und Fischer, welche in Seidels Augen die besten der Mordkommission waren. Jedoch waren sich die beiden Autobahnpolizisten da nicht so sicher.
"Also ihr seid von der Autobahnpolizei? Und was wollt ihr denn mit so einem komplizierten Fall wie diesem hier? Dem seid ihr doch gar nicht gewachsen!" Martin Fischer war eindeutig nicht damit einverstanden, dass die Autobahnpolizei diesen wichtigen Fall übernehmen würden und das ließ er auch Ben und Semir spüren. Der großgewachsene blonde Mann schaute herabwürdigend zu den beiden Kommissaren und wartete auf eine Antwort. Ben war schon innerlich am beben, denn er konnte diesen Fischer schon von der ersten Sekunde nicht leiden. Dies merkte auch Semir und übernahm das Sprechen für beide, da er genau weiß, wie Ben in solchen Situationen immer reagierte. "Nun, erstens sollen wir den Fall übernehmen, weil unsere Chefin früher an genau diesem Fall gearbeitet hat und zweitens: Wir sind dem gewachsen, aber sowas von!" Dem letzten Satz gab Semir so viel Nachdruck, dass auch er selber überzeugt davon war. Doch seine Euphorie hielt nicht lange an, als Fischer wieder einen Gegenangriff startete "Ja und? Das heißt gar nichts! Unser Chef, der Seidel, hat ebenfalls an diesem Fall gearbeitet und das sogar als Chef! Immerhin sind wir die Mordkommission und ihr seid nur von der Autobahn" Ben wurde von Sekunde zu Sekunde immer wütender. "Was denkt der Typ wer er ist?", flüsterte er Semir zu, doch auch Fischer und Mayer hörten dies. Semir zuckte nur mit den Schultern, doch merkte dann, dass die beiden Männer ihm gegenüber Bens Bemerkung ebenfalls gehört hatten. Der Kommissar starrte in Fischers Gesicht und sah, wie sein Auge zu zucken begann. Er wollte gerade auf Bens Kommentar reagieren, als sein Kollege Udo Mayer ihn aufhielt. "Martin, das bringt doch nichts. Der Chef hat es entschieden und so ist das jetzt nun mal!" Der Ältere zog seinen Kollegen von Ben und Semir weg, welche erleichtert ausatmeten. "Was ein komischer Kautz. Wie ist der nur Polizist geworden?", lachte Ben und schaute ihm hinterher. Semir lachte mit. "Der hätte uns fast einen Kopf kürzer gemacht und das nur wegen deiner Aussage vorhin. Also flüstern kannst du nun wirklich nicht, Ben."
In diesem Moment kamen Seidel und Frau Krüger wieder zurück zu Semir und Ben, denn sie hatten Neuigkeiten zu verkünden. Seidel holte ebenfalls seine Männer hinzu. Dann begann er zu sprechen: "Wir sind uns einig, dass wir es sehr wahrscheinlich wieder mit dem Chirurgen Dr. Wolff zu tun haben. Jedoch sitzt dieser im Gefängnis. Deshalb haben Kim und ich uns überlegt, ob er nicht vielleicht einen Schüler ausgebildet hat, der nun seine Arbeit hier draußen fortführt, während er im Gefängniss die Fäden zieht. Kim hat sich bereit erklärt ihn direkt morgen früh im Gefängnis einen Besuch abzustatten. Ich bin leider verhindert, weswegen ich einen von euch bitte, morgen mitzugehen, damit sie ihm nicht alleine Gegenübertreten muss." Kim nickte und wartete auf eine Reaktion ihrer Männer, welche auch nicht lange auf sich warten ließ. Ben hob seine Hand kurz hoch und sagte: "Ich gehe morgen früh mit. Ich möchte dieses Schwein mal kennenlernen."
