„Ich kriege dich. Warte nur...ich kriege dich.“, hörte sie immer wieder. Sie sah sich gehetzt um und rannte. Immer weiter und weiter, um Ecken und über Parkbänke. Das war der Stadtgarten von Köln, unweit ihrer Wohnung. Immer wieder warf sie ihren Kopf zur Seite, suchte nach ihrem Verfolger. „Such mich nicht. Du findest mich nicht.“, hörte sie wieder die Stimme. Sie musste weiter. Nur nicht stehen bleiben. Nebel lag über dem Park und wallte über die Wege und die Wiesen. Eine kurze Pause wollte sie ihrem ausgepowerten Körper gönnen. Doch dann hörte sie Hundegebell. Das galt ihr. Sie wusste es. Keine Müdigkeit durfte sie sich gönnen. Sie musste weiter, sie rannte weiter. Ihre Füße waren schwer wie Blei und ihre Lungen brannten, doch hier ging es um ihr Leben. Sie rannte weiter. Da...da war der Spielplatz von damals. Dahinter war das rettende Parktor. Nur noch wenige Meter trennten sie von der sicheren Rettung. Doch plötzlich packte sie etwas am Bein. Der Länge nach schlug sie hin. „Nein...nein, ich bin nicht schuld. Ich war es nicht.“, wimmerte sie und drehte sich um, doch sie sah nur ein großes, schwarzes Maul, dass sie einfach verschlang.
Sie schreckte auf, war schweißnass und sah sich irritiert um. Ja, das...das waren ihre eigenen vier Wände. Das war ihr sicheres Schlafzimmer. Ihre Decke und ihr Kissen. Erleichtert schloss sie die Augen und atmete ein und wieder aus. Langsam beruhigte sich der Puls und auch der hastige Atem gingen zurück. Ihre Augen suchten das Zimmer ab. Am Fenster stand ein Schatten. Erschrocken riss sie die Augen auf. Ein Donnern und ein erhellender Blitz krachte in der Gegend. Als das gleißende Licht erloschen war, war auch der Schatten weg. Was war das? Sie schlug die Decke zurück, rannte zum Fenster und sah mit suchenden Augen hindurch. Da war nichts als die Blumen auf ihrer kleinen Dachterrasse. Es tobte ein Gewitter, aber da war niemand. Gott sei Dank, dachte sie und suchte im Dunkeln den Weg ins Bad. Sie knipste das Licht an, drehte den Wasserhahn auf und schmiss sich eine Ladung kaltes Wasser ins Gesicht. Als sie sich wieder erhob und nach dem Handtuch griff, fiel ihr Blick auf den Spiegel. Ein spitzer Schrei durchdrang die Wohnung und das Badezimmer. „Ich kriege dich...warte nur ab“ stand am Spiegel mit blutroter Farbe geschmiert. Weinend und vollkommen fertig ließ sie sich an der Wand auf die Fliesen gleiten und weinte bitterlich, bis in den Morgen hinein.
„Nein Layla...warum kannst du denn nicht still halten?“, fragte Ben gequält. Das kleine Mädchen gluckste belustigt und zappelte weiter mit ihren kleinen Beinchen herum. Der junge Hauptkommissar hielt die Beine hoch und säuberte das kleine Wesen vorsichtig mit einem Lappen. Dann legte er eine frische Windel unter, puderte den Po und wickelte das Kind dann. Noch den Strampler an und alles war perfekt. Sichtlich geschafft und vollkommen fertig hob Ben seine kleine Patentochter hoch und lächelte. „So, jetzt bist du sauber und ich bin fertig. Jetzt geht es für uns beide ab ins Bett.“, grinste Ben und ging mit ihr aus dem Badezimmer. Ayda war schon im Bett und jetzt konnte Ben endlich seine freie Zeit genießen.
„Schön war es im Kino und danke für die riesige Tüte Popcorn.“, grinste Andrea, als sie den Schlüssel aus der Tür zog und diese leise schloss. „Ich habe zu danken.“, grinste Semir nur und zog seine Frau dicht an sich. „Semir, lass uns ins Schlafzimmer gehen. Da haben wir es gemütlicher...“, grinste Andrea und küsste ihren Mann leidenschaftlich auf die Lippen. „Oh...na dann aber los.“, freute er sich, horchte dann aber auf. „Hörst du das auch?“, fragte er und für einen Moment erlosch die Leidenschaft in ihm und das Gerechtigkeitssyndrom kam vollkommen zum Tragen. Andrea drehte sich um und sah Richtung Wohnzimmer. „Jetzt höre ich es auch.“, meinte sie. Sanft nahm Semir die Hand seiner Frau und ging mit ihr zum Wohnzimmer. Sie waren kaum um die Ecke gebogen, da waren sie einem Lachkrampf ziemlich nahe. Layla lag in ihrem kleinen Wippbettchen und sah mit wachen Augen auf den vor ihr auf der Couch liegenden und schlafenden Ben. „Oh man ... ist das süß.“, grinste Andrea, machte schnell ein Foto mit der Digitalkamera und nahm dann die Wippe und brachte Layla ins Bett. „Ich wecke mal den schlafenden Prinzen, oder?“ „Nein, lass ihn hier schlafen. Ihr müsst doch morgen sowieso zur gleichen Zeit zum Dienst. Nimm die Decke und zieh ihm wenigstens die Schuhe aus.“, erwiderte Andrea und verließ das Zimmer. „Na dann...ich hoffe, Dornröschen hat keine Stinkfüße.“, murmelte Semir und nahm Bens Beine, legte sie auf das Ende der Couch und zog ihm wirklich die Schuhe aus. Ein unangenehmer Geruch stieg ihm dennoch in die Nase. „Oh man Ben, diese Socken sind lebensgefährlich und umweltverpestend.“, grummelte Semir und legte ihm die Decke über die Füße. Ein kurzes Knurren kam von Ben. „Auch noch meckern.“ Semir besah sich das Bild, nahm die Kamera und schoss noch ein Foto, ehe er dann hoch zu Andrea ging. „So Layla schläft tief und fest. Was macht die schlafende Schönheit?“ „Schnarcht und schläft. Können wir jetzt türkisch kuscheln?“, wollte Semir wissen. „Ja können wir. Aber leise...“, grinste Andrea und zog ihren Mann ins Schlafzimmer.
...