Die Herbstferien standen vor der Tür. Semir und Ben hatten sich ein paar Tage Urlaub genommen. Eigentlich war das zusammen immer ein wenig schwierig, aber angesichts ihrer hervorragenden Aufklärungsquote der letzten drei Monate, hatte Frau Krüger dann doch zugestimmt.
Zwischen Ben und seiner Freundin Sarah hatte es ein wenig gekracht. Es war nicht richtig schlimm, aber eigentlich hatten sie die Woche Urlaub gemeinsam verbringen wollen, das war nun gecancelt. Ben hatte die Schnauze voll, dass er immer aufräumen und putzen sollte-er war ja schließlich nicht derjenige gewesen, der die Putzfrau abbestellt hatte. Wenn Sarah sich von der in irgendeiner Weise beeinträchtigt fühlte, sollte sie selber sauber machen-er war dafür nicht zuständig!
Sarah war zornig und wütend zu ihrem Cousin nach Verden an der Aller gefahren, der dort eine Pferdepension betrieb. Sie war immer schon gerne mit diesen wunderbaren Tieren umgegangen und brauchte einfach ein wenig Abstand zu dieser Sache. Sie würde ausspannen, reiten gehen und dann überlegen, wie es mit Ben und ihr weitergehen sollte. Eigentlich liebte sie ihn noch wie am ersten Tag, aber seine Unordnung brachte sie manchmal zur Weißglut! Sie war doch nicht dazu geboren, den ganzen Tag hinter ihm herzuräumen! Trotzdem hatte sie sich von ihm in aller Ruhe verabschiedet und er hatte es akzeptiert, dass sie diesen Urlaub, anders wie geplant, jeder für sich verbringen würden.
Auf der letzten Tour vor den Ferien erzählte Semir seinem Freund und Kollegen, was für die nächste Woche geplant war. „Stell dir vor! Andrea´s beste Freundin aus Kindertagen hat einen Hotelier geheiratet und der hat ein Vier- Sterne –Hotel im Allgäu. Die hat uns eingeladen, wir kriegen für diese Woche einen Super-Sonderpreis und so hoffen wir, dass wir mit den Kindern ein paar erholsame Tage in den Bergen verbringen können. Außerdem reißt mir Ayda fast die Haut runter-die nehmen in Heimat-und Sachkunde gerade König Ludwig den Zweiten und seine Königsschlösser durch. Ayda will die jetzt alle besichtigen-und das mit mir, wo ich doch da überhaupt kein Interesse habe!“ erklärte er Ben und der musste schmunzeln. „Du, ob du´s glaubst oder nicht, mir gefällt sowas auch-ich stelle mir dann immer vor, wie ich mich damals wohl als König oder Schlossherr gefühlt hätte, wie ich meinen Blick über meine Ländereien schweifen lasse und solche Sachen-da kann ich Ayda´s Interesse voll nachvollziehen!“ erklärte er und Semir stöhnte auf. „Na klar der Herr-unsereiner wäre als Kind froh gewesen, ein eigenes Kinderzimmer zu haben, das man nicht mit zwei Geschwistern teilen muss und der noble Herr lässt seinen Blick über seine Ländereien schweifen!“ stichelte er und nun hielt Ben die Klappe. Mann, er konnte doch auch nichts dafür, dass er mit dem goldenen Löffel im Mund geboren worden war. Dafür hatte er nach dem frühen Tod seiner Mutter nie richtige Liebe erfahren-immer ging es bei seinem Vater nur ums Geld und die Firma, eigentlich erstaunlich, dass sie sich trotzdem wieder einigermaßen gut verstanden-da hatte es schon andere Zeiten gegeben.
Nun erzählte Ben seinerseits Semir von dem Zoff mit Sarah. „Weißt du, eigentlich liebe ich sie immer noch wie am ersten Tag, aber diese blöde Putzerei regt mich auf. Sie hat schließlich die Putzfrau abbestellt-ist das mein Problem? Ständig mosert sie, ich soll meine Klamotten nicht auf den Boden werfen, den Tisch abräumen, oder sogar das Waschbecken putzen, da habe ich aber null Lust zu!“ regte er sich auf. Semir war nun erst mal still. Bevor Sarah bei Ben eingezogen war, war es nur zweimal die Woche kurz sauber gewesen-wenn unmittelbar zuvor die Putzfrau dagewesen war, sogar ihn hatte dieses Chaos manchmal aufgeregt, obwohl es ihn eigentlich gar nichts anging. Ben hatte immer Personal gehabt, das hinter ihm herräumte-so ganz verkehrt war der Vergleich mit dem Schlossherrn gar nicht gewesen. Um vom Thema abzulenken fragte er dann: „Wolltet ihr nicht zusammen wegfahren?“ aber da sah Ben starr zum Fenster raus. Oh je, das war nicht gut! Spontan fiel Semir ein, wie er seinen Freund auf andere Gedanken bringen konnte. „Hör mal, wenn du jetzt nichts vorhast in dieser Woche-möchtest du nicht mit uns ein paar Tage ins Allgäu fahren und mich bei den Schlossbesichtigungen unterstützen?“ fragte er und sogleich war Ben wieder guter Laune. „Mensch, tolle Idee-ich war da zwar als Kind schon überall, aber die Königsschlösser würden mich schon mal wieder interessieren-mal sehen, ob Ayda und ich dich Banausen noch ein wenig auf den Kulturtrip bringen können!“ stichelte er und nun musste Semir grinsen. „Abgemacht-ich hoffe, du kriegst noch ein Zimmer, aber sonst freuen wir uns auf unseren gemeinsamen Urlaub!“ erklärte er und nachdem er genau in diesem Moment rechts überholt wurde, drückte er aufs Gaspedal und sie holten, sozusagen als letzte Tat vor dem Urlaub, noch den Verkehrssünder heraus, belehrten ihn und verpassten ihm einen Strafzettel.
Nach Dienstschluss fuhr Ben gleich noch mit zu den Gerkans, bei denen sich das Urlaubsgepäck schon im Flur stapelte. „Ich habe keine Ahnung, wo wir das alles unterbringen sollen!“ stöhnte Andrea, denn privat besaßen sie ja nur einen Kleinwagen. „Kein Problem!“ erklärte Ben und nachdem sie mit einem kurzen Anruf geklärt hatten, dass es durchaus auch für Ben noch ein Zimmer gab-natürlich zum Regulärpreis- versprach er am nächsten Morgen gegen acht vorbeizukommen und einen Teil des Gepäcks und vor allem Ayda dann mit seinem Oldtimerporsche mitzunehmen. Die begann schon vor Freude und Aufregung von einem Fuß auf den anderen zu hüpfen und strahlte: „Au ja, Onkel Ben fährt mit uns in Urlaub-und ich darf vorne sitzen!“ und damit war die kommende Woche schon verplant.