Kapitel 3:
Kim und Ben liefen die großen kahlen Hallen des Gefängnisses entlang und folgten dabei zwei der dortigen Gefängniswärtern. Es waren zwei Männer zwischen 40 und 45. Beide hatten kaum bis gar keine Haare auf dem Kopf, welche sich schon Grau färbten. Sie trugen die übliche Kleidung für diesen Beruf und hatten einen Schlagstock und einen Teaser bei sich. Während des Weges zum Aufenthaltsort wechselten sie kein Wort. Auch Ben und Kim waren still. Die einzigen Geräusche, die man wahrnehmen konnte, waren das Geklimper der Schlüssel, welche an den Gürteln der Wärter hingen. Kim war in ihren Gedanken viel zu vertieft, um nur irgendein Wort herauszubringen. Gleich würde sie diesem Mann entgegen treten, vor dem sie doch so viel Angst hatte. Er hatte ihr das Leben zur Hölle gemacht und seit diesem Vorfall konnte sie nicht mehr richtig schlafen. Fast jede Nacht hatte sie Albträume von ihm. Der Chirurg, so wie ihn die Presse damals genannt hatte, war im Gefängnis, soviel stand für Kim fest. Doch ihr brannte die Frage auf den Lippen, wen er für seine Zwecke ausnutzte. Wen hatte er ausgebildet?
Je näher sie dem Aufenthaltsraum kamen, desto nervöser wurde Kim. Und desto unsicherer wurde sie sich, ob es eine gute Idee war Ben Jäger mitzunehmen. Immerhin hatte sie ihm und Semir noch nichts davon erzählt, dass sie eine Vergangenheit mit dem Chirurgen hatte. Es war nicht nur, dass sie in dem Fall früher ermittelt hatte, als sie noch bei der Mordkommission gearbeitet hatte. Er hatte es auf sie abgesehen und genau das tat er wahrscheinlich immer noch. Wie wohl die erste Begegnung mit ihm nach dem Prozess werden würde? Kim war sich damals so sicher, dass sie ihn nie wieder sehen würde. Und jetzt war sie hier im Gefängnis und würde ihrem Peiniger von damals in die Augen blicken. "Ich muss doch verrückt sein!", dachte sie sich im Stillen. Doch ihr machte es immer noch so viele Sorgen, dass Ben jetzt gleich wissen würde, was damals wirklich zwischen ihr und dem Chirurgen passiert war und wieso sie eigentlich den Fall übernehmen sollten. Zudem machte sie sich Sorgen, dass Ben und Semir sie danach nicht mehr als ihre strenge und selbstsichere Chefin sehen würden, sondern als ein Opfer eines verrückten Serienmörders. Würden ihre Kollegen sie überhaupt noch akzeptieren?
Kim wurde aus ihren Gedanken gerissen, als die Wärter plötzlich stehen blieben und die Tür zum Aufenthaltsraum aufschlossen. Sie ließen die beiden Kommissare hereintreten und schlossen die Tür wieder.
Ben merkte die Anspannung seiner Chefin. Sie war noch nie so ruhig gewesen.
"Alles okay?", flüsterte er ihr zu.
Doch als Antwort bekam er nur ein leichtes Nicken.
Die Kommissarin schaute sich vorsichtig um. Noch waren sie alleine. Der Aufenthaltsraum war in Grau gehalten. Die Decke, die Wände, sogar die Stühle und Tische waren grau. Es gab nur ein paar kleine Fenster direkt unter der Decke, wodurch ein paar Sonnenstrahlen fielen, trotzdem war es nicht sonderlich hell in diesem Raum. Die großen Lampen an der Decke waren ausgeschaltet.
