Freunde und Kollegen
Freunde und Kollegen
Gefängnis Ossendorf 18.05.2005 18.30 Uhr in Zelle 118 Trakt b7
„Morgen werden wir verlegt. Wir gehen nach Aachen. Das ist unsere Chance für die Flucht“ sinnierter Ulrich Beil mit seinem Zellengenossen. „Sicher“ gab Uwe Brecht zurück. Die Flucht war bereits seit drei Wochen geplant. Die Freundin von Uwe Brecht hat bereits Fluchthelfer organisiert. Auf der A 4 in Richtung Aachen sollte es passieren. Keiner der Wachleute, die diesen Transport begleiten, ahnten was sich in kürze dort abspielen wird. „Und dann, kann ich Rache nehmen, an die die mich hier her gebracht haben. Insbesondere an Semir Gerkhan. Dieser Bulle wird mich nun richtig kennen lernen. Meine Bande ist nur durch ihn und seinem Kollegen Richter aufgeflogen. Ich habe jedoch gehört, dass Richter nicht mehr bei der Autobahnpolizei ist. Also werde ich mir Gerkhan schnappen. Es bleibt doch bei deiner Hilfe, Uwe?“ fragte Beil. „Sicher, ich helfe dir bei der Flucht, bei deiner Rache und bei allen anderen deiner Unternehmen. Habe absolut keinen Bock, hier zu versauern. Schade nur, dass Martin es damals nicht geschafft hat. Aber ich denke Isabell hat bestimmt gute Männer angeheuert“ gab dieser zurück. „ Nur glaubst du denn, dass du Gerkhan allein erwischen kannst? Vielleicht hat er einen neuen Partner. Sobald die Bullen spitzkriegen, dass wir geflohen sind, werden die Kollegen mit Sicherheit mehr auf diesen Gerkhan aufpassen. Du hast ihn schon damals bei der Verhandlung Rache geschworen. Es wird sicher nicht einfach sein, ihn zu schnappen.“ gab Uwe zu bedenken. „Einfach nicht. Aber für mich wird es ein Spaß sein, ihn zu quälen. Diesmal wird er merken, dass es ein Fehler war, sich mit mir anzulegen. Ich mache mir nur Gedanken darüber, wo ich ihn hinbringen kann. Es muss ein einsamer Ort sein, damit keiner seine Schreie hört. Doch nun, sollten wir schlafen, morgen ist ein anstrengender Tag.“
A 4 10.00 Uhr am 19.05.2005
„Achtung, Leute. Es geht los. Der Transporter ist gerade vom Gefängnishof gefahren. Er wird in ca. 10 Minuten am Treffpunkt sein. Und denkt daran. Keiner der Wachen sollte es überleben.“ gab Isabel ins Mikrofon „Verstanden“ kam es aus dem Äther zurück. Der Transporter war kurze Zeit später am Treffpunkt angekommen. Als erstes wurden die Begleitfahrzeuge durch genau gesetzte Haftminen ausgeschaltet. Die Fahrzeuge überschlugen sich und explodierten zum Teil. Es war sicher, dass dies keiner der Insassen überlebte. Der Transporter selbst wurde ebenfalls durch eine Miene gestoppt. Die Begleiter wurden gezwungen, die Türen zu öffnen und den Gefangenen die Fesseln abzunehmen. Anschließend wurden beide mit Kopfschuss getötet. „Ach, meine Isabel. Sie ist eine Teufelin“ gab Uwe mit Stolz an Beil weiter.“ Er umarmte und küsste Isabel. „Sehn wir zu, das wir hier wegkommen. Isabel, hast du dich nach einer einsamen Hütte bereits umgesehen? Und wie sieht es mit Gerkhan aus?“ wollte Beil wissen und sah die junge Frau an. „Alles erledigt. Die Hütte liegt in einem Waldgebiet. Abgeschieden und alles vorhanden, was du wolltest. Den Käfig habe ich auch schon bekommen. Er ist groß genug für deine Zwecke und sehr stabil. Die Sache mit Gerkhan, ist ebenfalls schon am Laufen. Ich erfahre heute Abend, wo er wohnt und wann wir zuschlagen können.“ gab sie zurück.. „Hervorragend. Du hast Recht, Uwe, sie ist ein Teufelsweib“ Alle sammelten sich und stiegen in die wartenden Fahrzeuge. Sie fuhren in die Hütte, die Isabel besorgt hatte. Die Hütte lag einsam an einem Waldsee zwischen Köln und Frechen. Abgeschieden von der Straße und weit und breit keine Nachbarn. Beil betrat die Hütte welche aus insgesamt 6 Zimmern bestand. Die Räume waren alle ziemlich gemütlich eingeräumt. Ausnahme machte das Zimmer im Keller. Dort war ein größer Bärenkäfig von einer Höhe mit ca. 1,80 Metern und eine Breite von ca. 2 Metern untergebracht. Der Käfig war karg eingerichtet es lag nur eine alte Matratze am Boden. An den Gittern waren zusätzlich Ketten befestigt. „Ja, hier wird sich Gerkhan mit Sicherheit wohl fühlen,“ grinste Beil zufrieden. „Außerdem werde ich ihn regelmäßig daran erinnern, dass ich das Sagen habe. Er hat das zu tun, was ich will. Wenn nicht, wird er bestraft. Das dauert bestimmt nur wenige Stunden, bis er es kapiert hat.“ lachte er gemein. Dann ging er zu den anderen um den Plan der Entführung und alles andere zu erarbeiten.
19.05.2005 13.00 Uhr PSTA
„Semir! Kommen Sie bitte sofort in mein Büro“, rief Anna Engelhard. Semir sah auf und folgte dem Ruf. „Chefin, was gibt es?“ fragte er. „Ich habe eben einen Anruf bekommen. Auf der A 4 wurde heute Morgen ein Gefangenentransport überfallen. Die Begleiter wurden alle getötet. Es sind insgesamt 8 Mann ermordet, nein regelrecht hingerichtet worden.“ „Oh, Mann. Was ist mit den Gefangenen? Wer steckt dahinter?“ fragte Semir. „Nun, die Gefangenen sind weg. Es waren zwei. Ähm… es sind Bekannte von Ihnen.“ „Wer?“ fragte Semir. „Beil und Brecht.“ antwortete Anna. „Mist.“ gab Semir von sich. Er erinnerte sich nur ganz genau an seine erste Begegnung mit Beil. Damals hatten Jan und er Beil einen ziemlichen Strich durch die Rechnung gemacht, ein großes Kokaingeschäft zu beenden. Er, Semir wurde daraufhin von Beil gekidnappt und ziemlich mies behandelt. Nach Beendigung lag er wochenlang im Krankenhaus. Heute erinnert ihn nur eine Narbe am rechten Bein daran, das er versucht hat sich Beil zu widersetzen. Und in der Gerichtsverhandlung schwor ihm Beil Rache. „Ich werde dich eines Tages in die Finger kriegen, Gerkhan. Und das, so schwöre ich hier, wird kein Spaziergang für dich werden.“
„Semir…?“ riss ihn die Stimme von Anna aus seinen Gedanken. „… ich weiß genau, was Beil Ihnen geschworen hat. Sie sind in Gefahr. Es wird Zeit, dass wir Chris Ritter aus dem Urlaub rufen. Er soll ein wenig auf Sie aufpassen. Ab sofort werden Sie keinen Schritt mehr ohne Begleitung machen. Chris wird Sie rund um die Uhr bewachen.“ „Chefin. Ich werde mich nicht verstecken. Nicht vor so einem Typen. Sicher Beil ist gefährlich, aber er weiß nicht wo ich wohne. Und auf meiner Tour über die Autobahn, werde ich immer mit Chris zusammen sein.“ bemerkte Semir „Das sollen Sie ja auch nicht. Aber jetzt wo Andrea im Urlaub und für drei Wochen nicht mit Ihnen zusammen ist, wäre es unklug allein zu bleiben.“ Mit diesen Worten griff Anna zum Telefonhörer und rief Chris Ritter, den neuen Partner von Semir an.
„Ritter“ kam aus dem Lautsprecher, nach dem dritten Rufton. „Engelhard, Es tut mir leid, das ich Sie im Urlaub störe, aber es ist sehr wichtig. Könnten Sie ins Büro kommen?“ fragte sie. „Bin in fünf Minuten da.“ „Okay, dann werde ich mal nach Hause gehen, und ein paar Sachen packen.“ sagte Semir. „ Sie warten, bis Chris hier ist.“ befahl Anna. Semir sah sie an und erkannte genau, das er besser tat, was sie befahl. „Wir müssen sehr gut aufpassen, Semir. Sie dürfen das Büro nicht allein verlassen. Beil wartet nur darauf.“ Die Bürotür ging auf und Herzberger trat ein. „Semir, da ist ein Gespräch auf Leitung vier für dich.“ Semir nahm das Gespräch an. „Gerkhan?“ meldete er sich. „Wir sehen uns sehr bald wieder, Bulle. Und dann gnade dir Gott. Du brauchst dich nicht zu verstecken. Ich finde dich überall. Ich werde dich in Einzelteile legen und bestimmt dabei meinen Spaß haben. Also denke daran, es kann jeder Zeit passieren, das du mich wieder siehst.“ tönte es aus dem Lautsprecher. „Beil? Sie haben schon wieder Menschen getötet. Ich werde Sie kriegen und nicht anders rum. Wenn wir uns wieder sehen, dann wird es für Sie kein Spaß werden….“ schrie Semir wütend in den Hörer. „Wir werden sehen, Gerkhan. Ha ha ha …“ lachte die Stimme. Ein Klicken zeigte das dass Gespräch beendet wurde. „Das war eine deutliche Warnung Semir. Sie stehen ab sofort unter Personenschutz.“ ordnete Anna an.
Chris Ritter fuhr auf dem schnellsten Weg zum Revier. Wenn Anna Engelhardt ihn im Urlaub anrief, dann war es wichtig. Das hatte er schon von Semir gehört. Doch für die Chefin, würde er alles tun. Auch Semir, sein Partner war ein ganz besonderer Mensch. Er arbeitete gern mit ihm zusammen. Semir war stets guter Laune und hatte immer einen Spruch auf den Lippen. Auch für ihn, würde Chris alles tun. Er ahnte noch nicht, dass er sehr bald die Gelegenheit bekam, Semir zu helfen. Als er im Revier ankam, sah er das Semir und Anna in dessen Büro auf ihn warteten. Er trat ein. „Hallo Semir, Frau Engelhardt“ begrüßte er die beiden. „Chris, es tut mir leid, aber es ist wirklich sehr dringend. Es geht darum, Semir zu beschützen.“ sagte Anna. Chris sah Semir fragend an. „Was hast du denn getan, das ich dich schützen muss? Deine Frau betrogen?“ grinste er. Auch Semir grinste aber es war ein gequältes Grinsen und Chris sah sofort, dass Witze hier nichts zu suchen hatten. „Okay, schieß los. Worum geht es?“ „Ich hatte dir doch schon von Beil erzählt. Dieser Dealer, der mich fast umgebracht hatte und bereits seit drei Jahren in Ossendorf verfault. Nun er ist heute ausgebrochen, hat 8 gute Männer umgelegt und mir bereits die Aufwartung per Telefon gemacht. Das ist die Kurzform“ gab Semir an. „Oh, keine gute Nachricht. Gut, wie machen wir es?“ fragte Chris. „Ich hatte gedacht, das Semir zunächst bei Ihnen wohnt. Er macht keinen Schritt ohne Sie. Sie sind für ihn verantwortlich. Er darf auf keinen Fall allein in der Stadt rumlaufen oder Auto fahren. Wir müssen jede Möglichkeit für Beil ausschließen an Semir heran zu kommen. Sie werden ihn Tag und Nacht bewachen.“ offerierte Anna ihren Plan.
