oha .... da scheint es ja tatsächlich einige Ermittlungsansätze zu geben
also Lucas scheint wirklich total verzweifelt zu sein und ich kann sein Verhalten auch nachempfinden
wobei das Wort "Krüppel" nehme ich ihm echt im Nachhinein betrachtet immer noch übel nehme
du schaffst es wirklich ein perfektes Drama zu beschreiben ... und das bei dir noch einiges zu erwarten ist, hast du mit der ersten Story bereits bewiesen
Beiträge von Mikel
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Die Nachrichten, die der Arzt über Lauras Gesundheitszustand für Lucas hat, sind ja dramatisch ... da kann ich verstehen, dass der Mann fast ausflippt.
bin gespannt, ob der Großvater etwas ausplaudert, was unserem Dream-Team bei den Ermittlungen weiter hilft -
Jeder Mensch trauert auf seine eigene Art und Weise um einen geliebten bzw. einen ihm Nahe stehendem Menschen. Ben trauert um Kevin und bei all den Gedanken, was die beiden Männer in der Zeit ihrer gemeinsamen Zusammenarbeit durchlebt hatten, waren da nicht nur die schlechten Zeiten, sondern was mich besonders emotional berührt hat, die Momente wo Kevin gelacht hat … lebensfroh war und scheinbar glücklich.
Vielleicht sollte gerade Semir Ben besser verstehen bzw. sich in seinen jüngeren Partner hineinversetzen können. Was hat denn unser Türke für eine emotionale Achterbahn nach dem Verlust von Tom und Chris durchlebt?
Nicht jeder kommt über den Verlust einer Person so einfach hinweg … geht über zur Tagesordnung … Der Schmerz über den Verlust will verarbeitet sein.
Was soll ich sagen, ein durch und durch gelungenes Kapitel, ein Spiegelbild von Bens Seelenleben. -
Als die Abenddämmerung einsetzte, fand Ben sich vor dem Haus, in dem sich die Wohnung seiner Freundin befand, wieder zurück im Hier und Jetzt. Ein Blick zur Uhr zeigte ihm, dass Anna noch zu Hause sein müsste. Er brauchte dringend jemand zum Reden, jemanden, der ihm das Gefühl gab, nicht der einsamste Mensch der Welt zu sein. Kurz entschlossen, parkte er sein Motorrad am Straßenrand und sprintete die Treppe hoch bis zur Dachwohnung. Nach zweimal Klingeln wurde die Tür geöffnet. Beim Anblick seiner Freundin schrak er zurück.
Anna hatte geweint. Ihr Gesicht war verquollen und die Augen rot unterlaufen. Sie schluchzte haltlos vor sich hin.
„DU?“, waren ihre einzigen Worte zur Begrüßung und ihm schwante nichts Gutes.Vergessen waren in diesem Moment all seine Probleme. Seine gesamte Aufmerksamkeit und Sorge galt seiner Freundin. So aufgelöst hatte Ben sie noch nie erlebt.
„Hey, mein Engel was ist los? Was ist passiert Anna?“, fragte er mitfühlend bei ihr nach. Er betrat die Wohnung, schloss die Eingangstür hinter sich und ging auf sie zu und wollte sie tröstend in den Arm nehmen.
„Geh weg! Fass mich nicht an!“
Fast schon aggressiv schleuderte sie ihm diese Bemerkungen ins Gesicht, bevor sie erneut gequält aufschluchzte.
„Anna, was ist los? …“
Trotz ihrer ablehnenden Haltung versuchte Ben erneut seiner Freundin zärtlich über das Gesicht zu streichen. Sie wich vor ihm zurück.
„Ich versteh DICH nicht. Was habe ich denn getan?“ er konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass hier ein neues Desaster auf ihm zukommt.Anna versuchte sich zu sammeln. Sie fasste in die Hosentasche ihrer Jogginghose und zog ein kleines goldenes Armkettchen hervor und hielt es Ben vor die Nase.
„Kennst du das?“, zischte sie ihn aufgebracht an, während das Kettchen in ihren Fingern tanzte.
„Ja klar, das hast du mir zu Weihnachten geschenkt. Wo hast du es gefunden? Du weißt doch, dass ich es seit dem letzten Besuch im Fitnessstudio vor unserem Urlaub vermisst habe!“Seine Stimme klang verwundert, was sich auch auf seinem Gesicht wiederspiegelte. Er verstand nicht, worauf Anna raus wollte. Mit fragenden Augen blickte er sie an. Doch der Gewittersturm, der anschließend über ihn hereinbrach, zog ihn förmlich den Boden unter den Füßen weg. Noch nie hatte Ben seine Freundin so außer sich vor Zorn erlebt.
„Kennst du eine Jessica Habermann?“
„Ja, klar kenne ich eine Jessica Habermann. Wir sind mal zusammen zur Schule gegangen. Aber was hat Jessi mit dem Armkettchen zu tun!“
Er konnte schon bei seiner Antwort erkennen, dass diese Anna noch mehr erregte.
„DU GIBST ES AUCH NOCH ZU!“, schrie sie ihn erbost an. „Du besitzt tatsächlich die Frechheit es zuzugeben!“
„Was Anna? … Was gebe ich zu? Erkläre es mir doch bitte!“, flehte er sie an.
Sie schnaufte tief durch und fauchte ihn erneut wütend an: „Du hast ein Verhältnis mit ihr Ben. Während du mir was von ewiger Liebe erzählst, hältst du dir nebenbei noch eine Freundin! …. So ein billiges Flittchen!“
„Bitte was? … Wie kommst du auf solch einen verrückten Gedanken? Wer erzählt dir so einen Mist Schatz? … Ja, ich hatte mal was mit ihr, während unserer Schulzeit und kurz danach … aber das ist schon eine gefühlte Ewigkeit her! Bitte glaube mir doch, du bist die Liebe meines Lebens, die Frau die ich schon immer gesucht habe. ….“
„HÖR AUF BEN!“, fiel sie ihm ins Wort. „HÖR AUF! … HÖR AUF!“ Anna presste ihre Hände auf die Ohren. „Lüg mich nicht an!“Ihre Augen blitzten ihn wütend an und der Erbteil ihres italienischen Temperaments kochte hoch und ging mit ihr durch. Sie stampfte zornig mit dem Fuß auf und hatte ihre Hände zu Fäusten geballt. Auf ihrer Stirn hatten sich tiefe Zornesfalten gebildet. Ihr Körper bebte vor Erregung und mit einer merkwürdig ruhigen Stimme fuhr sie fort.
