Ein dunkler Raum, nur erhellt durch den flackernden Schein einer Kerze. Langsam tastete sich ein hagerer Mann mit entschlossenem Blick vor, presste sich immer an die Wand der Wendeltreppe entlang. Die Kerze flackerte immer wieder und wieder, war kurz davor auszugehen. Doch noch immer war der Mann entschlossen. In seiner Tasche war etwas, was ihm helfen sollte, die Bestie zu töten. Ein schneller Windzug und die Kerze flackerte ein letztes Mal, ehe die Flamme gänzlich erlosch. Er ließ den Kerzenleuchter langsam nach unten gleiten und tastete sich langsam vorwärts. Alles war angespannt. Sein ganzer Körper und sämtliche Nerven standen kurz vor dem Zerreißen. Sein Fuß bewegte sich vorwärts. Krachend polterte der metallene Leuchter die letzten Stufen nach unten. Der Mann zuckte zusammen. Das Geräusch hallte scheinbar noch Stunden nach. Als es wieder ganz still war, ging er weiter und erreichte eine spärlich beleuchtete Gruft. Da...da war er...der Ruheplatz seines Feindes. Der Mann nahm einen mit Weihwasser geweihten Pflock und einen Hammer aus seiner Tasche. Er ging auf den Sarg zu und schob vorsichtig den Deckel weg. Doch plötzlich wurde er von hinten gepackt und weggeschleudert.
Emily schrie auf und ließ vor Schreck fast die Schüssel mit dem Popcorn fallen. Ben lachte leicht auf und nahm sie dichter in den Arm. Heute wollten die beiden Verliebten einen Filmabend machen. Da Emily noch nie Dracula gesehen hatte, wollte Ben diesen Film mit ihr ansehen. Mittlerweile zweifelte er allerdings an der Richtigkeit dieser Idee. Bisher war die Hälfte der Chips auf dem Boden gelandet und auch das Eis konnte er noch gerade noch davon abhalten, auf die Couch zu tropfen. „Schreckhaft?“, meinte er nur. „Nein...nein...gar...gar nicht...“, stotterte Emily und sah wie hypnotisiert auf den großen Flachbildschirm, wo Christopher Lee als Dracula mit Peter Cushing als Van Helsing kämpfte und verlor. Der Pflock rammte in das Herz des Vampirs. Dieser schrie in einem höllischen Ton auf, ehe ihm der Kopf von den Schultern gehauen wurde. „Wow...incredible...ein schauriger Film.“, hauchte sie und musste erst mal wieder zu Luft kommen. „So, gehen wir ins Bett. Wir müssen morgen wieder früh raus.“, meinte Ben und nahm seine Emily auf den Arm. „Was wird mit dem Chaos?“ „Das räum ich morgen weg.“, erwiderte er und küsste sie, trug sie dann ins Schlafzimmer und genoss mit ihr die Nacht.
Ben kam müde in die PASt und wollte durch die Tür schreiten, als er diese blockiert vorfand. Was ist denn hier los?...dachte er nur und schob sich die Tür soweit frei, dass er hindurch passte. Alle Schreibtische waren verlassen. „Hallo? Keiner da...“, rief er und sah sich um. Nichts...niemand meldete sich. Er ging weiter und sah in sein Büro. Auch hier war keiner zu finden. Wo sind denn alle?...dachte er weiter und bekam ein ungutes Gefühl. Plötzlich hörte er ein Geräusch aus Kims Büro. Er ging vorsichtig hinein und erschrak, als er Kim auf dem Tisch liegen sah. Jemand nagte an ihrem Hals. Nagte? Nein...saugte. Und das war nicht jemand, das war Semir. Ben riss die Augen auf und konnte nicht glauben, was er da sah. Plötzlich blickte Kim auf und Semir drehte sich um. Ein fieses Grinsen zeichnete sich auf dem Gesicht des Deutschtürken ab. „Hallo Ben...ich hab schon auf dich gewartet.“, krächzte er und riss seinen Mund auf. Die blutig verschmierten Fangzähne wurden sichtbar und Semirs sonst so freundliche, braune Augen waren hässlich gelb und die Pupille ganz klein. Ben wollte fliehen, doch...er...er konnte sich nicht wehren. Eine unbekannte Kraft hielt ihn fest. Plötzlich spürte er die Zähne in seinen Hals eindringen und Semir lauthals lachen.