Semir sah sie ziemlich entgeistert an. Das fehlte ihm noch, ein Aufpasser in allen Situationen. Aber er wusste auch, dass es richtig war. Er kannte Beil und er wusste wie brutal er war. Das hatte er am eigenen Körper zu spüren bekommen. Doch er konnte nicht glauben, dass Beil sich davon abhalten ließ. Er wird nach einer Möglichkeit suchen und vermutlich auch finden. Aber zunächst musste Semir sich damit abfinden, bei Chris zu wohnen und von ihm beschützt zu werden. „Aber zur Toilette gehe ich allein. Und duschen tue ich auch allein.“ grinste er Chris zu. „Das glaube ich kaum. Frau Engelhardt hat gesagt, keine Aktivität ohne mich und das beinhaltet auch diese Unternehmungen. Ich werde Kameras im Bad und in der Toilette einbauen müssen“, sagte dieser und grinste breit. „Nun, ich meinte es nicht ganz wörtlich.“ erwiderte Anna und alle drei lachten. Semir und Chris verließen gegen 20.00 Uhr das Revier. Selbst das Auto von Semir blieb ab sofort auf Befehl von Frau Engelhardt auf dem Parkplatz stehen. Dieses war zu bekannt. Sicher kannte auch Beil das Auto. Aber keinen war klar, dass Beil bereits alles über die Taktik der drei wusste. Er wusste wer mit Semir fuhr. Er wusste wo Semir wohnte und er wusste welche Strecke er eigentlich zur Arbeit fuhr. Semir und Chris hatten schon bei der Abfahrt vom Revier einen Schatten der ihnen folgte. „ Was machen wir zuerst?“ fragte Chris. „Erst einmal holen wir ein paar Sachen aus meiner Wohnung“. „ Hast du Angst?“ fragte Chris während er den Verkehr im Auge behielt. „Ich … Angst vor Beil? Ja, dieser Mistkerl ist ziemlich brutal. Damals hatte er mich fast geschafft. Und ich gebe zu, dass ich ziemlich großen Schiss habe, das noch einmal durch zu machen. Denn diesmal werde ich mit Sicherheit dabei krepieren.“ gab Semir zu. „Die Gelegenheit, werde ich Beil nicht einräumen. Er kommt nicht an dich ran.“ versprach Chris „ Ich glaube nicht, das du mich beschützen kannst. Beil findet garantiert ein Weg. Er plant alles sehr genau.“ zweifelte Semir. Er ahnte nicht wie Recht er hat. „Okay, wir sind da. Ich gehe nach oben und packe ein paar Sachen zusammen. Warte du hier im Auto.“ „Nichts da! Ich komme mit. Vielleicht warten hier schon ein paar Typen auf dich.“ Sie gingen in Semirs Wohnung. An der Tür angekommen, merkten sie sofort, dass die Türe aufgebrochen wurde. Semir zog seine Waffe und warf Chris einen viel sagenden Blick zu. Der nickte nur und zog ebenfalls seine Waffe. Semir trat die Tür zu seiner Wohnung auf, Chris sprang rein und gab Semir dann Zeichen, ebenfalls rein zu kommen. Sie durchsuchten die gesamte Wohnung. Nichts. Sie war leer. Im Wohnzimmer lag ein Brief. Semir nahm ihn in die Hand. Es war kein Absender auf den Brief zu sehen. Dort stand nur Semirs Name. Er tastete den Brief ab. Nichts deutete auf Drähte oder sonst eine Gefahr. Er öffnete den Brief und nahm das Schreiben raus. Dann las er: ~Gerkhan! Ich fordere dich auf, dich mir zu ergeben. Du weißt doch noch was damals passierte, als du dich gewehrt hast. Ist dein Bein wieder ganz heil? Glaube mir, du wirst das tun, was ich will. Ich habe dich rund um die Uhr im Blick. Wenn du nicht damit rechnest, wirst du mich sehen. Doch dann ist es zu spät für dich! ~ „Den hat Beil geschrieben.“ sagte Semir, nachdem er den Brief gelesen hatte. Chris hatte mittlerweile die Kollegen informiert. „Komm, Semir. Wir fahren zu mir. Ich werde dafür sorgen, dass dieser Beil nicht an dich rankommt. Vertraue mir einfach.“ Semir sah ihn zweifelnd an. „Das kannst du nicht, Chris. Beil bekommt immer was er will.“ Sie fuhren nachdem die Kollegen die Aussagen aufgenommen und die Spurensicherung ihre Arbeit beendet hatten in die Wohnung von Chris. Während der Fahrt saß Semir schweigend neben Chris und hing seinen Gedanken nach.
„Sie sind jetzt in der Wohnung von diesem anderen Bullen. Scheint so, als würden sie die Warnung sehr ernst nehmen.“ „ Das sollten sie auch. Ich bekomme stets das was ich will. Und diesen Gerkhan will ich mehr denn je. Okay, wir werden morgen Abend zuschlagen. So lange lasse ich ihn noch zittern.“ Beil griff zum Telefon. Die Rufnummer von Chris Ritter hatte er sich über die Auskunft eingeholt. Als das Telefon in dessen Wohnzimmer klingelte, hob Semir den Hörer ab. „Bei Ritter.. Gerkhan am Apparat.“ meldete er sich. „Ja, ich weiß… dich wollte ich ja auch haben. Hast du meinen Brief gelesen? Du kannst dich nicht verstecken. Ich weiß wo du bist. Ich bekomme immer was ich will“ lachte eine hämische Stimme und beendete durch ein Klicken das Gespräch. Semir stand ziemlich perplex mit dem Hörer in der Hand. Chris kam gerade aus dem Bad. „Wer war das denn?“ fragte er. Aber er bekam keine Antwort. Semir starrte nur vor sich hin. „Semir, was ist denn los?“ Chris griff Semir an die Schulter. Dieser zuckte zusammen und starrte ihn erschrocken an. „Das… das war …. Beil. Er weiß dass ich hier bin. Er hat eben angerufen.“ stammelte Semir. Chris sah ihn ungläubig an. Verdammt die Sache wurde immer gefährlicher. Er nahm den Hörer und rief Frau Engelhardt an. „Semir wurde eben von Beil telefonisch gewarnt.“ gab er durch. „Woher weiß er ihre Rufnummer? Was ist mit Semir?“ fragte Anna. „Er ist ein wenig durch den Wind. Aber ich werde ihn beschützen.“ Chris legte auf. Er drehte sich zu Semir um, der nun auf der Couch saß und Löcher in den Teppich starrte. „ Er weiß wo ich bin. Er hat gesagt, er bekommt das was er will. Und er will mich.“ „Er bekommt dich aber nicht.“ „Ach ja… du kennst ihn doch gar nicht. Er könnte jeden Augenblick durch die Tür kommen. Damals hatten Jan und ich großes Glück gehabt. Und jetzt wo Jan weg ist stehe ich auf seiner Abschussliste ganz oben. Das hat er mir im Gericht geschworen. Nicht, das ich dir nicht zutraue, mich zu beschützen, aber es wird nicht gelingen. Das weiß ich genau.“ Semir sah Chris verzweifelt an. „Nur gut, dass Andrea nicht da ist. Sonst würde sie auch noch in die Schusslinie geraten.“
20. 05.2005 13.40 Uhr Autobahnpolizei
Semir und Chris saßen in ihrem Büro und brüteten über die Akten. Semir hatte sich die Akten von Beil nochmals kommen lassen. Er wollte sehen, ob er einen Hinweis findet, wo sich Beil und seine neue Bande aufhält. Doch er konnte sich einfach nicht konzentrieren. Ihm ging das Gespräch von gestern Abend nicht aus dem Kopf. Er dachte darüber nach, wie er Beil zur Strecke bringen konnte. Dieser Mann muss schnellstens wieder hinter Gittern. Und diesmal mit Sicherheit für immer. „Semir, es ist jetzt 15.00 Uhr. Wollen wir nicht endlich was essen gehen?“ riss Chris ihn aus seinen Gedanken. „Ja.. wird Zeit. Ich habe Hunger. Fahren wir zu Elke an den Rastplatz Nievenheim. Dort gibt es die besten Frikadellen mit Pommes. Und der Kaffe schmeckt dort auch sehr gut.“ „Okay, aber du bleibst immer in meiner Nähe. Klar!“ „Sicher, doch.“ grinste Semir ihn an. Sie gingen zum Parkplatz und stiegen in Chris sein Auto. Chris fuhr. Doch auch hier hatten sie bereits einen Schatten. „Sie fahren los. Am Rastplatz schlagen wir zur.“ gab Beil an. Er selbst ließ es sich nicht nehmen, hinter den beiden Polizisten her zufahren. Die Fahrt dauerte nur knappe 20 Minuten.
„Cobra 11 an Zentrale“ „Zentrale hört“ „ Semir und ich sind am Rastplatz Nievenheim. Wir verlassen jetzt das Fahrzeug und gehen etwas essen. In ca. 1 Stunde sind wir wieder auf Empfang.“ „Zentrale verstanden“ Semir und Chris stiegen aus. Semir sah sich auf dem Parkplatz um. Er sah sich die Fahrzeuge an und versuchte die Fahrer zu erkennen. „Was ist denn? Hast du was gesehen“ fragte Chris. „Nein, ich schaue nur nach, zur Sicherheit. Ich habe ein ziemlich mulmiges Gefühl“ gab Semir zurück. „Semir. Es wird nichts passieren. Ich bin in deiner Nähe. Das ist bestimmt nur der Hunger. Ich habe dir doch gesagt, das ich auf dich aufpassen werde.“ Semir lächelte Chris an. Das wirst du bestimmt, dachte er dabei. Sie betraten beide das Restaurant und bestellten sich etwas zu essen. Nach ca. einer dreiviertel Stunde meldete sich bei Semir die Natur. „Ich gehe mal zur Toilette.“ sagte er und stand auf. „Warte ich komme mit.“ „Wieso, musst du auch?“ fragte Semir. „Nein, aber ich bin dein Aufpasser.“ lachte Chris „Ich kann schon allein auf die Toilette gehen. Pass lieber auf, das mir keiner folgt.“ gab Semir zurück. Chris nickte ihm zu, aber nun beschlich ihn ein komisches Gefühl. „Und wenn schon einer da ist, und nur darauf wartet, dass du kommst?“ fragte er.“ Mit einem werde ich alle male fertig. Aber in der ganzen Zeit habe ich die Toilette im Auge behalten. Man kann nur von hier aus hin. Und bisher ist jeder, der rein gegangen ist auch raus gekommen. Also sollte sie leer sein.“ bemerkte Semir und erhob sich. „Okay, aber sei trotzdem vorsichtig.“ nickte Chris ihm zu. Er drehte sich jedoch nun so, dass er Semir im Auge behalten konnte.
