"Monsieur, Karl wurde geschnappt.", verkündete Antoine seinem Chef plötzlich, als dieser wieder an seinem Flügel saß und vor sich hin spielte. "Und der Junge?", fragte van Vaarten ohne von den Tasten abzulassen. "Ist wieder bei der Polizei.", erwiderte seine rechte Hand. Jetzt knallte der ältere Herr mit seinen geballten Fäusten auf die Tastatur, sodass ein tiefer, markerschütternder Ton zu hören war. "Verdammt, und die Partitur hatte er sicherlich noch bei sich. Dieser Idiot.", fluchte Louis van Vaarten vor sich her und strich sich über seinen Bart. "Wenn man will, dass etwas richtig gemacht wird, dann soll man es selbst machen.", meinte er und überlegte. "Sie werden den Jungen sicherlich wieder in eine andere Wohnung bringen.", überlegte Antoine laut. "Das ist denkbar. Wir müssen vorher rausfinden, wo sie ihn hinbringen, sie abfangen und alle drei kassieren. Wenn wir uns nur den Jungen holen wollen, kommen die uns nur unnötig in die Quere.", erwiderte van Vaarten. "Ist es klug, sich mit der deutschen Polizei anzulegen? Ich meine, unsere haben wir ja kaum noch unter Kontrolle.", widersprach Antoine. "Ach, lass einfach unserem Mann bei denen eine größere Summe zukommen, dann wird er uns schon etwas verraten.", meinte der Mann und packte dann seinen Handlanger am Arm. "Ich will, dass das noch so schnell wie möglich erledigt wird. Nimm dir 8 von unseren Topleuten mit. Sicher ist sicher, aber ihnen darf nichts passieren. Ich will sie lebend. Und bring mir die Partitur.", fauchte er. "Oui Monsieur.", erwiderte Antoine und machte sich dann gleich auf den Weg. Doch er drehte sich nochmal um. "Was, wenn Karl plaudert?" "Schaltet ihn aus. Er ist ein unnötiges Risiko geworden."
Noch immer hielt Ben Oliver fest in seinen Armen. "Ben, du musst ins Krankenhaus.", meinte Semir und wollte die Beiden lösen. "Ich kann ihn nicht alleine lassen, Semir. Ich werde ihn nicht noch einmal im Stich lassen.", erwiderte Ben mit rauchiger Stimme und sah über Olivers Schulter zu seinem Partner. "Ben, sei vernünftig. Du musst ins Krankenhaus. Wir nehmen ihn mit. Ich verspreche dir, ich lass ihn keine Minute aus den Augen.", versprach Semir und half seinem Partner beim langsamen Aufstehen.
Nur eine halbe Stunde später waren die Drei im Krankenhaus. Dr. Henning stand schon mit verschränkten Armen vor der Tür zum Röntgenraum. "Das gleiche wie immer?", fragte er und schob die Tür auf. "Leider Doc.", erwiderte Ben nur und ließ sich ein drittes Mal röntgen, während Semir und Oliver vor dem Raum saßen. Der Kleine lehnte sich an die Schultern von Semir und schlief. Die ganze Aufregung schien doch zuviel für diesen kleinen Körper zu sein. Semir sah zu ihm. Scheinbar hatte der Junge in Ben doch Vatergefühle erweckt. Über diesen Gedanken musste Semir unweigerlich grinsen, dann ging die Tür wieder auf und der Arzt trat in den Flur.
"Tja, ihr Kollege hat verdammtes Glück gehabt. Weder bei dem Sturz noch bei dem Kampf sind weitere Rippen in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Schmerzen haben sich lediglich verstärkt, aber das war zu erwarten. Die Platzwunde am Kopf ist klein und nicht von Bedeutung und die leichte Rauchvergiftung sollte in ein paar Tagen abklingen. Ich gebe ihm was gegen den starken Husten und ansonsten kann er wieder mit ihnen mit.", meinte der Arzt und verabschiedete sich dann. "Und was machen wir nun?", fragte Ben, als er dann auch in den Flur kam. "In die Wohnung zurück können wir nicht. Ich möchte mal wissen, woher der gewusst hat, wo wir sind.", fauchte er. "Keine Ahnung, er wird ja wohl kaum im Telefonbuch unter LKA-Wohnung nachgesehen haben.", erwiderte Semir. "Trotzdem, irgendwas an der Sache ist faul.", erwiderte Ben. Wie recht er doch hatte.
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