Ben zog sein Handy aus der Hosentasche. Er vermied es immer dass Bruckner sah, welches doch teure neue Modell er hatte, denn das wäre seiner Tarnung sicher abträglich-aber da konnte er sich ja vorsehen! „Semir-ich habe neue Informationen!“ teilte er seinem Kollegen mit, der gerade ein wenig auf der Stelle trat und deshalb mit Jenni auf Streifenfahrt über die Autobahn unterwegs war. „Was hast du rausgefunden?“ fragte Semir, der sein Bluetooth aktiviert hatte und dabei ruhig weiterfuhr. „Gerade hatte Bruckner Besuch von einem etwa vierzigjährigen Mann in einem schwarzen Fünfer BMW mit dem Kennzeichen K-DL-590, kannst du mal schauen, wie der heißt? Auf jeden Fall ist das ein Freund Bruckner´s und einer der Mörder von Michael Putz-der andere ist, wie wir schon vermutet haben, Bruckner selbst. Allerdings weiss ich das nur über unsere Abhöranlage und das werden die Staatsanwaltschaft und der Richter nicht gelten lassen. Allerdings muss noch ein Speicherstick mit belastendem Material existieren. Bruckner und der andere Mann haben den gesucht aber nicht gefunden. Sie waren es die Heinze´s Wohnung auseinander genommen und die Kamera und den Laptop mitgenommen und angeblich zerstört haben!“ informierte er seinen Freund und der wiederholte laut das Kennzeichen, damit Jenni unterwegs auf dem Polizeitablet eine Halterabfrage machen konnte. Kurz darauf informierte Semir seinen Freund. „Der Mann auf den das Fahrzeug zugelassen ist heißt Lutz Dermold, ist einundvierzig Jahre alt und angeblich Versicherungskaufmann!“ teilte er ihm mit und wenig später hatte Jenni Ben ein Bild geschickt und der ihn darauf identifiziert.
Nun fiel Ben noch was ein. „Angenommen Heinze hätte tatsächlich Bilder von dem Mord an Putz geschossen, aber wie ist der danach zu seiner Wohnung gelangt? Er muss wohl dort gewesen sein, sonst hätte Bruckner die sicher nicht durchsucht-wenn ich das richtig verstanden habe und tatsächlich Bilder von dem Mord an Putz existieren. Wir haben das doch überprüft-auf Heinze war kein Auto zugelassen, aber wie war der mobil?“ fragte Ben und Semir versprach, gleich Susanne darauf anzusetzen und außerdem die Hexe zu befragen und schon er war an der nächsten Autobahnabfahrt abgefahren, um zu Aurelia´s Wohnung zu gelangen. Allerdings war Susanne ratlos, die sich gleich an die Arbeit machte, nachdem Semir sie darum gebeten hatte. „Auf einen Sven Heinze ist definitiv in Deutschland kein Fahrzeug zugelassen!“ teilte sie über Funk mit, aber da waren die beiden Polizisten schon an der Wohnung angekommen.
Wenig später läutete er an Aurelia´s Tür und es wurde auch gleich geöffnet. „Ich habe gerade noch einen Kunden-würden sie bitte noch einen Moment warten?“ bat sie Aurelia freundlich und komplimentierte die beiden Polizisten in ihre Küche, die genauso bunt, lebendig und ein wenig kramig wirkte wie der Rest der Wohnung. Sie wies auf einen flüssigkeitsgefüllten Krug auf dem Tisch in dem unten drin ein paar Steine lagen und stellte ihnen zwei Gläser hin: „Edelsteinwasser-wohl bekomms!“ sagte sie dazu und verschwand wieder zu ihrem Kunden. Jenni hatte sich mit offenem Mund in der ungewöhnlichen Behausung umgesehen und hatte auch binnen kurzem den schwarzen Kater auf dem Schoss, der sich schnurrend auf ihr niederließ und begann ihn zu streicheln. Aus dem Wohnzimmer hörte man murmelnde Stimmen und dann noch ein kurzes Singsang und wenig später fiel die Wohnungstür ins Schloss und Aurelia bat sie hinüber, wo sie sich aufs Sofa setzten.
Sofort flog der Rabe her, landete zu Jenni´s Füßen und besah sich mit schief gelegtem Kopf ihre Schuhbändel um die dann geschäftig aufzuziehen. „Lass den Unfug!“ sagte Aurelia liebevoll und lockte den Vogel auf ihre Schulter, wo sich der ruhig niederließ. „Frau Schmid“-begann Semir, aber die Frau unterbrach ihn: „Ich heiße für meine Freunde Aurelia!“ und Semir stellte Jenni kurz vor und kam dann zu seiner Frage. „Aurelia-wir haben uns gefragt wie Sven Heinze sich fortbewegt hat? Ist der auch alles mit dem Fahrrad gefahren oder hatte der eine andere Möglichkeit von A-nach B zu kommen?“ wollte er wissen und Aurelia erklärte ihm, wie sie das in ihrer Gruppe handhabten. „Aus umweltschützerischen Gründen teilen wir uns zu viert ein Fahrzeug. Jeder von uns hat einen Führerschein und die Kosten und Reparaturen tragen wir gemeinsam. Wir haben uns für einen gasbetriebenen Kleinwagen entschieden und der Einfachheit halber ist der auf denjenigen von uns vier zugelassen, der die niedrigste Versicherungsprämie bezahlt-Holger-der Mann der mit mir Sven´s Trauerfeier gestaltet hat. Wir besitzen vier Schlüssel und der Wagen hat ein Ortungssystem installiert-Holger ist ein wenig Elektronikbastler. So kann jeder von seinem Handy aus erstens sehen wo das Fahrzeug gerade ist und außerdem gibt man einfach ein, wann man das Auto braucht-bei Überschneidungen haben wir uns natürlich abgesprochen, aber das hat eigentlich immer geklappt. In der Nacht vor seinem Verschwinden hatte Sven das Auto und das stand dann wohl auf der Straße vor seinem Haus und wurde morgens dort von Holger, der es für den nächsten Tag reserviert hatte, ahnungslos abgeholt. „Wo ist das Auto jetzt?“ fragte Semir aufgeregt-vielleicht war darin der Speicherstick zu finden. „Zufällig steht es seit gestern vor meinem Haus, aber von uns überlebenden Drei hat es heute keiner gebraucht!“ erklärte sie und Semir erhob sich nun eilig. „Wir suchen etwas Wichtiges was sich vielleicht in dem Wagen befindet!“ sagte er und Aurelia stand ebenfalls auf und holte aus einer Schublade einen Schlüssel. „Dann schauen wir doch einfach nach!“ befand sie und die drei verließen die Wohnung und die Krähe durfte mit, während Otto, der sich gerade auf den Weg zu seinem neuen Freund gemacht hatte, enttäuscht zurück blieb.
Bruckner war derweil weggefahren und Ben machte nun mit der Reinigung der Katzentoiletten seiner absoluten „Lieblingsarbeit“ weiter. Gespannt wartete er darauf, dass Semir ihn zurückrief und ihm mitteilte, was er rausgefunden hatte.
Bruckner war inzwischen nach Hause gefahren und hatte seine beiden Schäferhunde geholt. Er fuhr extra einen größeren Kombi, damit hinten zwei Transportboxen Platz hatten. Eine Impfung und Routineuntersuchung beim Tierarzt war bei beiden fällig und so machte er sich auf den Weg zur Praxis in Leverkusen, die das Tierheim und auch seine privaten Hunde betreute.