„Sie war hier Ben. Diese Jessica Habermann war hier … Deine Ex oder noch Freundin war bei mir in der Wohnung! Sie hat mir das Schmuckstück gebracht. Du hast es bei deinem letzten Date mit ihr vor unserem Urlaub auf ihrem Nachttisch vergessen. Auf dem Kettchen steht ja eine Widmung für dich. Sie wollte mich vor der gleichen Dummheit bewahren, die sie gemacht hat!“Ben blickte seine Freundin immer verständnisloser an. Was war hier nur passiert? Ihre nächsten Worte trafen ihn wie Hammerschläge. Er wurde immer blasser.
„Sie hat mich darüber aufgeklärt, dass EIN Jäger niemals eine Frau heiraten würde, die nicht mindestens so viel Kohle auf dem Bankkonto hat, wie er selbst. Pscht sei ruhig!“ Er wollte ihr ins Wort fallen. „Oder bestreitest du, dass dein Vater und dein lieber Schwager Peter gegen unsere Beziehung sind, weil ich denen zu arm bin! Klar hat meine Familie nicht so viel Kohle, wie der große Baulöwe Konrad Jäger. Von der Geschichte mit dem Privatdetektiv reden wir mal gar nicht …Sag mir die Wahrheit Ben! … Wäre es mir so ergangen, wie dieser Jessica? …. Deine Familie war damals dagegen, dass du Jessi heiratest, obwohl sie von dir schwanger war?“ Sie sah wie seine Augen feucht glitzerten, Tränen sich ihren Weg über seine Wangen bahnten … und Anna empfand es als sein Schuldeingeständnis. „Ja, sie hat mir Fotos von eurem gemeinsamen Sohn gezeigt. Einen glücklichen Ben Jäger, der mit einem kleinen Jungen auf einem Spielplatz rumalbert, auf einem Bolzplatz Fußball spielt! Bestreite es nicht Ben! Wie konntest du mir das nur antun? … Wie konntest du nur? … War sie etwa die Frau, die letztes Jahr im Krankenhaus ständig nach dir gefragt hat? …“ Sie holte tief Luft. „Ich dämliche Kuh habe deinen Liebesschwüren, deinen Versprechungen geglaubt. Geh jetzt Ben, geh! Verlasse meine Wohnung! Ruf mich nicht mehr an! Da hast du deinen Schlüssel und gib mir meinen sofort! Deine Sachen bringt dir Anja vorbei! Und jetzt raus! … Raus! … Verschwinde!“ Ihre Stimme überschlug sich zum Schluss.
Anna warf ihm seinen Wohnungsschlüssel vor die Füße. Ben stand vor ihr, wie versteinert, zu keiner Regung fähig. Ihre Worte hatten ihn mitten ins Herz getroffen. Sie raubten ihn fast den Verstand. Er startete einen letzten Versuch mit ihr zu reden, beschwor sie förmlich
…
„Bitte Anna! Bitte hör mich doch an! … Es ist alles nicht so wie du denkst!“, flehte er sie an. Doch als Antwort erhielt er von ihr eine schallende Ohrfeige auf die Wange. Sie brannte wie Feuer… es brach ihm das Herz …
„HAU AB, Ben! RAUS! … RAUS! … Verschwinde aus meiner Wohnung! …Hau ab aus meinem Leben! …Was hast DU mir nur angetan!“Anna hämmerte mit ihren kleinen Fäusten wutentbrannt auf seine Brust ein. Jeder Satz traf ihn wie eine erneute Ohrfeige … brannte in seinem Herz … und taten so unendlich weh.
Er setzte nochmals zum Sprechen an und erntete als Antwort eine weitere Schelle. Seine Lippe platzte auf. Ein blutiger Geschmack breitete sich in seinem Mund aus. Das war zu viel für ihn. Ohne ein weiteres Wort bückte er sich, hob das Kettchen und seinen Wohnungsschlüssel auf. Tränen rannen über sein Gesicht, als er sich umdrehte und ihre Wohnung verließ.
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Überraschung am Morgen ... Welcome back Susan,
habe mich gefreut, als ich das neue Kapitel entdeckt habe
das Drama geht weiter! ... Ben geht es deutlich schlechter, als ich es in Erinnerung hatte ... das verspricht noch ein spannendes Kapitel auf der Intensivstation zu werden
Philipp Schneider wird der neue Bettnachbar von Ben, die beste Gelegenheit ein bisschen Psycho-Therapie mit Ben zu machen. Denn der braucht dringend Hilfe
Semir kann einem nur Leid tun. Mitten drin und doch ausgegrenzt durch das Verhalten von Ben
Elias ist tot ... na da bin ich gespannt, was sich Maria noch einfallen lässt, wenn sie vom Tod ihres geliebten Bruders erfährt. -
Ben hat ja richtig heftige Probleme bei der Trauerbewältigung .... ich hätte ja eher erwartet, dass Jenny in eine tiefe Lebenskrise stürzt. Doch jetzt Ben
Auch wenn ich aus persönlichen Erfahrungen weiß, dass die Emotionen bei einem Trauernden eskalieren können, ist das Verhalten von Ben schon wirklich krass.
Hmmm ... was steckt dahinter? .. Für mich gibt es da Fragen über Fragen? Was das in Ben ausgelöst?
War ein richtig tolles Kapitel von dir ... meine volle Anerkennung dafür -
So habe mir jetzt ein Kapitel nach dem anderen reingezogen
Also etwas muss ich dir lassen: Du schaffst es von Beginn an in deiner Geschichte Spannung einzubauen … und so fiese kleine Cliffhanger. Denke da an die Stelle, wen haben Florian und Matthias in dem Opfer erkannt?
Oha … ein Auto, das selbstständig den Tempomat einschaltet und die Geschwindigkeit drosselt … das kann mal richtig gefährlich werden … Wird da mehr draus?????
Manchmal ist es schön, wenn man mehrere Kapitel auf einen Streich lesen kann …
Ich finde es richtig gut, dass bei deiner Geschichte nicht der Superheld ist, der alles wegsteckt, sondern wie im richtigen Leben erlebt er bei der dramatischen Rettung von Laura einen Flashback nach dem andern … ich konnte mich so richtig in die Szenen hineinversetzen
Kein Plan, warum die Nordlichter die schönen süddeutschen Dialekte einfach nicht verstehen … war nach den Emotionen vorher ein Stück zum Schmunzeln
Und Abschluss mit dem Ehemann … wirft mehr Fragen auf als sonst was
Bin gespannt, wie es weiter geht -
Zu Beginn des Gesprächs entschuldigte sich der Dunkelhaarige für den Ausraster am Morgen. Allerdings war er immer noch nicht bereit, mit Frau Krüger zu reden. Zu tief saß der Stachel in ihm drinnen, den ihr Misstrauen, ihre Vorwürfe und ihre Schuldzuweisungen in ihm hervorgerufen hatten.
