Ich werds dann auch mal versuchen, mal sehen, obs euch gefällt!
"Mann bin ich froh, dass wir den Schreibkram endlich hinter uns haben." Semir schob den Bericht ihres letzten erledigten Falls in die Mappe und reckte sich. "Das hat fast mehr Arbeit gemacht, als diesen Gonzales endlich hinter Schloß und Riegel zu bekommen." Tom lehnte sich in seinem Stuhl zurück und rieb sich die Augen. "Das kannst du laut sagen - ich für meinen Teil mach jetzt Feierabend." Er stand auf und schnappte sich seine Jacke. "Ach ja - kann sein dass es morgen etwas später wird. Ich hab heut Abend Klassentreffen und fahr erst morgen zurück." Semir lehnte sich grinsend zurück "Klassentreffen? - Nennt man das jetzt so?" Tom musste auch lachen. "Ne, ist wirklich ein Klassentreffen, oder besser gesagt, eine Vorbesprechung daf?r - hab mich mal wieder breitschlagen lassen. Also bis morgen. Grüß mir Andrea!" "Mach ich - und viel Spass bei deinem ?Klassentreffen?- tschau!" Semir stand auf und verließ ebenfalls die PAST. Er freute sich auf einen schönen Abend mit Andrea, was selten genug vorkam.
Am nächsten Morgen fuhr Tom auf einer wenig befahrenen Landstraße auf dem Weg zum Dienst. Die "Vorbesprechung"war etwas ausgeartet und er hatte einen leichten Brummsch?del. Pl?tzlich sah er einen roten Kleinwagen am Straßenrand stehen und daneben eine etwas hilflos wirkende junge Frau. Ganz Kavalier, der er war, stieg er in die Eisen. "Kann ich helfen?" Das M?dchen hatte lange braune Haare und eine Superfigur. "Das wär wirklich nett, er will einfach nicht mehr und ich versteh nichts von Autos." Tom war schon ausgestiegen. "Na mal sehen, das bekommen wir schon wieder hin. öffnen sie doch mal die Motorhaube." Das Mädchen zog die Entriegelung und Tom beugte sich über den Motor, nicht ohne vorher einen Blick in die dunklen Augen der Sch?nheit geworfen zu haben. Er bemerkte nicht, wie jemand von hinten an ihn herantrat und ihn mit einem schweren Gegenstand niederschlug. Lautlos sackte er zusammen. Genauso wenig bemerkte er, wie ihm dieser Jemand den linken ?rmel hochschob und ihm etwas mit einer Spritze injizierte.
"Semri?" Anna Engelhardt kam ins B?ro. "Kommen Sie bitte mit Kranich in mein B?ro." Suchend blickte sie sich um. "Wo steckt er denn ü?berhaupt?" Die Ungeduld in ihrer Stimme war nicht zu überhören. "Der kommt heute etwas spä?ter, hatte gestern abend Klassentreffen." schmunzelte Semir. Anna Engelhardt verzog die Mundwinkel. "Aha, er kommt etwas sp?ter, also alles wie immer. Na ja, wenn er da ist, dann kommen Sie bitte beide in mein B?ro."
Tom spürte ein leichtes Brummen in seinem Kopf. Er wusste nicht wo er war und was passiert war. Erst allmählich, registrierte er, dass er auf dem Asphalt der Landstraße lag. Er griff sich stöhnend an den Kopf. Na, das würde eine tolle Beule werden. Er rappelte sich hoch und wusste pl?tzlich wieder, was passiert war. Das Luder hatte ihn ausgetrickst. Mit einem Blick stelte er fest, dass sein Dienstwagen mit geöffneter Tür am Straßenrand stand. Gott sei Dank, sonst hä?tte es mä?chtig Ärger gegeben. Ein Bulle, dem man den Wagen klaute....! Siedendheiss fiel ihm die Dienstwaffe ein, aber auch die war noch da. Genauso wie seine Brieftasche und das Handy. Da hatte er wohl nochmal Glück gehabt. Wahrscheinlich waren die Täter gestört worden und hatten das Weite gesucht. Noch etwas benommen setzte er sich hinters Steuer und fuhr zur PAST.
