Prolog
Wir müssen ihn kriegen…
Er rannte, rannte so schnell wie seine Füsse ihn tragen konnten. Das Quietschen der Reifen, die hinter ihm her waren, konnte er laut und deutlich hören. Das Herz klopfte heftig gegen den Brustkorb und die eisige Luft brannte in seinen Lungen. Die kalten Regentropfen peitschten in sein Gesicht.
Schüsse, die aus Pistolen mit Schalldämpfer abgefeuert wurden, schlugen direkt neben seinen Füssen ein. Die giftgrüne Kleidung die er trug, hatte sich an die Haut gesogen und war wie ein zusätzliches Gewicht für seinen Körper. Bald würde er das nicht mehr durchhalten. Er musste ein Versteck finden, so schnell es nur ging. Alles was er sah, war verschwommen, so auch seine Erinnerungen. Warum war er eigentlich auf der Flucht? Wieso waren Anzugträger mit Sonnenbrillen hinter ihm her und fuhren schwarze Jeeps? Wieso trug er nur diese grüne Hemd und diese dazugehörige Hosen?
Er war barfuss und die Füsse waren bereits blutig gelaufen, als er wieder bei Sinnen war.
Es war mitten in der Nacht. Er befand sich noch in Köln, das war ihm klar. Aber wo? Köln war keine kleine Stadt und vom Stadtzentrum selbst musste er weit entfernt sein. Es war ein Viertel, eines der älteren, den Gebäuden umrissen nach. Die Strassen waren leer und in allen Häusern war das Licht aus. Wieso hörte niemand seine verzweifelten Schreie, wieso half ihm niemand?
Von seiner Stirn aus rann feuerheisses Blut in sein linkes Auge. Es brannte fürchterlich und nahm ihm noch zusätzliche Sicht. Er konnte wirklich beinah nichts mehr sehen. „Hilfe, warum hilft mir denn keiner?“, schrie er in die stille Nacht, doch er erhielt einfach keine Antwort.
Er rutschte aus und landete bäuchlings auf den Boden. Wasser, das sich auf dem Asphalt gesammelt hatte, wurde in kleinen Wassertropfen in die Luft geschleudert und landete auf seinem schon durchnässten Körper. Er richtete sich wieder auf und rannte weiter, so sah er nicht, dass sich Blut in der Wasserlache gesammelt hatte, das von seinem Körper ausgetreten war.
…er ist eine Gefahr…
Er flüchtete in eine enge Seitengasse, wo die Autos nicht einfahren konnten. Er stellte sich unter einen Schutz und wusch sich sein längeres Haar aus dem Gesicht. Dabei geriet auch wieder etwas Blut an die Hände, was aber sofort vom Regen weggewaschen wurde. Wo sollte er nur hin? Die Autos würden bald anhalten und die Typen würden zu ihm gelangen.
„Ich kann nicht mehr“; sagte er leise und kaum hörbar. Sein ganzer Körper zitterte und eine ungeheuerliche Schmerzwelle erfasste seinen Körper. Ausgestrahlt von der linken Seite seines Unterleibes. Als er dort hin griff, spürte er Bissabdrücke. Große Bissabdrücke.
Was zum Teufel hatte er ihn da gebissen?
Er sah sich um. Und sah zunächst nichts. Gerade als er beruhigt ausatmen wollte, blickte er in die Mündung einer silbernen Waffe. Ein maskierter Hüne stand vor ihm und drückte ab.
„Auf Wiedersehen Ben Jäger“
Ben schreckte auf und sah sich um. Er befand sich in seinem Bett und die Decke war vor seinem Körper geschlagen worden. Er war schweissüberströmt und alles zitterte. „Was war das für ein bekloppter Traum?“, fragte er sich und richtete sich vollends auf. Dabei zog sich ein heftiger Schmerz durch seine linke Seite. Er hob sein Unterhemd und rieb sich über die schmerzende Stelle. Sofort erfasste seine Hand etwas Feuerheisses und als er seine Hand wieder wegzog, war sie mit Blut beschmiert. „Ach du Scheisse…“, zitterte er und stieg aus dem Bett. Dabei versuchte er sich so weit wie möglich zu bewegen. Er lief zu seinem Badezimmer und erblickte sich im Spiegel. Wieder zog er das Unterhemd ein wenig hoch.
Eine Art Bisswunde wurde sichtbar. Abdrücke von Zähnen leuchteten feuerrot über die Seite und die Haut war blau-violett gefärbt. Feine Rinnsale aus Blut liefen aus den Wunden. „Das kann nicht sein…“, stieß er aus und suchte nach Verbandszeug. „Ach verdammt, ich wollte mir ja welches kaufen…“, stieß er schmerzerfüllt aus und hielt sich am Waschbecken fest.
Er konnte nur eins tun. Er suchte sein Handy und wählte eine Nummer. „Hoffentlich ist er nicht allzu Böse auf mich!“