Für heute hatte er Feierabend. Endlich... nach 21 harten Stunden im Dienst. Endlich Feierabend. Er wollte nur noch zurück zu seiner geliebten Familie. Hundemüde und seine ganzen Knochen spürend fuhr er die Autobahn entlang, immer im Strom der anderen Pendler mitschwimmend. Jetzt konnte ihn nichts mehr aufregen. Er ließ sich einfach treiben, hoffte, dass der stadteinwärts rollende Verkehr jetzt durch nichts behindert werden würde. Da kam auch schon seine Ausfahrt und schnell wurde der Blinker gesetzt. Geschafft... er war runter von der Autobahn, dieses, sein Jagdrevier, dass er heute wieder mit seinem Kollegen vor alle möglichen Verbrechern, Rasern und anderen Sündern verteidigen musste. Denn es war sein Beruf und den liebte und lebte er mit Leib und Seele. Er wollte auch nie was anderes machen, auch wenn er so manches Mal an den Rand des Todes geschliddert war, immer hatte er, meist dank seiner Kollegen und den hervorragenden Ärzten, die Kurve gekriegt. Doch letztes Mal, diese Sache im Kloster, sie war doch schon sehr knapp.
Endlich erreichte er sein kleines Häuschen. Hier war seine Oase der Ruhe und des Friedens und bald schon würden hier noch mehr Kinderfüßchen zu hören sein. Seine Tochter fing jetzt langsam mit dem Laufen an und bald würde ihr Brüderchen dazu kommen. Er hoffte so sehr, dass es ein Sohn werden würde. Doch das stand noch in weiter Ferne. Als er die Tür aufschloss, hörte er schon die Stimme seiner Frau. „Semir?“, rief sie ihm fragend entgegen. Andreas Stimme klang fragend und fast schon erschrocken. Er lauschte kurz und hörte etwas rascheln. Hatte seine Frau Geheimnisse vor ihm? Kopfschüttelnd zog er sich seine Schuhe aus und schlurfte erschöpft ins Wohnzimmer. „Hallo Semir.“, lächelte ihn seine Frau vom Sofa aus an und er wusste nicht, aber sie sah aus, als hätte sie etwas zu verbergen. Er stand nur im Türrahmen und zog eine Augenbraue hoch. „Hallo mein Schatz.“, erwiderte er und zog seine Frau, als sie vor ihm stand, an sich und gab ihr einen langen, leidenschaftlichen Kuss. Dann wischte er ihr eine Strähne aus dem Gesicht und sah sie musternd an. „Hast du was?“, fragte sie, als sie diesen Blick spürte. Ertappt blickte Semir in ihre Augen. „Nö, alles bestens.“, gab er wieder und sah sich dann um. „Du siehst so geschafft aus.“, warf Andrea ein und löste sich aus seiner Umarmung. „Komm... ich mach dir was zu essen. Dusch inzwischen und dann können wir noch etwas türkisch kuscheln.“, lächelte sie. Das ließ sich Semir nicht zwei Mal sagen und schon war er auf dem Weg nach oben.
David stand vor dem leblosen Körper, seine Hände waren mit ihrem Blut befleckt. Sein Atem, das Adrenalin gingen langsam wieder zurück und er sah in ihre schreckgeweiteten, starren und toten Augen. „Niemals wieder...“, flüsterte er. „Niemals wieder wirst du mich wegen eines anderen verlassen. Jetzt wird dich keiner haben.“, schrie er und fuchtelte mit seinem blutigen Zeigefinger herum. Doch dann setzte wieder die Realität bei ihm ein. Was hatte er getan? Es war doch klar, dass die Polizei ihn sofort verdächtigen würde. Es sei denn... Es sei denn, niemand würde die Leiche finden und sicher war es ein leichtes, die Spur so zu verfälschen, dass er nicht als Täter in Frage kam. Schnell machte sich der junge Mann an die Arbeit, holte eines der großen Bettlaken und fing an, die Leiche damit einzuhüllen. Dann schlug er in der Wohnung soweit alles kurz und klein. Jetzt musste er nur noch die Leiche loswerden. David wickelte den Körper in einem Bettlaken und stopfte alles in einen dichten Sack. „So…meine Liebe… du wirst jetzt deine letzte Reise antreten. Schade, dass du es nicht mehr siehst. Ich werde sehr um dich trauern… Du, die du meine Frau bist…oder besser gesagt warst… Natürlich werde ich, gleich nachdem du weg bist, die Polizei rufen… und den sorgenvollen Ehemann spielen…“, lachte er irre. Den Körper legte er in den Kofferraum und fuhr einfach weg. Auf der A 1 waren viele Parkplätze, die er kannte und er wusste, dass viele nicht mehr belebt waren. Nur eine halbe Stunde später war der Körper von Anja entsorgt. Er reinigte seinen Wagen gründlich und fuhr dann noch eine Weile herum, bevor er nach Hause fuhr. Vor dem Haus schloss er seinen Wagen ab und schaute zum Nachbarn rüber. War der nicht Bulle? Was wäre wenn….ja….David gestand es sich zwar nicht zu, aber er mochte besonders die Ehefrau von diesem Kerl. Sie war so süß und wie sie für die kleine Tochter sorgte…so musste eine Ehefrau sein.
Semir lag in Andreas Armen und genoss die Zärtlichkeiten von ihr. „Ohhhh das tut gut…“, stöhnte er gekonnt. „Ja ich weiß…du liebst das türkische kuscheln…“, lachte Andrea und küsste ihn. „Na komm, du brauchst eine Massage…“, meinte sie dann. Sie stand auf und Semir legte sich lang auf die Couch. Andrea zog ihm das Shirt hoch und fing an den Körper zu kneten. An der Schulter war es sehr verhärtet und Andrea machte sich etwas Sorgen. „Semir… da sollte mal ein Fachmann ran. Das ist alles völlig verspannt…Bald kannst du deinen Kopf gar nicht mehr bewegen.“, gab sie zu bedenken. „du bist die beste Medizin.. Andrea… ich liebe dich…“ säuselte er. In diesem Augenblick, wo er völlig abschalten konnte, gellte ein Schrei durch den Garten. Sofort sprang Semir auf. „Andrea!! Bleib hier!!“, befahl er. Ohne sich die Schuhe oder das Shirt anzuziehen rannte er raus. Auf halbem Wege kam ihn der Nachbar entgegen. „Herr Brehmer? Was ist denn los?“, fragte er sofort und hielt den Mann der scheinbar völlig aufgelöst war fest. „Meine Wohnung….mein Haus….meine … meine Frau….ich…“, stammelte der Mann. „Ganz ruhig…. Beruhigen Sie sich…sagen Sie mir, was passiert ist..“ sprach Semir beruhigend auf ihn ein. „Mein haus…alles kaputt… und Blut…überall Blut…“, stammelte der Mann weiter. „Herr Brehmer…wo ist Ihre Frau?“, harkte Semir sofort nach. „Sie…sie…ich…weiß nicht…sie ist…nicht da…“, kam völlig verwirrt von dem Mann. „Okay.. kommen Sie erst einmal zu uns rein. Ich werde dann rüber gehen und nach dem Rechten sehen…“, schlug Semir vor. David Brehmer nickte. Semir brachte ihn zu Andrea. Diese sah den Beiden erstaunt entgegen.