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Ben und Semir saßen währenddessen im Wagen und waren auf dem Heimweg. Die Uhr zeigte bereits drei Uhr, jedoch brachten die Beiden schneller Strecke hinter sich als auf der Hinfahrt. Ben kam der Weg auch viel kürzer vor, und so schaute er eine Weile betrübt aus dem Fenster bis ihm bewusst wurde, dass die Fahrt bald zu Ende sein würde. Wie auf der Hinfahrt hatte sie nichts geredet. Semir hatte genau gesehen wie enttäuscht und niedergeschlagen sein Freund war und wollte Ben erst mal seinen Freiraum lassen, damit dieser sich etwas beruhigen konnte. Jedoch musste jetzt auch Semir darüber grübeln wie sie jetzt weiter ermitteln müssten. Aber in diesem Moment kam ihm keine Idee mehr, weil der kleine Deutschtürke auch einfach viel zu müde war, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Er verschob das auf die kommenden Stunden, wenn er ein paar Stunden Schlaf getankt hatte. Schnell rieb er sich einmal über die Augen, bis er wieder das Lenkrad mit beiden Händen umfasste und in die kühle Nacht schaute. Die noch kilometerlange Autobahn erschreckte sich vor den beiden Hauptkommissaren und sie glitzerte etwas, weil sie das sanfte Licht des Vollmonds reflektierte. Nach einer kurzen Weile schaute Semir neben sich auf seinen Partner, der die Zeit über keinen Mucks von sich gegeben hatte. Als Semir ganz nach rechts sah, wusste er auch wieso. Ben hatte sich mit seinem Ellenbogen am Fenster abgestützt und war anscheinend eingeschlafen. Semir lächelte, er fand es immer beruhigend und auf eine Art und Weise auch einfach süß, wenn er seinem jüngeren Partner beim Schlafen zusah. Aber diesmal sah Bens Gesicht sehr unbefriedigt aus und es machte den Anschein als hätte der junge Hauptkommissar gar nicht einschlafen wollen. Nach ein paar Sekunden schaute Semir wieder auf die Straße und er bemerkte, dass sie sich wieder auf ihrem gewohnten Autobahnabschnitt befanden. Leicht berührte der kleine Kommissar Ben an der Schulter, der sich sofort seine Augen öffnete. „Oh man, ich bin eingeschlafen“, murmelte Ben und fuhr sich einmal durch seine bereits wieder verwuschelten Haare. „Wir sind gleich da, aber wir müssen leise sein, damit wir die Kinder und Andrea nicht wecken“, entgegnete Semir und sah Ben an, der auf seine Uhr schaute und sich am Kopf kratze. „Nein, Semir ist schon ok. Kannst du mich vielleicht nach Hause fahren?“, fragte Ben stattdessen nach, obwohl er Semirs Antwort schon so gut wie kannte. „Das kommt gar nicht in Frage! Du kommst mit zu uns!“, kam es gleich von dem Deutschtürken. Ben rollte seine Augen. „Ich möchte euch nicht noch länger zur Last fallen und ich möchte auch einfach nochmal in meine vier Wände“, erklärte der junge Mann sein Vorhaben. Verständnislos stöhnte Semir auf. Es war fast halb vier und sein Partner musste jetzt ausgerechnet mit so einer Idee anrückten. Nerven hatte Semir dafür echt keine mehr. „Nein Ben, du kommst mit zu uns. Da sind auch deine Sachen und es viel einfacher“, erwiderte Semir etwas ruhiger, trippelte aber nervös mit dem Finger auf dem Lenkrad herum. Daraufhin ließ Ben genervt den Kopf hängen. „Semir, ich will nach Hause! Also fahr mich bitte gefälligst dahin! Und wenn du nicht willst, dann lass mich am Revier raus und ich ruf mir ein Taxi!“, sagte Ben nun in einem Ton, den Semir gar nicht von ihm kannte. „Aber Ben, der Mörder ist immer noch nicht gefasst. Ich lass dich doch jetzt nicht alleine, gerade du mit deiner Schulter!“ „Dieses Schwein hat heute Abend auch nichts unternommen. Der hat uns einfach verarscht, und wir waren so dumm und sind auch noch drauf herein gefallen! Außerdem geht es mir blendet und ich bin, falls du es noch nicht bemerkt hast, ausgebildeter Polizist!“, brach es nun aus Ben heraus, seine ganze Wut, die sich in der letzten Stunde angesammelt hatte, explodierte nun aus ihm heraus. Nur war leider Semir der Leidtragende, der alles abbekam, was Ben nur wenige Sekunden danach bereute. Semir nickte nur stumm und da er keinen Streit verursachen wollte, stimmte er zu, und fuhr seinen Freund und Partner nach Hause. Er hätte Ben ja schlecht am Revier einfach so aussetzten können, auch wenn es Semir wohler gewesen wäre, wenn er Ben bei sich gehabt hätte.
Nach einer weiteren Viertelstunde hielt der silberne BMW vor dem modernen Gebäude, indem sich Bens Apartment befand. Der junge Kommissar stieß die Autotür aus und kletterte aus dem Wagen. Gezielt ging er um die Motorhaube herum und blieb an der Seite, an der Semir die Fensterscheibe heruntergefahren hatte, stehen. „Und Partner du willst wirklich nicht doch mit zu mir kommen?“, fragte der kleine Deutschtürke ein weiteres Mal. Wieder schüttelte Ben den Kopf. „Semir, ich will mich jetzt einfach nur in mein Bett legen und pennen, und das kann ich auch in meinem Eigenem“, zwinkerte Ben und zog sich kurzerhand seine Jacke enger zusammen als er zu frösteln begann, denn mittlerweile war es draußen sehr kalt geworden. Semir nickte. „Ok, ich nehme den Anzug nochmal mit zu mir, kannst ihn dir ja später abholen. Aber Ben, pass bitte auf dich auf“, bat er seinen Partner, der daraufhin lächelte. „Na klar Partner! Wir sehen uns morgen!“, erwiderte Ben und sah Semir dankend an. Dieser hob noch schnell die Hand und Jäger schlug lässig, aber auch sehr müde, ein. „Bis morgen!“, rief Semir noch durch das Fenster, bis er es wieder hochfuhr, und um die Ecke bog. Innerlich war Semir sehr froh, dass diese ganze Aktion jetzt erst mal vorbei war, jedoch war dieses schlechte Gefühl, das seinen Magen plagte und immer noch nicht verschwunden, was ihn etwas irritierte. Er war so froh gewesen, dass Ben nichts passiert war, und das überhaupt nicht irgendetwas Gravierendes vorgefallen war. Jedoch hätte der kleine Kommissar seinen Partner lieber an seiner Seite gehabt und in Sicherheit gewusst, aber er konnte Ben ja nicht die ganze Zeit festhalten. Und außerdem hätte Semir auch echt keine Lust auf einen Streit gehabt. Dennoch machte er sich mit einem komischen Gefühl im Bauch auf den Heimweg zu seiner Familie und seinem gemütlichem Bett, indem Andrea schon seit Stunden schlief.