Semir schaute auf, als Tom zur Tür herein kam. "Wie siehst du denn aus?" Die Schadenfreude in seiner Stimme war nicht zu überhören. "Das war wohl eine etwas turbulente `Vorbesprechung`. Tom hängte die Jacke an den Stuhl und betastete seinen Hinterkopf. "Sei bloss still. Mir hat heute morgen irgendjemand eine ü?bergezogen." Er erz?hlte Semir die Geschichte ausführlich. "Sag mal, wie lange bist du eigentlich schon bei der Polizei? Der Trick hat ja schon einen ellenlangen Bart. Und darauf fällst du rein?" Grinsend besah er sich Toms Beule. "Aber wenn sich unten was regt, setzt oben der Verstand aus, oder? - Da hast du dir ja ein sch?nes Ei verpassen lassen." "Sehr witzig, Partner, etwas mehr Mitgefühl hätte ich von dir schon erwartet." Semir ging zur Tür. "Wir haben keine Zeit um dich geb?hrend zu bemitleiden, die Chefin ruft...komm." Tom trottete hinter Semir zum B?ro der Chefin. Aus den Augenwinkeln heraus sah er, dass Hotte und Bonrath sich ein Grinsen fast nicht verkneifen konnte. Sch?ne Kollegen hatte er.
Teil 2
"Aha, da sind sie ja." Anna Engelhardt blickte Tom etwas erstaunt an. "Wie war das Klassentreffen?" Tom winkte ab. "Reden wir nicht mehr davon. Was gibts?" Anna war aufgestanden und kam um den Schreibtisch herum. "Ich wollte ihnen beiden zum erfolgreichen Abschluß des Falles Gonzales gratulieren. Endlich ist es gelungen Enrico Gonzales dingfest zu machen. Diesmal kann ihm auch sein Vater nicht mehr aus der Schlinge helfen. Das war gute Arbeit, meine Herren." Semir grinste etwas verlegen und auch Tom wusste nicht so recht, was er zu dem Lob der Chefin sagen sollte. "Ist doch nur unser Job, Chefin."
Ehe sie etwas darauf erwidern konnte, läutete das Telefon. Sie nahm ab und als sich ihr Gegen?ber meldete, zog sie erstaunt die Augenbraue hoch. Sie drückte auf die Lautsprechertaste des Telefons, damit Tom und Semir mithüren konnten. "Herr Gonzales? Was verschafft mir die Ehre?" Tom und Semir sahen sich an. "Freut mich, Frau Engelhardt, dass es für sie eine Ehre ist, mit mir zu sprechen. Aber reden wir nicht um den hei?en Brei herum: Ich will, dass sie meinen Sohn Enrico freilassen." Im ersten Moment brachte Anna vor erstaunen kein Wort heraus. Auch Tom und Semir waren baff. Das war ja eine ganz neue Methode, jemanden aus dem Gefängnis zu holen. Glaubte Gonzales allen Ernstes, dass er damit Erfolg hatte? Oder war er so senil geworden, dass er nicht mehr wusste, was er tat? Semir tippte sich an die Stirn. Der hatte sie doch nicht mehr alle. Dann erwiderte die Chefin lächelnd: "Herr Gonzales, freut mich, dass sie noch zum Scherzen aufgelegt sind." "Das ist kein Scherz, Frau Engelhardt," kam es aus dem Lautsprecher. "Ich meine es ernst." "Und was sollte uns dazu veranlassen, Ihren Sohn freizulassen? Er hat mehrere Menschenleben auf dem Gewissen, dafür wird er zur Rechenschaft gezogen. Da können auch sie ihm nicht mehr helfen." "Oh doch, das kann ich. Ich habe etwas, wofür sie meinen Sohn liebend gerne eintauschen werden." Anna Engelhard wurde es langsam zu albern. "Herr Gonzales, wenn ihnen nichts besseres einfällt, sollten wir das Gespräch beenden. Ich habe zu tun." Sie wollte schon auflegen, als Gonzales?Stimme geführlich leise aus dem Lautsprecher drang. "Ich habe Ihren Beamten, Herrn Kranich!" Nun konnte die Chefin nicht anders, als laut zu lachen. "Wenn das so ist, dann muss ich sie enttäuschen. Herr Kranich sitzt gerade vor mir.Leibhaftig, in Lebensgröße und bei bester Gesundheit." Tom sah Semir an. "Ich glaube, der nimmt seine eigenen Drogen und ist grad auf einem Trip. Der ist doch total daneben."
Wieder ertönte Gonzales Stimme aus dem Apparat: "Oh entschuldigen Sie, ich habe mich falsch ausgedrückt: ich habe das Leben Ihres Kollegen in den Händen. Es besteht aus einer gelblichen Flüssigkeit und befindet sich in einer kleinen Ampulle." "Was reden sie da für einen Unsinn Gonzales?"
