Gerade hatten Semir und Ben ihre Mittagspause an einer Raststätte beendet und wollten sich gemütlich in den ruhig fließenden Verkehr einreihen. Ben hatte unauffällig den obersten Knopf seiner Jeans geöffnet, weil er wie üblich gut zugeschlagen hatte. „Wie machst du das bitte, so viel zu essen und trotzdem nicht dick zu werden?“, fragte der kleine Türke kopfschüttelnd. „Seitdem ich in die Jahre komme muss ich schon aufpassen, dass es bei mir nicht anschlägt, aber bei dir scheinen diese Gesetze nicht zu gelten“, lamentierte er ein wenig, als plötzlich ein gelber Wagen wie eine Rakete auf der Überholspur an ihnen vorbei schoss.
„Hey was soll denn das? Hier ist auf 100 km begrenzt, aber der hat locker das Doppelte drauf- den schnappen wir uns!“, rief Semir, schaltete die Blaulichtleiste ein und wechselte ebenfalls auf die linke Spur. Man konnte sehen, wie ein Stück weiter vorne das Fahrzeug wohl mit Lichthupe und dichtem Auffahren die Verkehrsteilnehmer von der Überholspur scheuchte, der Fahrstil war nicht nur schnell, sondern auch aggressiv.
Ben hatte mit einer Hand nach dem Griff an der Tür gefasst und mit der anderen angelte er nach dem Funkgerät, um Susanne das Kennzeichen durch zu geben, wenn sie nahe genug heran gekommen waren. Semir trat das Gaspedal durch, zufällig war um die Mittagszeit auf diesem Autobahnabschnitt relativ wenig los und die anderen Fahrer wichen sehr vernünftig schnell aus, als der gelbe Bolide ihnen zu nahe kam. „Das gibt’s doch nicht, ich fahre was die Karre hergibt, aber der versägt uns und das Nummernschild ist auch nicht lesbar!“, rief Semir aufgebracht, nur Ben musterte das Fahrzeug vor ihnen mit einem begehrlichen Gesichtsausdruck „Audi R 8 Spyder V 10 , 610 PS, Beschleunigung von null auf hundert in 3.3 Sekunden!“, murmelte er und Semir warf ihm einen schnellen Blick zu. „Ja, ja, ist ja alles sehr schön und prima wie du dich mit Nobelmarken auskennst, aber überleg dir lieber, wie wir den schnappen können!“, knurrte er, aber da war es vor ihnen schon passiert. Ein Kleinwagenfahrer der gemütlich auf die Überholspur gewechselt hatte, verlor die Nerven als das Geschoss ihn von hinten bedrängte, touchierte beim hektischen Einscheren seinen Nebenmann, der drehte sich, zwei weitere Fahrzeuge konnten nicht mehr ausweichen, krachten in das schleudernde Fahrzeug und Sekunden später war die Autobahn dicht, Bremsen quietschten und der Audi war über alle Berge, da sogar die Standspur von Unfallwagen blockiert war.
„Cobra 11 an Zentrale- Massenkarambolage auf der A3, der Unfallverursacher ist flüchtig- erbitten Verstärkung und den Rettungsdienst!“, rief Ben ins Funkgerät und gab noch die Fahrzeugdaten des Boliden durch. „Den kriegen wir schon- solche Autos fahren ja nicht massenhaft auf Deutschlands Autobahnen herum!“, bemerkte er dann zu seinem Partner und jetzt stiegen die beiden aus, sicherten die Unfallstelle ab und gingen ihrer Arbeit nach. Gott sei Dank waren nur wenige Leichtverletzte zu beklagen und als einige Zeit später die Autobahn geräumt und der letzte Abschleppwagen davon gefahren war, setzten die beiden Hauptkommissare sich wieder in den BMW und fuhren zur PASt.
