Wenn die Vergangenheit dich einholt
Intro
Er rannte und rannte. Rannte so schnell er konnte. Bis seine Lungen schmerzen. Schneller und schneller. Immer schneller. Das Auto hinter ihm holte auf. Seine Gedanken rasten. Wohin nur? Wo verstecken? `Halte durch, nicht nachlassen`, spornte er sich selbst an. Doch seine Chancen standen fast aussichtslos. Da vorne war eine Brücke. Vielleicht konnte er die Böschung hinabklettern und so entkommen. Würden sie ihn weiter verfolgen? Er musste es riskieren. `Verdammt, die ist zu Steil! Vielleicht kann ich zur anderen Seite runter´. Er hatte die Brücke schon halb überquert, als der Motor hinter ihm aufheulte. Ein kurzes Gas geben und schon spürte er den Schmerz an seiner Seite, wurde kurz gegen das Geländer gepresst. Er schrie auf. `Das überleb´ ich nicht´, war sein letzter Gedanke. Kurz entschlossen packte er mit beiden Händen fest das Geländer, schwang sich mit letzter Kraft darüber und versank Sekunden später in den Fluten.
6 Stunden vorher
„Na, Semir, das war doch ein gelungener Abschluss. Soll´n wir noch einen trinken gehen?“, fragte Alex seinen Partner, der gerade ins Büro kam. „Ne du, lass mal. War ein langer Tag heute. Ich hau mich auf´s Ohr“. „Ach komm schon, Opa. Schlafen kannst du, wenn du tot bist. Ein Bier, das dauert auch nicht lange“, forderte Alex ihn heraus. Er wusste, dass auch Semir seit der Trennung von Andrea seine Abende meist allein verbrachte. Doch auf diesen Fall mussten sie wirklich anstoßen. Ihnen war es gelungen eine Bande dingfest zu machen, hinter der das LKA schon seit Wochen her war. Zufällig ist ihnen bei einer Routinekontrolle der Kopf der Bande in die Finger gekommen. Er wollte zwar türmen und es gab eine erbitterte Verfolgungsjagd auf der Autobahn, die sie allerdings ohne größeren Blechschaden beenden konnten. Zu guter Letzt wurde er verhaftet und wird seine gerechte Strafe bekommen. Auch hatte er gleich vor lauter Wut seine ganzen Anhänger verpfiffen, die dann wenig später ebenfalls verhaftet werden konnten. Semir und Alex hatten somit dafür gesorgt, dass die Straßen von Köln wieder ein wenig sicherer wurden.
„Na gut, dann los“, wollte sich Semir nicht lumpen lassen. Schließlich gehörte er noch lange nicht zum alten Eisen. Und so saßen die Beiden wenig später in einer Kneipe in der Innenstadt und stießen gemeinsam auf ihren Erfolg an. Sie unterhielten sich noch ein wenig und die Gläser wurden langsam leerer. „So, das war´s für mich Kumpel. Wir seh´n uns morgen wieder“, verabschiedete sich Semir, legte das Geld auf den Tresen und klopfte Alex noch freundschaftlich auf die Schulter. „Mach´s gut“, entgegnete Alex und sah seinem Partner noch nach, wie er die Kneipe verließ, „...und danke für das Feierabendbierchen“, rief er ihm noch zu. Was er allerdings nicht mitbekam, war, dass die Wirtin ihm in dem Augenblick, als er sich umdrehte, unbemerkt ein paar Tropfen klare Flüssigkeit in sein restliches Bier träufelte. Dies geschah im Bruchteil einer Sekunde, so dass auch keiner der anderen Gäste irgend etwas mitbekam. Alex schwenkte sein Glas kurz durch und kippte das Getränk in einem Zug hinunter. Danach drehte er das Glas zwischen seinen Fingern. Die Frage der Wirtin, ob er noch eines wollte, verneinte er allerdings. Er fühlte sich urplötzlich irgendwie nicht gut. Ihm wurde schwindlig und schlecht. Der Schweiß brach auf seiner Stirn aus. Er versuchte tief durchzuatmen, doch es wurde nicht besser. „Ist Ihnen nicht gut? Die Toilette ist dort hinten“, nahm er die verzerrte Stimme der Wirtin war. Desorientiert torkelte er nach hinten durch. Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Kaum hatte Alex die abgegrenzten Räume erreicht, brach er auch schon auf den Fliesen zusammen. Er bemerkte nicht, wie auch zwei Männer aufgestanden waren und ihm unauffällig nach hinten folgten.