Nach dem Telefongespräch erwachte in Ben der Wunsch, er wollte Julia besuchen. Vielleicht hatte er Glück und Peter war im Büro. Irgendwie brauchte er die Gewissheit, dass diese nicht weiter in Lebensgefahr schwebte, sondern weiter auf dem Wege der Besserung …
Hier erwartete ihn die nächste Enttäuschung. Sein Vater hatte verfügt, dass er bis auf weiteres Julia nicht besuchen durfte. Völlig erbost stürmte er aus der Uni-Klinik und rief seinen Vater außer sich vor Wut an. Er stand auf dem Besucherparkplatz neben seinem Motorrad. Ungeduldig wartete er darauf, dass sich Konrad Jäger am anderen Ende der Leitung meldete. Endlich erklang dessen Stimme.
„Ben hier!“ …
„Hallo Junge! … Es ist gerade unpassend! In fünf Minuten beginnt eine wichtige Besprechung!“ versuchte Konrad Jäger ihn geschäftsmäßig abzuwimmeln, denn er ahnte, warum sein Sohn ihn anrief.
„So nicht Papa! … So nicht! Spare dir diese Floskeln für deine Geschäftspartner auf. Du schuldest mir eine Antwort! … Warum darf ich Julia nicht besuchen?“ fauchte der Dunkelhaarige ins Handy.
„Tut mir leid Ben! … Julia braucht absolute Ruhe und ich kann es nicht riskieren, dass du und Peter nochmals an ihrem Krankenbett an einander geraten werdet. … Außerdem was hast du dir dabei gedacht Julia anzurufen? Du wusstest doch genau, dass sie kein Auto mehr fahren soll? … Warum?“, brummte Konrad Jäger gereizt zurück.
Ben schloss seine Augen und holte tief Luft. „Papa … bitte … wie oft denn noch? So glaubt mir doch endlich! Warum geht das nicht in deinen Kopf rein, ich habe Julia nicht angerufen!“ Vergeblich bettelte er … flehte er … seinen alten Herrn an, seine Entscheidung nochmals zu überdenken. Wenn er vor ihm gestanden wäre, wäre er auf die Knie gefallen und hätte ihn angebettelt.
„Nein!“, knurrte dieser als Antwort. „Es bleibt dabei! Julia entscheidet selbst, wann sie dich wiedersehen will. … Ich bin enttäuscht von dir mein Junge, maßlos enttäuscht. Ich hätte nie gedacht, dass du mich anlügst. Deine Schwester und ihr Baby in Gefahr bringen würdest. Wo bleibt denn dein Verantwortungsgefühl? Denn die Tatsachen sprechen eine andere Sprache. Egal was du behauptest! … Ich habe gelernt mich im Geschäftsleben an die Fakten zu halten, und jetzt lass mich in Ruhe! Ich habe ein Unternehmen zu führen!“
Konrad Jäger beendete das Gespräch und sein Sohn hörte nur noch das monotone tut …tut … tut … in der Leitung.
Sein angeschlagenes Nervenkostüm war sehr dünnhäutig geworden. Die Ansage seines alten Herren empfand er wie eine Tracht Prügel, die er sich als Unschuldiger eingefangen hatte. Seine bedrückenden Gedanken fingen an sich wie im Kreis zu drehen, aus dem er keinen Ausweg mehr fand. Angst … ja richtige Angst … vor dem was da auf ihm zukam machte sich in ihm breit. Das Gefühl eine Lawine, die aus Gewalt und Bedrohung bestand, würde sich unaufhaltsam auf ihn zu wälzen, drohte ihn zu überrollen, machte sich in ihm breit. Er musste raus … weg … einfach nur weg und dem Ganzen entfliehen. Völlig aufgewühlt fuhr Ben zuerst orientierungslos durch die Stadt und anschließend über die Landstraßen der Kölner Umgebung.*****
Der Polizist war so mit sich beschäftigt, dass er gar nicht bemerkte, wie ihm der schwarze Toyota RAV4 folgte. Im Wagen saßen zwei sehr ungleiche Männer. Der Fahrer hatte seine besten Jahre schon hinter sich gebracht. Die grauen Haare waren kurz geschoren und unterstrichen noch sein brutales Aussehen. Die dunkelgraue Cargohose zusammen mit dem schwarzen T-Shirt und der schwarzen Lederjacke verstärkten noch den Eindruck. Einige Narben zierten sein Gesicht, aus dem seine dunklen Augen hervorstachen. Auf dem Rücken seiner rechten Hand, mit der er das Lenkrad führte, war das Tattoo eines Skorpions. Es war das Erkennungszeichen seiner ehemaligen Einheit im Bosnienkrieg.
Remzi Berisha musterte seinen wesentlich jüngeren Beifahrer, der mit seinem Alter von Mitte zwanzig locker sein Sohn hätte sein können. Rashid legte sehr viel Wert auf sein äußeres Erscheinungsbild. Seine schwarzen Haare waren sorgfältig nach hinten gekämmt und zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Er bevorzugte eine modische Kleidung, die seine sportliche Figur zur Geltung brachte. Er war der Typ Mann auf DEN die Frauen flogen.
Seit Ben Jäger seinen sterbenden Vater in dem Hospiz besucht hatte, war der junge Mann am Ausflippen. Das Gespräch mit der Krankenschwester, die Rashid anschließend angerufen hatte, trug zusätzlich dazu bei, seinen Zorn zu schüren. Seine Augen glühten hasserfüllt auf.Der Boss hatte Remzi beauftragt, darauf zu achten, dass der junge Mann, der als Heißsporn galt, keine Fehler machte und damit das gesamte Vorhaben zum Scheitern brachte. Als der junge Mann das Gespräch beendet hatte, schimpfte er nur vor sich hin, bis es Remzi zu bunt wurde. Wütend blaffte er den Beifahrer an „Halt dein Maul Jüngelchen, sonst stopfe ich es dir. Wir halten uns an den Plan! Verstanden!“
Rashid äffte Remzi nach „Wir halten uns an den Plan … auf was warten wir noch? Dieser Jäger kommt uns schon verdammt nahe auf die Spur! … Wie lange sollen wir ihn noch an der langen Leine laufen lassen? Wie lange noch Remzi?“
„Lass ihn erst mal zu seiner Freundin.“ Über das Gesicht des Serben huschte ein hämisches Grinsen. Zu gerne, würde er bei der Unterredung der beiden jungen Leute Mäuschen spielen. „Und dann Rashid, …holen wir uns den Dreckskerl! Verstanden! … Der Rest läuft wie besprochen!“
Der Jüngere zog eine Schnute und gab sich geschlagen, was der Söldner mit einem wohlwollenden Grunzen zur Kenntnis nahm. Mit gebührendem Abstand verfolgten sie mit Hilfe des Peilsenders die weiteren Aktivitäten von Ben Jäger.