„Achtung, er kommt. Alles wie besprochen durchführen. Die Ablenkung für den anderen läuft an.“ quäkte die Stimme im Kopfhörer des Mannes der sich bis jetzt auf der Toilette versteckt hatte. Bereits seit einer Stunde war er hier und wartete nur auf den Bullen, den sein Boss so gern in der Gewalt hätte. Die Tür klappte. Semir trat ein und ging in einen freien Raum. Er blickte sich um. Hier war er allein, so schien es jedenfalls. Allerdings bemerkte er, dass es doch einen zweiten Eingang gab. Er überlegte kurz, ob er nicht doch Chris holen sollte, verwarf den Gedanken jedoch wieder. Dies war der Zeitpunkt das der Mann seine Kabine verließ und sich rechts neben der Tür von Semirs Kabine stellte. Er hörte wie der Abzieher betätigt wurde und zog seine Waffe. Semir verließ die Kabine und wollte gerade wieder in das Restaurant gehen, als er merkte, dass er doch nicht allein war. Mit einer schnellen Drehung wollte er sich umwenden doch schon merkte er den Lauf einer Waffe in seinem Genick. „Nur nicht so hektisch. Gerkhan. Ein gemeinsamer Bekannter hat Sehnsucht nach dir. Wir werden schön gesittet dieses Örtchen verlassen. Keine falsche Bewegung und vor allem keinen Mucks. Klar?“ sagte eine Stimme hinter ihm. Semir lief ein Schauer über den Rücken. Er hat es gewusst. Beil bekam immer was er wollte. Aber so einfach wollte er es ihm nicht machen. Zunächst tat er so, als ob er sich dem Schicksal fügte und hob die Hände. Der andere tastete ihn ab und entwaffnete ihn. Als er gerade die Hände zurückzog, wirbelte Semir herum und schlug seine Faust in das Gesicht des Mannes der ihn eben noch bedroht hatte. Der Mann ging zu Boden. Semir nahm sich seine Waffe und ging rückwärts aus dem Raum. Er sah allerdings nicht, dass links von ihm sich ebenfalls eine Tür öffnete. Zwei Mann traten ihn in den Weg. Im nächsten Moment verspürte er einen Tritt, der Semir wieder in die Toilette schleuderte. „Chris…Hilf mir!“ schrie Semir. Das heißt er wollte schreien, aber schon nach dem ersten Wort legte sich eine Hand auf seinen Mund und er fühlte einen Pistolenlauf am Hals. „Solltest du auch nur einen Ton abgeben, wird Beil auf seine Rache verzichten müssen.“ fauchte eine Stimme ihn an. Semir wehrte sich gegen die Hand, aber er kam einfach nicht dagegen an. Mittlerweile war auch der Mann, den er niedergeschlagen hatte, zu sich gekommen. Die beiden anderen zerrten Semir hoch, nachdem sie ihm einen Knebel in den Mund geschoben hatten. Semir versuchte sich zu wehren, aber er hatte absolut keine Chance. Der dritte Mann trat auf ihn zu, sah ihn an und schlug anschießend mit der Faust in Semirs Magen. Die Wucht hinter diesem Schlag, nahm Semir die Luft. Er krümmte sich stöhnend zusammen. Warum kommt Chris nicht, um nachzusehen fragte er sich. Er wusste nicht, dass sein Kollege abgelenkt wurde. Die gesamte Aktion dauerte nicht länger als 5 Minuten. Die drei zerrten Semir zu einem Hinterausgang, den Semir vorher gesehen hatte. Verzweifelt sträubte er sich, als die Männer ihn in einen Wagen zerren wollten. Da sie sich nicht zu lange aufhalten wollten, machten sie kurzen Prozess und schlugen Semir bewusstlos. Anschließend legten sie ihn auf die Rückbank ihres Geländewagens und warfen eine Decke über ihn. „Der schläft bis wir ankommen.“ sprach einer der Männer.
„So, nun wird’s aber langsam Zeit, sich von dem Ort zu verabschieden.“ meinte Chris und ging nachdem er den Streit zwischen den anwesenden Gästen geschlichtet hatte in Richtung der Toiletten. Er trat ein und rief: “Semir, wo bleibst du denn solange? Konntest du das Essen nicht vertragen oder was….“ Er sah sich um. Keiner der Kabinen war geschlossen. Semir war weg. „Verdammt…“ fluchte er rannte aus der Toilette auf den Parkplatz. Er sah sich suchend um. Kein verdächtiges Fahrzeug zu sehen. Doch dann sah er gerade wie ein Geländewagen mit drei Personen sich vom Parkplatz entfernte. Aus Gewohnheit merkte er sich das Kennzeichen. Und aus irgendeinem Grund war ihm, als müsse er dem Wagen folgen. Er ging zu seinem Auto und gab an die Zentrale durch: „Cobra 11 an Zentrale. Semir wurde entführt. Ich weiß nicht wo er ist. Verfolge jedoch einen Geländewagen mit dem Kennzeichen: K – AT 4445 in Richtung Frechen. Überprüft das Kennzeichen“ „Zentrale verstanden“ Nur kurze Zeit später, meldete sich die Zentrale zurück. „Das Fahrzeug mit dem durch gegebene Kennzeichen wurde heute Morgen als gestohlen gemeldet. Zentrale Ende“ Na also, dachte sich Chris. Habe ich doch den richtigen Riecher gehabt.
„Wir werden verfolgt“ gab der Fahrer des Wagens an, in dem Semir lag. „Schüttele ihn ab. Egal wie. Das ist bestimmt der andere Bulle.“ Semir hörte diese Worte und versuchte sich zu bewegen. Er war an den Händen mit seinen eigenen Handschellen gefesselt. Er bewegte sich zwar leise, doch trotzdem hörten es seine Bewacher. „Oh… unser Gast ist schon wach.“ meinte eine Stimme. Und direkt mit diesen Worten fühlte Semir eine Waffe an seinem Kopf. „Wenn du auch nur eine falsche Bewegung machst, hast du ein zusätzliches Loch im Kopf. Verhalte dich Ruhig und du überlebst. Zumindest diese Fahrt“ lachte eine zweite Stimme. Semir wagte nun keine Bewegung mehr. Er lag still und verfluchte seine Eigensinnigkeit, allein auf die Toilette gegangen zu sein. Nun war es nicht mehr zu ändern. Er konnte nur hoffen, das sich Chris, sollte er in dem Wagen sitzen, den seine Entführer meinten, sich nicht abhängen ließ. Semir konnte keinen Blick aus dem Fenster werfen. Die waren im hinteren Teil, wo er lag, schwarz getönt. Er konnte wieder mal nicht sehen, wohin die Fahrt ging.
Der Geländewagen fuhr schnell und der Beifahrer versuchte, die anderen Verkehrsteilnehmer so zu behindern, dass es Unfälle geben musste. Dies machte er durch gezielte Schüsse auf die Reifen der Wagen, die neben ihm fuhren. Und es gelang ihm durch einen Schuss eine Massenkarambolage auszulösen. Sechs Fahrzeuge verkeilten sich derart, dass kein Vorbeikommen möglich war. Auch Chris kam nicht daran vorbei. „Verdammt.“ fluchte er und war froh, das er Flugüberwachung des Fahrzeuges angeordnet hatte. Er sah den Hubschrauber bereits am Horizont. „Das Fahrzeug ist ein Geländewagen. Es dürfte das einzige Fahrzeug dieser Art sein, das sich von dem Unfallort entfernt.“ brüllte er in das Mikro.“ Verstanden. Hummel 07 nimmt die Verfolgung auf.“ kam es zurück. Chris machte sich nun daran die Unfallstelle zu sichern. Mehr konnte er nicht tun. „Cobra 11 für Zentrale“ hörte er gerade als er aussteigen wollte, die Stimme von Anna Engelhardt, „ Cobra 11 hört.“ „Chris was ist passiert. Wo ist Semir?“ „Er wurde vom Rastplatz entführt und mit einem Geländewagen weggebracht. Aufgrund eines Massenunfalls musste ich die Verfolgung abbrechen. Der Heli ist aber am Fahrzeug dran. Ich gehe jede Wette, dass es dieser Helbig ist. Hoffentlich finden wir Semir noch rechtzeitig.“
Die Fahrt dauerte für Semir nicht sehr lange. Er bemerkte, dass sie die Autobahn verließen. Noch immer hatte er die Waffe am Kopf und wagte sich nicht zu rühren. Diese Kerle müssen nicht noch provoziert werden, dachte er sich. Und die düsteren Gedanken über den Weitergang dieses Tages machten sich in seinem Kopf breit. Beil wird sicher direkt damit anfangen, mich zu prügeln. Plötzlich bremste der Wagen und blieb stehen. Die Türen gingen auf. Der Druck des Laufes am Kopf verschwand. Kurze Zeit später wurde auch die hintere Klappe des Wagens geöffnet und Semir wurde heraus gezerrt. Immer noch steckte der Knebel in seinem Mund. Er versuchte sich erneut zu wehren. Doch er kam einfach nicht gegen die Männer an. Sie zerrten ihn in ein Haus. Im Wohnzimmer stand Beil. „Ah… Endlich seid ihr da. Oh, Herr Gerkhan. Schön Sie wieder zu sehen. Haben Sie mich vermisst?“ grinste Beil Semir an. Semir sah ihn nur an. Er konnte nicht antworten. „Nimm ihn den Knebel ab.“ befahl Beil, „Ich möchte mich mit unserem Gast unterhalten.“ Der Mann neben Semir tat wie befohlen. „Nun, Gerkhan, willst du mir nicht etwas sagen?“ fragte Beil. „Nicht das ich wüsste.“ gab Semir zurück. Beil stand dicht vor ihm und sah ihn in die Augen. „Ich erwarte eine Entschuldigung von dir, Gerkhan. Eine Entschuldigung für die acht Jahre, für die vermasselten Geschäfte und was an schlimmsten ist, für den Tod meiner Leute.“ Semir glaubte nicht richtig zu hören. Eine Entschuldigung dafür, dass er seinen Job erledigt hat. Er sah Beil an und in seinem Blick konnte man genau die Verachtung für den Menschen ihm gegenüber ablesen. „Sie werden mit Sicherheit keine Entschuldigung von mir hören, Beil. Sie haben 8 Männer erschossen. Sie sind ein eiskalter Mörder….“ den Rest konnte Semir nicht mehr von sich geben. Beil schlug ihm wieder mal ins Gesicht. Mit einer Härte, die Semir bereits von der letzten Begegnung kannte. Nur das diesmal nicht die Nase blutete. „Halt dein Maul. Ich werde dir zeigen, was es heißt mir zu gehören.“ fauchte Beil „ Und glaube mir, du wirst dich entschuldigen, Gerkhan.“ Die Worte ließen bei Semir einen Schauer über den Rücken laufen. Die Brutalität, von vor drei Jahren, fiel ihm ein. „Uwe, bring doch Herrn Gerkhan in sein Zimmer, ha ha ha.“ befahl Beil. Semir sah nun auch den zweiten bekannten Mann von Beil. Uwe bog Semir die bereits auf dem Rücken gefesselten Hände schmerzhaft nach oben. Semir stöhnte vor Schmerzen denn er wurde von Uwe regelrecht hochgehoben und in den Keller gebracht. Dort angekommen, machte ein dritter gerade den Käfig offen. Semir sah wohin er gebracht wurde und trotz der Schmerzen versuchte er sich zu wehren. Jedoch ohne Erfolg. „Komm schon, Gerkhan, mach es doch nicht so schwer.“ sagte Uwe zu Semir „Lass mich los, du Drecksau.“ „Na na, wer wird denn so unhöflich sein.“ Auch Beil betrat nun den Keller. Er hörte die Worte von Semir und gab nur einen Wink an Uwe. Dieser drehte Semir in Richtung Beil. „Gerkhan, du solltest freundlicher sein. Immerhin bist du unser Gast. Und Gäste sind freundlich. Nicht wahr. Du bist doch ein Südländer. Und die sprichwörtliche Freundlichkeit ist doch euer Gehabe. Also keine Flüche mehr, sonst werde ich ungemütlich.“ Mit diesen Worten, schlug er Semir mit voller Wucht in den Magen. Dieser konnte sich im Griff von Uwe nicht zusammenkrümmen und schrie seinen Schmerz raus. „Hast du mich verstanden!“ „Du kannst mich mal.“ antwortete Semir nach dem der stärkste Schmerz vorbei war. „Ach ja? Wir können das ja mal sehen, wer den längeren Atem hat. Uwe, zeig ihm doch mal, was wir mit Leuten machen, die sich nicht an die Befehle von mir halten.“ und zu Semir, „viel Spaß, Gerkhan.“ Beil verließ den Keller. Semir ahnte, dass er nun eine bittere Stunde vor ihm lag und fluchte innerlich über die große Klappe, die er hatte. Uwe zog ihn in den Käfig. Er legte ihm die vorhandenen Ketten an und schloss dann die Handschellen auf. Semir versuchte nach ihm zu treten und traf auch kurz, doch die Flucht war ausgeschlossen, denn die Ketten waren mit den Gitterstäben verbunden und eine hatte Uwe bereits angelegt. Uwe, der sich schnell von dem Tritt erholte trat auf ihn zu. „ Du tust mir einen Gefallen, wenn du dich wehrst.“ sagte er und schlug Semir ins Gesicht. Dieser ging kurz zu Boden. Uwe trat ihm in den Bauch und schlug ihn nach aller Regeln der Kunst zusammen. Semir wurde von einer Flut von Schmerzen gepeinigt. Als er wieder klar denken konnte, war er mit den Händen an die Gitterstäbe angekettet. Die Ketten an den Seiten waren so angezogen, dass er nur stehen konnte. Es war kein Spielraum da. So musste er geschlagene zwei Stunden ausharren. Nach diesem Zeitraum betrat Beil den Keller. Er sah Semir an und grinste. „Nun, wie ist es mit der Entschuldigung?“ fragte er. Semir erwiderte seinen Blick. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte sich mit Beil anzulegen. „ Das wirst du nicht von mir hören“ sagte er wieder. Beil verließ den Keller wieder mit den Worten. „In einer Stunde komme ich wieder“
Chris war bereits ungeduldig. Verdammt warum meldet sich der Helikopter nicht. Er muss doch mal Meldung machen. Er war nun bereits seit drei Stunden unterwegs und Semir war in den Händen eines unberechenbaren Feindes. Chris wollte gar nicht daran denken, was er gerade durchmacht und erinnerte sich an die Worte von Semir das mit Beil nicht zu scherzen ist.