Kim lief weiter in den Raum hinein, Ben folgte ihr stumm. Er wusste, dass irgendetwas nicht mit ihr stimmte, doch er wollte nicht weiter darauf eingehen. Trotzdem machte er sich Sorgen und er musste zugeben, dass er sich mehr Sorgen machte, als nur irgendein Kollege. Der Kommissar blieb stehen und folgte seiner Chefin mit seinen Augen, die immer noch ziellos durch den Raum striff. Sie schien in Bens Augen sehr unkonzentriert und nervös. Doch als er gerade darauf eingehen wollte, hörten die beiden Kommissare ein lautes Klacken. Eine Tür wurde aufgeschlossen. Kim und Ben schauten ruckartig zur Stahltür, die sich auf der anderen Seite des Raumes befand. Der braunhaarige Kommissar stellte sich neben seine Chefin. Sie beobachteten, wie sich die Tür langsam öffnete. Zuerst trat ein Wärter herein. Er war eindeutig jünger, als die beiden Männer von eben. Direkt hinter ihm folgte der Chirurg, Dr. Andreas Wolff. Er wurde von weiteren zwei Wärtern in den Raum geführt. Kim schluckte hart bei seinem Anblick. Ihre Muskeln verkrampften sich, doch sie musste stark bleiben. Die Wärter und Wolff kamen auf die beiden Kommissare zu und als der Serienmörder Kim erblickte, fing er an zu lächeln.
"Kim! Wie wundervoll dich zu sehen! Ich hab' dich vermisst seit dem Prozess."
Kim schaute ihn mit ihrem kühlen Blick an. Sie wollte vor ihm keine Emotionen zeigen. Dann sagte sie zu den beiden Wärtern mit ihrer typischen Strenge in der Stimme:
"Hauen Sie ihn in den Stuhl."
Die Wärter taten das, was ihnen befohlen wurde und bugsierten Wolff auf einen der Metallstühle, die fest am Boden montiert waren. Kim lehnte sich stattdessen an einen zweiten Tisch, der dem Tisch von Wolff direkt gegenüber stand. Der Chirurg wandte seine Blicke nicht von Kim ab.
"Ah, Ich mag diesen Duft! Der Geruch von Orangenblüten und Furcht!", gab Wolff zu und sog die Luft um sich herum tief ein. Eines war klar, er wollte Kim einschüchtern und himmelte sie damit gleichzeitig an. Doch Kim versuchte ruhig zu bleiben. Vor allem aber wollte sie nicht, dass Ben zu viel von dem Vorfall damals erfährt, weshalb sie wieder auf den Fall lenkte.
"Beobachten, Ausführen und Lehren. Das hat man Ihnen im Medizinstudium beigebracht. Wen haben sie gelehrt, Wolff?", fragte sie nun, ohne ihre Blicke von ihm zu wenden.
Wolff lächelte immer noch.
"Ich hab's hingeworfen, Kim. Das weißt du doch!"
"Sie wurden herausgeworfen! Weil sie eine Leiche betatscht haben!" Kim zog eine Augenbraue hoch und wartete auf seine Reaktion. Sie wusste, wie ungern er dies hörte. Wolff fing an zu lachen. Ihm gefiel zwar nicht, was er zu hören bekam, doch es machte ihm Spaß mit Kim wieder seine alten Spielchen zu spielen.
"Kompliment, Kim. Du hast es geschafft mich zu ärgern.", gab der Chirurg zu, lächelte aber immer noch. Ein kurzer Moment der Stille. Ehe sich seine blauen Augen auf die Schlüsselbeine von Kim richteten.
"Ich möchte sie sehen...Schlüsselbeine sind so nützlich!"
Kim zögerte. Sie schaute zu Ben und sah seinen fragenden Blick. Sie versuchte seinen Augen auszuweichen, doch sie wusste, was er jetzt denken würde. Die Kommissarin schluckte. Wie sie jetzt doch am Liebsten im Erdboden versunken wäre.