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das war ein richtig gutes Action-Kapitel, wie ich es aus deiner Feder liebe
Dieser Lucas ist ja eine kleine Kampfmaschine, der mich ein wenig an den "Transporter" erinnert
auf jeden Fall scheinen sich auf dem USB Stick sehr wichtige Daten befinden, wenn Menschen bereit sind, dafür zu töten. -
Um die Mittagszeit erreichte er mit seinem Motorrad die Räumlichkeiten der KTU. Die meisten Kollegen befanden sich in der Mittagspause. Der Rothaarige saß an seinem üblichen Platz und blickte völlig fasziniert in sein Elektronenmikroskop und machte sich nebenbei Notizen. Als Ben ihn ansprach, fuhr er erschrocken zusammen.
„Mensch Ben! … muss das sein!“ beschwerte Hartmut sich, den Rest seiner Zurechtweisung schluckte er lieber hinunter. „Oh mein Gott! Du siehst vielleicht scheiße aus!“
„Dann sehe ich wohl so aus, wie ich mich gerade fühle! Hast du was für mich?“, murmelte der Dunkelhaarige und schritt näher zum Kriminaltechniker hin. Hoffnung glomm in seinen Augen auf, die sofort wieder erlosch, als Hartmut die Frage beantwortete.
„Nein, tut mir leid Ben! Bernd hat sich Julias Wagen gründlich angeschaut. Ich selbst bin einfach nicht dazu gekommen du siehst ja, wie übervoll mein Schreibtisch hier ist. Und die Krüger …!“
Der Rothaarige wollte gerade ausholen und seinem Kollegen einen Vortrag über seinen Stress und die Gründe halten, warum er sich das Unfallfahrzeug nicht persönlich angeschaut hatte, als dieser ihm ins Wort fiel.
„Hartmut bitte! … ich habe dafür keine Zeit und keinen Nerv! Egal, was Bernd sagt, tue mir doch einfach den Gefallen und schaue dir das Fahrzeugwrack nochmal an. Ich glaube nach den Ereignissen der letzten Tage an keine Zufälle mehr. Vielleicht hat dein Kollege doch etwas übersehen! … Mir ist egal, was der Rest der Welt behauptet. Ich bin überzeugt, dass Julia keinen Unfall hatte, sondern es war ein Mordversuch! Verstehst du?“
Missmutig brummte der Rothaarige vor sich hin. Es war halt wie immer. Alles sollte er selbst machen, kein Vertrauen in die Fähigkeiten seiner Kollegen, auch wenn es ihm irgendwie schmeichelte, wieviel Ben von seinem Können hielt. Er musterte den Dunkelhaarigen eingehend.
„Hast du eine Ahnung, wer dahinterstecken könnte?“
Ben schloss die Augen und fuhr sich nachdenklich mit der Hand über das Gesicht „Nein, nicht wirklich! …Oder vielleicht ja … Es hat irgendetwas mit meiner Vergangenheit beim LKA zu tun. Wahrscheinlich steckt eine Mafia Familie aus Albanien dahinter! Doch ich brauche Beweise, verstehst du Hartmut … Beweise! Wer glaubt mir sonst? Angefangen bei der Krüger über Semir denken doch alle, ich spinne und drehe durch! “
„Okay … okay, ich habe es kapiert. Solange es nicht sofort sein muss! … Ich schaue mir das Fahrzeugwrack deiner Schwester nochmals an. … Versprochen!“
Der dunkelhaarige Kommissar kniff die Lippen zusammen und hielt einen Moment inne. Er wendete sich schon ab zum Gehen, auf halben Weg drehte er sich noch mal zu dem Rothaarigen um.
„Ich habe noch eine weitere Bitte Hartmut! Schau dich einmal in meiner Wohnung um. Das Telefon … mein Vater behauptet, ich hätte Julia von dort aus am Tag des Unfalls angerufen! … Nur ich war mit Semir zusammen unterwegs. … Und ich weiß nicht wieso, ich habe das Gefühl, dass dort jemand unerlaubt eingedrungen ist. Vielleicht findest du etwas. … Meine Nachbarin, Frau Müllender, lässt dich rein, wenn ich nicht da bin!“„Was hast du jetzt vor Ben?“ hallte die Frage von Hartmut in seinem Kopf. Der zornige Ausdruck in Bens Augen flößte ihm Angst ein.
„Ich werde das Schwein suchen, der für Julias Unfall verantwortlich ist … und noch ein bisschen mehr …. Und dann!“
Den Rest seiner Gedanken ließ er offen, wendete sich ab und ging zu seinem Motorrad, welches er draußen auf dem Besucherparkplatz abgestellt hatte.
Bens nächstes Ziel war das Hospiz- und Pflegeheim, in dem der alte Stojkovicz untergebracht worden war. Susanne hatte ihm zwischenzeitlich die Adresse per SMS zukommen lassen.Nach einer sehr heftigen Diskussion mit der grauhaarigen Pflegerin durfte er das Zimmer von Boris Stojkovicz betreten. Enttäuschung machte sich in ihm breit, als er den Sterbenden betrachtete. Mit geschlossenen Augen lag der ehemalige Mafia Boss in seinem Bett und wurde über eine Maske zusätzlich mit Sauerstoff versorgt. Die Krankenschwester hatte ihn schon eindringlich darauf hingewiesen, dass der Patient hoch dosierte Schmerzmittel verabreicht bekommen hatte. Dieser alte Mann war bestimmt nicht verantwortlich, für das was momentan geschah, wobei Ben es ihm jederzeit zugetraut hätte. Der ehemalige Klan Chef war nur noch ein Schatten dessen, was er vor acht Jahren einmal dargestellt hatte. Abgemagert bis auf die Knochen, eingefallen waren seine Gesichtszüge und ließen die große Hakennase noch mehr hervorstehen. Um den Kranken herum waren verschiedenste medizinische Geräte aufgebaut, die ihn mit dem Lebensnotwendigsten versorgten. Die Krankenpflegerin stand hinter ihm in der Zimmertür und fauchte den jungen Polizisten an.
