Ich konnte 2011 schon mit Viva Colonia herzlich wenig anfangen. Das liegt wohl hauptsächlich daran, dass ich definitiv kein Karnevals-Fan bin, im Gegenteil. Um fast jeden Knop’schen Comedyerguss aus den letzten Staffeln habe ich zudem erst mal einen großen Bogen gemacht - FKK-Alarm bei der Erstausstrahlung abgeschaltet, Scheißtag und Klassenfahrt gleich ganz boykottiert. Und letztendlich habe ich trotzdem alles irgendwie früher oder später nachgesehen. Ich konnte irgendwie nicht anders und stellte mir immer die Frage: Hat man es geschafft, nochmal drei Stockwerke tiefer zu fallen, obwohl man schon auf tiefstem Grund angekommen war? Nachdem ich vom Power-Paar doch recht positiv überrascht war und der Autor hier nicht Knop hieß (und auch nicht Marc Hillefeld), sondern ganz im Gegenteil, ausgerechnet Boris von Sychowski, vor dem nahezu jeder Zuschauer drei Wochen zuvor für das Buch von Bombenstimmung seinen Hut gezogen hat, dachte ich mir, komm, bring es einfach gleich am vorigen Donnerstagabend nach Amnesie hinter dich. Ich möchte nicht sagen, dass ich zufrieden bin, denn dann würde da unten eine ganz andere Punktzahl stehen. Aber mit Verweis auf Knop und den König aus dem fiktiven Staat ohne Autobahn und - ja - möglicherweise sogar mit Verweis auf Babyalarm und Wettlauf gegen die Zeit möchte ich meine Ansicht unterstreichen, dass die Serie dem Zuschauer schon wesentlich Schlimmeres geboten hat.
Natürlich gibt es zunächst mal eine Reihe von frei rausgegriffenen Negativpunkten: Da wäre an Stelle 1 natürlich sofort Mr. Zahnweh, Pardon, Zahnfee Paul Renner/Daniel Roesner zu nennen. Ich habe mich bemüht, in seinem Gesicht so etwas wie: „Was mache ich hier eigentlich für einen Scheiß?“ zu lesen, aber ehrlich gesagt, etwas Derartiges ließ sich nicht feststellen. Ich hatte wirklich den Eindruck, dass er diese Rolle gerne ausgelebt hat.
Dagegen muss ich gleichzeitig sagen, was das Kostüm und den Umgang damit angeht, ist Atalay ziemlich glimpflich davongekommen, wäre bei Knop nicht so gewesen...
Dann ist da noch die sogenannte Action. Die Szene auf der Autobahn brachte mich schon wieder dem Tränenausbruch nahe. Die ersten zehn Minuten waren unterm Strich noch recht akzeptabel vorübergegangen, aber dann musste auch ich extrem die Augen verdrehen. Dazu kommt ja noch, dass der betrunkene Paul fährt, was auch gar keinen Sinn ergibt, da primär ja Semir die Clowns jagen will. Genauso ist das Ende mit den Pferden einfach nur peinlich. Aber immerhin ... es gab überhaupt Autobahn...
Die Schauspielleistung der Clownfrauen - gruselig. Gruselig schlecht, hoffnungslos überzeichnet und grandios kindisch.
Schrankmann, die ihr Feuer sonst immer sehr überzeugend speit, liefert eine extrem unterdurchschnittliche Performance ab - mag an den Umständen gelegen haben, vielleicht wars auch so gewollt, aber auch ergibt ihre Anweisung hier einfach so gar keinen Sinn, da Semir und Paul den Clown schließlich auf frischer Tat gestellt haben - Geisterfahrt inklusive. Einfach totaler Humbug, dieser Auftritt.
Und dennoch wars für mich wie erwähnt um einiges besser als Eden, Ahjada, Scheißtag, Klassenfahrt und Konsorten. Einfach weil trotz allem hier und da auch mal Gags gut saßen (Boris eben, ich gebe zu, ich finde das Landei nicht grottenschlecht!) und ich nicht 44 Minuten lang ausschließlich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen habe, weil man der Folge die durchaus vorhandenen nicht auf Humor bedachten Szenen eigentlich sogar noch ganz gut abkaufen kann und der Fall war auch recht akzeptabel (präsentiert) - zumindest, wenn man den direkten Vergleich zu Episoden aus demselben Genre zieht.
Also, keine Frage, Weiberfastnacht ist eine Folge, die kein Mensch gebraucht hätte, erst recht nicht in so einer Staffel wie dieser hier, aber sie ist nicht der totale Totalausfall, den ich erwartet hatte und wenn man betrunken ist, dann funktioniert die Folge wahrscheinlich sogar (was ich nicht austesten werde).
Trotzdem ist und bleibt es kontrovers: Die Gemeinsamkeiten mit Bombenstimmung sind genau genommen lediglich: Gleicher Serientitel, gleiche Hauptdarsteller, gleicher Drehbuchautor, in beiden Folgen explodiert etwas, die Laufzeit ist in etwa die selbe und ... Ende. Und diese beiden Drehbücher sind mitnichten im Abstand von mehreren Jahren entstanden, nein, wenn überhaupt handelt es sich um wenige Monate, wohl eher Wochen. Wie geht das? Es ärgert mich einfach... Zumal immer noch niemand eine andere TV-Serie benennen konnte, die es ähnlich macht.
Letzten Endes rufe ich nicht „Fahrt zur Hölle mit dem Scheiß!“, sondern beschränke mich darauf, genervt die Augen zu verdrehen und „Bitte nicht nochmal“ zu sagen. Schon weil ich auf Karneval selbst bei ernsten Folgen gut verzichten kann.
Höchstwahrscheinlich bin ich durch den ganzen Müll der letzten Staffeln bereits abgehärtet und würde im Herbst 2017 nochmal ne Stufe kritischer urteilen, aber der Fairness halber, weil man sich die Folge im Gegensatz zu gewissen anderen Episoden der jüngeren Zeit gerade so ansehen kann, vergebe ich eine 2,5/10 und fertig.
P. S.: „Ich seh hier weit und breit keine Autobahn!“
„Das hat noch niemand zu uns gesagt, oder?“
Zu dir vielleicht nicht Paul, zu Semir (und Tom) schon. Das ist allerdings schon ein paar Jährchen her...