Die heutige Folge "Familienfest" von Alex Dierbach stellt die letzte Folge "Die Geisel" mehr als deutlich in den Schatten. Zwar scheint man auch diesmal zum Sparen verdonnert gewesen zu sein (nicht einmal einen Anfangsstunt hat es gegeben), und doch ist die Folge um Längen spannender, und auch emotionaler als es "Die Geisel" auch nur im Ansatz war, und beweist erneut wie viel ein Regisseur aus einer ziemlich einfachen Story noch herausholen kann. Die Kunst den Zuschauer in die Geschichte hineinzuversetzen.
Mich hat überrascht, wie sehr man in den ersten 2-3 Minuten von der Komik Gebrauch gemacht hat. Das hätte ich nicht unbedingt erwartet, und doch musste ich über manche Sprüche herzhaft lachen. Situationkomik vom feinsten, auch wenn der Gag mit Semirs Sitz schon etwas alt ist. Das Geplänkel zwischen Semir und Alex wirkte so, als würden sie sich schon ewig kennen. Gleichzeitig komme ich aber auch zum ersten, und quasi auch einzigen Kritikpunkt. Nämlich, dass es mal wieder gar keinen Bezug zur Autobahn gegeben hat.
Dass es (erstmals seit 1996/1997 ?) keinen Anfangsstunt gegeben hat, verkrafte ich zwar problemlos, allerdings ist zu hoffen, dass die Zuschauer mit den Quoten-Messgeräten dies auch tun.
Alex Brandt: Heute noch besser als je zuvor. Spitze. Die Verhörszene ist einfach köstlich, wenn auch es gleichzeitig etwas unrealistisch ist, dass Jenny und Krüger nicht schon eher eingegriffen haben. Vinzenz spielt die Rolle einfach überragend. Vor allem seine Mimik ist sensationell. Die Nebenstory um seine Vergangenheit ist perfekt in die Folge eingebaut. Richtig toll auch die Szene in Alex´ Wohnung, als er Besuch von Frau Krüger bekommt. Sehr stark umgesetzt. Der Zuschauer wartet quasi darauf, dass Alex sich Frau Krüger anvertraut, und doch bleibt er stumm und lässt auch den Zuschauer weiterhin im Dunkeln tappen. Auch das Ende ist sehr dramatisch und lässt die Neugier auf das Staffelfinale noch größer werden. Vor allem dramaturgisch perfekt dargestellt.
Semir-Andrea: Es schleppt sich. Wer auf ein (glückliches) Ende der Beziehungskiste Semir-Andrea-Robert, zu Gunsten von Semir gehofft hatte wurde heute wohl erstmal enttäuscht. Auch wenn Semir und Andrea sich so nahe waren wie lange nicht mehr. Erneut wurde für diese Storyline mindestens ein Viertel der Sendezeit verwendet. Es war wohl dosiert, und doch ist irgendwie zu hoffen, dass man demnächst mal einen Schritt weiterkommt.
Der eigentliche Fall: Tja. Woraus besteht die Story des Kriminalfalls in dieser Folge? Nicht aus besonders vielem. Ein Menschenhändler, der aus einem Menschen (in diesem Fall Andrea) eine Information herauspressen will und ihn deswegen jagt, koste es was es wolle. Was aber macht den Unterschied zu "Die Geisel", eine Folge die ebenfalls schon einen 0815 Plot als Grundlage hatte? Sehr richtig: a) Eine absolut hervorragende Regiearbeit an erster Stelle. Alex Dierbach lässt den Zuschauer von Anfang an näher an die Charaktere heran. Dadurch entsteht die Spannung, den Drang wissen zu wollen wie es weitergeht. Dazubeitragen tut: b) Die Kameraarbeit: hervorragende spektakuläre Aufnahmen. Trotzdem sind wir, wie letzte Woche, schon wieder im Wald unterwegs, und doch ist die Bildsprache eine komplett andere, unter anderem auch durch: c) Die Schauspieler: Eine hervorragende Carina Wiese, die die Ängste von Andrea sehr überzeugend gespielt hat (hat ja mittlerweile auch schon einiges an Erfahrungen in dieser Rolle sammeln können), und ein sehr starker Murathan Muslu, der dem Bösewicht quasi nur durch sein überzeugendes und heuchlerisches Spiel mehr charakterliche Tiefe gegeben hat, als es das Buch je vorgesehen hatte. Perfekt dazu auch die teils exotischen Klänge im Hintergrund.
Die Emotionen wurden perfekt herüber gebracht und lassen vor allem in der 2. Hälfte der Episode den Zuschauer mitfiebern wie sonst nur selten. Natürlich durch das hervorragende Spiel von Carina Wiese, aber vor allem eben auch durch die starke Inszenierung. Man konnte quasi gar nicht näher am Geschehen dran sein, als es uns präsentiert wurde.
Für Stunts ist zwar wenig Platz, und doch entschädigt die grandiose Kameraführung in allen spannenden Passagen der Folge und vor allem bei der Verfolgungsjagd am Ende, mehr als genug. Insbesondere der mehrmals in Slomos in Szene gesetzte Alex Brandt...Gänsehaut!
9 von 10 Punkten!