„Und glauben Sie mir jetzt! Der alte Mann tut keiner Fliege was zu Leide! Der liegt im Sterben … und ist seit Tagen nicht mehr richtig ansprechbar gewesen! … Sind sie jetzt zufrieden! … Lassen Sie ihn in Ruhe! … Was sind Sie nur für ein Mensch, der einen Todkranken nicht einmal in Frieden sterben läßt!“Mit ihrem letzten Satz zog die Pflegerin Ben am Jackenärmel aus dem Zimmer. Dieser murmelte leise „Entschuldigung … ich hätte ihnen glauben sollen!“ und verließ das Pflegeheim.
Draußen lehnte er sich an sein Motorrad und dachte an die Ereignisse, die mittlerweile acht Jahre zurücklagen. Wie in einem Flashback spielte sich der damalige Einsatz vor Bens innerem Auge ab.
Obwohl die Bande von Kosovo Albanern damals keine Chance mehr zum Entkommen hatte, lieferten sie dem SEK und den Männern des LKAs eine blutige Schlacht. In den Reihen der Albaner hatte es viele ehemalige Soldaten und Söldner gegeben. Auch die Polizisten hatten damals einen blutigen Zoll für den Einsatz gezahlt. Der alte Mann und zwei seiner engsten Genossen hatten als Einzige den Zugriff überlebt. Während der Gerichtsverhandlung war er nur von Hass gegenüber den Behörden besessen gewesen und hatte Ben mehrfach blutige Rache geschworen. Bens Undercover-Einsatz hatte die notwendigen Beweise geliefert, um den Drogenhändlerring auffliegen zu lassen.
Was war aus dem Rest geworden? Saßen sie noch im Gefängnis? Im Laufe der Ermittlungen waren noch einige Bandenmitglieder verhaftet und zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Steckte diese albanische Mafia Familie dahinter? Wer lebte noch von denen? Dunkel glaubte sich Ben daran zu erinnern, dass dieser Boris Stojkovicz noch einen Sohn und einen Bruder hatte. … diese und viele weitere Fragen türmten sich in Ben auf und er beschloss erst einmal Susanne anzurufen und diese um ihre Hilfe zu bitten. -
Hallöchen ...
sorry, dass ich so lange nichts von mir hören lies ... ich bin noch als Leser dabei
ich bin noch nicht beim aktuellen Kapitel angelangt
nur etwas wage ich zu behaupten: die Geschichte ist spannend .. dramatisch ...
so und jetzt geht es weiter mit der Verfolgungsjagd von Alex und Ben -
so ich bin als Leser auch wieder dabei
das waren ja gleich mal zu Beginn zwei Kapitel, die es in sich hatten ...
Der Titel ist ja schon irgendwie geheimnisvoll und das erste Kapitel ist es auch ... spannend ... macht neugierig auf mehr
das zweite Kapitel ging ganz schön unter die Haut ... man kann förmlich spüren, wie Jenny unter dem Verlust leidet, ihren Schmerz ... ihren Kampf sich nicht in ihrer Trauer zu verlieren
der Verlust von Kevin scheint überall auf der Dienststelle Spuren hinterlassen zu haben ... die Reaktion von Ben ...
da ist einiges aus dem Gleichgewicht geraten ... ein super Kapitel ... Gänsehautfeeling pur -
Am darauffolgenden Morgen meldete sich die Sekretärin bei dem jungen Kommissar. „Guten Morgen, wo bist du Ben? Ich habe schon mehrmals versucht, dich in deiner Wohnung zu erreichen!“
„Vergiss es, Susanne! Es ist besser, du weist es nicht! Ich will dich nicht noch tiefer mit rein ziehen. Es reicht schon, dass ich meinen Job los bin.“ Er hielt einen Moment inne bevor er fortfuhr, „Hast du irgendwelche Informationen über diesen Albaner für mich?“ fragte er nach, während er sich auf dem Sofa, das im Proberaum stand, aufsetzte und die Zudecke zurück schob. Ben erhob sich, seine Körper fühlte sich steif und wie gerädert an. Er hatte schon bequemer geschlafen. Sein nächster Gang führte zum Kühlschrank. Zu später Stunde hatte er sich vergangene Nacht noch an einer Tankstelle ein paar belegte Brötchen und einen Tetra-Pack mit Orangensaft und Milch besorgt. Dabei lauschte er Susanne. Sie schnaufte am anderen Ende der Leitung deutlich hörbar durch.
„Was willst du zuerst hören die schlechten oder die richtig üblen Nachrichten?“„Fang an!“, forderte Ben Susanne auf zu sprechen. Böse Ahnungen stiegen in ihm hoch. Er stützte seine Handfläche auf die Oberkante des Kühlschranks.
„Dieser Boris Stojkovicz, den du damals angeschossen hattest, ist vor ca. drei Monaten vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Er hat Lungenkrebs im Endstadium. Seitdem liegt er in einem privaten Hospiz im Kölner Norden. Ich schick dir die Adresse per SMS.“ Sie holte tief Luft „Und jetzt die richtig schlechten Nachrichten: Das Opfer des Überfalls aus der Markgrafenstraße ist vergangene Nacht im Marienhospital verstorben!“
Der Schock saß. Der einzige Mensch, der ihn hätte entlasten können, war tot. Binnen Sekundenbruchteilen war sich der junge Polizist über die Konsequenzen für ihn klar. Einige Sekunden war er unfähig ein Wort zu sprechen. Ben hatte das Gefühl eine Schlinge legte sich um seinen Hals, die ein Unbekannter unaufhaltsam zuzog. Es schnürte ihm die Kehle zu.
„Ben? … Ben? … Bist du noch dran?“, fragte Susanne besorgt nach.
Er räusperte sich, bevor er der Sekretärin antwortete. „Ja! … Warum, Susanne? … Woran ist er gestorben, seine Verletzungen waren doch nicht so schwer? … Wie kann man einfach so sterben? … Ich verstehe es einfach nicht! … Du meintest doch noch, er sollte heute oder morgen aufwachen! Seine Aussage hätte mich entlasten können.“
Dem Dunkelhaarigen war der Appetit gründlich vergangen. Er nahm nur die Flasche Milch aus dem Kühlschrank und ließ die Brötchen unbeachtet liegen. Die Kühlschranktür bekam die erste Entladung seines Frusts ab. Heftig knallte er die Tür zu. Im Innenraum fielen die Glasflaschen scheppernd um. Doch das interessierte Ben in diesem Augenblick nicht.