Beil und Uwe saßen im Wohnzimmer. „Und was hast du nun vor, mit diesem Gerkhan?“ fragte Uwe. „Na ja ich werde ihn fertig machen. Er wird sich entschuldigen für alles.“ „Ist ein ziemlich harter Bursche. Er wird sich nicht so leicht fertig machen lassen.“ „Den bekomme ich schon klein. Habe doch noch Zeit.“ Mit diesem Worten erhob er sich und ging erneut in den Keller. Er sah auf Semir in seinem Käfig. Dieser hing in seinen Fesseln und starrte nur auf den Boden des Käfigs. Auch Uwe kam in den Keller. „Schließ auf. Ich will ihn noch mal fragen, ob er sich nun entschuldigt.“ Uwe schloss auf und Beil betrat den Käfig. Vor Semir blieb er stehen. Er sah hämisch auf ihn nieder. „ Und, Gerkhan? Wie geht’s denn so? Hast du Durst oder Hunger?“ „Lass mich in Ruhe, Beil. Ich werde nicht betteln, wenn du darauf wartest“ gab Semir zurück. Es klang ziemlich gequält, denn sein Gesicht war durch die Schläge ziemlich geschwollen. Er hatte unsagbare Schmerzen. „ Nun gut, dann nicht. Ich komme in einer Stunde wieder. Dann können wir uns noch einmal unterhalten.“ Beil und Brecht verließen den Keller. Semir konnte es nicht verhindern, doch er fühlte dass ihm die Tränen über die Wangen liefen. Nur das nicht Beil zeigen. Er hätte dann gewonnen. Verdammt, die Schmerzen sind extrem. Seine Arme taten ihm weh. Gern würde er sich hinsetzen oder hinlegen. Er überlegte sich tatsächlich ob er nicht dem Wunsch Beil entgegenkommt und sich tatsächlich Entschuldigt. Vielleicht bekommt er dann ein wenig Erleichterung. Wie lange war er nun schon in diesem Käfig? Zwei Stunden? Drei Stunden?
Beil verließ erneut den Wohnraum und ging in den Keller. Semir hing mehr in seinen Ketten. Sein Gesicht war von den Schlägen fast vollkommen zu geschwollen. Auch Uwe folgte Beil. Dieser schloss den Käfig auf und trat auf Semir zu. Er griff ihn an den Hals und zwang ihn so ihn anzusehen. „ Wie sieht es aus, Gerkhan? Bist du nun bereit?“ Semir war bereit. Er war fertig und wollte nur noch eine Erleichterung haben. „Entschuldigung.“ flüsterte Semir leise.“ Was? Ich habe es nicht verstanden!“ grinste Beil. „Ich sagte Entschuldigung“ gab Semir ein zweites Mal zum Gehör. Er konnte sich nicht mehr wehren, ihm war als ob ein Zug ihn überfahren hätte. Schmerzen, die im gesamten Körper tobten. Semir war fertig, wie schon lange nicht mehr. Er war selbst nicht mehr in der Lage irgendetwas zu tun, um sich zu wehren. Er gab klein bei. Immer hatte er sich gesagt, dass Beil sein Ziel niemals erreichen würde, aber er hatte gewonnen. „Na also, Ich habe gewonnen. Aber du wirst belohnt, für deine Coorperation. Uwe, mach die Ketten loser. Er darf jetzt auch liegen. Und bekommt eine Scheibe Brot und ein glas Wasser. Ich will ihn noch nicht krepieren lassen.“ Beil lachte. Uwe betrat den Käfig und löste die Ketten soweit, das Semir sich legen konnte. „Wie du siehst, Gerkhan. Ich halte mein Wort immer. Und nun bist du mein. Du wirst das tun, was ich sage. Beim nächsten Mal wenn ich komme, wirst du mir die Schuhe küssen. Dafür bekommst du dann die Fesseln ganz abgenommen.“ lachte Beil. Semir antwortete ihm nicht. Er sah keinen Anlass dazu. Das Beil ihn erniedrigen wird, war ohnehin klar. Er konnte sich nur so profilieren. „Warum bringst du mich nicht direkt um. Das hast du doch sowieso vor. Also mach doch kurzen Prozess.“ sagte er leise zu Beil. „ Das könnte dir so passen. Aber ich will dich leiden sehen. So wie ich gelitten habe. Weißt du wie es im Knast ist? Natürlich nicht. Du bist immer der gute gewesen. Aber ich lasse mich nicht noch einmal einsperren. Du wirst es nicht verhindern, dass ich dieses Land verlasse. Aber vorher werde ich noch einmal ein Geschäft abschließen und du wirst mich wieder einmal begleiten. Und diesmal werde ich es verhindern, dass du über das Handy eines Verräters deine Kollegen informieren kannst. Übrigens diesen Max hole ich mir auch noch.“ Beil verließ den Keller. Uwe brachte in der Zeit das Brot und Wasser zu Semir in den Käfig. Dann ging auch er aus dem Keller und Semir blieb allein. Als er allein war, nahm er sich das Brot und das Glas Wasser. Er aß und trank. So ein wenig gestärkt legte er sich auf die dreckige Matratze. Er blickte auf seine Uhr. Es war 22.00 Uhr. Schon kurze Zeit später schlief er ein. Es war ein traumloser Schlaf.
Chris fand keinen Schlaf. Der Hubschrauber hatte die Spur über ein Waldgebiet verloren. Der Wald war groß und außerdem war es bereits dunkel. Das hieß für Semir, dass er eine Nacht in Gefangenschaft verbringen musste. Morgen sollte der Wald durchkämmt werden. Chris hatte die Hoffnung, Semir zu finden. Er darf nicht zu spät kommen. Die Erzählungen von Anna über die erste Gefangenschaft von Semir erschütterten ihn. Er war damals ziemlich schwer verletzt worden als er versucht hatte zu fliehen. Diesmal wird Beil sicher jede Fluchtmöglichkeit verhindern. „Wo können wir denn ansetzen“ fragte er Anna Engelhardt. „Ich weiß nicht genau. Ich bekomme gleich eine genaue Karte über das Gebiet wo der Wagen verschwunden ist. Ich bete zu Gott, dass wir den Unterschlupf finden. Semir hat keine Guten Karten. Und so wie ich Beil kenne, wird er seine Rache genießen. Aber jetzt fahren Sie erst einmal nach Hause, Chris.“ „ Nein, ich warte hier. Ich könnte ohnehin nicht schlafen. Ruhe bekomme ich erst, wenn Semir befreit wurde.“ „Okay, dann leiste ich ihnen Gesellschaft. Wir werden beide einen Plan erarbeiten um Semir daraus zu holen.“ Nach etwa einer Stunde war der Plan des Geländes auf dem Schreibtisch. Chris und Anna gingen Detail für Detail durch. Nach knappen dreißig Minuten fand Chris eine Möglichkeit. „Hier, das könnte eine Hütte sein. Das Foto von dem Heli zeigt eindeutig ein Dach. Wenn wir nur genau die Lage dieser Hütte rausbekommen. Den ganzen Wald durchsuchen mit einer Hundertschaft ist zu auffällig. Andernfalls müsste eine Straße dort sein. Sehen wir uns doch mal den Stadtplan an.“ Er ging zum Plan an der Wand und suchte den Wald. „Hier. Diese Straße führt direkt in den Wald. Da müssten die Typen sich versteckt haben.“ „Ich alarmiere das SEK. Wir fahren umgehend los.“ Allgemeiner Aufbruch war dann jedoch gegen 6.00 Uhr in der Frühe, weil das SEK die Dunkelheit für zu gefährlich hielt. Der Wald war zu dicht um in der Dunkelheit zu operieren.
In der Waldhütte
Semir wurde etwa zur gleichen Zeit wach. Er merkte, dass ihm der Schlaf gut getan hatte, obwohl dieser nicht ganz so erholsam war. Wie wird dieser Tag wohl weitergehen. Was hatte Beil noch mit ihm vor. Das Geschäft, das stattfinden sollte, und wo er wieder mal als Garant für das Gelingen mit musste. Wie auf Befehl stand Beil auf einmal vor ihm. „Na gut geschlafen, Gerkhan? Wir müssen so langsam mal sehen dass wir loskommen. Frühstück fällt heute aus. Uwe wird dich gleich losmachen.“ Zehn Minuten später kam Uwe und betrat den Käfig. Semir stand ebenfalls auf. „Runter auf die Knie.“ befahl Uwe. Semir gehorchte. Die Ketten fielen aber vorher legte Uwe ihm die Handschellen wieder an. Dabei drückte er die Handschellen so eng zusammen, das Semir ein Stöhnen nicht unterdrücken konnte. Anschließend zog Uwe ihn hoch. „So, ab die Post.“ gab Beil von sich. „ Du erinnerst dich doch sicher, an das letzte Mal, als du mit mir im Auto warst, oder…“ Semir nickte. „Das gleiche gilt auch heute.“ Semir wurde aus der Hütte gebracht. Er fühlte sich erbärmlich. Hunger und Durst quälten ihn ebenso wie die Schmerzen der Prügel und die, die durch die Handschellen verursacht wurden. Er musste sich auf die Rückbank setzen. Seine Augen wurden verbunden. „Nur zur Sicherheit. Du musst nicht wissen, wohin die Fahrt geht. Ist vielleicht sowieso deine letzte“ lachte Beil. „Ach ja? Ich dachte ich soll dir noch die Füße küssen“ gab Semir zurück. Und dafür erntete er einen Schlag ins Gesicht. Seine Lippe platzte auf und er schmeckte Blut. „Die Gelegenheit gibt es bestimmt noch. Keine Angst“ Die Fahrt ging los. Semir sah nichts durch die Augenbinde aber er fühlte dass sie durch das Gelände fuhren. Der Wagen rüttelte ihn regelrecht durch. Er konnte sich nicht festhalten.