Teil 3:
Weder Anna, noch Tom oder Semir konnten sich einen Reim auf das Gefasel machen, bis Gonzales fortfuhr. "Sehen sie sich doch einmal die linke Armbeuge von Herrn Kranich an. Sie werden eine Einstichstelle finden." Tom krempelte sofort seinen linken Ärmel hoch. Tatsächlich - da war eine winzige Einstichstelle zu sehen. Wieder schnarrte es auf dem Lautsprecher: "Ich habe mir erlaubt, Ihren Kollegen - sagen wir mal - zu präparieren! Ich habe ihm ein Gift injiziert, das innerhalb von 48 Stunden zum Tode führt!" Gonzales machte eine Pause. Im Büro war es einen Moment gespenstisch still. Semir starrte Tom an. Dieser saß wie erstarrt auf seinem Stuhl. "Aber da ich weiss, wie viel ihnen an ihrem Kollegen gelegen ist, bin ich sicher, dass sie alles tun werden, um ihn zu retten. Es ist ganz einfach: sie lassen meinen Sohn Enrico frei und bekommen im Gegenzug das Gegengift. Wenn sie ihm das Serum rechtzeitig verabreichen, wird er zwar ein paar unangenehme Stunden verbringen, aber ansonsten keinen nennenswerten Schaden nehmen. Das ist doch nur fair, Frau Engelhardt, oder?" Anna Engelhardt hatte die ganze Zeit unbewegt zugehört, aber das Entsetzen, das sie empfand, stand deutlich in ihren Augen. "Sie glauben doch wohl selbst nicht, dass wir darauf eingehen werden, Gonzales." Gonzales Stimme troff vor Hohn: "Wie sie wollen, aber ich bin mir sicher, dass sie ihre Meinung noch ?ndern werden. Sp?testens wenn es ihr Kollege vor Schmerzen nicht mehr aush?lt, werden sie mich anflehen, ihnen das Serum zu überlassen. Ansonsten wird Herr Kranich sterben - und der Weg dahin ist qualvoll, glauben Sie mir. Ach ja, noch etwas. Sollten sie versuchen, das Gegengift herstellen zu lassen - sparen sie sich die Mü?he, dafü?r fehlt ihnen die Zeit. Ich melde mich wieder bei Ihnen, ü?berlegen Sie es sich."
Paolo Gonzales hatte aufgelegt. Wie in Zeitlupe legte Anna Engelhardt den Hörer auf. Semir war der erste, der sich wieder einigermaßen gefangen hatte. "Chefin, der Kerl blufft doch nur, der will uns nur mürbe machen." Tom, der wie paralysiert dagesessen hatte, räusperte sich. "Nein Semir, der blufft nicht. Jetzt ist mir alles klar. Der Überfall heute morgen.....jetzt weiss ich, warum mir nichts gestohlen wurde.....die haben mich niedergeschlagen, um mir die Injektion zu verabreichen. Das allein war der Grund...!" Anna Engelhardt kam um den Schreibtisch herum. "Als erstes brauchen wir Gewissheit. Semir - Sie fahren mit Tom ins Krankenhaus. Die sollen ihm Blut abnehmen, und eine Analyse machen. Wir müssen wissen, woran wir sind." Semir nickte. "Und .... Tom, " sie legte Tom eine Hand auf die Schulter, "machen Sie sich nicht verrückt, wir werden einen Weg finden."
Teil 4:
Tom folgte Semir wie in Trance durch das Büro zum Ausgang. Als sie an Bonraths Schreibtisch vorbeigingen fragte dieser: "Tom? - kannst du mal......?" aber Tom sah ihn nur kurz geistesabwesend an und ging dann hinter Semir her. Bonrath sah ihm verdutzt nach. "Was ist dem denn ?ber die Leber gelaufen? Der muss einen gewaltigen Anschiss von der Chefin kassiert haben." Anna Engelhard, die in ihrer Bürotür stand und den beiden nachsah, winkte Hotte und Bonrath zu sich. "Kommen sie mal bitte in mein Büro, ich muss etwas mit ihnen besprechen." Hotte sah Bonrath an und zuckte mit den Schultern. Sie gingen zur Chefin ins Büro und wurden von ihr über Toms Lage unterrichtet. Bonrath sah die Chefin hilflos an. "Aber Chefin, wer tut denn so was? Wir müssen Tom irgendwie helfen."