„Mensch Ben! Das weiß ich doch nicht! Frau Krüger will dich deswegen unbedingt sehen! Ich habe den Auftrag bekommen, dich anzurufen. Du sollst umgehend hierher auf die Dienststelle kommen.“
Er lachte voller Ironie auf. „Wozu? … Will sie mir selbst die Handschellen anlegen!“, erwiderte er erbost. „Die glaubt doch ein paar korrupten Kollegen mehr als mir.“ Er schnaufte erregt auf und brüllte außer sich vor Wut und Verzweiflung ins Handy. „Für euch alle bin ich doch schuldig.…… Selbst Semir hält mich für einen Totschläger! … Einen Mörder!“
Abrupt beendete er das Gespräch ohne eine Antwort der Kollegin abzuwarten und feuerte das Handy in die nächste Ecke. Wütend trommelte Ben mit der Faust gegen den Kühlschrank gegen die Wand dahinter, schrie seine Wut und seinen Frust heraus.
„Fuck!... Fuck! …Fuck!“
Sein Atem ging nur noch keuchend. Sein Herzschlag raste und die Gedanken, die dabei seinen Kopf durchschwirrten, liefen regelrecht Amok. Nach einigen Minuten begriff der Dunkelhaarige, dass es ihm nicht weiter half, wenn er durchdrehte. So versuchte Ben sich zu beruhigen. Als er seine Emotionen einigermaßen unter Kontrolle hatte, schraubte er die Glasflasche auf und setzte diese an seine Lippen. Nachdem er die Milchflasche leer getrunken hatte, schnappte er sich seine Lederjacke und den Motorradhelm.
Sein nächster Weg führte ihn zu seinem ehemaligen Schulkollegen, Leon, der seine Befürchtungen bestätigte. Der Staatsanwalt hatte sich bereits bei dem Rechtsanwalt gemeldet, da die ermittelnden Beamten der Kripo Köln Nord den Autobahnpolizisten in seiner Wohnung am frühen Morgen nicht angetroffen hatten. Van den Bergh war ziemlich sauer gewesen und beabsichtigte gegen Ben Jäger Anklage wegen Totschlags oder schwerer Körperverletzung mit Todesfolge zu erheben. Sollte er verurteilt werden, was in Anbetracht der Zeugenaussagen höchst wahrscheinlich erschien, wäre er seinen Job als Polizist los und darüber hinaus warteten im schlimmsten Fall auch ein paar Jahre Gefängnis auf ihn. Staatsanwalt van den Bergh bot Ben den Deal an, falls er sich schuldig bekennen würde, würde man die Umstände, die zur Tat im Affekt geführt hatten, als strafmildernd heranziehen und der Großteil der Strafe würde zur Bewährung ausgesetzt werden.
Der junge Polizist saß ziemlich fertig seinem Freund gegenüber im Besucherstuhl. Sein Gesicht hatte er in seinen Händen vergraben. Er blickte auf und dem jungen Rechtsanwalt in die grau-grünen Augen. Heute hatte Ben keinen lockeren Spruch wegen der vielen Sommersprossen auf dessen Nase oder dessen rot-blonder Stoppelfrisur auf den Lippen. Dem Autobahnpolizisten war das Lachen gründlich vergangen.
„Sag mir, was soll ich tun? Bei allem was mir heilig ist, Leon ich schwöre dir, ich habe den Penner nicht geschlagen! Nur wer? …. Wer glaubt mir? ….“
Leon erhob sich von seinem Stuhl und setzte sich auf die Ecke des Mahagonischreibtisches. Dieser ächzte unter der Last seiner imposanten Figur und deren Gewicht. Der Rotblonde war fast einen halben Kopf größer als Ben Ein Außenstehender hätte bestimmt nicht erwartet, dass der Riese als Verteidiger in einem Gerichtssaal auftrat, sondern wohl eher als Sportler in einer Basketball-Mannschaft. Diese Sportart verband auch die beiden jungen Männer seit frühster Jugend miteinander. Sie hatten in ihrer Schulzeit im Internat zusammen in der Basketballmannschaft gespielt.
„Ich glaube dir Ben! …“ meinte er überzeugend, umfasste Bens Schultern und blickte seinem Freund in die Augen. „Wie weit bist du denn mit deinen Recherchen nach deinen Informanten vorangekommen?“
Leon rutschte von Schreibtisch runter und ging rüber zu einem Servierwagen und schenkte sich und seinem Freund einen Whiskey ein und lauschte auf die Antwort des Polizisten.
„Zu meiner Zeit beim LKA haben wir mal ein Drogennest von Kosovo-Albanern hoch genommen. Die hatten ihre Finger überall im Spiel, egal ob es um Prostitution, Menschenschmuggel, Drogen, Glücksspiel oder Schutzgelder ging. Ich war damals Undercover eingeschleust worden. Die scheinen tatsächlich bei diesem Komplott gegen mich mitzumischen. … Nur ich brauche mehr Zeit Leon! Verschaffe mir die! Irgendwie, damit ich auch Beweise liefern kann!“
Hilflos hob Ben seine Hände, in das sein Kumpel ihm ein halb gefülltes Whiskeyglas drückte. Er berichtete weiter von seinen Erkenntnissen und was er von Susanne erfahren hatte.
„Ok Ben! Ich versuch dir die Zeit zu verschaffen, die du brauchst. Ich werde alle juristischen Tricks aus der Tasche ziehen, damit die Anhörung ein paar Tage verschoben wird. Dazu gibt es einige Bedingungen: Lass die Sache mit dem Pennen in deinem Proberaum sein! Geh zurück in deine Wohnung, sonst macht dieser Oberstaatsanwalt van den Bergh Ernst und setzt dich wegen Fluchtgefahr in U-Haft.“ Der Dunkelhaarige nickte zustimmend. „Gut! … Du meldest dich regelmäßig bei mir. Mal schauen, was ich über meine Beziehungen über diesem Stojkovic und dessen Klan raus bekommen kann … Und versprich mir eines mein Kumpel: Pass auf dich auf! …“
Wie oft hatte Ben diese Ermahnung schon in den letzten Tagen gehört. Sie war wie ein Omen. Der Feind lauerte überall. Die beiden Freunde umarmten sich, klopften sich aufmunternd auf den Rücken und verabschiedeten sich voneinander.
Draußen auf dem Gehsteig angelangt, beschloss Ben zuerst einmal bei Hartmut vorbeizuschauen. Vielleicht hatte der Kriminaltechniker schon etwas herausgefunden. -
Nach dem Besuch bei seinem Rechtsanwalt ging Ben zuerst in seine Wohnung, lud sein Handy und zog sich um. Misstrauisch blickte er sich darin um. Er wurde einfach das Gefühl nicht los, dass während seiner Abwesenheit sich hier jemand aufgehalten hatte. Er würde Hartmut bitten, sich nach Feierabend noch einmal sein Telefon anzuschauen … und auch sonst die Wohnung nach fremden Spuren zu untersuchen. Vielleicht sollte er vorher den Brief und das Geschenk für Anna sicherheitshalber in einer Schublade verstauen. Schließlich waren diesen Sachen nicht für Hartmuts neugierige Augen bestimmt.
