Susanne schüttelte den Kopf. „Nein, es ist ein tolles Team, in dem ich arbeite. Außerdem wollte er die Trennung. Soll er doch gehen.“ Jana nickte. „Stimmt. Er ist ja schon mal gegangen. Da sollte es ihm auch kein zweites Mal schwer fallen.“ Doch bei diesen Worten merkte sie, dass sie einen wunden Punkt getroffen hatte. Also versuchte sie es mit Ablenkung. „Weißt du was? Andere Mütter haben auch nette Söhne und du bist eine tolle Frau. Die Kerle werden Schlange bei dir stehen!“ Susanne lächelte. Wer weiß, vielleicht hatte Jana ja Recht. Sie würde zumindest alles versuchen, um ihre Beziehung mit Ben so schnell wie möglich hinter sich zu lassen. Dass ihr dies nicht leicht fallen würde, wusste sie, aber sie hatte ja keine andere Wahl. Zu deutlich waren seine Worte gewesen. In dieser Nacht konnte sie lange keinen Schlaf finden, denn trotz ihrer Entscheidung grübelte sie weiterhin darüber nach, wie es so weit hatte kommen können.
Ben hatte ebenso wie Susanne eine unruhige Nacht hinter sich, wenngleich aus völlig anderen Gründen. Nicht nur der seelische, sondern vor allem der körperlich Schmerz machte ihm im Moment zu schaffen. Noch im Halbschlaf bemerkte er nicht, als am frühen Morgen vorsichtig die Tür zu seinem Zimmer geöffnet wurde. Es war Andrea, die nach ihm sah. Dank ihrer Fürsorge hatte Ben schon so manches überstanden und auch jetzt tat sie alles in ihrer Macht stehende, um ihm zu helfen. Sie wusste nicht genau, was zwischen ihm und Susanne im Büro vorgefallen war, aber sie hoffte sehr, dass die beiden wieder zueinander finden würden. Vorsichtig betrat sie das Gästezimmer. Die aufgehende Sonne schien durch die nicht ganz zugezogenen Vorhänge in den Raum hinein. So leise wie möglich näherte sie sich dem Gästebett und betrachtete Ben. Sie machte sich Sorgen um ihn und wollte ihn so lange wie möglich schlafen lassen. Obwohl es nicht sehr hell im Zimmer war, konnte sie erkennen, wie blass Ben war. Sein Atem wurde immer unruhiger und gerade, als sie sich zurückziehen wollte schreckte er unvermittelt hoch. Er stöhnte und die Hand auf die Hüfte gepresst. Mit einem Schritt war Andrea bei ihm, legte ihren Arm um seine Schultern und hielt mit dem anderen seine Hand fest. Ben atmete schwer und krümmte sich vor Schmerzen zusammen. „So eine verdammte Scheiße“, fluchte er mit zusammengebissenen Zähnen. „Tief durchatmen, hörst du? Du musst versuchen, ganz in Ruhe zu atmen“, kam es eindringlich von Andrea. Es war nicht das erste Mal, dass sie damit konfrontiert wurde, dass jemand starke Schmerzen hatte. „Ich versuch’s ja“, war die Antwort. Beide schwiegen und nach einer Weile beruhigte sich Bens Atmung und er schien sich wieder zu entspannen.
„Was ist denn eigentlich passiert?“ wagte Andrea jetzt zu fragen, allerdings ohne Bens Hand loszulassen. „Der Wagen, der mich und Semir überfahren wollte, hat mich an der Hüfte erwischt. Ich hatte gedacht, es wäre nur eine Prellung, aber es tut so dermaßen weh, dass ich mir da inzwischen nicht mehr so ganz sicher bin.“ „Nimmst du etwas gegen die Schmerzen?“ fragte Andrea, die sich vornahm, noch ein ernstes Wort mit ihrem Mann zu reden, denn dass auch er in Gefahr gewesen war, hatte er ‚vergessen’ zu erwähnen.