Ben verstand die Welt nicht mehr. Hatte er gerade richtig gehört? Er konnte es einfach nicht glauben. Doch als er Kim ansah, wusste er Bescheid. Sie und Wolff verband mehr als nur die Ermittlungen im Fall. Seine Chefin war eines seiner Opfer. Dieser Mistkerl hatte sich wirklich an seiner Vorgesetzten vergriffen. Aber wieso hatte Sie ihm nichts gesagt? Sie hätte sich ihm doch anvertrauen können! War das denn so schwer gewesen? Ben musste seine Gefühle unter Kontrolle halten. Er war so wütend und gleichzeitig so besorgt um Kim gewesen. Es hätte ihn beinahe innerlich zerrissen. Zudem musste er sich beherrschen, dass er diesem Wolff nicht eine verpassen würde, für das, was er Kim angetan hatte. Doch eines war sicher, er würde seine Chefin später darauf ansprechen. Sie hätte es ihm einfach sagen müssen.
Kim versuchte sich wieder auf das Gespräch mit Andreas Wolff zu konzentrieren. Nach einigen Überlegungen erhob sie sich von dem Tisch und setzte sich direkt gegenüber von Wolff. Die Kommissarin wusste, dass wenn sie seine Bitte ausschlagen würde, sie nichts über seinen Schüler erfahren würden. Somit musste sie wohl oder übel ihm ihre Narbe von damals zeigen. Sie öffnete den ersten Knopf ihrer rosafarbenen Bluse und striff den Stoff, der über ihrem linken Schlüsselbein war, beiseite. Zum Vorschein kam eine lange Narbe, die sich einmal der Länge nach unter dem Schlüsselbein befand. Wolff schaute sich die Narbe genauestens an. Man sah in seinem Gesicht, dass er stolz auf sein Werk war. Der Chirurg konnte nicht mehr aufhören zu grinsen.
"So gut wie neu.", warf die Kommissarin ein, ehe sie nach einigen Momenten ihren Stoff wieder zurückgleiten ließ und sich nun wieder dem Verhör zuwandte.
"So, jetzt Sie. Sie haben jemanden ausgebildet."
Wieder Stille. Wolff war noch nicht bereit etwas zu verraten und widmete sich wieder seinen Phantasien.
"Sag mir Kim, was würdest du gern mit mir machen?" Wolff grinste schelmisch.
Kim lehnte sich näher an den Tisch und schaute beiläufig zu Ben, sie merkte wie wütend er wurde. Er hatte seine Hände zu Fäusten geballt und war kurz davor Wolff eine mit seiner Rechten zu verpassen.
Jedoch ließ sich Kim auf das Spiel von Wolff ein und begann:
"Ich würde gerne meine Waffe nehmen..."
"Mh", unterbrach sie Wolff.
"...Sie Ihnen in den Mund stecken und abdrücken."
Das Lächeln aus dem Gesicht von dem Chirurgen verschwand für einen Augenblick. Er hätte von Kim Krüger mehr erwartet.
"Nein, nein, nein, nein nein. Es ist so viel besser wenn du es langsam tust. Lass dir Zeit."
Dann fügte er hinzu:"Weißt du, mein Leben lang hab ich gewissenhaft beendet, was ich angefangen habe. Es belastet mich, dass ich nicht beenden konnte, was ich mit dir begonnen habe."
"Das wirst du auch nicht, du irrer Mistkerl!" Kims Stimme bebte. Innerlich hatte sie so viel Angst, doch sie hatte sich geschworen, keine Schwäche vor Wolff zu zeigen. Dementsprechend war ihre Stimme lauter. Wolff hingegen blieb immer noch ruhig und überlegte kurz.
"Mhh.."
Nach einigen Sekunden fügte er hinzu: "Hast du manchmal von mir geträumt, Kim? Ich träume nämlich von dir." Und da war es wieder, sein schelmisches Lächeln, welches Kim so verabscheute. Seine Augen glänzten sie mal wieder an und die Kommissarin bekam eine Gänsehaut.