Gegen 9.00 Uhr kamen Chris und das SEK bei der Hütte an. „SEMIR!“ rief Chris. „Bist du hier irgendwo?“ Er durchkämmte das ganze Haus. Im Keller sah er den Käfig. Er betrat ihn und am Boden liegend fand er den Ausweis von Semir. Chris holte sein Handy raus und rief Anna an. „Er war in der Hütte. Ich habe seinen Ausweis gefunden. In dem Käfig im Keller wurde er gefangen gehalten. Hier auf dem Boden ist eine menge Blut. Ich fürchte von Semir. Anscheinend wurde er hier misshandelt.“ „Oh mein Gott. Beil wird ihn wie versprochen fertig machen. Ist irgendeine Spur zu sehen wohin sie gegangen sein könnten?“ „Nein leider nicht. Wir suchen hier alles ab. Es führen Wagenspuren vom Haus weg in den Wald. Wir versuchen diesen Spuren zu folgen. Vielleicht finden wir dann Semir.“ Chris beendete das Gespräch. Er verließ die Hütte und wies dem SEK an, den Wagenspuren zu folgen.
Beil war mittlerweile an dem Ort angekommen, wo er sein Geschäft abwickeln wollte. Er nahm Semir die Augenbinde ab. Dieser blinzelte kurz um wieder sehen zu können. „So, Gerkhan. Und damit ich auch sicher gehen kann, dass du mir nicht in die Quere kommst wirst du an den Wagen gekettet. Dreh dich um!“ Semir gehorchte. Beil schloss die Handschellen auf und befahl Semir sich erneut umzudrehen. Die freie Handschelle zwängte er durch die Haltegriffe anschließend legte er Semir die Schelle wieder an. Auch diesmal wurde sie eng zusammen gedrückt. „So, gefällt es mir besser. So kannst du nichts machen. Und wir werden unseren Spaß später beide genießen. Na ja ich wahrscheinlich mehr als du“ lachte Beil. Semir sah ihn nur an sagte jedoch nichts. Er war dazu verdammt, zuzusehen wie Beil das Geschäft abwickelte und dann… was sollte dann kommen? Beil wird ihn nicht laufen lassen. Nach etwas weniger als 20 Minuten kehrte Beil zurück. Er warf Semir einen kurzen hämischen Blick zu „ und nun geht es zurück ins Häuschen. Und du in den Käfig.“ Sie stiegen ein und wendeten den Wagen. Sie fuhren zur Hütte zurück. Jedoch als sie den halben Weg zurückgelegt hatten, bemerkten sie andere Fahrzeuge die ihnen entgegen kamen. Sofort versuchten sie den Weg zu verlassen. Auch Semir merkte das etwas nicht stimmte. Er drehte sich soweit er konnte um auch etwas zu sehen. „Chris…“ gab er leise von sich. Beil drehte sich zu ihm um. „Ach, dein neuer Partner? Dann lerne ich ihn ja auch kennen. Los Uwe, fahr in den Weg rein. Und dann wird uns Herr Gerkhan dabei helfen zu fliehen.“ Uwe tat wie ihm geheißen und fuhr in den Waldweg. Dort stoppten sie. Beil und Brecht stiegen aus und suchten sich eine Deckung. Beil holte Semir aus dem Wagen und fesselte ihm die Arme auf den Rücken. Anschließend presste er ihm die Hand auf den Mund und hielt ihn mit der anderen die Waffe an den Hals. „ Wenn du auch nur einen Ton sagst, bekommst du die Kugel. Klar!“ Semir nickte. „Uwe, gib mir dein Halstuch. Ich brauche gleich meine Hände. Mit dem Tuch knebeln wir Gerkhan, sonst warnt er noch seine Kollegen.“ Uwe gab ihm das Tuch und Beil wollte gerade Semir den Mund zubinden. „Chris….“ schrie Semir noch doch dann konnte er keinen Ton von sich geben. Beil zog das Tuch sehr fest. „Keinen Mucks. sagte ich.“ Er schlug Semir erneut ins Gesicht.
..Chris… hörte Chris gerade noch durch den Wald hallen. „Das war Semir. Er muss hier irgendwo sein.“ Die SEK-Leute verteilten sich und gingen dann in Reihe durch den Wald. Schon nach kurzer Zeit trafen sie auf den verlassenen Wagen von Beil und Brecht. Chris schaute in den Wagen. Kein Hinweis auf Semir. In der Zeit, waren Beil und Brecht bereits am See, wo ein Boot festgemacht war. Also hatte Helbig auch hier wieder vorgesorgt. „Deine Isabel ist ein wirkliches Prachtweib.“ gab er an Uwe weiter. „Ich weiß. Deshalb werde ich sie sobald wir das hier erledigt haben, auch heiraten.“ erwiderte dieser. Semir sah die beiden nur an. Beil packte ihn am Arm und zog ihn auf den Steg. Semir hatte das Gefühl eines Dejavues. Er kannte die Szene genau. Damals ist er in den See gefallen und fast ertrunken. Jan holte ihn in letzter Sekunde aus dem Wasser. Aber heute ist etwas anders. Damals hatte er durch eine Blutvergiftung hohes Fiber und war dadurch stark gehandikapt. Diesmal war er es nicht. Aber durch die Fessel beengt. Außerdem waren diesmal zwei Mann, die ihn in Schacht halten. Sie betraten den Steg. Dann hörten sie Schritte im Wald und das Brechen der Äste, die durch die Leute verursacht wurden. „Wir bekommen Besuch.“ sagte Beil. „Los aufs Boot.“ Er zog Semir an der Jacke zu sich heran während Uwe das Boot losmachte und startete. Beil legte den Arm um Semirs Hals und presste die Pistole an die Schläfe. „So, Gerkhan, jetzt wie gehabt. Wir gehen auf das Boot. Diesmal wirst du mich nicht treten. Also komm.“ Semir musste gehorchen. Er sah dass Chris sich dem Steg näherte. Er sah auch die SEK-Leute, die die Scharfschützengewehre angelegt hatten und zielten. „Zieht euch alle zurück,“ schrie Beil Chris entgegen. „Wenn ihr das nicht tut, wird euer Kollege hier, das nicht überleben.“ Er drückte die Pistole noch stärker gegen die Schläfe. Semir versuchte den Druck zu mindern in dem er den Kopf ein wenig neigte. Dies nahm Beil allerdings übel und sprach ihn ins Ohr. „Wenn du dich noch einmal bewegst, bist du tot. Ich knall dich ab!“ Sie gingen langsam rückwärts. Dann sprang Beil auf das Boot und riss Semir mit. Dabei verrutschte die Pistole so, dass sie nicht mehr Semir direkt bedrohte. Diese Situation nutzten die Scharfschützen und schossen. Sie trafen Beil in die Brust. Semir stürzte auf das Deck konnte jedoch wegen der Fessel nicht sofort in Sicherheit kriechen. Uwe nutzte diese Chance und riss Semir erneut als Schutzschild vor sich. „HEY! Weg. Ich werde bestimmt nicht den gleichen Fehler machen, wie Beil. Ich drücke ab!!! Verschwindet!!!“ Auch er presste Semir die Pistole an den Kopf. „ Hören Sie, Brecht. Sie haben bisher keinen Mord begangen. Wir wissen, dass die 8 Männer von den Gehilfen Beils umgebracht wurden. Geben Sie auf! Sie kommen hier nicht weg. Seien Sie doch vernünftig. Lassen Sie meinen Kollegen frei!“ versuchte Chris Brecht zu überreden. Chris sah Semir ins Gesicht. Dieser war ziemlich fertig. Durch den Knebel konnte er sich nicht verständigen, bekam schlecht Luft und zu guter Letzt drückte ihm Uwe den Hals zu. „Klar. Ihr werdet mich jetzt ziehen lassen. Euren Kollegen lasse ich frei, sobald ich in Sicherheit bin. Ich werde euch anrufen, wo ihr ihn abholen könnt. Also weg vom Steg.“ „Okay! Nur keine Panik. Männer wir ziehen uns zurück.“ Zu Semir sagte Uwe: „Los, vorwärts und keine falsche Bewegung. Ich stehe Beil in nichts nach.“ Semir setzte sich in Bewegung. Er hatte keine andere Wahl. Er und Uwe gingen langsam auf den verlassenen Wagen zu. Brecht wurde nur für einen Sekundenbruchteil unachtsam. Dies nutzte ein Scharfschütze und schoss Brecht in die Schulter. Er ging in die Knie und zog Semir dabei mit. Die Waffe ließ er fallen. Aber er würgte Semir immer noch mit dem gesunden Arm. Und er drückte stärker zu. Semirs Gesicht lief bereits blau an. Endlich waren die Sekt-Leute bei den beiden angekommen. Sie befreiten Semir und brachten ihn aus der Reichweite von Brecht. Chris löste die Handschellen und entfernte den Knebel. „Mann, warum hat das denn so lange gedauert.“ beschwerte sich Semir, als er wieder sprechen konnte. Er sah Chris mit großen Augen an „Danke“ sagte er leise. Er rieb sich die Handgelenke, die durch die Fesselung verletzt waren. Das Gesicht zeigte bereits wieder die normale Farbe, außer den Folgen der Schläge, die er über sich ergehen lassen musste. Die Erniedrigungen waren vergessen. „Was ist mit Beil?“ fragte Semir. „Der ist tot.“ antwortete Chris. „Dann ist der Fall Beil für immer erledigt.“ „Ja, die Akte kann für immer geschlossen werden. Und du kannst wieder allein alles machen. Ich brauche dich nicht mehr beschützen.“ „ Endlich. Ich hatte schon gedacht, ich werde dich nie los“ lachte Semir. Doch Chris wusste dass er es nicht so meinte. „Willst du trotzdem mit mir fahren?“ fragte er, „oder willst du in die Stadt laufen?“ „Ha ha.“ gab Semir zurück. Beide lachten. Das der Fall noch nicht ganz abgeschlossen war wurde Semir auf der Rückfahrt klar. „Hey, Chris? Was ist eigentlich mit den Gehilfen von Beil und Brecht. Diese Isabel, von denen die beiden gesprochen haben?“ wollte Semir wissen. „Keine Ahnung. Wir haben keinen an der Hütte angetroffen. Und hier am Boot waren nur Beil und Brecht. Vielleicht eine Erfindung der beiden.“ „Glaube ich nicht. Eine Erfindung kann man nicht heiraten.“ sagte Semir.
