Emily hob langsam ihren Kopf und blickte sich verwirrt um. Wie lange war sie denn weggetreten? Vorsichtig suchte sie auf dem Fußboden nach ihrer Armbanduhr. „Oh Gott...schon so spät.“, stieß sie aus und sprang von der Couch auf. Ihr Hund, der Riesenschnauzer Angus, hob interessiert den Kopf und sah seiner jungen, flippigen Herrin nach. „Ich komm zu spät, ich komm zu spät.“, stieß sie aus, entledigte sich ihrer sämtlichen Kleidung und sprang unter die Dusche. Schnell war sie geduscht und in ein warmes Handtuch gehüllt. Wider sah Angus sie durch die Wohnung zum großen Wäscheschrank hüpfen. Das Handtuch flog im hohen Bogen durch die Luft und landete auf der Nase des Riesenschnauzers, der erschrocken in die Luft fuhr und versuchte, das nasse und schwere Handtuch von seinem Kopf zu ziehen. Dabei stolperte er durch die Wohnung und riss, wie sollte es auch anders sein, eine Gitarre um. „Nein Angus...“, stieß Emily erschrocken aus, als sie das Poltern hörte. „Das war Bens Gitarre...du Abrissbirne auf vier Beinen...“, schimpfte sie und zog das Tuch vom Kopf des Hundes. Der Riesenschnauzer blickte mit seinen treuen Augen zu seinem Frauchen auf, legte sich auf den Bauch und ließ den Kopf hängen. Die großen Kulleraugen blickten Emily flehend und um Verzeihung bittend an. „Oh nein...sieh mich nicht so an...das...das ist schlimm.“, kam es von Emily und schon legte sich die Hand auf den wuscheligen Kopf von Angus. „Wie kann man dir noch böse sein? Aber Ben wird das gar nicht gefallen.“, meinte Emily und sah die entzwei gegangene Gitarre an. „Verdammt, ich muss ins Theater...“, stieß sie aus, warf sich ihre Sachen über und schnappte sich Tasche, Leine und Angus und verließ überstürzt das Haus. Was zurückblieb war die zu Bruch gegangene Gitarre und der Wohnungsschlüssel auf der Kommode.
Ben wachte langsam wieder aus seiner Ohnmacht auf und blickte sich erschrocken um. Aus einer Ecke hörte er Schluchzen und Weinen. Ben versuchte, seine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen und blinzelte einige Male. In der Ecke saß eine zusammengekauerte Person mit langen, blonden Haaren. „Susanne?“, fragte er vorsichtig. Die zierliche Person drehte den Kopf. Die Haare fielen aus dem Gesicht und Ben bemerkte neben dem mit Erde verschmierten Gesicht und den verweinten Augen auch den Striemen in ihrem Gesicht. Finn hatte sie also verschleppt und sogar geschlagen. Wut stieg in dem jungen Hauptkommissar auf und sofort versuchte er, sich zu bewegen, doch es ging einfach nicht. Metall klapperte an seinen Händen. Da wusste er, seine eigenen Handschellen hielten ihn von seiner freien Bewegung abhielten. „Ben? Hat er dich auch verschleppt?“, fragte die Sekretärin. „Ich hab ihn nicht verschleppt.“, kam es dann von oberhalb. Susanne und Ben sahen nach oben. Jetzt erst merkten sie. Sie waren in einer Art Erdloch, dass mit Holzpanelen ausgekleidet war. „Finn, was soll das? Lass uns raus hier. Meine Kollegen kriegen dich sowieso.“, rief Ben nach oben und musste von der ihn blendenden Sonne blinzeln. „Ben, Ben, Ben...das versucht die Polizei in achtzehn verschiedenen Staaten schon und bisher ist es ihnen noch nicht gelungen. Was soll man mir auch vorwerfen?“, fragte Finn und kletterte langsam runter. Unter seiner narbenverzierten Nase war ein deutliches Grinsen zu erkennen. „Ich habe die Welt nur besser gemacht, habe den Menschen Gerechtigkeit gegeben, wo das Gesetz sie ihnen verwert hat. Niemals sind unschuldige Unbeteiligte zu schaden gekommen.“, meinte er und kniete sich vor den Beiden hin.
Ben lachte verächtlich auf. „Ach wirklich? Du hast mit deiner kleinen Maschine meinen Freund und Kollegen Semir in den Rücken getroffen. Die Ärzte wissen nicht, ob er überleben oder jemals wieder laufen wird. Zwei andere Kollegen liegen wegen dir eben im Krankenhaus.“, stieß Ben aus. Finn entgleisten sämtliche Gesichtszüge. Was erzählte ihm sein Freund da? War sein Plan doch nicht so narrensicher. „Also halt deine verfluchte Klappe und erzähl mir nicht, dass du die Welt verbessern willst. Wenn Semir das nicht überlebt, werde ich dich jagen und finden.“, fauchte Ben ihn an und wollte aufspringen. Finn wich zurück. „Ben, das... das... ich hab nie Unschuldigen etwas tun können. Nur den schlimmsten Verbrechern, die durch das Gesetz geschützt wurden, trachtete ich nach dem Leben. Doch jetzt das. Susanne, ich hab dich wirklich geliebt.“, meinte Finn und drehte den Kopf zur Sekretärin. „Aus uns hätte ein schönes Paar werden können. Mit dir hätte ich meinen Frieden finden können. Ben, es tut mir alles so Leid.“ „Spar dir dein Mitleid. Was hast du jetzt mit uns vor? Willst du uns auch umbringen?“, fauchte Ben Finn an.
Fin ließ den Kopf sinken und erhob sich. „Nein, das will ich nicht. Ich werde eure Kollegen anrufen und sagen, wo sie euch finden. Was mich angeht, so werde ich mich nicht in die Hände der Justiz begeben. Tut mir Leid, Ben, aber du kennst mich. Ich lasse mich nicht gern einsperren. Ich werde einen anderen Weg zum Richter finden. Also, macht’s gut und habt noch ein schönes Leben. Susanne, ich hoffe, du findest irgendwann den Mann fürs Leben. Glaub mir.“, meinte Finn mit seinem smarten Lächeln. Kurz darauf kletterte er wieder die Leiter hinauf und war verschwunden. „Finn, hey, du kannst uns doch nicht hier unten lassen. Finn...komm zurück, du Scheißkerl...“, schrie Ben wütend und versuchte, die Stahlfesseln abzustreifen. Doch es war sinnlos. Wütend trat Ben einen Stein durch das enge Erdloch. Susanne zuckte zusammen, als sie den Einschlag dicht neben sich spürte. „Ben, Vorsicht...“, knurrte sie. „Sorry Susanne...wir müssen wohl eine Weile hier ausharren und darauf warten, dass die Chefin uns findet.“ „Was meinst du? Wird er...wird er uns töten?“, kam es mit zittriger Stimme von der Sekretärin. Doch Ben wusste darauf keine Antwort. Wenn sein Freund zu so vielen Morden fähig war, würde er sicherlich auch zwei lästige Zeugen ins Jenseits schicken. Einen Moment hörten sie nichts. Alles war still, doch dann ein Knall und der Geruch von Feuer lag in der Luft. „Verdammt, was war das?“, stieß Ben aus und sah zum Rand des Loches nach oben. „Finn...HEY FINN!!!“, schrie er aus voller Kehle. Doch nichts. Nichts rührte sich. Was lag da in der Luft?
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