"Ich denke nicht mal an Sie. Aber eins steht fest! Ich besuche Sie jeden Tag, bis Sie mir gesagt haben, wer Ihr Freund ist! Wer hat Sarah Parker umgebracht?" Hinter dieser Aussage steckte Kim so viel Druck, wie es ihre Stimme nur zulassen konnte.
Wolff atmet schwer aus. Er hatte keine Lust darauf, dass Kim ihn anlog. Er konnte es förmlich spüren. Sein Blick wanderte zur Uhr, die über einer der Metalltüren hing.
"Wie ich sehe ist unsere Zeit abgelaufen."
In diesem Moment stand er von seinem Stuhl auf und lief mit den Wärtern an Kim vorbei. Er erhaschte noch einen kleinen Duft ihres Parfüms und sog den himmlischen Duft von Orangenblüten tief ein. Das Parfüm ließ seine Sinne benebeln und er spürte die Erregung in seinem Körper. Es erinnerte ihn an seine getöteten Frauen und an Kim. Er liebte diesen Duft. Dann schritt er weiter Richtung Tür.
Kim musste verrückt sein, denn was sie vorhatte, war alles andere als schlau. Er hatte gemerkt, dass sie ihn angelogen hatte. Sie wusste, dass Wolff nur darauf wartete zu hören, dass sie von ihm träumte. Die Kommissarin atmete tief ein und dann wieder lange aus. Wolff entfernte sich immer weiter von ihr. Sie erhaschte einen kurzen Blick von Ben. Man konnte sehen, wie besorgt er um sie war. Dann nahm Kim all ihren Mut zusammen.
"Ja, ich träume von Ihnen!"
Wolff blieb stehen und drehte sich langsam wieder zu Kim und Ben um. Er würdigte Ben keines Blickes, sondern konzentrierte sich nur auf Kim, welche sich auf ihrem Stuhl nun ebenfalls umdrehte. Denn sie hatte gespürt, wie seine Blicke auf ihren Körper trafen. Der Chirurg hatte mal wieder seinen Willen bekommen. Er grinste sie an und fragte:
"Und bin ich dein Liebhaber?"
In diesem Moment konnte Ben seine Wut nicht mehr zügeln und lief schnellen Schrittes auf Wolff zu.
"HALT'S MAUL DU VERDAMMTER SCHEIßKERL! HALT'S MAUL, JA!"
Ben war kurz davor Andreas Wolff eine zu verpassen, doch die zwei Wärter stellten sich vor Wolff und versuchten Abstand zwischen ihm und Ben zu bekommen. Kim schreckte auch hoch und griff Bens Arm, um ihn davon abzuhalten Wolff zu schlagen. Denn diese Genugtuung wollte sie dem Serienmörder nicht geben.
"Schon gut, schon gut.", versuchte Kim Ben zu beruhigen. Ihre Stimme klang wieder ruhiger als vorher. "Lass ihn." Kim kannte die Spiele von Wolff nur zu gut.
Ben ließ von Wolff ab. Er kochte vor Wut, doch seine Chefin hatte Recht. Er durfte ihm die Genugtuung nicht geben. Er hatte es darauf angelegt, dass er ihn schlägt. Er wollte es. Die kühle Hand von Kim auf seinem Unterarm ließ ihn wieder ruhiger werden.
Wolff lachte höhnisch und sah in das enttäuschte Gesicht von Kim. Sie hatte sich eindeutig mehr erwartet von dem Besuch im Gefängnis. Es war schon schwer genug für sie hier aufzutauchen, doch ohne Ergebnisse wieder herauszugehen, machte es noch schwerer.
"Du hast Recht. Kim, ich sollte fair spielen..."
Die Kommissarin war noch mit Ben beschäftigt gewesen, doch schaute nun hoch zu Wolff.
Dann sprach der Chirurg:
"Mein Freund ist da draußen, mh. Erfreue dich an ihm, so wie er sich an dir erfreuen wird."