Erik sah, wie der Polizist zu Boden ging und verzweifelt versuchte aufzustehen, aber Pavel kniete jetzt auf ihm. Erik schloss die Augen. Was sollte er nur tun? Am sichersten war, hier einfach liegen zu bleiben und sich tot zu stellen, bis sich eine Gelegenheit zur Flucht ergab. Aber dann hörte er den Vater des Mädchens schreien und das ging Erik durch Mark und Bein. In diesem Schrei lag soviel Verzweiflung, Angst und Qual, dass ihm ein kalter Schauder überlief und wenn er daran dachte, wie das Kind schreiend verbrennen würde...nein, er musste etwas tun, sonst würde ihn das sein ganzes Leben verfolgen.
„SIEH GEFÄLLIGST HIN!“ brüllte Toni Semir an, der sich wegdrehen wollte. Er packte ihn am Kinn und drückte dessen Kopf in die Richtung des Audi. Doch bevor er den glühenden Zigarettenstummel in das ausgelaufene Benzin schnipsen konnte, sah er aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Ehe Koslowski reagieren konnte wurde er umgerissen und gleichzeitig schloss sich eine Faust um seine Hand, die die Zigarette hielt. Toni schrie mehr vor Überraschung als vor Schmerz, als er auf den Boden stürzte und sich die brennende Kippe in seine Handfläche brannte. Pavel war ebenfalls vollkommen überrascht, als Erik sich plötzlich auf seinen Boss stürzte, aber er konnte nicht aufstehen und ihm helfen, sonst wäre der Bulle frei gekommen. Er sah sich zu Sascha um, der wie eine Salzsäule da stand und schrie ihn an. “Tu endlich was!“ Dieser zog seine Waffe und zielte. Sein Boss und Erik rangelten auf dem Boden und Sascha traute sich nicht zu schießen, aus Angst Toni zu treffen.
Erik hatte die Gelegenheit genutzt, als Toni und Pavel mit dem angeschossenen Polizisten beschäftigt waren und sich auf die Beine gekämpft. Er dachte nicht mehr nach und handelte nur noch. Das Benzin durfte auf keinen Fall in Brand geraten. Erik ignorierte die Schmerzen, rannte und stürzte sich auf Koslowski. Er riss ihn mit sich zu Boden und beide rollten über den Asphalt. Toni war jetzt über Erik und griff mit der rechten Hand nach seiner Waffe im Gürtel, doch Erik packte dessen Hand und nun kämpften beide um die Pistole.
„Sascha, schiess endlich!“ keuchte Pavel, der trotz seiner Kraft Mühe hatte den kleinen Bullen auf den Boden zu halten.
“Ich hab kein klares Ziel!“
„Dann geh dichter ran, du Idiot!“
Erik spürte, wie Toni langsam die Oberhand über die Waffe bekam und aus den Augenwinkeln sah er jemanden auf sich zu kommen. Er würde verlieren! Koslowskis hatte das auch erkannt, sein Gesicht war direkt vor Eriks und der konnte deutlich sein Grinsen im Licht der Scheinwerfer erkennen. Das Grinsen wird dir gleich vergehen, dachte Erik, nahm den Kopf ein Stück zurück und ließ dann seine Stirn genau auf die Nase von seinem Boss knallen. Toni schrie auf und sah für einen Moment grellweiße Lichtblitze. Erik nutze die Chance, entwand ihm die Pistole und stieß Toni von sich. Im gleichen Moment merkte er, dass das ein Fehler gewesen war, als er einen Schuss hörte und einen brennenden Schmerz im Bauch spürte. Er riss dennoch die Waffe herum und zog den Abzug. Sascha taumelte ein paar Schritte zurück und ließ seine Pistole los, die klappernd auf dem Boden landete. Er sah auf seine Brust, wo sich ein roter Fleck bildete und immer grösser wurde. Dann sackte er auf die Knie und fiel nach vorn. Erik schwenkte die Waffe jetzt auf Toni, der gerade wieder auf ihn losgehen wollte. Dieser blieb sofort stehen, hob die Hände leicht an und sah kurz zu Pavel, in der Hoffnung, dass der etwas unternehmen könnte. Doch Pavel war immer noch mit dem Polizisten beschäftigt. Eriks Hand, die die Pistole hielt zitterte, denn die Schmerzen in seinem Bauch waren höllisch. Er presste die linke Hand auf die Wunde und spürte, wie das Blut durch seine Finger quoll, wenn er nicht schon am Boden liegen würde, dann wäre er jetzt sicher umgefallen. “Geh runter von ihm!“ quetschte Erik mühsam hervor und zielte jetzt auf Pavel. Die Worte kosteten ihm Kraft und er merkte, dass er immer schwächer wurde. Er hatte Mühe, die Pistole zu halten. Lange hielt er nicht mehr durch. Pavel bewegte sich nicht und sah ihn nur an. “Los...oder..ich knall..dich ab!“ kam keuchend von Erik und er sah, dass Toni einen Schritt auf ihn zukam. Er schwenkte die Waffenhand ein Stück und zielte jetzt auf seinen Boss, der sofort wieder stehen blieb, dann richtete er die Waffe wieder auf Pavel, der seiner Aufforderung immer noch nicht nach kam. Verdammt! Sie hielten ihn hin, denn sie wussten, dass er nicht mehr lange durchhalten würde. “SCHIESSEN SIE !“schrie der Polizist ihm zu. Erik merkte, wie ihm langsam die Sinne schwanden, er musste schießen, wenn er dem Mann helfen wollte. Sein Finger krümmte sich um den Abzug. Er sah noch Pavels Körper fallen, dann verlor er das Bewusstsein.
.