Ich habe keinen Angst vor dem Tod. Doch für eine geliebte Person zu sterben,
scheint mir der ehrsamste Tod, den es gibt.
Adriano Scolari
Es war Mittag, als die Sonne sich endlich durch die dicken Wolken zeigen liess und ihre schönsten Strahlen auf Köln gab. Ben fuhr mit seinem Mercedes durch die Stadt und machte sich zur Universität auf. Er hatte, vor dem Beginn seiner Schicht, noch einen Termin. Er parkte seinen Wagen auf dem Besucherparkplatz und ging in die grosse Halle. Dort sprach ihn eine junge Frau an. "Herr Jäger?" fragte sie nach und Ben nickte. "Ah sehr gut! Sie werden erwartet. Ich soll Ihnen den Weg zur Kantine zeigen!" Ben nickte dankend und liess sich von der attraktiven Blondine leiten. Sie öffnete die Schiebetür zur Kantine und diese war noch ziemlich leer. Sie wies auf einen Tisch, wo ein attraktiver Mann in seinem Alter sass. "Ich danke Ihnen", sagte Ben freundlich und das Mädchen verabschiedete sich mit einem Lächeln. Ben ging auf den Tisch zu und sah, wie der Mann geistesabwesend in einer Zeitung las. "Lässt du schon sexy Blondinen auf mich losgehen?" fragte Ben mit einem Grinsen und der Mann erschrak. "Herrgott!" steiss er hervor und stand auf. Sie umarmten sich und klopften sich auf die Schulter. "Schön, dass du's einrichten konntest!" sagte der Mann und Ben lächelte. "Für dich doch immer Adriano!" Adriano Scolari, 32 Jahre alt. Bens bester Freund aus der Schulzeit und dass, obwohl sie zwei Jahre auseinander waren. Doch Adriano hatte Ben in der ersten Klasse vor Prügelknaben gerettet. Und nach diesem Ereignis entwickelte sich eine wunderbare Freundschaft.
"Es haben es halt nicht alle so schön wie du", begann Ben und setzte sich, "Dozent und Kriminalpsychologe!" Adriano lächelte ein wenig verlegen und Ben winkte ab. "War'n Scherz! Semir konnte uns für die Spätschicht anmelden! Ich hatte ihm erzählt, dass ich dich treffen will und so konnte er es einrichten!" Adriano lächelte und winkte eine Kantinenmitarbeiter zu sich. "Könntest du für den werten Herrn einen Kaffee bringen? Mir wie immer einen Espresso!" Sie nickte und entfernte sich. "Ich dachte, du wolltest nur kurze Zeit dort sein?" Ben grinste und zuckte mit den Achseln. "Ich weiss. Aber ich kann Semir unmöglich alleine lassen. Ausserdem, ist es viel spannender, als ich es mir vorgestellt hatte." Adriano zog eine Augenbraue hoch und seine Mundwinkeln zuckten hoch. "Kann es sein", begann er und Ben sah ihn an, "dass du in Semir Gerkhan einen guten Freund gefunden hast?" Ben lächelte warm und nickte, ohne zu zögern. "Er stand mir, neben dir, sehr bei als ich Saskia verloren habe. Er hatte mir frei gegeben, mich besucht. Und das, obwohl wir uns damals noch kaum kannten." Adriano nickte und faltete die Hände. "Du brauchst so einen Partner Ben! Und ich war nie der Kerl für's grobe!" "Ausser an dem Tag, an dem du mich gerettest hast", erwiderte Ben und Adriano zeigte auf ihn. "Ausser an dem Tag, an dem ich dich gerettet habe", stimmte er zu und lächelte.
Die Kellnerin kam mit den bestellten Sachen und stellte sie auf den Tisch. "Ich habe gehört, deine Schwester ist unter der Haube!" Ben grinste und wies auf sich. "Ich bin nun ein Schwager! Echt saukomisches Gefühl, sage ich dir!" Adriano lachte. "Wart erst mal ab! Onkel sein ist noch viel schwieriger!" Bens Augen rissen weit auf. "Hey, ich passe schon manchmal auf Aida, Semirs Tochter, auf!"
"Als Training so zu sagen!" scherzte Adriano und Ben musste lachen. "Man wird es sehen!" sagte er und nahm einen Schluck seines Kaffees. "Wie haben dich die Schüler eigentlich aufgenommen?" "Positiv, muss ich sagen! Ich habe ja den alten Kaiser abgelöst, der nun in Rente ist. Das Feedback des Rektors nach einer Umfrage, war jedenfalls zufriedenstellend." Ben verdrehte die Augen. Wenn Adriano "zufriedenstellend" sagte, war es so gut wie perfekt. Doch der Sohn italienischer Einwander, war niemals richtig zufrieden. "Jetzt freu dich doch mal drüber, Mensch!" mahnte Ben und Adriano zuckte mit den Schultern. "Ich komme eben nicht aus meiner Haut!"
Er lief zu seinem Spint. Bald war es soweit. Bald konnte er es tun. Er blickte zu der kleinen Stofftüte und fasste sie an. Er spürte das kalte Metall. Bald, Junge, dachte er sich, bald. Bald würden alle, die dich ausgelacht haben, nicht mehr auslachen. Nein - sie würden dich respektieren! Sie würden angst vor dir haben! Vor dir niederknien! Dann würden sie es bereuen! Sie würden sich entschuldigen, um Gnade flehen, damit du sie nicht fertig machst. Du würdest ihnen zeigen wie es war, als sie dasselbe mit dir gemacht haben! Bald Junge, Bald!
Er nahm die Tüte aus dem Raum und hörte die Klingel. Studenten stürmten aus den Räumen, zu ihren Spinten. Alle wollten zu der Kantine! Mittagessen stand an! Und dort, konnte er seine Rache vollziehen!