Gegen Mittag stand Semir auf der Matte. Ben begrüßte ihn mit einem breiten Grinsen und schlug ein, als der ihm die Hand bot. „Hi Champ-bist du mal wieder von der Schippe gesprungen!“ sagte Semir burschikos und rau, aber sowohl Sarah als auch Ben bemerkten die Rührung in seiner Stimme. Am Vortag hatten Sarah, Semir und Lisa viel Zeit gehabt, miteinander zu sprechen und so wusste Sarah genauestens die Abläufe der letzten Tage und was nacheinander vorgefallen war. „Semir hat Tim und mich aus den Händen der Haug-Brüder befreit-ich würde nicht mehr so unversehrt da stehen, wenn er und Hartmut nicht eingegriffen hätten-und was die mit Tim angestellt hätten-ich mag gar nicht dran denken!“ hatte Lisa ihr verraten und natürlich hatte Sarah das im Laufe des Vormittags auch Ben erzählt.
Zudem waren nacheinander mehrere Visiten gekommen, die Herzchirurgen hatten genauestens mit Ultraschall die korrekte Drainagenlage kontrolliert, der Wirbelsäulenchirurg seine Wunde nochmals begutachtet und auch gleich die Drainagen entfernt, was Ben beinahe dazu gebracht hätte, ihm an die Gurgel zu gehen, wenn er nur ein bisschen beweglicher gewesen wäre und auch die Viszeralchirurgen hatten die Bauchwunde besichtigt. „Mann so langsam müssen die doch jetzt jeden Zentimeter von mir gesehen haben!“ beschwerte sich Ben bei Sarah, aber die hatte ihm beschieden, dass er jetzt vorsichtshalber die Klappe halten sollte, sonst könnte er sich von ihr eventuell auch noch Eine einfangen. „Statt rumzumosern sei mal lieber dankbar, dass du noch lebst-oder so daliegst wie Brami!“ sagte sie ein wenig ärgerlich und nun war Ben sehr still und nachdenklich-bis Semir kam. Der holte dann auch gleich sein Smartphone heraus und zeigte Ben und Sarah ein Video von Tim mit seinen Töchtern, das er erst vor einer halben Stunde gemacht hatte. Tim lag auf dem Bauch auf seiner Decke, strampelte und gluckste vor Begeisterung und Ayda und Lilly rollten immer wieder einen großen Ball auf ihn zu, den er mit noch unkoordinierten Bewegungen, aber immerhin, wieder wegrollte, was die Mädchen immer wieder mit Lob und Applaus bedachten, was Tim nur noch viel mehr zum Strahlen brachte. „Unser kleiner Sonnenschein!“ sagte Ben ergriffen, dem gerade eine einzelne Träne im Mundwinkel hing. „Und die Mädels hat er voll im Griff-ganz der Papa!“ fügte er dann frech hinzu und nun versetzte ihm Sarah einen gespielt empörten Nasenstüber. „Dir geht´s schon wieder viel zu gut!“ bemerkte sie und Semir schickte sie daraufhin zu sich nach Hause. „Ich habe schon gegessen, aber Andrea und die Kinder wollten warten und dann mit dir gemeinsam essen. Du siehst-Tim geht es gut und ich kann dir nur raten-beeil dich, dass die auch wirklich warten mit dem Essen und dir noch was übrig lassen-Andrea hat sich mal wieder selber übertroffen-allerdings habe ich auch meinen Beitrag dazu geleistet-ich habe die Zwiebeln geschnitten und den Tisch gedeckt!“ erklärte er stolz und mit einem kleinen Schmunzeln machte sich Sarah nun auf den Weg.
Semir setzte sich still neben Ben und fragte: „Tut es sehr weh?“ aber der schüttelte den Kopf. „Die haben mich schon abgedopt!“ sagte er, aber dann rückte er damit heraus, was er schon die ganze Zeit loswerden wollte. „Semir-ich wollte dir von Herzen danken. Du hast wieder mal dein Leben riskiert um mich und meine Familie zu retten und es ist dir gelungen. Ich hoffe das hier“ sagte er und ließ seinen Blick über die medizinischen Gerätschaften schweifen „ist bald vorbei und wir können wieder gemeinsam über die Autobahn düsen!“ und Semir sagte herzlich: „Das wünsche ich mir auch!“ und nun schloss Ben die Augen und schlummerte ein wenig ein.
Semir erhob sich nach einer Weile und trat auf den Flur. Er wurde magisch vom Nebenzimmer angezogen und nachdem niemand ihn daran hinderte, trat er an Brami´s Bett. Er dachte eigentlich der würde schlafen, denn er hing am Beatmungsgerät, hatte eine Magensonde und einige Infusionen neben dem Überwachungsmonitor, aber der hatte die Augen geöffnet und sah Semir mit so viel Hass im Blick an, dass der sich schleunigst zurückzog und wieder zu Ben eilte, der nun im Schlaf begonnen hatte, sich unruhig umher zu werfen. Semir betrachtete ihn stirnrunzelnd-der hatte so verdächtig rote Backen und als wenig später zwei Schwestern ins Zimmer traten um Ben zu betten und Blutgase abzunehmen, griff die eine zum Fieberthermometer und Semir, der gebeten worden war draußen zu warten hatte den richtigen Riecher gehabt-Ben hatte hoch aufgefiebert! Man legte ihm nun eine Temperatursonde die kontinuierlich das Fieber maß und breitete eine kühle Gebläsedecke über ihn, um die Temperatur zu senken. Semir nahm nun wieder neben dem Bett Platz, in dem sich Ben nun unruhig herumwarf und immer wieder unverständliche Sachen murmelte. Gerade als Semir beschlossen hatte nun Sarah zu verständigen, stand die vor ihnen und sah entsetzt auf den Monitor, der trotz Kühlung gerade 40,8°C anzeigte. „Ach Semir, ich befürchte es ist noch nicht vorbei!“ sagte sie unglücklich und holte einen kühlen Waschlappen mit dem sie Ben das Gesicht abwusch. „Übrigens-die Chefin hat bei euch zuhause angerufen-du sollst sie bitte kontaktieren-sie konnte dich ja übers Handy nicht erreichen!“ richtete sie dann noch aus und Semir nickte und ging aus dem Krankenhaus, um dort zum Telefon zu greifen.