Kapitel 20
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Sanders Tränen
"Bring ihn rauf!", befahl Sanders schroff und Tayfun nickte. Semir versuchte verzweifelt, einen Blick zum Pool zu erhaschen. Waren noch Luftblasen? Denn Ben tauchte nicht auf. "Ihr Schweine!", schrie er und versuchte sich zu wehren. Doch in seinem Kopf hämmerte es höllisch und seine Kräfte waren noch nicht vollständig zurückgekehrt! "Ihr Mistkerle! Arschlöcher!" Tayfun legte eine Hand vor Semirs Mund und zog ihn zum Aufzug. Vor dem Gefährt, hielt Sanders ihn auf. "Ab hier übernehme ich. Sieh' zu, dass dieser Jäger wieder auftaucht!", flüsterte er ihm ins Ohr und der Türke nickte.
"Warum?", fragte Semir leise, als der Aufzug nach oben gezogen wurde. Sanders lachte auf. "Das hast du mich doch nicht jetzt allerernstes gefragt oder?" Semir hob die Schultern. "Ich weiss es wirklich nicht", gestand er und Sanders holte aus. Seine Faust traf Semir an die Wunde der Stirn und der Deutschtürke schrie vor Schmerz auf. "Du hast mir mein Leben ruiniert", der zweite Schlag traf Semir in den Magen, "meine Zukunft zerstört", der Dritte ging in die Brust, "meinen Sinn gelöscht!", der letzte Schlag galt wieder dem Gesicht. Hustend und keuchend beugte sich Semir vor und spukte Blut. "Und du fragst mich, wieso ich das tue?" Semir atmete tief durch. "Tayfun hat dir Lügen erzählt", stiess er hervor und spückte noch einmal blutigen Speichel, "ich habe dir gar nichts angetan! Ich hab' doch immer zu dir gestanden!" Als Semir aufsah, bemerkte er jedoch Sanders Blick. Die Augen, die Spiegeln zu Seele, sagten alles. Tayfun hatte in Sanders sein Werk vollendet. Ein perfektes Bild der Manipulation. Ein Monster.
In Sanders Augen hatten sich Tränen gebildet. Er zog Semir hoch und drückte ihm die Waffe in den Rücken. "Und nun, wirst du fallen Semir! Im wahrsten Sinne des Wortes!"
Tayfun beugte sich über den Pool. Noch immer war Ben nicht aufgetaucht. War er wirklich ertrunken? Der Türke glaubte dies. Und das wurde ihm zum Verhängnis. Denn er wurde gepackt und in den Pool gerissen. Ben drückte ihn unter Wasser an die Wand und entledigte Tayfun seiner Waffe. Der Türke versuchte sich zu wehren doch der Polizist war, vor lauter Wut, kräftiger. Er hatte sich unter Wasser seiner schweren Jacke entledigt. Tayfun schnappte nach Luft, da er vor Schock Wasser geschluckt hatte. Doch nichts. Er verlor das Bewusstsein. In diesem Moment tauchte Ben mit ihm auf und zog ihn raus. "Du bist immer noch so leicht zu fangen", keuchte der junge Polizist und überprüfte die Waffe. Sie funktionierte noch einwandfrei. Er hörte, wie Dieter hinter ihm stöhnte und sich aufrichtete. "Geht's?", fragte Ben kurz besorgt und der Grossgewachsene winkte ab. Er hatte gesehen, wie Ben Tayfun nach unten gerissen hatte. "Ich kümmere mich um ihn! Rette Semir, Ben! Ich weiss, dass du es kannst!" Mit einem Nicken stand Ben auf und humpelte im Eiltempo zum Treppenhaus. Der Aufzug war eindeutig zu gefährlich.
Er spürte das feuerheisse Blut. Die Wunde musste aufgebrochen sein. Doch das war ihm egal. Er wollte Semir retten, koste es was es wolle! Die Waffe wurde entsichert. Das Wasser perlte von seinem Körper ab und landete in Tropfen auf den Beton der Stufen. Seine Schritte halten und Ben glaubte, seinen eigenen Herzschlag in voller Lautstärke zu hören.