Isabel, sah das ganze Geschehen von einem Hochsitz im Wald aus. Sie sah, wie Beil erschossen und Brecht angeschossen wurde. „Verdammt! Die beiden hatten Recht. Dieser Gerkhan ist schlimmer wie die Pest. Wieso hat der so ein Glück? Nun ich werde ihn mir auch zur Brust nehmen. Ich werde….“ dachte sie „…. Die Rache weiterführen. Uwe befreien und dann werden wir beide fliehen.“ Sie holte ihre Notizen raus. Dort stand wo diese Gerkhan wohnte. Dort wird sie ihn in die Finger bekommen. Schade nur, dass die Hütte mit dem Käfig nicht mehr zur Verfügung steht. Aber sie wird sich schon was einfallen lassen. Wenn sie Gerkhan hat, dann wird die Polizei ihren Uwe freilassen müssen. Sie zückte ihr Handy und rief einige ihrer Freunde an. Treffpunkt war eine Kneipe in der Altstadt. „Hallo Jungs…“ begrüßte sie am Abend ihre Gefolgsmänner, die bei der ersten Gefangenenbefreiung geholfen hatten. „Hallo Isabel. Was liegt denn an. Hast du dich schon wieder von deinem Lover diesem Uwe getrennt?“ „Nein. Aber die ganze Sache ist schief gelaufen. Beil wurde heute Morgen erschossen, Uwe angeschossen und verhaftet. Und dieser Gerkhan lebt auch noch. Wir müssen noch einmal Uwe befreien. Und deshalb habe ich euch gerufen. Ihr müsst mir noch einmal helfen.“ „Wie hast du dir es diesmal vorgestellt?“ „ Dieser Gerkhan wird uns dabei helfen. Jetzt wo alle denken, dass die Gefahr für ihn vorbei ist, werden sie ihn nicht mehr beschützen. Ich weiß wo er wohnt. Wir werden ihn heute Abend noch abholen. Aber dazu brauchen wir Chloroform, Stricke und vor allem eine Unterkunft, wo wir ihn verstecken können. Irgendwelche Vorschläge?“ „Ich hätte da eine Idee…“ sagte einer der anwesenden Männer, „… Bei Hürth ist eine leer stehende Tierhandlung. Käfige, Wohnung, Stricke und Ketten. Alles was wir brauchen ist vorhanden. Die Gegend ist ausgestorben. Da wohnt keiner mehr, weil die Gegend wegen einer Umgehungsstrasse umgebaut werden soll. Der Bau ist aber noch in ferner Zukunft. Deshalb ein sehr guter Unterschlupf für uns.“ „Okay. Sehn wir uns diese Gegend mal an.“ Sie fuhren zu der Tierhandlung. Was sie dort sah, freute sie. Es war ein funktionsfähiger Käfig in der Größe vom 1,50 m x 1,50 m vorhanden. Dazu jede Menge Ketten und was ihr am Besten gefiel war ein Halsband mit Stacheln. Sie spielte mit den Gedanken dieses Halsband diesem Polizisten anzulegen und dann mit einer Leine regelrecht auszuführen. ~~ So wie es mit einem Bullen gemacht wird~~ dachte sie sich und lachte dabei leise auf. „Okay, Männer. Hier werden wir Gerkhan festhalten und die Polizei zwingen, Uwe freizulassen.“ sagte sie und wandte sich zum gehen. „Wann werden wir zuschlagen?“ fragte einer der Männer. „Um 21.30 Uhr treffen wir uns bei diesem Gerkhan an der Wohnung. Weidengasse 17, 9. Stock. Seid pünktlich.“
Nachdem Semir im Krankenhaus behandelt wurde fuhren er und Chris zum Revier wo Frau Engelhardt bereits auf die beiden wartete. „Semir Gott sei Dank, Ihnen geht es gut.“ „Danke. Bis auf einige Wehwehchen bin ich okay. Das heilt wieder. Ich bin nur ziemlich hungrig und Durstig und vor allem Müde.“ gab Semir zurück. „Dann sollten Sie nach Möglichkeit schnell nach Hause fahren. Ich möchte Sie außerdem darum bitten, morgen zu Hause zu bleiben und sich erst einmal zu erholen. Sie sehen ein wenig fertig aus.“ „Danke Chefin, aber ich will nicht zu Hause bleiben. Ich bin Morgen pünktlich im Büro und nehme die Arbeit auf. Dabei kann ich die Sache besser verarbeiten.“ „Nun gut. Wie Sie wollen. Chris fahren Sie Semir nach Hause.“ Die beiden verließen das Revier und fuhren zu Semir nach Hause. Es war 19.30 Uhr. „Gehen wir noch einen trinken?“ fragte Semir Chris. „Aber nur ein Bier. Ich bin auch sehr Müde.“ gab Chris zurück. Allerdings zog sich das eine Bier bis 21.00 Uhr hin. Kurz nach neun Uhr kam Semir an seiner Wohnung an. Er freute sich schon auf die Dusche und dann ins Bett. Gegessen hatte er bereits in der Bar. Er ging nachdem er die Wohnung betreten hatte direkt ins Bad und duschte ausgiebig. Es war 21.20 Uhr als er den Fernseher einschaltete. Die Nachrichten liefen gerade. Natürlich wurde auch über die Schießerei am See berichtet. Und natürlich legten sich die Reporter die Story so zurecht, das die Polizei den bösen Buben wieder einmal gezeigt hat, das sich Verbrechen nicht lohnen. Semir schlief während der Berichterstattung in Sessel ein. Um 21.30 Uhr wurde er jedoch unsanft geweckt. Er hörte ein Geräusch und saß aufrecht im Sessel. Da machte sich jemand an der Tür zu schaffen. Semir griff nach dem Telefonhörer und wählte Chris Nummer. „Ritter“… hörte er noch dann war die Leitung tot. Semir sah den Hörer an. Was sollte das denn, hört der Alptraum denn nie auf? Semir zog seine Waffe und stellte sich hinter seiner Garderobe so, das er nicht direkt entdeckt wird. ‚ Na, die Einbrecher werden sich wundern. Hier ist nichts zu holen. ` dachte er. Die Tür flog gegen die Wand. Mehrere vermummte Männer kamen in die Wohnung. Semir sprang aus seinem Versteck und richtete die Waffe auf den der seiner Ansicht nach der Anführer ist. „Okay, Leute das war´s. Ihr seid alle verhaftet. Ich habe die Kollegen bereits informiert!“ schrie er. Der Anführer lachte leise auf. „Herr Gerkhan, was soll das denn. Glauben Sie wirklich, das sie eine Chance gegen uns haben?“ Semir stellte erstaunt fest, das die Stimme einer Frau gehörte. „Geben Sie einfach auf, Gerkhan. Sie werden mit uns kommen und keine Schwierigkeiten machen.“ „Was? Ich gehe nirgendwo hin. Was soll der Quatsch denn?“ Die Männer verteilten sich. Semir ließ seine Waffe kreisen. „Stehen bleiben!“ befahl Semir. Doch die Männer hielten sich nicht daran. Sie bildeten einen Halbkreis um Semir. Er saß in der Falle. Einen wird er wahrscheinlich abwehren können, aber nicht alle. „Zurück! Ich mache von der Waffe gebrauch“ schrie er die Männer an. Doch er wusste, dass er verloren hatte. Zwei Mann gingen auf ihn zu. Er legte an und drückte ab. Der linke Mann wurde getroffen und ging zu Boden. Doch in der Zeit stürzte sich der zweite Mann auf Semir und entwaffnete ihn. „Ich werde Sie jetzt mitnehmen, Herr Gerkhan. Machen Sie bitte keine Schwierigkeiten.“ sagte die Frau. Semir sah ein, das er keine Chance hatte. Er hing im Griff des Mannes, der ihm die Arme auf den Rücken gedreht hatte und nach oben drückte. „Was wollen Sie von mir?“ fragte er. „Nun, mit Ihrer Hilfe bekomme ich meinen geliebten Uwe zurück.“ „Welcher Uwe denn?“ „Abmarsch. Sie werden ganz still sein. Egon wird sie nun los lassen. Sie machen keine Schwierigkeiten. Haben Sie verstanden?“ Semir nickte. Er hatte keine andere Möglichkeit. Sie verließen die Wohnung und stiegen in den Fahrstuhl, der sie in die Tiefgarage brachten. Keiner kam ihnen entgegen.
Semir wurde in der Tiefgarage gezwungen in einen Lieferwagen zu steigen. Er musste sich auf die Ladefläche auf den Bauch legen. Die Hände wurden mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt. Als er so da lag, bekam er auf einem Male einen Lappen auf Mund und Nase gedrückt. Der stechende Geruch von Chloroform breitete sich aus. „Tief einatmen, Gerkhan. Ist besser für dich.“ höhnte eine Stimme. Semir wusste das Gegenwehr ohnehin nichts bringen wird, also atmete er tief ein und sackte kurze Zeit später in einen tiefen Schlaf.
Am nächsten Morgen stand Chris in seinem und Semirs Büro. Anna Engelhardt kam rein. „Ist Semir noch nicht da?“ fragte sie. „Nein. Vielleicht hat er sich es doch überlegt und bleibt heute zu Hause“ entgegnete Chris. „Eigentlich, hätte er mich dann allerdings angerufen. Waren Sie gestern noch mit ihn zusammen?“ „Wir haben noch ein Bier getrunken, gegessen und dann habe ich ihn nach Hause gefahren. Er ist mir im Auto schon eingeschlafen. Soll ich ihn wecken?“ Das Telefon schellte. „Autobahnpolizei. Chris Ritter an Apparat“ meldete sich Chris. „Hör zu Bulle! Wenn du deinen Kollegen wiederhaben willst, dann solltest du dafür sorgen, das Uwe Brecht aus dem Gefängnis gelassen wird.“ „Wer spricht da?“ fragte Chris und deutete Frau Engelhardt an, dem zweiten Hören zum Mithören zu nehmen sowie das der Anruf zurückverfolgt werden sollte. “Mein Name tut nichts zur Sache. Sie haben ab jetzt bis 15.00 Uhr heute Nachmittag Zeit meine Forderungen zu erfüllen. Andernfalls werden Sie Ihren Kollegen Gerkhan in irgendeinem Graben finden. Ich melde mich in einer Stunde wieder“ Es klickte. Das Gespräch war beendet. Engelhardt und Chris sahen sich an. „Das darf doch wohl nicht wahr sein. Semir wurde schon wieder entführt. Das hat auch mit der Beil-Sache zu tun. Dieser Brecht war der Kumpel von Beil.“ Chris nickte nur. Er dachte nach. „Gestern Abend, klingelte noch einmal das Telefon bei mir. Aber als ich mich meldete wurde das Gespräch beendet. Ich habe die dumpfe Ahnung, dass es Semir war“ meinte er zur Chefin. Hotte Herzberger trat in das Büro ein. „Das Gespräch war leider zu kurz. Wir konnten ihn nicht orten.“ „Sie melden sich in einer Stunde noch einmal. Herzberger sorgen Sie bitte dafür, dass die Fangschaltung dann steht. Wir müssen schnellstens sehen, das wir Semir da raus holen.“ „Alles Klar, Chefin“ gab dieser zurück und veranlasste alle Schritte.