„Nein...“, schrie er und fuhr aus dem Bett auf. Sein ganzer Körper war schweißnass. Sein Shirt und seine Shorts klebten an seinem Körper. „Hmmm Ben? Was ist los?“, fragte Emily mit verschlafener Stimme. „Nichts...nichts...schlaf weiter...ich...ich hab nur schlecht geträumt.“, erklärte er, gab ihr einen kurzen Kuss und ging ins Bad. Keuchend stützte er sich aufs Waschbecken und besah sich im Spiegel. Er beugte den Kopf nach links und besah sich seinen Hals. Er war glatt. Kein Einstich war zu sehen. Erleichtert atmete er auf, öffnete den Wasserhahn und warf sich einen Schwall ins Gesicht. Ah erfrischend...dachte er nur und trocknete mit einem Handtuch den Schweiß auf seinen nackten Hautstellen. Kurz darauf ging er wieder ins Bett und schlief den Rest der Nacht durch. „Ben...aufstehen...es ist sechs Uhr. Semir kommt in einer Stunde.“, hörte er Emily flüstern. Er merkte ihre Fingerkuppe zärtlich über die Schulter bis zum Hals streicheln. Er bekam eine Gänsehaut davon. Mit diesen Fingern konnte sie ihn wahnsinnig machen. Er lugte mit einem wachen Auge unter der Decke hervor und grinste sie an. „Du...mach das nicht. Du weißt, wie das letztens erst wieder ausgegangen ist.“ „War es nicht schön?“, fragte sie gespielt enttäuscht. „Doch...doch natürlich. Du warst wunderbar, aber...ach, was...Semir kann warten.“, grinste er und warf die Decke über Emily, zog sie ins Bett und begann den Morgen ganz intim mit ihr.
Niels Brauner war auf dem Weg zu seiner Arbeit. Er verließ seine primitive Einraumwohnung in Köln-Chorweiler. Nach dem Prozess war ihm nichts mehr geblieben. Obwohl er freigesprochen wurde. Ihm wurde die fahrlässige Tötung eines Schülers zur Last gelegt und die Polizei meinte, genügend Beweise gegen ihn in der Hand zu haben. Doch die Verhandlung legte nahe, dass sich die Zeugen weder an ihm noch an das Auto, dessen Farbe und Marke, erinnern konnten. Polizei und Staatsanwaltschaft mussten obendrein noch die Vorwürfe von der Presse erdulden, dass sie schlampig ermittelten. Den Richtern blieb nichts anderes übrig, als Niels Brauner aus Mangeln an Beweisen gehen zu lassen. Das aber war für die Angehörigen des Schülers wie ein Schlag ins Gesicht. Die Mutter brach in Tränen aus und der Vater wollte auf ihn losgehen. Danach dachte Niels, es würde sich alles wieder geben, doch weit gefehlt. Seine Frau verließ ihn, direkt nach dem Urteilsspruch. Als nächstes wurde er in seinem Job, einem gut gehenden Autohaus gekündigt. Das Auto stammte aus dessen Bestand. Was sollte er auch machen? Die Betriebsfeier war lang und ausgiebig. Er wollte doch nur diesen neuen Wagen ausfahren. Da musste ihm der Junge hinter der Kurve über die Straße mit seinem Fahrrad fahren. Jetzt musste er in diesem Rattenloch wohnen, umgeben von stinkigen Afrikanern, Türken und anderem Gesocks. Wie gut, dass ihm noch das Geld aus seinen Aktiengeschäften blieb. Dass, das er so gut versteckt hatte und über das die Polizei nichts wusste. „Taxi...“, rief er und winkte einen der elfenbeinfarbenen Gefährte zu sich an den Bordstein. Ein junger Mann mit Sonnebrille und fein rasiertem Bärtchen rings um den Mundbereich saß am Steuer und blickte durch den Rückspiegel nach hinten. „Wo soll es hingehen?“, fragte der junge Mann. „S-Bahnstation Chorweiler bitte...“ „Geht klar...Niels Brauner...“, meinte der Fahrer. Brauner erschrak und sah kurz darauf, was auf ihn zukam.
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