„Susanne gibt’s irgendwelche Meldungen bezüglich des R 8? So ein Auto muss doch irgendwelchen Kollegen auffallen“, fragte Ben nach, aber die Sekretärin schüttelte den Kopf. „Ihr sollt zur Chefin kommen!“, gab sie ihnen Bescheid und nach einem kurzen Rapport schrieben die beiden noch den Unfallbericht. „Das ist dir auch noch nicht oft passiert, dass du einen flüchtigen Fahrer nicht einholst, mir ist allerdings schleierhaft wo der abgeblieben ist“, bemerkte Ben, aber dann machten die beiden Feierabend.
„Sarah ist erkältet und wartet schon sehnsüchtig darauf, dass ich ihr die Kinder abnehme. Wir werden jetzt bei diesem Traumwetter eine große Runde spazieren gehen, dann werden die beiden müde und Lucky hat ebenfalls gleich sein Gassi!“, berichtete Ben und Semir wünschte ihm noch einen schönen Feierabend. „Ich muss mit Andrea einkaufen gehen- da würde ich lieber bei dir mit marschieren“, berichtete er und verdrehte die Augen. „Na jeder wie er´s verdient“, rief Ben, sprang in seinen Mercedes und brauste vom Hof. „Ja, ja du hast leicht reden“, seufzte Semir und fuhr ebenfalls nach Hause.
Ben wurde von seiner Frau die mit Schniefnase und Kopfschmerzen durchs Haus schlich, schon sehnsüchtig erwartet. „Was bin ich froh, wenn ich mich jetzt ein bisschen hin legen kann!“, rief sie und Tim und Mia-Sophie sprangen ihrem Vater munter entgegen. Auch Lucky freute sich mega als Ben sich die Leine um den Hals hängte- das sah nach einem Familiengassi aus und die liebte der freundliche graue Deerhound. So zog Ben mit seinen Kindern los und als sie sich nach einer großen Runde dem Dorf wieder näherten, kam ihnen ein unbekannter Hund, fast ein Ebenbild von Lucky, mit seinem Frauchen entgegen. Der wedelte wild, blieb aber nach einem Blick auf Herrchen gehorsam bei Fuß, während der andere schon ein wenig an der Leine zog. „Alba sitz!“, rief die junge Frau und jetzt hockte sich die Graue doch hin, wenn sie auch mit verschmitzten Augen in Lucky´s Richtung sah und leise fiepte. „Meinetwegen dürfen sie ihren Hund ruhig los lassen, dann können die beiden ein wenig spielen- Straße ist hier ja weit und breit keine“, schlug Ben vor und Sekunden später tobte Lucky als wäre er ein ganz Junger mit seiner neuen Freundin über die Wiesen. „Wir sind erst kürzlich her gezogen- wir haben uns ein kleines Häuschen hier im Dorf gekauft!“, erklärte die junge Frau und begrüßte auch freundlich die beiden Kinder. „Aber was für ein Zufall dass gleich zwei Hunde dieser doch in Deutschland nicht so verbreiteten Rasse hier leben, außer auf Zuchtschauen habe ich ehrlich gesagt noch keinen gesehen“, berichtete sie und Ben betrachtete seinen Gefährten, der soeben einen zweiten Frühling erlebte, mit liebevollem Blick. „Das sind ganz tolle Hunde- Lucky hat mir sogar schon einmal das Leben gerettet!“, berichtete er und die junge Frau sagte: „Das müssen sie meinem Mann und mir unbedingt einmal erzählen, aber ich muss jetzt leider zurück- hoffentlich treffen wir uns bald mal wieder“, und rief dann ihre Hündin zu sich und leinte sie an. Ben musste nun auch Lucky an die Leine nehmen, denn der sah gar nicht ein, dass er jetzt mit nach Hause gehen sollte. Tim und Mia-Sophie streichelten ihn und Ben sagte „Das müssen wir gleich der Mama erzählen- Lucky ist verliebt!“, und schwatzend und plappernd strebten die drei dann dem Gutshof entgegen.