Stefano hatte die Beiden ankommen sehen. Das Bild kam fast gleichzeitig. Stefano schloss die Augen. Es tut mir leid, dachte er und sah den Mann auf dem Bild an, aber wenn ich es nicht mache, dann werden sie meiner Schwester sehr weh tun. Das kann ich nicht zulassen. Er griff zum Telefon und wählte die ihm bekannte Nummer. „Er ist hier. Aber nicht allein…“, gab er durch. „Der andere ist klein?“, wollte der Angerufene wissen. „Ja…“, bestätigte Stefano nur. „Was ist mit Felicia? Ich habe doch getan, was ihr wolltet... bitte lass sie gehen… bitte…“, flehte er erneut. „Schon sehr bald darfst du deine kleine Schwester wieder in den Arm nehmen. Doch erst wirst du uns noch helfen unser Problem zu beseitigen… es ist ganz einfach. Wir müssen wissen, was die Beiden vorhaben. Wenn sie das Hotel verlassen, wirst du es mir sagen. Wenn sie telefonieren, wirst du es mir sagen und wenn sie schlafen, wirst du es mir auch sagen. Wenn nicht. dann…“, drohte der Angerufene. „Ich weiß… ich tue was ihr wollt. Nur tut ihr nichts… bitte…“ Stefano hasste sich selbst für seine Angst. Was waren das für Männer vor dem Luciano solche Angst hatte? Konnten sie ihm vielleicht auch helfen? fragte er sich.
Luciano sah seinen Großvater an. „Du hattest Recht… Luciano.. Gerkhan und Jäger sind harte Gegner. Aber hier in Italien haben sie keine Macht. Nicht über uns und nicht über die Polizei. Sie sind hier einfach Touristen. Und die können manchmal sehr gefährliche Abenteuer erleben. Ich will beide einmal kennen lernen. Und ich werde den Beiden sagen, dass sie sich zurückhalten sollen. Du wirst dich darum kümmern. Ich will keine Querelen haben. Mach es den Beiden klar. Wie, ist deine Sache.“, erklärte der Don. Luciano nickte, nahm sich ein paar Männer und fuhr mit der großen, grausilbernen Limousine den steinigen, sandigen und staubigen Weg der Berge in die Stadt hinunter, die sich im Tal des Tibers entlang der beiden Flussseiten erstreckte. „Was, wenn die nicht mit uns kommen wollen?“, fragte Pedro, der Fahrer der Limousine, seinen Chef durch den Rückspiegel. „Keine Angst ... wenn wir ihnen sagen, dass sie Nico wiedersehen werden, dann kommen sie schon von selbst mit.“, meinte Luciano nur. „Aber was, wenn doch nicht ... immerhin sind es Bullen ... die lassen sich nicht so leicht einschüchtern, geschweige denn entführen.“, gab nun Felipe zu bedenken. „Keine Sorge, dafür sind wir doch immer bestens ausgerüstet ... wisst ihr noch die letzte Ladung Waffen, die wir aus dem Hafen haben holen lassen? Dort war ein hübsches, kleines Spielzeug bei, was einen ausgewachsenen Mann mit einem Schuss in weniger als dreieinhalb Sekunden ins Reich der Träume befördert.“, lachte der Italiener und zeigte eine kleine, schwarze Pistole hoch, deren Form etwas anders war, als die, die mit normaler Munition schossen. Dennoch war sie kaum von anderen Waffen zu unterscheiden.
Ben hatte ausgepackt und gönnte sich eine lange, ergiebige Dusche nach der Reise, während Semir den im Zimmer ausgelegten Plan der Stadt mit dessen näherer Umgebung studierte und nach potentiellen Verstecken, leerstehenden Häusern oder dergleichen Ausschau hielt. „Hey Ben, du tropfst alles voll.“, zischte er, als sein Partner im Handtuch gewickelt vor ihm kniete und ebenfalls einen Blick auf den Plan warf. Er grinste nur, schüttelte zum Spaß seine nassen Haare aus. „Hey, du kriegst gleich von mir noch eine Dusche... aber eine Kopfdusche.“, fauchte Semir und wischte sich die Wasserperlen aus dem Gesicht und von der Karte. „Ooooh, das will ich sehen.“, lachte Ben nur. „Und hast du schon was gefunden?“, wollte er dann wissen. „Sieht schlecht aus, aber ich glaube auch kaum, dass die hier so etwas ordinäres, wie ein leerstehendes Abrisshaus als Hauptquartier benutzen werden, oder?“, gab Semir zu bedenken. „Wahrscheinlich nicht, die herrschen doch wie Paschas über ihre jeweiligen Gebiete.“, meinte Ben und sah, wie Semir die Arme verschränkte. „Soll das etwa eine Anspielung gewesen sein?“, fragte er nüchtern. Ben lachte kurz auf. „Wenn du es so auffassen willst.“, erwiderte er und wich schnell mit einem Satz zurück ins Bad dem geworfenen Kissen von Semir aus.