Kim Krüger und Hotte parkten neben dem Kleinlaster und rannten ins Gebäude. Der beleibte Polizist atmete auf, als er seinen Partner sah, wie dieser Tayfun an einem festgeschraubten Sitz fesselte. Der Chefin blieben die Blutstropfen nicht unbemerkt. Hartmut hatte sie in der Zwischenzeit angerufen und ihr erzählt gehabt, dass das Blut von Ben stammt. "Wo ist Jäger?", fragte sie schroff und Dieter wies auf die Stufen. "Herzberger, verständigen Sie die Kollegen", sie entsicherte ihre Waffe, "ich werde Jäger zu Hand gehen!" Hotte nickte und hatte bereits sein Handy aus der Tasche gezogen. "Susanne? Hier Hotte, wir brauchen sofort Verstärkung!" Er nannte ihr die Adresse und hängte auf. Als er aufsah, erblickte er nur noch die Füsse seiner Chefin, die aber auch verschwanden. "Ich bin froh ist dir nichts schlimmeres passiert", stiess er hervor und konnte nicht anders. Er musste Dieter umarmen. "Ich bin auch froh", stimmte dieser zu und sah, wie Tayfun aufzuwachen versuchte. Voller Wut ballte Dieter eine Faust und schlug den Türken KO. "Jetzt sind wir quitt!", zischte er unter der verwundeten Miene Hottes.
"Na los!" Semir spürte die kalte Luft an seiner Haut und Köln bei Nacht. Die Stadt war erhellt und der Kölner Dom erstrahlte in seiner Pracht. "Wunderschön nicht wahr?", fragte Sanders und Semir glaubte, ein Schluchzen zu hören. "Wer hätte gedacht, dass du bei einer solch prunkvollen Kulisse sterben wirst?" Semir begann zu zittern. Die Angst um Ben, Dieter und um sich selbst beherrschte seinen Körper. Sanders Waffe im Rücken war dabei keine grosse Hilfe, die Furcht zu bändigen. "Na los! Lauf!" Semir ging nur in kleinen Schritten. Sie wurden immer kürzer. Der Vorsprung näherte sich. "Früher als Kind, wollten wir doch immer fliegen Semir!" Semir nickte nur. Tränen stiegen in seine Augen. "Kevin, noch kannst du diesen Irsinn beenden!", flehte er. "Ich führe alles zuende, was ich anfange! Und das weisst du!" Semir konnte nicht widersprechen. Das stimmte wirklich. In solchen Dingen war Sanders Perfektionist. "Ich hoffe, deinem Partner geht es gut! Wirklich mutig der Junge! Kein Wunder, hast du so von ihm geschwärmt! Ich kann dich wirklich verstehen!" Semirs Füsse stiessen an den Vorsprung und er drohte, das Gleichgewicht zu verlieren. Doch konnte er sich im letzten Moment fangen. "Geh' noch nicht!", säuselte Kevin und tippte mit der Waffe an die Wirbelsäule. "Steig hinauf!" Ohne es zu wollen, gehorchte Semir. Er stieg hinauf, und er glaubte, dass der Wind noch kräftiger war. Sanders gesellte sich neben ihm. "Lass' uns fliegen Semir!" Über die Wangen des Deutschtürken flossen die Tränen.
"Was hat Tayfun mit dir gemacht?", flüsterte er entsetzt und auch in Sanders Augen bildten sich Tränen. "Er hat mir den wahren Weg gezeigt Semir. Eigentlich wollte ich dich mit einer Schrotflinte erschiessen aber", er wies über das Panorama von Köln, "ist es nicht einfach wunderschön?" Semir biss sich auf die Unterlippe. "Kevin bitte! Ich werde ein gutes Wort für dich einlegen. Und dann könnten wir dieses Panorama jeden Abend vom Altersheim ansehen und über diesen Moment lachen!" Sanders Waffe wanderte zu Semir Stirn und die Tränen flossen in Strömen. "Ich kann nicht mehr Semir", schluchzte er, "ich möchte gehen. Und mein Leben möchte ich mit dieser Person beenden, die ich mal für meinen besten Freund hielt! Und von dem ich dachte, dass er auch mein bester Freund ist!" Semir atmete tief durch. "Ich bin dein bester Freund Kevin! Leg' die Waffe weg, dann kann ich es dir beweisen!" Zwar zitterte Sanders Hand, doch die Waffe blieb fest umklammert. "Es tut mir leid Semir! Aber ich will fliegen! Und du wirst mir folgen! Aber keine Sorge, den Aufprall erspare ich dir! Ich erlöse dich schnell! Dann packe ich dich bei der Hand und wir fliegen wir!" Der Finger spannte sich um den Abzug. "Ich zähle auf drei okay?" Semir schüttelte mit dem Kopf. "Bitte nicht", flehte er mit leiser Stimme. "Eins. Zwei...und drei!" Sanders hob die Waffe und in diesem Moment knallte es.