Semir wurde gerade wach. Irritiert blickte er sich um. Wo war er? Was ist denn passiert? Er erinnerte sich das er gestern Abend geduscht und mit Chris ein Bier getrunken hatte. Dann ist er zu Hause im Sessel eingeschlafen und dann…? Er konnte sich nicht mehr erinnern. Als er aufstehen wollte, merkte er, dass er gefesselt war. Mit Ketten. Das kannte er doch schon. Diese Ketten waren allerdings nicht in einem so kleinen Käfig. War er immer noch von Beil gefangen? Hatte er seine Befreiung nur geträumt? Er hörte Schritte auf sich zukommen. Da der Raum in dem er war, dunkel war, konnte er nicht erkennen, wer dort kam. „Guten Morgen. Wie geht es Ihnen, Herr Gerkhan?“ fragte ihn eine Frau. „Wer sind Sie und was wollen Sie?“ fragte Semir zurück. „Ich bin Isabel. Sie kennen mich nicht. Aber ich kenne Sie durch Beil.“ „Beil ist tot. Er wurde erschossen als er versucht hatte zu fliehen.“ „Ich weiß. Dabei ist auch mein Freund, Uwe Brecht ebenfalls verletzt worden. Aber er lebt. Und er wird bald wieder bei mir sein.“ „Er wurde ebenfalls verhaftet und ist dort wo er hingehört. Im Knast. Und ich hoffe, das dies für lange Zeit ist.“ „Ich muss Sie enttäuschen, Herr Gerkhan. Herr Brecht wird bald frei sein. Wenn nicht, werden Sie sterben.“ Semir sah sie an. „Glauben Sie, Sie kommen damit durch?“ fragte er. „Nun. Das werden wir sehen. Sie kommen nun erst einmal mit, und dürfen mit Ihrem Kollegen sprechen.“ Sie öffnete den Käfig, in dem Semir saß und kaum Platz hatte. Doch bevor sie den Käfig betrat, standen zwei Mann hinter ihr. „Kommen Sie.“ sagte sie zu Semir. Dieser erhob sich steif. Isabel trat auf ihn zu und legte Semir ein Halsband an. Dabei drehte sie es so, das die vorhandenen Stacheln sich in seinen Hals bohrte. Semir wollte sich wehren, doch die Männer hielten ihn fest. „Und nun, werden Sie friedlich mit mir kommen. Andernfalls ziehe ich an dieser Leine.“ sagte Isabel und zog zur Demonstration an der Leine. Sofort merkte Semir wie sich die Stacheln in seinen Hals bohrten. Er stöhnte auf. „Nicht. Bitte“ sagte er. „Sie werden tun, was ich sage?“ fragte Isabel. Semir nickte. Er fühlte sich wie ein Hund. Isabel führte ihn nach Oben und ging mit ihm zum Telefon.
Im Büro von Chris klingelte das Telefon. Auf einen Wink von Engelhardt wurde ein Tonband eingeschaltet und Chris nahm den Hörer ab. „Ritter“ „Chris, ich bin es.“ kam Semirs Stimme aus dem Hörer. „Semir! Bist du okay?“ fragte Chris. Doch von Semir kam nichts mehr. Dafür meldete sich die Frau wieder. „Sie haben ihn gehört. Es geht ihm noch gut. Aber das kann sich schnell ändern. Wenn Sie sich nicht an die Anweisungen von mir halten.“ „Wir erfüllen Ihre Bedingungen. Wann lassen Sie Semir frei?“ „Sobald Uwe Brecht frei ist und wir in Sicherheit“ Das Telefonat wurde beendet. Semir sah die Frau an, die ihn wie einen Hund an der Leine hielt. „Sie kommen damit nicht durch.“ gab er überzeugt von sich obwohl er daran selbst nicht glaubte. Isabel zog an der Leine und die Stacheln bohrten sich erneut in seinen Hals. Semir stöhnte vor Schmerzen. Die Stacheln waren ziemlich spitz und taten weh. „Ich habe nicht um dein Wort gebeten, Bulle. Du redest nur, wenn ich dich dazu auffordere. So nun geh ich mit dir Gassi und dann geht es zurück in den Zwinger.“ lachte sie gemein. Semir konnte nicht anders er musste mit ihr gehen. Es war schon erniedrigend mit dieser Frau zur Toilette zu gehen. Aber was sollte er machen? Danach ging es zurück in den Käfig. Die Frau nahm ihm das Halsband ab und kettete ihn wieder an. „Sie haben bis 15.00 Uhr Zeit. Essen gibt es gleich. Ich will Sie in einem guten Zustand zurückgeben.“ sagte sie schloss den Käfig ab und verließ den Raum. Semir lehnte sich an das Gitter und schloss die Augen. Was zum Teufel hatte er an sich, das die Gangster sich ihn aussuchten um die kranken Gedanken an ihn auszuleben. War es weil er kein Deutscher war? Oder weil er kleiner war, als andere? Auch wenn diese Frau nicht so brutal vorging wie Beil, war sie nicht ungefährlich. Semir sah sich im Käfig um. Die Ketten, mit denen er nun am Käfig gebunden war, sahen sehr solide aus. Ausbruch ist also nicht möglich. Solange er angebunden war, konnte er nicht entkommen. Die einzige Möglichkeit war, wenn die Übergabe stattfinden sollte. Um 15.00 Uhr sollte der Austausch stattfinden. Bis dahin ist er weiterhin dieser Frau und der Bande ausgeliefert. Zumindest war die Frau so human, das er die Arme benutzen konnte zum Essen und Trinken. Wie auf gedanklichen Befehl kam in diesem Augenblick ein Mann in den Raum. Er trug ein Tablett auf dem eine Tasse Kaffee und mehrere belegte Brote lagen bzw. standen. Zumindest musste er nicht hungern. Der Mann öffnete eine kleine Klappe dicht über den Boden des Käfigs und schob das Tablett rein. Semir nahm den Kaffe und die Brote. „Lass dir die Henkersmahlzeit schmecken.“ gab der Mann noch von sich und verließ dann den Raum.
Mittlerweile war im Revier eine Versammlung einberufen. Unter anderem war der Regierungspräsident, der Polizeipräsident, Chris Ritter und Frau Engelhardt anwesend. „Um 15.00 Uhr soll der Austausch stattfinden. Ich muss Ihnen, meine Herren, nicht sagen, dass Herr Gerkhan in Gefahr ist. Er hat gerade erst eine Entführung hinter sich und ist vermutlich sehr labil. Wir wissen von der Frau die ihn in der Gewalt hat gar nichts. Nur das sie eine Freundin von diesem Brecht ist. Brecht soll freigelassen werden und im Austausch dagegen erhalten wir Semir zurück.“ „Wir können doch einen Verbrecher nicht einfach frei lassen. Ich verstehe Sie, Frau Engelhardt, das Ihnen das Leben des Polizisten viel wert ist, aber es ist sein Job, sein Leben einzusetzen.“ „Semir Gerkhan ist nicht nur ein Polizist. Er ist auch unser Freund und er hat es nicht verdient so zu enden.“ „Wie gedenken Sie denn den Ablauf der Übergabe?“ „Sobald die Frau mir den Austauschort genannt hat, werde ich dort ein SEK-Team hin beraumen. Nach dem der Austausch stattgefunden hat, wird das Team zuschlagen und alle aus der Bande festnehmen und wieder in das Gefängnis bringen.“ „Hoffentlich läuft es auch so ab. Sie sind verantwortlich für den Einsatz, Frau Engelhardt“ Die Männer verließen das Büro. Nur Chris und Frau Engelhardt blieben zurück. „Ja, das hoffe ich auch.“ gab sie leise von sich. Chris schaute auf die Uhr. Es war jetzt genau 13.45 Uhr. Also blieben noch knapp eine Stunde und 15 Minuten.
Isabel saß am Fenster des leer stehenden Hauses und schaute auf die Straße. Sie schaute ebenfalls auf die Uhr. 14.00 Uhr. In einer Stunde kann sie ihren Uwe wieder in die Arme schließen. Sie werden heiraten und Deutschland verlassen. Sie ging noch einmal in den Raum wo sie Semir gefangen hielt. Als sie den Raum betrat, sah sie, dass der Polizist sich hingelegt hatte und tief schlief. Sie ging leise aus dem Raum. Irgendwie fand sie den Polizisten eigentlich ganz niedlich. Die großen dunklen Augen, die sehr neugierig in die Welt blickten. Und doch auch irgendwie traurig aussahen. Es tat ihr schon leid, ihm Schmerzen zugefügt zu haben. Aber er war ein Druckmittel um ihre wahre Liebe zu befreien. War Uwe ihre wahre Liebe? Liebte sie ihn wirklich so stark? Er war doch ein Verbrecher. Will sie den Rest des Lebens auf der Flucht vor der Polizei sein? Irgendwie passte es ihr nicht mehr. Wenn sie jetzt zurücksteckt, wäre das in den Augen der Männer feige? Warum? Sie war die Anführerin. Sie hatte das Sagen. Warum nimmt sie sich nicht einfach die Beute, die Uwe ihr in der Zeit vor der ersten Verhaftung zugesteckt hatte und verschwindet. Uwe wird ohnehin, wegen der Entführung und den Morden zur lebenslangen Haft verurteilt. Doch im gleichen Augenblick, als sie diese Gedanken hatte, ging sie noch einmal in den Raum mit dem Käfig. Sie starrte auf den Polizisten. Dieser schlug die Augen auf und sah sie an. Verachtung stach aus seinem Blick. Semir setzte sich auf. Die Ketten rasselten. „Macht es Ihnen Spaß, mich so zu sehen?“ fragte er verächtlich. „Sie halten mich für ein Monster, was?“ fragte Isabel. „Nein eigentlich nicht. Sie sind nur verblendet. Verschwenden Sie sich nicht an diesen Verbrecher. Er hat Menschen gequält und getötet. Ist er Ihre Liebe wert?“ „Das geht dich nichts an.“ sagte sie böse. „In einer halben Stunde fahren wir ab.“ Sie drehte sich um und verließ den Raum.
Dreißig Minuten später kamen zwei Männer zu Semir und holten ihn aus dem Käfig. Sie legten ihm die Handschellen an und führten ihn raus. Draußen stand eine große Limousine. Isabel trat auf ihn zu. „ Du wirst hinten sitzen zwischen den beiden und keinen Versuch der Flucht unternehmen. Die würde ohnehin nicht gelingen. Wir bekommen Uwe und dann werden wir noch ein Stück mit dir fliehen. Wenn wir in Sicherheit sind, dann kannst du gehen.“ Semir sah sie an. Er glaubte nicht, dass er das Abenteuer überlebte. „Hast du verstanden?“ fragte sie ihn. Er nickte dann stiegen sie ein. Sie fuhren ab. Isabel nahm ihr Handy und wählte die Nummer des Polizeireviers. „Ritter“ hörte sie und sagte dann „Okay, wir treffen uns im Stadtwald am alten Restaurant. Sie kommen mit Uwe allein dahin. Sollte ich nur eine Uniform sehen, ist Ihr Kollege tot.“ „Ich will mit Semir sprechen“ forderte Chris. Isabel reichte das Handy nach hinten und einer der Männer hielt Semir das Handy ans Ohr. „Ja, Chris.“ „Bist du okay, Semir?“ „Soweit schon. Ich ….“ Das Handy wurde zurückgezogen. „Sie wollen mich wohl orten, was. Pech gehabt. Denken Sie daran, noch geht es Ihrem Kollegen gut.“ Isabel beendete das Gespräch.
