Die alarmierte Feuerwehr, das SEK und auch das Rettungsteam trafen zeitgleich ein und es wurde sich sofort um Ben gekümmert. Er wurde an alle möglichen Geräte angeschlossen, die daraufhin lautstark alle Einzelheiten über Bens alarmierenden Zustand kundgaben. Verschiedene Zugänge wurden ihm gelegt und er wurde sofort mit diversen Medikamenten und frischem Sauerstoff versorgt. Ben ließ alles mit halb geöffneten Augen über sich ergehen. Doch als der Sanitäter versuchte die Rippenfraktur zu stabilisieren wurde er irgendwann ohnmächtig. Die starken Schmerzen waren zu einer Monsterwelle mutiert und hatten sein Bewusstsein weggeschwemmt, an einen Ort der weit weg von diesem lag. Ben lag nun völlig leblos auf der Trage, aber Semir wusste, das er in guten Händen war und hoffte das Beste.
Kim Krüger trat neben Semir. Er hatte sie bereits kurz über alle Ereignisse informiert. “Er wird es schaffen. Er ist stark”, sagte sie und legte Semir eine Hand auf die Schulter. “Sie haben das Richtige getan. Ein Leben zu retten ist nie verkehrt”. “Aber die Entscheidung zu treffen ist verkehrt”, erwiderte Semir bitter. “Sie hat die Entscheidung selbst getroffen, indem sie Sie angewiesen hat zuerst Ben raus zu schaffen. Sie wollte es so… Fahren Sie mit dem RTW mit ins Krankenhaus und passen sie auf Jäger auf. Er braucht sie jetzt”. Semir nickte dankend und stieg ein. Die Türen schlossen sich und der RTW fuhr ab Richtung Marienkrankenhaus.
In der Notaufnahme kam Ben noch einmal kurz zu sich. Der Raum begann sich augenblicklich heillos zu drehen. Wo war er? Er erkannte die weiße Decke und die Leuchten eines Krankenhauses über sich und entspannt sich augenblicklich. Er war nun nicht mehr in Gefangenschaft. Nicht mehr in Gefahr. Sein Körper wechselt in Sekundenschnelle von Angriff auf Ruhe. Das fehlende Gewicht auf seinen belastenden Gedanken war geradezu erlösend, auch wenn er noch nicht genau wusste, wie er hier hergekommen war. Seinen Erinnerungen waren so wage, dass er sie nicht fassen konnte. Ein Arzt taucht in seinem Blickfeld auf. Er erkennt ihn wieder. Es ist Dr. Gast. “Herr Jäger? Herr Jäger, hören sie mich?”
Ben öffnete den Mund, versuchte der Stimme zu antworten. Aber alles, was er herausbekommt, ist ein hastiges, schmerzhaftes Luftholen. Ben versucht sich ein wenig aufzurichten. Der Arzt lächelt ihn warm an, hält ihn aber mit sanftem Druck auf der Liege. “Ganz ruhig, Herr Jäger. Sie sind im Marienkrankenhaus. Es ist alles in Ordnung. Wir werden sie jetzt operieren und ihnen die Kugel in ihrer Schulter entfernen. Gleichzeitig werden wir ihre Rippenfraktur richten. Ihr Freund wartet draußen. Wir bringen Sie jetzt in den OP. Entspannen Sie sich”. Ben sah, wie Dr. Gast eine Spritze mit einer milchigen Flüssigkeit in den Venenkatheter spritzt. Bens Augen schlossen sich daraufhin automatisch und er kann nichts dagegen tun. Dieses Zeug wirkt verdammt schnell und verdammt gut. Er hatte nicht mal mehr die Gelegenheit nach Nina zu fragen. Wie es ihr wohl ging? Ob sie verletzt war? Ob sie auch draußen wartete? Alles um ihn herum wird still. Der Schmerz verschwindet und hinterlässt eine tiefe, angenehme Ruhe in ihm.