23. Es brennt!
Das Feuer breitete sich rasch aus. Als sich die Seitenwände eines Oberschranks der Küche in der Hitze verformten, krachte das Geschirr mit lautem Getöse auf Ablage, Spüle und Fußboden, und Ben saß senkrecht im Bett. Er sah den Feuerschein durch den Schlitz, den die angelehnte Tür bildete und roch jetzt auch Rauch. „ES BRENNT!“, rief er und weckte Ayda damit auf, die sich verwundert umsah. „Ayda! Es brennt, wir müssen hier raus!“ Ayda wusste noch gar nicht, wie ihr geschah, als Ben sie aus ihrem Bett riss. Er öffnete die Zimmertür und sah sich auf der rechten Seite, wo die Treppe ins Untergeschoss führte, einer lodernden Feuerwand gegenüber. „Los, nach links, ins Bad. Wir müssen durch das Fenster!“ Ben schob Ayda schnell in den gefliesten Raum, hier würde wenigstens der Fußboden länger dem Feuer standhalten können, dann stürmte er geradeaus in das Schlafzimmer von Andrea und Semir und holte auch seine Freunde aus dem Tiefschlaf. „ES BRENNT! Semir, Andrea! Schnell, Raus hier!“ Semir war sofort hellwach, als er Bens Stimme hörte und auch Andrea erfasste die Situation umgehend.
Bald standen sie alle im Schlafanzug und Nachthemden bekleidet in dem kleinen Badezimmer des Ferienhauses. „Tür zu!“, befahl Semir, bevor er das Fenster öffnete. Was Frischluftzufuhr für ein Feuer bedeutete, war ihm sehr wohl bewusst. „Hier ist der Schuppen direkt unter dem Fenster“, sagte Semir, als er runter sah, „Ben, geh du zuerst, ich reiche dir dann Ayda und Andrea runter und komme zuletzt. Es gab keine Diskussion, so stieg Ben auf die schmale Fensterbank und ließ sich rückwärts nach draußen, bis er an ausgestreckten Armen an der Fensteröffnung hing. Er ließ los und sprang den restlichen knappen Meter auf das Schuppendach. Als nächstes kam Ayda. Semir vergewisserte sich, dass Ben bereit war, hob dann seine Tochter auf das Fensterbrett. „Ich halte dich fest, bis Ben dich hat, ja? Hab keine Angst!“ Ayda sah ihn nur mit großen Augen an. Sie war noch so geschockt, dass sie nur nickte. Dann hielt Semir sie an den Handgelenken und beugte sich soweit aus dem Fenster, dass Ben die Beine zu fassen bekam und kurz Bescheid gab. „Lass los, Semir, ich hab sie.“ Andrea erreichte das Schuppendach auf denselben Weg.
Während Ben schon die nächste Stufe für Ayda und Andrea, nämlich vom Schuppendach auf das daneben geparkte Auto, in Angriff nahm, kam jetzt auch Semir durch das Fenster gestiegen. Gerade als er sich an die Fensteröffnung hängen wollte, erschütterte die Detonation der Gasflasche, die in der Küche an den Herd angeschlossen war, das Ferienhaus, so dass Semir seinen Halt verlor und unsanft auf dem Rücken auf dem Schuppendach landete. „Semir? Bist du okay?“ Ben hatte den Sturz vom Rand des Schuppendachs beobachtet. „Ich - glaube - ja“, erhielt er eine stockende Antwort. Nachdem Ben Andrea und Ayda auf das Autodach geholfen hatten, von wo sie selbstständig auf den Rasen rutschen konnten, lief er zurück zu Semir, der noch immer etwas benommen auf dem Dach lag, sich nun aber begann langsam aufzurappeln. „Semir, wir müssen hier runter, der Schuppen brennt auch schon.“ Er half seinem Freund auf die Beine. „Das sah bei dir auch schon mal besser aus“, konnte Ben sich nicht verkneifen zu frotzeln, erhielt aber nur ein gequältes Grinsen als Reaktion. Sie gelangten ebenfalls übers Autodach in Sicherheit.
Als alle vier auf dem Rasen schweigend beieinander saßen und langsam wieder zu Atem kamen, waren auch schon die Sirenen der eintreffenden Feuerwehr zu hören, welche wohl ein wachgewordener Nachbar verständigt hatte.
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Uwe, Jörg und Werner indessen waren bereits über alle Berge, nachdem sie gesehen hatten, dass das Ferienhaus ein Raub der Flammen werden dürfte, welches hoffentlich auch ihre Augenzeugen verschlingen würde.