Bevor ich das erste Kapitel schon wieder umschreibe, traue ich mich dann doch, beeindruckt von den vielen tollen Geschichten, die ich hier schon genießen durfte, und stelle endlich mal eine eigene ein. Da ich das Ganze zum ersten Mal so ausführlich mache, freue ich mich über Kommentare und Anregungen!
Zusammengekrümmt lag er auf dem Boden. Die Hände waren vor die Brust gepresst. Ein dünnes Rinnsal Blut lief noch an seinen Armen entlang. Die Blutlache unter ihm war schon sehr groß geworden. Seine Augen waren geschlossen. Er war leichenblass. Nur wenn man sehr lange genau hinsah, konnte man noch ein schwaches Heben und Senken der Brust erkennen; dem einzigen Zeichen, dass er noch am Leben war. Er befand sich in einem dunklen Kellerraum, der mehr an ein Verlies erinnerte. Nur wenig Licht drang durch ein kleines Fenster hoch oben an der Wand in sein Gefängnis. Keine Chance, dort hinauszukommen. Die stabile Tür war auch fest verschlossen. Wie aber auch fliehen, war er im Moment doch dem Tod näher als dem Leben. Hätte er doch nur Bescheid gesagt, dann müsste er hier jetzt nicht allein sterben. Er hatte doch nur versucht, sie beschützen. Sie war so voller Angst gewesen, als sie angerufen hatte. Sie hatte geglaubt, Nieder in der Stadt gesehen zu haben. Doch wie hätte das sein können. Der saß doch noch in Untersuchungshaft.
Wieso hatte er sie auch losziehen lassen. Er hatte ihr doch versprochen, sie nicht mehr allein zu lassen. Und anstatt Verstärkung zu rufen oder wenigstens seinem Partner Bescheid zu sagen, war er wie schon so oft einfach alleine losgefahren. Warum hatte er sie nicht überredet, das Zeugenschutzprogramm in Anspruch zu nehmen! Doch insgeheim kannte er die Antwort schon längst. Hätte sie sich dafür entschieden, hätten sie sich nie wieder gesehen. Am Anfang war auch noch gar nichts gewesen, Sympathie, mehr nicht. Doch je länger der Prozess dauerte und je mehr Zeit er mit ihr verbrachte, auf sie aufpasste, desto vertrauter waren sie sich geworden. Zuerst war ihm die Bitte des LKAs lästig gewesen, doch sie vermuteten einen Spitzel in ihren Reihen und hatten sich an ihn gewandt, um für den Schutz der Zeugin zu sorgen.
Am Anfang waren die beiden nur freundschaftlich miteinander umgegangen, doch mit der Zeit hatte sich ihre Beziehung verändert. Eine vertraute Nähe, wenn sie sich an seiner Schulter anlehnte, gemeinsames Lachen und noch vieles mehr hatte sie einander nahe gebracht. Als die beiden schließlich merkten, wie eng sie miteinander verbunden waren, war es auch schon zu spät. Es hätte nicht passieren dürfen.
Doch das spielte jetzt keine Rolle mehr. Er würde diesen Ort nicht wider lebendig verlassen. Doch er hatte es geschafft, zu schweigen, egal was er ihm angetan hatte. Es würde ihn das Leben kosten, doch das war ihm egal gewesen. Er hatte schon einmal versagt und dabei war ihm das Liebste genommen worden. Doch diesmal nicht. Dieser Gedanke gab ihm noch ein wenig Kraft.
Dass sie sich freiwillig ausgeliefert hatte, um ihn zu schützen, wusste er zu diesem Zeitpunkt nicht. Man hatte ihr das viele Blut gezeigt und sie war freiwillig mitgegangen, in der Hoffnung, ihn zu retten.