Georg Paschner sah sich verstohlen um. Hier war niemand...nicht mal ein Wachmann der seine Runde machte. Das war sein nächstes Ziel. Der Tresor der Niederlassung von Starline, einem mittelständigen Unternehmen ,welches sich mit Münzen beschäftigte. Im Tresor lagen einige Schätze und Georg hielt es für an der Zeit dass sie den Besitzer wechselten. Schon in wenigen Stunden wären sie seine. Vor der Polizei hatte er keine Angst, schließlich war er mit 71 nicht gerade tatverdächtigt. Scheinbar traute niemand diesem alt wirkenden Mann eine Straftat zu. Und das war sein Vorteil. Er konnte sich hier umsehen, denn auch die Angestellten schienen ihn für einen interessierten Sammler z u halten. Und genau das sollten sie auch. Georg sah sich um. „Ach Marga... dein Herz würde höher schlagen, wenn du wüsstest was ich für dich tu...“ sagte er leise. Eine Frau die neben ihn stand, sah ihn erstaunt an, dass er Selbstgespräche führte, sagte jedoch selbst nichts. Georg dachte an seine viel zu früh verstorbene Frau. So lange war sie schon tot. Und er hatte alles versucht, doch bei Krebs waren die Ärzte leider machtlos. Er sah ihr Leiden und war jeden Tag bei ihr, weinte mit ihr und dann holte der Herr Gott sie zu sich. Dennoch gab Georg nicht auf. Vor acht Jahren, als Marga noch lebte, hatte er einen festen Job gehabt. Lockführer. Ein Job den jeder Junge einmal haben wollte. Er hatte ihn und er hasste ihn. Doch als Marga starb, wollte er nicht mehr. Seine Zuverlässigkeit ließ immer weiter nach. Die Bahn schickte ihn in den vorzeitigen Ruhestand.
„So Tanja.... den Rest können wir auch in den Tresor legen. Die Interessenten sind alle weg.“ lächelte Fritz Wallner und befahl seiner Assistentin bei Starline den Tresor zu schließen. „Was ist denn mit dem Alten da?“ wollte Tanja wissen. Fritz sah sich erstaunt um. „Oh.... ist der eingeschlafen?“ lachte er und ging zu dem alten Mann. „hallo...wir schließen jetzt. Soll ich Ihnen ein Taxi rufen?“ wollte er wissen. Der Mann sah ihn an. Wie erstaunt wach die Augen doch waren. „Nein... danke... ich war in Gedanken versunken... ich bin okay..“ sagte der Alte. Fritz lächelte ihn an. „Dann sollten Sie gehen..“ bat er. Der Alte nickte. „Ja sicher.... sicher...“ stammelte der Mann und ging aus dem Raum. Tanja und Fritz sahen dem Mann lächelnd zu. Als er raus war, wandten sie sich wieder der Arbeit zu und beendeten den Tag fast zwei Stunden später. „Soll ich Sie nach Hause fahren?“ wollte Fritz wissen, als sie auf der Strasse standen. Er empfand mehr für Tanja ließ es sie aber nicht wissen, denn Tanja trennte Berufliches und Privates sehr streng. Sie hatte ihm mal erzählt, dass sie niemals mit einem Kollegen etwas anfangen würde. Dennoch gab Fritz nicht auf. Er hielt sich für sehr attraktiv und bisher konnte er jede Frau haben, die er wollte. Auch Tanja sollte da keine Ausnahme machen. „Bei dem Wetter lehne ich das nicht einmal ab...“ lächelte sie und stieg in sein Auto. „Wollen wir noch irgendwo was essen gehen?“ harkte er nach. Tanja nickte. Es schien als würde das Eis, was sie umgab schien zu schmelzen. Doch in all seiner Verliebtheit vergaß er die Alarmanlage anzuschalten.
Georg lachte leise. Die beiden Turteltäubchen schienen ihn gar nicht wahrgenommen zu haben. Er war immer noch in dem Verkaufsraum. Als er sie wegfahren sah, ging er zum Tresor und besah sich das gute Stück. „Na...das ist ja ein Kinderspiel...“ lachte er. Georg genoss den Ruf, der beste Tresorknacker zu sein, den es in ganz NRW gab. Seine Dienste wurden sehr oft von Verbrechern verlangt, die eine Bank ausrauben wollten. Bisher hatte er bereits 2300 Tresore geöffnet. Und das nur innerhalb zwei Jahre. Doch seit einem Jahr, arbeitete er nur für sich. Das hier war der erste Einbruch, denn er ganz allein ausführte. Die Beute musste nicht geteilt werden und sobald Rosi von diesem Mistkerl Frank los gekommen ist, würde sie es für sich und ihre Kinder bekommen. Doch bis dahin musste erst einmal Frank weg. Der Mistkerl, der seine Tochter schwängerte und nun mit anderen Weibern ins Bett stieg, während sie sich mit dem dicken Bauch quälte. Georg lachte verächtlich, wenn er an seinem Schwiegersohn dachte. Er hatte es in seinen Augen gar nicht verdient sich mit Rosi einzulassen. Doch nun konzentrierte er sich wieder auf die Arbeit. Mit einem Stethoskop horchte er an der Tür und drehte das Zahlenschloss. Nur wenige Minuten dauerte der ganze Vorgang und der Tresor war offen. Georg betrat kleinen Raum und packte alle Münzen ein, die dort ausgestellt waren. Danach verschloss er den Tresor wieder, putzte all seine eventuell zurück gelassenen Fingerabdrücke weg und versteckte sich wieder. Es dauerte sicher nicht sehr lang und die Putzkolonne kam. Mit deren Hilfe konnte er seinen Ort verlassen. Den armen eingesperrten Mann, den man vergessen hatte...
Traudel Wanagard schloss die Tür zur Starline auf. Sie stellte ihre Tasche ab und erschrak. „Hallo?“ fragte sie ängstlich in den Verkaufsraum, denn sie horte ein leises Wimmern. „Ist da jemand?“ harkte sie nach. „Ja...hier...man hat mich vergessen...ich ...ich..“ schluchzte ein alter Mann. „Oh mein Gott...“ stieß Traudel aus, als sie den alten Mann sah. „Warten Sie... soll ich die Polizei rufen, oder Herrn Weispflug?“ wollte Traudel wissen. „Nein... ich brauche niemanden... ich will nur nach Hause...“ kam die weinerliche Antwort. „Ja sicher... soll ich ein Taxi rufen? Oder wollen Sie ins Krankenhaus?“ harkte Traudel weiter nach. „Nein... mir geht es gut... ich hab es nicht weit... vielen Dank.... vielen vielen Dank.“ Der Alte reichte ihr die Hand und ging mit seinem Rucksack der scheinbar recht schwer war aus dem Laden. Traudel sah ihm kopfschüttelnd nach. „armer Kerl...“ meinte sie nur und ging dann ihrer Arbeit nach. Das sie soeben den Dieb wegschickte kam ihr nicht in den Sinn. Wie sollte sie auch von einem Alten so etwas denken. Außerdem deutete nichts darauf hin, dass hier eingebrochen geschweige denn etwas gestohlen wurde. Traudel putzte alles wie immer blitzblank und verließ drei Stunden später das Geschäft. Nichts ahnend, dass am nächsten Morgen bereits die Polizei vor ihrer Tür stehen würde.