Auch Semir war ein wenig eingenickt.Er war immer noch ein wenig kurzatmig und als er erwachte,weil neben ihm jemand rumorte,wusste er erst gar nicht,was los war.Als er nun seinen Blick zu dem Geräusch wandte,sah er Ben,der mit zusammengekniffenen Augen versuchte,sich von den Fesseln zu befreien.Er war anscheinend schon eine ganze Weile am Werke,denn er war am ganzen Körper schweissgebadet.Irgendwie hatte er es geschafft,sich einen Teil der Verbände abzumachen und so war das ganze Bett blutverschmiert.Semir drückte gleichzeitig auf den Klingelknopf und sprach seinen Freund an: „Ben,das ist doch nur zu deinem Besten,dass du angebunden bist.Du sollst dir die Schläuche nicht herausreissen,weil du dir selber schadest.“
Leider blieb Ben von dem was er sagte,völlig unbeeindruckt und zerrte weiter mit zusammengekniffenen Augen an den Fesseln.Als die Schwester kam und die Bescherung sah,seufzte sie auf. „Herr Jäger,das bringt doch nichts!“ versuchte sie ihn erfolglos in die Realität zurückzuholen und als sie eine Schürze anzog,eine Waschschüssel und Waschzeug holte und ihn begann von oben nach unten sauberzumachen,probierte sie ihn dazu zu bringen,die Augen aufzumachen.Irgendwann öffnete er sie tatsächlich,nur um sie dann entsetzt wieder zusammenzukneifen.Das fremde Gesicht vor ihm war verschwommen und glich einer Teufelsfratze.Oh Gott,die wollten ihn umbringen.
Mit der erneuten Kraft der Verzweiflung begann er zu kämpfen und weil eine Hand zum Waschen gerade losgemacht war,riss er den Beatmungsaufsatz von der Trachealkanüle,woraufhin erstens die Beatmung und die Monitoralarme laut zu pfeifen begannen und zweitens Ben massive Luftnot bekam,weil er noch lange nicht soweit war,ohne Maschine selbst zu atmen.Ben war nun vor Angst zu ersticken dermassen panisch,dass er mit letzter Kraft nach der Schwester schlug und die zurücksprang und nur mit Mühe ohne Verletzung davonkam.Obwohl sie laut um Hilfe schrie und einige Kollegen angerannt kamen,um ihren Patienten zu bändigen,musste ihm über den Perfusor ein Narkosemittelbolus verabreicht werden,um niemanden zu gefährden und langsam begannen nun seine Abwehrbewegungen schwächer zu werden und dann völlig zu erlahmen.Ben war nun tiefblau im Gesicht,denn er war eine ganze Weile fast ganz ohne Sauerstoffversorgung gewesen.Sobald es für sie gefahrlos möglich war,steckten die Pflegekräfte den Beatmungsschlauch wieder auf die Trachealkanüle und stellten die Maschine,die schon bei 50% angelangt war,wieder auf 100% Sauerstoff,um ihren Patienten aufzusättigen.Der war nun völlig schlaff und wurde wieder komplett kontrolliert beatmet,während die Pflegekräfte ihn in Windeseile fertigwuschen und die Verbände erneuerten.Das Bett wurde noch frisch überzogen und dann wurde Ben gelagert und ausser an den Händen nun auch noch an den Füssen angebunden.
Semir,der völlig entsetzt das Treiben von seinem Bett aus beobachtet hatte und kurz davor gewesen war,hinauszuhüpfen und selber einzugreifen,legte nun aufatmend seinen Kopf aufs Kissen zurück.Mein Gott,was war nur in seinem Freund vorgegangen? Der war doch sonst nicht aggressiv und jetzt schlug er auf einmal wild um sich und gefährdete sich und andere?
Die Schwester,die inzwischen Ben wieder zudeckte und gleich ein Blutgas bei ihm entnahm,um den Stand der Dinge zu prüfen,sah ihm anscheinend sein Entsetzen an. „Herr Gerkan,was gerade geschehen ist,ist nichts Ungewöhnliches.Ihr Kollege ist momentan nicht Herr seiner Sinne und auch in diesem psychotischen Zustand für seine Taten nicht verantwortlich.Er wird davon sicher keine bleibenden Schäden davongetragen haben,denn ein wenig hat er ja durch die Trachealkanüle in seinem Hals geschnauft und er war ja auch bald wieder an der Maschine.Ich hätte nur nicht damit gerechnet,dass er schon wieder so viel Kraft hat,sonst hätte ich mir von Anfang an einen Kollegen zu Hilfe geholt.Leider müssen wir ihn nun halt noch straffer fixieren,was ihm sicher nicht gefallen wird,wenn er wieder wach wird.Aber auch diese Phase wird vorübergehen und bald können sie sich wieder mit ihrem Freund unterhalten!“ sagte sie aufmunternd und verliess dann mit ihrer Blutprobe den Raum.
Semir der nun selber ganz erschöpft und fertig war,murmelte in seinen Bart: „Wer´s glaubt?“,denn für ihn war das fast genauso schrecklich gewesen,wie für Ben.Als wenig später Andrea vor seinem Bett stand,hatte die alle Hände voll zu tun,ihren Mann wieder aufzumuntern.