Semir sah Kim Krüger an. „Hab ich etwas angestellt?“ wollte er von ihr wissen. Doch sie sagte nichts und stand nur mit verschränkten Armen und ernster Miene neben dem Schreibtisch. „Herr Gerkan, es geht um die Schießerei an der Raststätte „Nievenheim“. Ich denke Sie erinnern sich daran oder?“ wollte die Staatsanwältin wissen. Semir nickte. „Können Sie mir sagen, was dort passiert ist?“ bat Isolde-Maria Schrankmann. Semir fühlte sich unwohl. „Nun ja, wir wollten dort eine Kleinigkeit essen und als wir ausgestiegen waren, sahen wir die bewaffneten Räuber und forderten sie auf, sich zu ergeben. Doch sie schossen auf uns. Wir haben das Feuer erwidert. Aber das steht doch alles im Bericht!“ stieß Semir aus. Er kam sich vor, wie in einem Verhör. „Und was ist mit der unbeteiligten schwangeren Frau, die getroffen wurde?“ hakte Schrankmann nach. „Die Kugel, die die Frau verwundet hat, stammt aus Ihrer Waffe!“ hängte sie an. Semir sprang auf. „WAS?“ kam ungläubig von ihm. „Das Projektil ist ballistisch untersucht worden. Sie stammt aus Ihrer Dienstwaffe!“ wiederholte Schrankmann. Semir sah Frau Schrankmann ungläubig an. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sein Herzschlag beschleunigte sich. „Aber ich habe nicht auf sie geschossen! Ich habe nur das Feuer erwidert! Sie war nicht mal in der Schusslinie. Das muss ein Irrtum sein.“ Semir war verwirrt. „Die Frau ist in der Nacht verstorben.“ sagte Kim nun. Semir sah sie an. „Was soll das heißen? Dass ich sie getötet habe?“ wollte er wissen. Kim nickte. „So wird es in der Anklage stehen. Kann es sein, dass ein Querschläger die Frau getroffen hat?“ wandte sie sich an die Staatsanwältin. „Die Untersuchungen laufen. Aber selbst wenn. Es steht fest, dass die Kugel aus Herrn Gerkans Waffe stammt und Herr Dr. Merkmannsbruch hat im Namen seines Mandanten Martin Gruber ein Dienstaufsichtsverfahren gegen Sie eingeleitet. Herr Gruber sagt aus, dass Sie gezielt auf seine Frau geschossen haben.“ erklärte Schrankmann. „Bitte was? Das…das ist nicht wahr! Das müssen Sie mir glauben! Fragen Sie Ben! Er weiß das es nicht wahr ist!“ forderte Semir verzweifelt auf. „Herr Jäger wird auch noch vernommen, aber bis wir diese Angelegenheit geklärt haben, sind Sie vom Dienst beurlaubt!“ legte Isolde-Maria Schrankmann fest. „Bitte übergeben Sie mir Ihre Waffe und den Dienstausweis!“ forderte sie ihn auf. Semir zog seine Waffe und seinen Ausweis und knallte die Sachen auf den Tisch. Er drehte sich um und ohne ein weiteres Wort verließ er das Büro.
Ben sah wie Semir wild gestikulierte und nur wenig später wütend aus dem Büro kam. „Was ist denn los?“ wollte er von seinem Freund wissen, doch dieser sagte nichts. Er zog seine Jacke an und verließ das Büro ohne auf Bens Frage einzugehen. Etwas verwundert stand Ben da und sah ihm nach. Dann wollte er hinterher. „Herr Jäger!“ hielt Kim Krüger ihn auf. „Kommen Sie bitte zu mir!“ forderte sie ihn auf. Ben sah noch einmal in die Richtung in die Semir gegangen war. „Oh, das hört sich nicht gut an…“ meinte Susanne nur. Ben sah sie an und ging zu Kim Krüger ins Büro. „Was war denn mit Semir?“ wollte Ben wissen. „Es geht um die Schießerei auf dem Rastplatz „Nievenheim“. Herr Gruber hat durch seinen Anwalt eine Anzeige wegen Mordversuch gegen Herrn Gerkan erstattet. Semir ist suspendiert bis diese Angelegenheit geklärt ist. Nach Angaben von Herrn Gruber soll er gezielt auf dessen Frau geschossen haben.“ gab Kim von sich. Ben sprang auf. „Das ist nicht wahr! Als wir ankamen fielen Schüsse und wir haben sie erwidert. Frau Gruber haben wir doch gar nicht gesehen. Erst als die Täter gestellt waren hat Semir die Frau gefunden. Ihr Mann hatte um Hilfe gerufen. Semir hat ganz sicher nicht auf die Frau geschossen!“ widersprach er. Kim nickte. „Das mag aus Ihrer Sicht so gewesen sein. Aber sicher ist auch, dass die Kugel die Frau Gruber verletzt hat aus Semirs Waffe stammt.“ gab sie zu verstehen. „Dann…dann ist sie von einem Querschläger getroffen worden. Das war aber ganz sicher nicht Semirs Absicht! Das müssen Sie mir glauben! Warum sollte er denn auf die Frau schießen?“ stellte Ben die Gegenfrage. „Hatten Sie ihn denn immer im Auge?“ wollte Schrankmann wissen. „Nein, ich musste mich ja auch verteidigen. Aber ich kenne Semir! Er schießt nicht einfach Leute über den Haufen! Wollen Sie ihm was anhängen?“ fauchte Ben wütend. Kim sah ihn mahnend an. „Ben…ich bitte Sie. Frau Schrankmann muss der Sache nachgehen. Semir wurde suspendiert bis der Fall geklärt ist.“ nahm Kim nun die Staatsanwältin in Schutz. Diese atmete tief ein. „Ich weiß dass Herr Gerkan im Augenblick eine schwere Zeit durchmacht. Die Trennung von seiner Familie… Es ist sicher nicht einfach. Vielleicht hat er die Nerven verloren und auf die Frau geschossen. Fakt ist, dass Frau Gruber unbewaffnet war und ihr Mann aussagt, dass er gezielt auf sie geschossen hat. Und Fakt ist auch, dass die Frau an ihren Verletzungen gestorben ist. Das ist ein gefundenes Fressen für die Presse, wenn es herauskommt. Wenn wir jetzt nicht professionell handeln, dann wird der Anwalt diesen Fall publik machen.“ mahnte sie. „Dann verhängen Sie doch eine Nachrichtensperre bis der Fall geklärt ist! Die Presse wird Semir zerreißen!“ fauchte Ben wütend. „Dann würde es auch negative Schlagzeilen geben. Die Presse könnte dann nämlich darauf kommen, dass die Staatsanwaltschaft den Polizisten schützen will und dass unschuldige Bürger über den Haufen geschossen werden.“ erklärte Schrankmann. Ben wusste dass sie Recht hatte. Die Presse würde sich den Fall so drehen wie sie es brauchten. Er stand auf. „Okay….ich werde mich um Semir kümmern. Und zwar bevor die Presse heraus findet wo er wohnt!“ stieß er aus und verschwand.