Wellness ganz anders
Es war März geworden. Hinter Ben und Sarah, seiner Freundin, lag eine aufregende Zeit. Ein halbes Jahr vorher war Ben entführt und gefoltert worden, aber inzwischen waren seine Verletzungen soweit ausgeheilt, dass er ab sofort wieder mit Semir auf die Autobahn durfte. Im Innendienst war er schon länger, weil ihm zuhause die Decke auf den Kopf fiel. Sarah war nämlich aus einem besonderen Grund ebenfalls nicht in der Arbeit-die beiden bekamen ein Baby!
Als Intensivkrankenschwester war Sarah sofort nach Bekanntwerden der Schwangerschaft von der Arbeit freigestellt worden, weil an diesem Arbeitsplatz eine erhöhte Infektionsgefahr bestand und außerdem hatte sie sich drei Monate lang die Seele aus dem Leib gekotzt. Obwohl sie ja sowieso schlank war, hatte sie abgenommen und Ben hatte sich große Sorgen um sie und seinen Nachwuchs gemacht. Aber nachdem die verflixten ersten drei Monate vorbei waren, war es ihr von einem Tag auf den anderen wieder gut gegangen, sie konnte alles essen und drin behalten und ganz langsam begann man nun etwas zu sehen, von dem ersehnten Babybäuchlein.
In der PASt herrschte auch große Erleichterung, dass Ben wieder in den Außendienst durfte, denn keiner hatte die hungrigen Blicke mehr ertragen können, mit denen er Semir bedachte, wenn der mit wechselnden anderen Partnern, meist Jenni oder Bonrath, auf Streife ging. Er hatte zwar brav seinen Schreibtischjob gemacht, dabei seinen Fuß, der nach einem Riss der Achillessehne anfangs in einem Spezialstiefel steckte, hochgelegt, aber man hatte gemerkt, das war nicht Seines! Seit acht Wochen durfte er mit Lauftraining beginnen und nun war es soweit-er war wieder komplett gesundgeschrieben! Er freute sich wie ein kleines Kind, als er zum ersten Mal hinter dem Steuer seines Mercedes saß und gleich beim ersten Einsatz lieferte er sich eine fernsehreife Verfolgungsjagd mit einem Verkehrssünder, der rechts überholt und gedrängelt hatte. Semir klammerte sich unmerklich an seinem Sitz fest, puh-einerseits hatte er es schmerzlich vermisst, mit seinem vertrauten Partner auf Streife zu gehen, aber der war nun dermaßen ausgehungert nach Action, dass es schon fast wieder gefährlich wurde.
Nach der ersten Einsatzwoche beruhigte sich die Lage und der Alltag kehrte ein.
Semir hatte eine kleine Ehekrise hinter sich und hatte beschlossen, dass er sich nun vermehrt um seine Andrea kümmern und nicht immer den Beruf in den Vordergrund stellen würde. „Weißt du Ben-so sehr wir unsere Arbeit lieben- aber die Familie und die Kinder, das ist doch das, was bleibt!“ erklärte er ihm und Ben pflichtete ihm mit einem glücklichen Grinsen bei. Am nächsten Morgen waren sie kaum losgefahren, da sagte Semir: „Ben, halt doch mal da vorne beim Reisebüro an, ich muss schnell ein paar Prospekte holen!“ bat er und Ben machte das verwundert. Als Semir mit einem Stapel Broschüren zurückkam, sagte er abfällig: „Wer bucht denn heute noch was im Reisebüro, wozu gibt’s Internet?“ und Semir sagte: „Das darfst du gerne machen, aber ich trau der Sache nicht so. Lieber zahl ich ein paar Euro mehr und dann klappt das auch mit dem Wellnessurlaub!“ Nun sah ihn Ben verwundert an und grinste: „Du willst mir doch nicht sagen, dass du mit Andrea auf Wellness fährst? Ich glaube du wirst langsam alt-da gehen doch eh nur Frauen hin-da wirst du der einzige Mann unter 100 Weibern sein!“ und Semir erwiderte frech: „Na das wäre dann ja gut, aber weißt du, Andrea wünscht sich das schon sehr lange so sehr, dass nur wir alleine ohne Kinder zusammen wegfahren und jetzt habe ich übernächste Woche Urlaub, meine Schwiegereltern ziehen bei uns ein und beaufsichtigen die Mädels und da gilt es. Andrea musste wegen mir schon auf so viel verzichten, jetzt machen wir das, was sie möchte und das ist eben ein Wellnessurlaub!“ und nun sagte Ben nichts mehr, denn Recht hatte Semir!
Als Ben abends nach Hause kam, hatte Sarah etwas Schönes gekocht und während sie aßen, erzählte Ben von Semir´s Urlaubsplänen. Ein sehnsüchtiger Ausdruck erschien in Sarah´s Gesicht. „Mensch, so ein Wellnessurlaub würde mir auch gefallen. Mal ein paar Tage nur verwöhnt werden, das kann ich mir sehr erholsam vorstellen!“ träumte sie und so kam es, dass Ben am nächsten Morgen, kaum dass sie auf Streife unterwegs waren, ganz unschuldig fragte: „Äh, Semir, habt ihr euch eigentlich schon entschieden, wo ihr in Urlaub hinfahrt?“ und Semir erzählte, dass sie sich ein kleines Vier-Sterne-Hotel im Bayerischen Wald ausgesucht hatten. „Das liegt direkt am ehemaligen Eisernen Vorhang, die Broschüre sieht sehr ansprechend aus und die Bewertungen im Internet, die wir dann nachgeschaut haben, waren auch alle sehr gut!“ erklärte er. Und nun ließ Ben die Bombe platzen: „Würde es euch viel ausmachen, wenn Sarah und ich mitfahren?“ fragte er und nun war es an Semir, ihn verwundert anzuschauen. „Ich dachte, du hältst nichts von Wellness und das wäre nur was für Frauen?“ fragte er, aber Ben schlug die Augen zu Boden: „Du weißt doch, ich kann Sarah einfach keinen Wunsch abschlagen und sie möchte jetzt eben auch so gerne auf Wellness!“ sagte er und so kam es, dass Ben ebenfalls bei Frau Krüger vorsprach und um eine Woche Urlaub bat, die ihm auch genehmigt wurde.