Ben sah auf die Uhr. Es war schon fast elf und Semir war immer noch nicht zurück. Via Handy war er nicht zu erreichen und das war auch etwas schwierig, weil hier ein Funkloch war. Er dachte nur kurz nach und zog sich dann seine Regenjacke an und machte sich auf die Suche nach Semir. „SEMIR!!“, rief er als er vor der Türe des Wagens stand. Die Arme fest am Körper gepresst und mit verbissenem Gesicht durch die Regenwand schauend sah er sich um. Keine Antwort...kein Zeichen...nichts. „Oh man...ich hasse das Wetter...“, stieß er aus und stiefelte in Richtung Gebüsch los. „SEMIR!!“, rief er immer wieder. Doch seine Rufe verhallten ungehört. Er ging auf den Waldrand zu, wo sie gestern die Beeren gesammelt hatten. Dort war ein ziemlich steiler Abhang und vielleicht hatte Semir sich vertreten und war abgestürzt. „Nein...nein...das würde er nicht tun...“, widersprach er sich selbst, dennoch ging er hin um sich zu überzeugen. Als er vor dem Gebüsch stand, wo er und Semir gestern die Beeren gepflückt und Semir einen neuen Freund gefunden hatte, sah er etwas feucht schimmern. Er sah genauer hin und hob das Etwas auf. Es war Semirs Kamera. Verdammt....hier stimmte etwas nicht. „SEMIR!!“, rief er erneut. Etwas ratlos sah er sich um. Dann nahm er sein Handy zur Hilfe und wählte erneut Semirs Nummer. Doch wieder kam nur die Ansage, dass der Gesprächspartner nicht zu erreichen sei. Ben überlegte und wollte zum Wagen zurückgehen als ein leises Knurren ihn zurück schrecken ließ. Ben sah hin und erkannte den neuen Freund von Semir. „Hey...weißt du, wo unser gemeinsamer Freund ist? Hast du ihn schon gesehen?“, wollte er wissen und hockte sich vor dem Tier hin. Doch der Luchs verschwand im Gebüsch. „Blödes Vieh...“, knurrte Ben und machte sich auf den Weg zum Wagen. Wenn Semir nicht in drei Stunden zurück war, würde er die englischen Kollegen informieren müssen um nach ihm zu suchen.
Semir kam langsam zu sich und wollte seinen Kopf anfassen, als er die Seile spürte. Die Erinnerung setzte mit den Kopfschmerzen ein. Ein sonderbares Spannungsgefühl an der Schläfe ließ ihn erahnen, das dort eine Wunde klaffte, wo das Blut bereits getrocknet war. Doch noch etwas bemerkte er. Die Kälte und Feuchtigkeit seiner Umgebung. Er sah sich um. Es war ziemlich düster hier, wo er war. Als er sich drehte spürte er ein Seil um seinen Hals, welches mit jeder Bewegung, die er machte, enger wurde. „Rubens...“, fluchte er leise. Konstantin Rubens, den er für tot hielt, im Moor versunken und doch wieder auferstanden. Wie konnte es sein? „Du denkst am Besten nicht darüber nach...“, verhöhnte ihn eine Stimme. „Rubens....was soll das?“, stieß Semir aus und schloss noch einmal die Augen. Sein Schädel dröhnte extrem. „Nun ganz einfach... du gehst mir gewaltig auf den Senkel und ich will meine Ruhe habe....aber das kann ich nicht, denn wir begegnen uns immer wieder....und das werde ich jetzt ändern.“, lachte der Verbrecher. „Sie sind wahnsinnig...ich...ich dachte, Sie sind tot und...ich hätte Sie sicher nicht gesucht...“, kam leise von Semir. „Mein Plan mit Franka war genial und warum kommst du mir dabei in die Quere? Du und Jäger!! Ihr seid schlimmer als die Pest. Nichts mit Wohnstand und Ruhe bis zur Rente....ihr habt es mir versaut und dafür werdet ihr nun bezahlen... Nur keine Angst... es wird nicht so schnell gehen...du bist hier sehr gut aufgehoben und deinen Freund Jäger werde ich noch etwas zusetzen...er wird nämlich alles für mich tun, um dich zu retten...alles...verstehst du...“, lachte Rubens und wandte sich zum Gehen. „Rubens!! Lassen Sie den Quatsch!!“, schrie Semir und wollte sich aufrichten. Das Seil um seinen Hals belehrte ihn, dass es besser war ruhig liegen zu bleiben. Rubens bemerkte es natürlich. „Du solltest dich nicht so viel bewegen...es könnte tödlich sein...“, lachte er, nahm Semir das Handy ab und verschwand.
Ben stand im Wagen und sah durch das Fenster in die Gegend. Immer noch keine Spur von Semir. Verdammt...es wird so langsam brenzlig. Plötzlich klingelte sein Handy. Ben nahm es und sah auf dem Display Semirs Nummer. „Man...wo steckst du denn?!“, fauchte Ben wütend hinein. Dennoch war er erleichtert als er die Nummer erkannte. „Nun mal ganz langsam Jäger....ich soll dir schöne Grüße von deinem Freund Gerkhan ausrichten...“, verhöhnte ihn eine Stimme. Ben stutzte. Er kannte diese Stimme doch er konnte sie nicht zuordnen. „Wer ist da?“, fragte er deshalb nach. „Das wirst du noch früh genug erfahren.“, kam es von der Stimme und wieder war das verächtliche Lachen zu hören. Ben hielt das Telefon kurz von sich, zog es dann wieder an sich. „Ich will sofort mit Semir reden.“, forderte der junge Hauptkommissar. Doch dann ertönte das tödliche, schlussendliche Tuten der Leitung. „Hallo...Hallo...“, stieß Ben noch einmal aus, aber die Leitung blieb ohne Antwort. „Verdammter Mist.“, fauchte er und schlug mit der geballten Faust auf den Tisch. Der kaum haltbare Tisch riss in der Mitte und Bens Hand fing an zu bluten. Einige der Holzsplitter steckten in seiner Hand fest. Ohne sich darüber Gedanken zu machen, zog er sie einfach wieder raus, warf sie vor sich auf den Boden und ging dann in die Knie. Wer? Wer konnte Semir entführt haben? Und vor allem... wo konnte er ihn verstecken. Eins war Ben klar...der oder die Täter müssen sie beobachtet und den richtigen Zeitpunkt abgepasst haben, um Semir zu entführen. Was konnte Ben nun tun? Die Polizei...es war die einzige Möglichkeit.