Semir kam zum ausgemachten Zeitpunkt im Hotel an. Hintersteiner wartete schon in der Eingangshalle auf ihn und die Dame an der Rezeption war heilfroh, dass sie nun endlich erlöst war. Hintersteiner hatte ihr nämlich viel erzählt, aber aufgrund seines doch sehr extremen Dialekts hatte sie nur die Hälfte davon verstanden! Hintersteiner hatte eine helle Stoffhose, ein unifarbenes Hemd und eine leichte Jacke an und sah nun aus, wie jeder andere Tourist. „Warum sind sie eigentlich in Uniform hergefahren?“ wollte Semir wissen. „Weil wir in Bayern dann für die Bahnfahrt nichts bezahlen müssen!“ erklärte Hintersteiner. „Die Bahn sieht nämlich da einen Sicherheitsvorteil, wenn ein uniformierter Polizist im Abteil ist und ich denke, da haben sie durchaus Recht!“ erklärte er. „Aber jetzt mag ich nicht mehr von der Arbeit reden-morgen ist Freitag, da werde ich meine Vernehmungen machen, auch bei ihnen und ihrer Frau, wenn es möglich ist, Gerkan-aber heute ist Feierabend und wann ich zurückfahre steht auch noch in den Sternen, denn ich habe ab Montag Urlaub und trage mich mit dem Gedanken, den einmal im Norden zu verbringen!“ sagte er und Semir fragte: „Ach, wollen sie an die See fahren?“ aber Hintersteiner schüttelte milde lächelnd den Kopf. „Nein, hier in Köln-damit sie´s gleich wissen, wir befinden uns hier nördlich des Weißwurstäquators, der im Kopf vieler Bayern durch die Donau, gut bei manchen auch durch den Main, gebildet wird. Streng genommen ist bei uns jeder ab dem Donaunordufer ein Preiss-das hat nichts mit dem Königreich Preußen zu tun, sondern ist einfach eine Bezeichnung für Nichtbayern!“ erklärte er und Semir machte sich bereit, während sie schon Richtung Dom schlenderten, noch viel Wissenswertes über Bayern und den Rest der Welt zu erfahren!
Der Chemiker war zufrieden. Er würde jetzt ein paar Tage still halten, denn er musste wenn, dann die beiden Polizisten mit Familien an einem Abend erledigen. Wenn er sich nur einen vornahm, würde der andere vielleicht misstrauisch werden und mit seiner Familie untertauchen. Er malte sich schon aus, wie er die beiden quälen würde und ein Hochgefühl ergriff von ihm Besitz. Es gab nichts Schöneres, als ein perfektes Verbrechen zu planen!
Wie Semir schon vermutet hatte, war Hintersteiner nicht nur an der Besichtigung der Sehenswürdigkeiten interessiert, sondern vor allem an der Kölner Gastronomie. Nachdem sie am Rhein entlang gelaufen, durch verwinkelte Gässchen geschlendert waren und den Dom von außen angeschaut hatten-inzwischen war es nämlich so spät, dass er nicht mehr für Besichtigungen geöffnet war-landeten sie irgendwann im urigen Gaffel-Brauhaus, das Hintersteiner direkt nach seiner Ankunft aufgefallen war. „Mei, hob i´jetzt an Durscht!“ hob er an und Semir betrat hinter ihm das Lokal, in dem die Hölle los war. Sie quetschten sich an einen Tisch und der Bayer trank nun das erste Kölsch seines Lebens. Mit einem Zug leerte er das 0,2er Glas und nahm beim nächsten Durchgang des Kellners dem gleich zwei Gläser vom Tablett, oder vielmehr dem speziellen Kölschgläserhalter. „Nicht schlecht das Bier, aber ihr braucht hier ordentliche Gläser, da verdurstet man ja beim Trinken!“ moserte er. „Gerkan, halten sie sich ran-ihre Zeche geht auf mich!“ forderte er dann Semir auf und so begann der feuchtfröhliche Abend, wie Semir schon kommen gesehen hatte. Auch echte Kölner Spezialitäten gab es zu essen und nach zwei Stunden waren Semir und Josef per du. Hintersteiner unterhielt den ganzen Tisch, aber irgendwie mochte Semir den urigen Bayern.
Irgendwann gingen sie dann leicht schwankend Arm in Arm zu Hintersteiner´s Hotel zurück und Semir leistete sich ein Taxi nach Hause. Während sie noch gemeinsam darauf warteten, dass das kam, sagte Josef: „Also hier gefällt´s mir, ich werde meinen Urlaub nächste Woche definitiv in Köln verbringen!“ und Semir nickte. Sie verabschiedeten sich und als Semir wenig später nach einer notdürftigen Katzenwäsche ins Bett fiel, begann er nach kurzer Zeit so zu schnarchen, dass Andrea sich das Kissen über die Ohren zog und eine ganze Weile brauchte, um wieder einschlafen zu können.