Semir brauste über die Autobahn und malte sich in Gedanken aus, was diese Kerle mit Ben und Max alles anstellten. Gerade jetzt, wo Ben verlobt war und eine eigene Familie gründen wollte. Nein das konnte Semir nicht zulassen. Das durfte er nicht zulassen. Semir fuhr unter der letzten Unterführung vor der neuen Eisenbahnbrücke durch. Plötzlich sah er Flammen hinter den Bäumen hervorstechen. Dort...dort stand doch das Hotel, was Frau Klein beschrieben hatte. „Verdammt...“, stieß Semir aus und zog rüber. Der Wagen rauschte die Ausfahrt hinunter und in den schon zugewachsenen Weg hinein. „Chefin...das...das Haus steht in Flammen. Schicken sie schnellstens die Feuerwehr.“, schrie der Deutschtürke in sein Handy Mit jedem Meter, den Semir dem alten Motel näher kam, wurden die Flammen größer und großer. Er stoppte uns prang aus seinem Wagen, rannte mit Feuerlöscher bewaffnet auf das Haus zu, brach die Tür auf und begann mit dem Löschen. Doch Semir wusste, dass der Kampf mit einem einzelnen Feuerlöscher sinnlos war. Schnell war der Schaum aufgebraucht. Semir musste sich was anderes einfallen lassen. Suchend sah er sich um und entdeckte einen kleinen, fast schon trockenen Tümpel. Das war es...dachte er und entledigte sich all seiner Wertsachen, dem Handy und der Pistole. Semir riss sich seine Jacke vom Leib und tränkte sie mit dem Wasser, bevor er selbst reinsprang und dann mit den nassen Sachen auf das Haus zurannte und im nächsten Moment merkte, wie ihm die Flammen die Flüssigkeit aus dem Körper saugten und der Rauch ihm in die Lungen stieg. „Ben? Max?“, schrie er und sah sich nach irgendeinem Lebenszeichen in den Flammen um. Wo waren die Beiden?
Ben drehte den Kopf. War das eben Semirs Stimme gewesen? Konnte das wirklich sein? „Semir...Semir, wir sind hier oben...“, rief der junge Hauptkommissar. Ein Hustenanfall überkam ihn, als er den dichten Rauch mit den letzten Worten in sich hineinsog. „Max...Max...Semir ist da...wir sind gerettet.“, stieß Ben aus und drehte den Kopf leicht zur Seite, doch von Max kam keine Antwort. „Max?“, fragte der junge Hauptkommissar. Wieder keine Antwort. „Scheiße... Semir, beeil dich. Max ist ohnmächtig.“, schrie Ben und sah durch die Flammen eine kleine, schemenhaft erkennbare Gestalt an der Treppe stehen. „Verdammt heiß hier...“, rief Semir nur und kam auf die Beiden zu. Plötzlich knarrte der Boden unter ihm. Schnellstens zog er den Fuß weg. Gerade noch rechtzeitig, denn krachend brachen die Dielen unter ihm in die Tiefe. „Verdammt...Ben, das Holz ist schon durchgefressen. Ich...ich muss einen anderen Weg finden.“, rief Semir und suchte nach einer anderen Möglichkeit. „Beeil dich...hier ist die Luft ziemlich dick.“, rief Ben zurück und versuchte, wieder die Fesseln zu lösen. Tatsächlich waren sie schon locker und der junge Hauptkommissar konnte einen Arm hervorziehen. Endlich, dachte er und versuchte, den Mechanismus der Gurte außer Kraft zu setzen. Die Hitze griff immer mehr um sich und trieb das Wasser aus jeder Pore von Bens Körper. Dennoch schaffte er es, die Gurte zu lösen. Sofort hörte er ein dumpfes Schlagen. „Max...Max komm wieder zu dir...los doch...“, stieß Ben aus und zog den Reporter von den immer dichter kommenden Flammen weg. Er suchte in der Umgebung nach einem Ausweg. „Semir? Wo bist du?“, rief Ben, doch als Antwort kam ein Schuh durch ein Fenster geflogen. „Ben...kommt hier durch.“, hörte er Semir rufen. Ben wollte gerne, da gab es nur ein Problem. Zwischen dem Fenster und ihm brannte eine gute drei Meter breite Schneise und das gerade auf dem dünnen Boden. Wenn Ben mit Max auf der Schulter sprang und nicht richtig kalkulierte, brachen sie durch den Boden. Und da ging es gut und gerne sieben Meter in die Tiefe. Was tun?
