"Verdammt nochmal, wir kommen einfach nicht weiter!" Semir knallte die Ermittlungsakte, in der er gerade geblättert hatte, auf den Schreibtisch und sprang vom Stuhl auf. Er sah aus dem Fenster und strich sich mit der Hand durchs Haar. "Seit zwei Wochen treten wir auf der Stelle - wir finden einfach nichts, wo wir ansetzen können. Mich macht das wahnsinnig."
Tom sah seinen Partner an und seufzte. "Hast ja Recht, ich befürchte, dass dies einer unserer wenigen Fälle wird, die wir als ungeklärt zu den Akten legen." Er stand auf und goß sich einen Kaffee ein. Seit vierzehn Tagen brüteten sie über dem Fall und kamen keinen Schritt weiter. Das zermürbte auch ihn so langsam. Ausserdem war es draussen fast unerträglich heiss, was die Laune der beiden Kommissare auch nicht gerade hob.
Semir drehte sich zu Tom um "Das wäre ja noch schöner! Von wegen ungeklärt zu den Akten! Wir erwischen das Schwein, und wenn wir Tag und Nacht arbeiten." Tom grinste Semir an. "Lass das mal nicht Andrea hören, die würde dir was husten - von wegen Tag und Nacht arbeiten...." In dem Moment ging die Bürotür auf und Petra kam herein. Sie blickte von Tom zu Semir und fragte verständnislos "Wer arbeitet hier Tag und Nacht....?"
"Och niemand, Petra...." Tom legte den Arm um ihre Schulter und gab ihr schnell einen Kuss auf die Wange. "Was hast du denn für uns? Oder hattest du nur Sehnsucht nach mir?" fragte er hoffnungsvoll. "Quatsch..." Petra musste lachen. "hättest du wohl gerne! Nein.....Hotte und Bonrath haben auf einem Rastplatz eine hilflose Person gefunden. Sie sind grad unterwegs zum Krankenhaus..." Sie machte eine kurze Pause. "Und jetzt haltet euch fest: Der junge Mann wurde vor kurzem operiert.......an der Niere!"
Semir und Tom sahen sich an. Frisch operiert? Das deckte sich doch mit ihrem aktuellen Fall. In den letzten 3 Wochen wurden drei tote junge Männer auf Rasplätzen gefunden - jeder wies eine frische OP-Narbe auf! Und jeder war so gut wie mittellos und ohne Angehörige. Das Ganze wies 100%ig auf Organhandel hin. Nur hatten sie bisher nicht die geringste Spur.
Plötzlich waren beide hellwach. "Los, lass uns ins Krankenhaus fahren - er ist das erste Opfer, das die OP überlebt hat. Endlich ein Zeuge...!" Tom schnappte sich seine Waffe und beide verließen eilig das Büro. Im Vorbeigehen drückte Tom seiner Petra nochmal einen Kuss auf die Stirn. "Danke, mein Schatz!" und weg waren sie. Petra stand in der Tür und lächelte. Manchmal waren die beiden wie eine Fatamorgana - eben noch Realität und in der nächsten Sekunde verschwunden. Sie schüttelte den Kopf und machte sich wieder an ihre Arbeit.
Auf dem Weg in die Klinik drehte Semir die Klimaanlage hoch. "Mann ist das ein Brutofen hier. Gott sei Dank hat uns Vater Staat wenigstens die Klimaanlage spendiert." Auch Tom hatte schon innerhalb der kurzen Zeit, die sie im Wagen saßen, Schweißtropfen auf der Stirn. Das Wetter war gut zum Urlaub machen, aber nicht um zu arbeiten.
"Mann, mach hinne, du fährst doch sonst nicht wie eine Schnecke," frotzelte Tom und erntete von Semir einen Seitenblick, der einen das Fürchten lehrte. Schließlich kamen sie vor dem Eingang der Klinik an, wo Hottes und Bonraths Porsche parkte. Sie waren kaum durch die Eingangstür rein, da kamen ihnen die beiden schon entgegen. "Ihr braucht nicht so zu rennen," meinte Bonrath seufzend. "Der junge Mann ist soeben verstorben."