Chris informierte Frau Engelhardt. „Im Stadtwald am alten Restaurant. Sie fordert dass ich allein mit Brecht dort erscheine. Wir haben noch 45 Minuten.“ „Brecht ist bereits auf den Weg hierher. Sie fahren dann in Ihrem Wagen mit ihm. Das SEK wird auch dort sein. Hoffentlich geht das alles gut. Melden Sie sich, sobald alles vorbei ist.“ Chris verließ das Büro und wartete an seinem Wagen auf Brecht. Es dauerte nicht lange bis er kam. „Guten Tag. Ein schöner Tag nicht wahr.“ grinste er Chris an. „Brecht sie nehmen hinten platz. Hände werden mit Handschellen am Haltegriff befestigt.“ sagte er nur und stieg ein. Die Fahrt dauerte knappe 25 Minuten. Noch 5 Minuten, dachte Chris. Dann kam eine Limousine angefahren. Chris sah Semir hinten drin sitzen. Die Frau, Isabel, stieg aus und kam auf Chris zu. „Wo ist Uwe?“ rief sie. „Wenn Sie meinen Kollegen gehen lassen, wird Herr Brecht zu Ihnen kommen“, forderte Chris. „Erst kommt Uwe! Dann fahren wir los. Ihren Kollegen lassen wir frei, sobald wir feststellen, dass wir nicht verfolgt werden.“ „Das war nicht so ausgemacht. Wir tauschen Mann gegen Mann, oder gar nicht!“ rief Chris zurück. „Sie sollten besser tun, was meine Isabel sagt. Sie kann sehr gemein werden.“ gab Brecht vom Wagen aus zu Gehör. Wie auf Befehl stiegen die Männer mit Semir aus. Er trug wieder das Halsband und die Leine. Isabel nahm die Leine und zog kurz daran. Semir ging mit ihr in Richtung des Restaurants wo Chris mit Brecht stand. Chris warf Semir einen Blick zu. Er sah das Halsband und die Stacheln. „Was soll das denn. Er ist doch kein Hund!“ empörte er sich. „Nun, ob er so behandelt wird, liegt bei Ihnen. Lassen Sie Uwe gehen!“ Chris sah ein, dass er keine andere Möglichkeit hatte, sich dem zu beugen. Er holte Brecht aus dem Wagen und öffnete die Handschellen. Anschließend ließ er Brecht zur Isabel gehen. Brecht nahm Isabel in die Arme und küsste sie. „Danke, mein Schatz. Und nun sehn wir zu das wir wegkommen.“ Er sah Semir an und meinte zu Isabel. „Hast du dir ein Haustier zugelegt?“ Er lachte dreckig. Zu Semir sagte er: „ Na, mein Freund. So sieht man sich wieder. Und nun ab in den Wagen und nix wie weg.“ Isabel zog wieder an der Leine und Semir musste mitgehen. Alle stiegen ein und dann fuhren sie mit Semir vom Platz. Chris blieb nichts anderes übrig als sie ziehen zu lassen. Er wusste jedoch, dass die Fahrzeuge des SEK die Verfolgung aufnehmen würden.
Die Fahrt ging zurück zur alten Tierhandlung. Die Männer brachten Semir wieder in den Käfig, nahmen ihn das Halsband ab und ketteten ihn wieder an. Isabel und Brecht kamen ebenfalls in den Raum. „Wann lassen Sie mich frei?“ wollte Semir wissen. „Wenn wir weg sind.“ gab Isabel an. Brecht schaute sie an und nahm sie zur Seite. „Willst du ihn wirklich laufen lassen?“ fragte er. „Sicher! Er kann uns nicht gefährlich werden. Wir fahren und lassen ihn hier im Käfig. Wenn wir auf der Autobahn sind, werden wir seine Kollegen anrufen und sagen wo sie ihn finden. Der Rest ist dann deren Sache. Wieso? Bist du anderer Meinung?“ „Nun ja. Er ist gefährlich. Wir sollten ihn nicht einfach gehen lassen. Vielleicht sollten wir seinen Kollegen eine kleine Warnung geben. Wir bringen ihn um und dann wissen sie, das mit uns nicht zu spaßen ist.“ „Nein. Keine weiteren Leichen. Aber wir werden ihn schlafen schicken. Dann ist er für einige Zeit außer Gefecht.“ „Gut. Es ist deine Aktion. Aber mach schnell. Ich will hier weg.“
Isabel ging wieder auf den Käfig zu. Semir schaute zu ihr auf. Sie schloss den Käfig auf und ließ sich von den Männern das Chloroform und einen Lappen geben. „Hören Sie, ich brauche nicht betäubt werden. Ich werde keine Scherereien machen. Außerdem bin ich doch angekettet. Was sollte ich denn tun?“ versuchte Semir, der die Absicht der Frau erkannt hatte, dies zu verhindern. Keine Antwort. Sie tränkte den Lappen und hielt ihn Semir vors Gesicht. „Wie gehabt. Einfach tief einatmen, Verstanden. Dann haben Sie es hinter sich.“ Semir blickte sie an. Er drehte das Gesicht weg, doch die Hand mit dem getränkten Lappen folgte der Bewegung. „Kommen Sie schon!“ sagte Isabel. Brecht kam hinzu. „Ich mach das, geh du schon nach draußen und mach das Auto startklar.“ Isabel gab ihm den Lappen und ging. „So Bulle, nun zu uns.“ lachte Brecht gehässig, „ Wir werden nun unseren Spaß haben. Deinetwegen bin ich angeschossen worden. Zeig mir dein Gesicht. Er griff Semir an den Hals und zwang ihn so, ihn ins Gesicht zu sehen. Dann presste er den Lappen auf Mund und Nase von Semir. Dieser versuchte sich zu wehren, und trat nach Brecht. Er traf ihn und Brecht ließ den Lappen fallen. Er sah Semir an und schlug dann mit der Faust in sein Gesicht. Semir stöhnte auf und merkte, das Blut aus der Nase lief. Brecht hob den Lappen auf und drückte ihn Semir erneut auf Mund und Nase. Dieser merkte dass er nicht dagegen ankam. Er sackte langsam weg. Brecht knebelte Semir noch und legte ihm das Stachelhalsband an. Daran machte er die Leine so fest, das Semir regelrecht gewürgt wurde. Nachdem er eingeschlafen war, sammelte Brecht Papier vor dem Käfig zusammen. Ein beachtlicher Haufen kam zustande. Dann nahm er eine Kerze, die er gefunden hatte und stellte diese in den Papierhaufen und zündete sie an. „Viel Spaß beim Grillen“ wünschte er in Richtung des schlafenden Polizisten und verließ den Raum. Er stieg in den Wagen von Isabel, nachdem er die Männer, die Isabel bei seiner Befreiung geholfen hatten, bezahlt und verabschiedet hat. Sie fuhren davon. Als sie auf der Autobahn waren, griff Isabel zum Handy und rief Chris an. „Ritter!“ „So Sie werden Ihren Kollegen in der alten Tierhandlung finden.“ „Welche Tierhandlung?“ „Das müssen Sie schon selbst raus finden.“ Sie legte auf. „Ha, du bist ein Weibsbild nach meinem Geschmack.“ lachte Brecht.
Chris rief Frau Engelhardt an. „Semir ist in einer Tierhandlung. Aber ich weiß nicht wo und in welcher. Wir brauchen unbedingt eine Liste aller geschlossenen Tierhandlungen. Was ist mit der Verfolgung?“ „Das SEK ist dran. Ich besorge die Liste sofort.“ Keine zwei Minuten dauerte es bis Engelhardt zurück rief. „Chris. Es gibt nur vier Handlungen die geschlossen wurden. Eine ist in Ehrenfeld. Eine in Nippes. Eine in Frechen und eine in Hürth. Wissen Sie wie viel Zeit wir haben, ihn zu finden?“ „Nein. Wieso. Es gab keine Zeitvorgabe. Wir müssen alle abfahren. Schicken Sie Bonrath und Herzberger zu den Läden in Ehrenfeld und Nippes. Ich übernehme Hürth und Frechen. Ende“ „Verstanden und Ende“ Chris fuhr auf die Autobahn in Richtung Hürth.
In Zwischenzeit lag Semir immer noch im tiefen Schlaf. Brecht hatte ihm den Lappen länger als notwendig auf Mund und Nase gedrückt, so dass es bestimmt noch eine Weile dauerte bis er wach wurde. Die Kerze war mittlerweile durch einen Lufthauch gelöscht worden. Somit war die unmittelbare Gefahr für Semir gebannt.
Chris fuhr schnell. Er wollte Semir schnellstens befreien. Wer weiß wie es ihm ging. Nach knappen 45 Minuten hatte er Hürth erreicht. Er fuhr auf den Platz der Tierhandlung und betrat das Gebäude. „SEMIR! Wo bist du?“ Keine Antwort. Er ging die Räume durch bis er zu dem Raum kam wo der Käfig stand. „SEMIR? Hey, antworte doch. Alles klar Junge?“ Er berührte Semir. Dann sah er, dass die Ketten angelegt waren. Außerdem hatte Brecht ihm das Halsband angelegt und ziemlich fest gezurrt. Die Stacheln gruben sich tief in den Hals. „Verdammt!“ stieß Chris vor. Er öffnete den Käfig und ging rein. Er befreite zunächst Semir von dem Halsband und dann von den Ketten. Dann untersuchte er ihn. Konnte jedoch keine weiteren Verletzungen finden. Der Hals wies von den Stacheln einige blutige Stellen auf, die Handgelenke waren durch die Fesselung in Mitleidenschaft gezogen. Aber das war kein Grund, warum Semir sich nicht regte. Neben Semir sah er einen Lappen liegen. Er roch daran und stellte den Chloroformgeruch fest. „Semir! Komm schon wach auf!“ Er schüttelte Semir. Doch kein Erfolg. Er nahm sein Handy. „Chefin, Ich habe ihn gefunden. Doch er schläft. Vermutlich ist er mit Chloroform betäubt worden. Ich weiß allerdings nicht wie viel er davon eingeatmet hat. Wir sind in Hürth. Schicken Sie sofort einen Krankenwagen.“
Nach zehn Minuten war der Notarzt angekommen. Er untersuchte Semir und stellte fest, dass dieser tatsächlich nur betäubt war. „Nur keine Angst. Er wird gleich wieder ansprechbar sein.“ sagte er und nahm eine Flasche aus der Arzttasche. Diese schraubte er auf und hielt sie Semir unter die Nase. Nur wenige Augenblicke dauerte es, bis Semir die Augen öffnete. Er wollte aufstehen, doch eine Hand drückte ihn zurück. „Bleiben Sie liegen, Herr Gerkhan. Sie werden gleich ins Krankenhaus gebracht.“ Semir sah ihn an, sagte aber nichts. Dann sah er zu Chris. „Habt ihr sie eingefangen?“ war seine erste Frage. Chris schüttelte den Kopf. „Ich weiß es noch nicht. Aber das ist jetzt nicht deine Sache. Du wirst ins Krankenhaus kommen und erst einmal ausspannen. Es reicht für diese Woche.“ Semir sah ihn an. Aber er war einfach zu schwach sich gegen diesen Wunsch seines neuen Partners zu wehren. Er nickte und als er auf die Liege gebracht wurde, schlief er wieder ein.
Drei Tage später ging Semir wieder zum Revier. Er war erholt und die Wunden waren mittlerweile schon so gut wie verheilt. Allerdings waren die seelischen Wunden dies nicht. Das würde auch noch eine ganze Weile dauern. Er ging in das Büro der Chefin. „Guten Morgen Semir. Wie geht es Ihnen“ fragte sie. „Danke, Chefin. Ich bin wieder diensttauglich. Wo ist Chris?“ „Er ist im Augenblick unterwegs, kommt aber sicher gleich zurück. Übrigens, das SEK hat die gesamte Bande einkassiert. Alle sind verhaftet worden und sitzen ein.“
ENDE