Anschließend warf er kurz entschlossen ein paar Kleidungsstücke und was er sonst noch gebrauchen konnte in eine Sporttasche. Er hatte beschlossen, die kommenden Tage lieber im Probenraum seiner Band zu schlafen.
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Argwöhnisch durchschritt Ben die schmale Durchfahrt zum Hintereingang von Barnies Kneipe. Es roch penetrant nach Urin. Scheinbar erleichterten sich des Nachts Rumtreiber in der Einfahrt. Die einsetzende Dämmerung verlieh dem Hinterhof ein gespenstisches Aussehen. Rechts von ihm türmten sich auf überfüllten Mülltonnen Abfallsäcke hoch, deren Geruch erneut seinen Magen auf eine harte Probe stellte. Direkt neben dem Hintereingang der Kneipe stapelten sich leere Getränkekisten und Kartons. Ein mulmiges Gefühl beschlich Ben, als er sich der grauen Stahltür näherte. Neben einem Kistenstapel leuchtete ein roter Punkt auf. Er fuhr fast schon erschrocken zusammen, als sich aus dem Schatten der Wand die Gestalt des Wirts löste, der an seiner Zigarette sog.
„Hallo mein Freund! Du bist spät dran!“,, begrüßte der Ältere den Polizisten und umarmte ihn freundschaftlich. Der dunkelhaarige Polizist konnte ein leichtes Aufstöhnen nicht unterdrücken, als der Wirt unabsichtlich auf die Schnittwunde drückte. Er löste sich von ihm und blickte ihn überrascht an. „Was ist passiert?“ Mit knappen Sätzen berichtete im Ben, was ihm zwei Tage vorher nach dem Kneipenbesuch im „Hells Gate“ passiert war. „Das passt alles zu dem, was ich dir gleich erzählen werde, mein Freund!“, murmelte der Glatzköpfige und fischte mit seiner rechten Hand die Packung Zigaretten aus seiner Hemdtasche und bot Ben eine an. Dieser schüttelte ablehnend den Kopf. „Nimm sie ruhig! Du wirst sie gebrauchen können! Ich weiß, du bist nur Gelegenheitsraucher, aber ist gut für deine Nerven. Denn das, was ich dir gleich erzählen werde, wird dir nicht gefallen! …. Gar nicht gefallen.“
Ben lehnte sich an die Hauswand an, die ihm eine gewisse Sicherheit vermittelte. Mit gedämpfter Stimme gab der Kneipenbesitzer seine Informationen Preis.
„Hattest du schon mal mit Kosovo Albanern Ärger?“
Der Dunkelhaarige murmelte: „Ja, vor vielen Jahren in meiner Anfangszeit beim LKA haben wir mal eine Bande hochgenommen, die mit Drogen gehandelt hatte und fest im Geschäft mit Prostitution etabliert war. Bei denen gab es in den Bordellen alles … auch die richtig schweinischen Sachen!“
Angewidert spuckte der junge Polizist aus und er sog an der Zigarette, inhalierte den Rauch und bildete sich ein, es würde ihn ein wenig beruhigen, als er beim Ausatmen den Rauch nach oben blies. Und so berichtete der Wirt weiter, dass ein paar Albaner von der ganz miesen Sorte, auf der Suche nach Bens Informanten Memphis gewesen seien. Es gab keine Namen, da die Angst vor deren Rachsucht viel zu groß war. Es herrschte ein Moment des Schweigens unter den beiden Freunden bevor Barnie erneut das Wort ergriff.„Memphis ist spurlos verschwunden. Roger, der Besitzer vom Real Live, hat mir bestätigt, dass seine Gibson Gitarre und seine paar anderen Habseligkeiten sich noch in dem Zimmer befinden, dass er ihm überlassen hat. Ben, du weißt genau, Charly würde niemals ohne seine Gitarre irgendwo hingehen!“
„Fuck!“, entfuhr es Ben und er trat die Kippe mit der Stiefelspitze aus „du bestätigst meine schlimmsten Befürchtungen!“
„Das war noch nicht alles mein Freund. Der Angriff auf dich durch die beiden Kleinganoven war bestellt. Die Idioten hatten damit rumgeprahlt, dass sie für das Vermöbeln eines Bullen die fette Kohle kassieren werden.“ Der Kneipenwirt erzählte weiter, von dem Mord an den beiden Kleinganoven ein paar Häuserblocks von der Kneipe entfernt an. Eines der Opfer hatte so einen auffälligen Irokesenschnitt. Man munkelte, dass sie ihre Arbeit nicht zur Zufriedenheit ihres Auftraggebers erledigt hatten. „Pass auf dich auf Ben! Wer auch immer es auf dich abgesehen hat, ist skrupellos und geht über Leichen! Ich melde mich, wenn ich noch etwas rausfinde!“
Mit diesen Worten verabschiedeten sich die beiden ungleichen Freunde. Ein Schauder rann über Bens Rücken als er den Hinterhof verließ und sich in Richtung seines Motorrads bewegte. Dort angekommen, stützte sich der dunkelhaarige Polizist mit seinen Handflächen auf den Motorradsitz ab, schloss kurz die Augen und dachte zurück an den Einsatz und den Zugriff, der vor ein paar Jahren stattgefunden hatte.
Es war einer von Bens ersten großen Einsätzen beim LKA gewesen. Die Mitglieder dieser Albanischen Mafiabande, die damals den blutigen Zugriff überlebt hatten, hatten alle Gefängnisstrafen von mindestens 25 Jahren oder lebenslänglich aufgebrummt bekommen. Normalerweise saßen die alle noch hinter Gitter. Doch wer weiß? In ihm herrschte nur noch Misstrauen gegen das bestehende Rechtssystem. Denn wer Polizisten kaufen konnte, hatte noch andere Möglichkeiten.