Semir suchte draußen nach einem besseren Eingang in die obere Etage. Die alten Weinranken hingen noch an der Fassade und waren noch kein Opfer der Flammen. Eine führte direkt zu einem Fenster. Das ist die Chance...dachte Semir und warf seinen Stiefel so lange gegen die Scheibe, bis sie zerbarst. „Ben...kommt hier durch.“, rief er nach oben und sah sich um. In der Nähe konnte er schon die Martinshörner hören. Hoffentlich schafften es die Beiden rechtzeitig raus, dachte Semir nur und sah nach oben. Dann aber fiel ihm etwas in die Augen, was ihn in Panik geraten ließ. „Ben...Ben...macht, dass ihr da raus kommt...verdammt noch mal.“, schrie er und wollte noch einmal ins Haus rennen, als ihm ein herunterstürzender Balken den Weg versperrte. Oh nein...da hinten war noch der Heizgastank und die Flammen waren bedrohlich nahe an ihm dran. Er stand direkt neben der Treppe. Wenn Ben und Max da nicht rechtzeitig raus kamen, dann...dann waren von ihnen nur noch Fetzen übrig. „Semir...hilf mir mal...“, hörte er Ben dann rufen. Semir ging zum Fenster und sah, wie sein Partner mit einem anderen Körper auf den Arm die Ranken hinunterkletterte. „Beeilt euch...hier fliegt gleich alles in die Luft.“, stieß Semir aus und nahm Max von Bens Schultern. Der junge Hauptkommissar blickte auf die mit Flammen schon übersäten Gastanks. Panik brach in ihm aus. „Oh Shit...“, fluchte er, nahm den bewusstlosen Reporter wieder auf seine Schultern und rannte los. Auch Semir nahm seine Beine in die Hand und versuchte, so viel Abstand wie möglich zwischen sich und das Hotel zu bringen. Das Metall der Tanks barst und als die erste Flamme mit dem Gas in Kontakt kam, brach die Hölle los. Eine gewaltige Druckwelle riss das gesamte Hotel in kleine Stücke. Holz- und Steinsplitter flogen durch die Luft. Die Druckwelle riss die beiden Kommissare und Max zu Boden. Staub wirbelte auf und legte sich wie eine schützende Decke über alles. Langsam beruhigte sich die Situation wieder. Doch was war mit den drei Männern?
Jörn Petersen sah aus sicherer Entfernung sich das Spektakel an. Wutschäumend musste er mit ansehen, wie diese beiden Polizisten sich und diesen verfluchten Reporter aus dem Haus retten konnten. Selbst die gewaltige Explosion konnte ihnen nichts anhaben. Das durfte doch alles nicht wahr sein, dachte er und warf das Fernglas wütend auf den Asphalt der Brücke, auf der sie standen. In der Ferne heulten Martinshörner auf und bewegten sich in ihre Richtung. „Boss, wir müssen hier weg oder wir sind geliefert.“, stieß Daniel aus und fasste Petersen an die Schulter. Dieser drehte sich wütend um, nickte dann aber und stieg in die schwarze Limousine. „Was machen wir jetzt, Boss?“, fragte Bruno, während er auf die Autobahn einbog und mit hoher Geschwindigkeit auf der linken Spur Richtung Stadt zurückfuhr. „Jetzt? Jetzt will ich alle Unterlagen dieses Reporters haben. Sicherlich hat er sie bei sich zu Hause versteckt. Fahren wir hin und sehen wir nach.“, erklärte Petersen. Bruno nickte und steuerte den Wagen zur Wohnung von Max Prahl. Die beiden Mitarbeiter von Petersen nahmen die Wohnung komplett auseinander, ließen nichts unberührt oder in einem Stück, doch auch nach drei Stunden Suche mussten sie ohne etwas in der Hand abziehen. „Da oben ist nichts.“, meinte Daniel resignierend. Jörn Petersen nickte und sah sich um. „Ich habe da eine Idee. Fahren wir los.“, meinte Petersen mit einem diabolischen Grinsen. „Alles klar...“
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