Schwabenhighway
- Die ers(ch)te Fan-Fiction von thommyn -
(1)
„Hier ist der SWR 3 Verkehrsservice. Derzeit haben wir auf der A 8, Stuttgart Richtung München – mal wieder – 4 Kilometer Stau vor der Baustelle am Drackensteiner Hang. Viel Geduld und Gute Fahrt.“ Die automatische Verkehrseinstellung des Autoradios schaltete zurück auf die neue CD von One Republic. „Na toll“, seufzte Ben, „und wir stehen mal wieder mittendrin.“ – „Ich hab‘ Dir gleich gesagt, wir sollten früher losfahren“, unkte Semir. „Nur weil Du wieder nicht aus den Federn kommst.“ – „Wenn ich schon endlich mal ein Hotelbett habe, das so bequem ist, dass ich den ganzen Tag drin liegen könnte.“, dachte Ben genüsslich an die letzte Nacht im Stuttgarter Metropol-Hotel zurück. „Ja, ja, kommt nur noch drauf an, mit wem…“ – „Ich will die Herren ja nicht in ihren feuchten Träumen unterbrechen“, schallte die Stimme von Kim Krüger von der Rücksitzbank „aber es geht weiter. Der Kia da lässt sie rein.“ Ben setzte den rechten Blinker und reihte sich zwischen dem orangeroten Kleinwagen und einem knallgrünen VW-Transporter mit „Jesus lebt“-Aufkleber auf die mittlere Spur ein. „Danke Chefin, sehe ich.“ kommentierte Ben missmutig. „Wenn wir Sie nicht mit im Auto hätten…“ – „Das hätten sie sich überlegen sollen, bevor Sie den BMW letzte Woche gegen den Laternenpfahl gesetzt haben, meine Herren. So gibt es nur zwei Alternativen, wie wir zu dem Kongress nach München kommen: Gemeinsam und im Dienstwagen oder getrennt und per Anhalter.“ kommentierte Kim Krüger trocken. Wieder leuchteten die roten Bremslichter des VW, der im nächsten Moment stehen blieb. „Was hältst Du davon, wenn wir da an der Raststätte kurz rausfahren?“ Semir deutete auf das große, blaue Hinweisschild zum Rasthof Gruibingen. „Ich könnt noch nen Kaffee brauchen.“ – „Aber flirt‘ nicht wieder mit der Kellnerin so wie gestern Abend, sonst kann ich vor Andrea nicht mehr dicht halten.“ – „Ein Wort, und Du läufst zu Fuß bis München.“ Ben setzte den Blinker erneut nach rechts und fuhr an der großen Shell-Tankstelle vorbei auf den Parkplatz des Rasthofs.
Eine halbe Stunde später hatte sich der Stau aufgelöst. „Siehst Du, war doch ne gute Idee von mir.“ Semir freute sich innerlich. „Wissen Sie, was eine noch bessere Idee ist, meine Herren?“ Ben und Semir sahen ihre Chefin fragend an. „Was?“ – „Ich fahre!“ Krüger winkte mit dem Schlüssel des Dienstmercedes. „Und lassen Sie nie, nie wieder den Schlüssel eines Polizeifahrzeuges auf dem Restauranttisch liegen, nur weil Sie ausgiebig über die Körbchengröße der Kellnerin diskutieren!“ Ben und Semir versuchten zwar zu protestieren, doch Kim Krüger winkte ab. „Und steigen Sie schon ein, meine Herren, wir wollen heute noch nach München, sonst ist der Stau wieder da.“ Ben steuerte zielstrebig auf die Beifahrertür zu. „Und ich?“ protestierte Semir. „Der Kindersitz ist hinten.“ antwortete Ben trocken. „Sehr witzig, sehr witzig, was denkst…“ In diesem Moment fiel ein Schuss und ein vermummter Mann hechtete aus dem Kassengebäude der Tankstelle. Er lief über die Motorhaube eines Ford Fiesta, der an der vordersten Zapfsäule stand und rannte zu einem an einer anderen Zapfsäule stehenden schwarzen Jeep. Er stieg auf der Fahrerseite ein, der Fahrer startete sofort den Motor. Semir schmiss die Hintertür des Mercedes wieder zu und rannte zielstrebig auf das Kassenhäuschen zu, während der schwarze Jeep davonrauschte. „Kommen Sie, Herr Jäger, die schnappen wir uns!“ Der Motor des Mercedes lief bereits. „Aber, Chefin, sind wir nicht ein bisschen weit außerhalb unserer Zuständigkeit?“ Ben schnallte sich hektisch an. Krüger blickte ihn an: „Erstens: Da drüben startet gerade ein Jeep mit zwei Tankstellenräubern. Zweitens: Sehen Sie hier irgendwo Kollegen der örtlich zuständigen Polizeiwache und drittens: Seit wann scheren Sie sich um Zuständigkeiten“. Ben schmunzelte leise. Krüger legte den Gang ein und brauste dem schwarzen Jeep in Richtung Autobahn hinterher. Semir betrat das Kassenhäuschen und rannte dem Kassierer entgegen. „Alles in Ordnung, geht es ihnen gut?“ – „Mir gaahts guat.“ antwortete der grauhaarige Kassierer im breitesten Oberschwäbisch. „Aber der da.“ Semir sah auf die blonde Frau in der grünen Jacke, die reglos am Boden lag. Eine Blutlache lief ihr am rechten Ohr entlang. „Wie viel haben die mitgehen lassen?“ fragte er wieder den Kassierer. „Ja, nix.“ – „Wie, ‚nix‘?“ fragte Semir erstaunt weiter. „Die sin nei, hän auf die Frau g’schosse un‘ sin wieder naus. Am Geld hän die gar koi Interesse g’hätt.“ Semir ging näher an die Frau heran. Sie war tot. Fassungslos betrachtete er die rehbraunen Augen, die ihn ausdruckslos anstarrten…