Währenddessen war Semir mit Tom ins Krankenhaus gefahren. Dr. Friedberg, der von Anna Engelhardt inzwischen unterrichtet worden war, nahm Tom Blut ab. "So," er legte die Spritze in eine Petrischale und übergab sie einer Mitarbeiterin. "Nun müssen Sie etwas Geduld haben. Es dauert ein paar Stunden, bis wir ein Ergebnis haben. Sobald ich etwas weiss, komme ich zu Ihnen iins Büro."
Tom und Semir gingen nebeneinander den Krankenhausflur entlang. "Und wie gehts jetzt weiter, Semir?" Toms Stimme klang rauh. Semir sah ihn von der Seite an. "Du kannst die Frau, die den Lockvogel gespielt hat, doch sicher beschreiben. Wir fahren jetzt auf die PAST und fertigen ein Phantombild an. Vielleicht haben wir Glück und kommen über die Frau weiter." Tom nickte nur. Alles war jetzt besser, als untätig auf das Ergebnis der Blutuntersuchung zu warten.
"Das ist sie, genau so sah sie aus," Tom war mit dem Ergebnis des Phantombildes zufrieden. Die Arbeit hatte ihn abgelenkt. Semir sah sich das Foto genauer an. "Hübsch - ich kann gut verstehen, dass du auf sie reingefallen bist." Aber Tom reagierte nicht auf die gutgemeinte Ablenkung Semirs. Er stand am Fenster und sah auf den Hof. "Gut, schicken wir das mal durch den Computer, mal sehen, was dabei rauskommt." In dem Moment kam Frau Engelhardt mit Dr. Friedberg zur Tür herein. Er legte eine Mappe mit den Untersuchungsergebnissen auf Toms Schreibtisch. "Wir haben das Ergebnis, Herr Kranich." Tom drehte sich um und blickte in das ernste Gesicht von Dr.Friedberg. "Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, siehts wohl nicht so gut für mich aus, oder?" Dr. Friedberg räusperte sich. "Sie haben leider recht. Sie wurden tatsächlich vergiftet. Wir konnten allerdings noch nicht die genaue Zusammensetzung der Substanz ermitteln. Es handelt sich offenbar um ein extra zusammengemischtes Gift, das so in der Natur nicht vorkommt." Dr. Friedberg machte eine kurze Pause. Semir sah Tom an. Er wirkte auf einmal sehr gefasst. "und was heisst das genau?" "Dass es kein Gegengift daf?r gibt. Wir m?ssen zuerst eines herstellen. Aber daf?r m?ssen wir die genaue Zusammensetzung kennen - und das braucht seine Zeit." "Wie lange dauert es?" Anna Engelhardt sah Dr. Friedberg fragend an. "Das kann ich nicht genau sagen. Vielleicht zwei oder drei Wochen, vielleicht auch nur eine." Semir sah entsetzt von einem zum anderen. "Aber soviel Zeit haben wir nicht - es muss doch einen Weg geben." Einen Moment herrschte Schweigen. Tom räusperte sich. "Wie ist der Verlauf der Vergiftung, was wird auf mich zukommen?" Er wirkte überraschend gefasst. Dr. Friedberg sah unsicher zu Anna Engelhardt. "Ich weiss nicht, ob es gut ist, wenn ......" "Ich will es aber wissen," beharrte Tom, "es geht schließ?lich um mein Leben." "Gut," Dr. Friedberg nickte, "es beginnt mit Schwindelanfällen und zeitweisen Sehstörungen. Später kommen krampfartige Schmerzen dazu, die vom Bauch in den ganzen Körper strahlen." Er machte eine kurze Pause. "Im Endstadium kommt es zu sehr hohem Fieber, was schließlich.......zum Tode führt." Tom schluckte. "Danke," meinte er nur, nahm seine Jacke und verließ wortlos das Büro. Semir fühlte sich, als hätte er einen Schlag in die Magengrube bekommen. Das konnte doch nicht sein, dass Tom innerhalb von 48 Stunden sterben würde, es musste doch eine Möglichkeit geben, ihn zu retten.Er wollte Tom nachgehen, aber Anna Engelhardt hielt ihn am Arm zurück. "Noch nicht, Semir, lassen sie ihm etwas Zeit, ich glaube, er will jetzt alleine sein." Semir nickte, obwohl alles in ihm danach drängte, Tom zu folgen.