Kurz entschlossen, fischte er sein Prepaid Handy aus der Jackentasche, welches er sich im Laufe des Nachmittags gekauft hatte und wählte Susannes Privatnummer. Nach mehrmaligen Klingeln meldete sich eine verschlafene Frauenstimme. „Sorry, dass ich dich geweckt habe! Ich bin es Ben!“ Mit einem Schlag war Susanne hellwach. „Wie geht es dir? Ich versuche dich schon seit Tagen zu erreichen! Und was ist das für eine Nummer?“
„Alles gut! Mach dir keine Sorgen, ich brauche deine Hilfe!“ Mit knappen Worten schilderte er ihr seine neuesten Erkenntnisse und bat sie, über die Bande von Boris Stojkovicz und dessen Familie Nachforschungen anzustellen. Kein Wort verlor er über den tätlichen Angriff auf ihn. Er wollte seine Kollegin nicht noch mehr beunruhigen. Zum Abschluss des Gespräches brannte ihn noch eine Frage auf der Seele. „Hast du etwas von Andrea und Semir gehört?“
„Ja, Andrea hat sich am Freitagabend nochmals telefonisch bei mir gemeldet. Sie und Semir sind am Samstagmorgen ohne die Kinder zu diesem Wochenendgrundstück am See gefahren, das Andreas Eltern gehört. Ohne Telefon, ohne Handy, wie Andrea betonte. Wenn es dich beruhigt Ben, ich denke, die zwei kriegen sich wieder ein. Semir hat nachgegeben.“
Erleichtert atmete Ben auf. „Gut! Das ist eine wirklich gute Nachricht! Ich würde mich so unendlich freuen, wenn die beiden wieder zusammen kommen. Ich melde mich wieder bei dir!" Er schwieg für einige Atemzüge und meinte zum Abschluss des Gesprächs, "Und wenn du mich brauchst oder Informationen hast, benutze nur noch dieses Handy Susanne!“ -
Ben fühlte sich, als würde er im Paradies erwachen. Er spürte die angenehme Wärme der Sonne auf seinem Gesicht. In seinen Gedanken schwebte er … träumte er … vom vergangenen Urlaub in der Toskana. Er lag im warmen weichen Sand der Italienischen Riviera. Er hörte das Rauschen der Wellen … den Klang des Meeres … Anna lag nah an ihn herangekuschelt. Er roch ihren Duft, ihre Haare kitzelten seine Nase … Fernab vom Alltag, Dienstplänen und familiären Stress hatten sie ihre Liebe zueinander auf eine einzigartige Weise neu entdeckt … vertieft. Dort hatte sich dieses wundervolle Gefühl, eine Seelenverwandte gefunden zu haben, die Frau fürs Leben, vertieft.
Der junge Kommissar war noch nicht richtig wach geworden und fing an sich zu bewegen. Ein schmerzhaftes Stechen an seiner rechten Seite holte ihn schlagartig in die Realität zurück und er schlug die Augen auf und blickte sich um. Ja, er war in seinem kleinen Garten Eden, sein Paradies, wie er es nannte, in Annas Schlafzimmer. Tief schlafend, lag sie nah bei ihm herangekuschelt. Ihr wunderschöner Körper zeichnete sich unter der dünnen Zudecke ab. Ihren Kopf hatte sie auf seiner Brust abgelegt und ihre Haare kitzelten tatsächlich seine Nase. Zärtlich strich er ihr über den Kopf, als ihn die Erinnerungen, an das was geschehen war, einholten. Er seufzte auf. Verschlafen hob seine Freundin den Kopf, blinzelte ein bisschen und musterte ihn, während sie sich auf ihren Unterarm abstützte.
„Hey du!“ begrüßte sie ihn sanft, hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen „Wie geht es dir?“
„Besser….“ Er überlegte kurz „wie lange habe ich geschlafen?“
„Mehr als 24 Stunden …! Meinen kompletten Dienst und ein bisschen mehr …!“ antwortete sie ihm. Ruckartig wollte er in die Höhe fahren, sanft drückte ihn Anna zurück aufs Kopfkissen. „Scht …! Mach mal schön langsam! Dein Körper konnte trotz der Infusion, die ich dir gegeben habe, den Blutverlust noch nicht ausgleichen, nicht dass du mir gleich wieder umkippst!“, maßregelte sie ihn mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen. „ich habe noch eine gute Nachricht!“ Erwartungsvoll schaute er sie an. „Julia, ist auf dem Weg der Besserung. So langsam kehren ihre Erinnerungen wieder. Es gab keine Komplikationen und meine Kollegen sind recht zuversichtlich, dass man sie in den nächsten Tagen von der Intensivstation auf eine normale Pflegestation verlegen kann.“
Ben schnaufte erleichtert auf, als ihn ein neuer Gedanke in den Kopf schoss „Welchen Tag haben wir heute?“
„Dienstag …!“
„Fuck!“ entfuhr es ihm und diesmal konnte ihn Anna nicht zurückhalten, als er sich aufrichtete. „Ich hatte gestern einen Termin bei Leon, er wollte mir einige Informationen zukommen lassen …! Wo ist mein Handy?“ Suchend blickte er sich im Schlafzimmer um.
„Im Bad, ich glaube, der Akku ist sowieso leer.“
„Bad? Das trifft sich gut, da muss ich jetzt eh erst einmal hin!“ Dabei setzte er einen gequälten Gesichtsausdruck auf, dass Anna zu kichern anfing.
„Vorschlag: Du gehst erst mal ins Bad und anschließend duschen! Später kannst du mit meinem Handy telefonieren, während ich uns ein kräftiges Frühstück mache!“ ihre Stimme klang bestimmend. „Vorher schau ich mir noch mal deine Verletzung an!“Unter ihren kritischen Blicken schob er sich vorsichtig aus dem Bett und richtete sich auf. Anfangs noch ein bisschen unsicher tapste er ins Badezimmer und erleichterte sich. Nach seiner Rückkehr blieb Ben vor dem Bett stehen und beobachtete mit einem schelmischen Grinsen, wie sie die Zudecke zurückschob und aufstand. Als ihr nackter Körper so vor ihm stand, sie zärtlich seinen Verband löste, seine Wunde mit einem Duschpflaster versorgte, kam er auf völlig andere Gedanken.
„Ts, ts, ts … kaum kannst du wieder stehen und schon gleich wieder solche Ideen!“ meinte sie mit einem verschmitzten Lächeln. Liebevoll erforschten ihre Hände den Rest seiner Verletzungen. Wohlig stöhnte er auf, zog sie an sich küsste sie voller Verlangen. „Was machst du nur mit Anna?“ stöhnte er zwischen zwei Küssen. Sanft drängte sie ihn zurück aufs Bett. Die nächsten Minuten gehörten ihrer gegenseitigen Hingabe und ihrem Verlangen. Sie zeigten sich ihre Liebe. Verschwitzt und glücklich in ineinander verschlungen, lagen sie auf dem Bett.
„An was denkst du gerade?“ durchbrach sie den Moment der Stille. Er betrachtete Anna liebevoll. Mit seinen Fingern zeichnete er die Konturen ihres hübschen Gesichtes nach. Die beige-gemusterte Bettwäsche bildete einen herrlichen Farbkontrast zu ihrem dunklen Haar, das wild verteilt auf dem Kopfkissen lag. „Wie wunderschön du bist!“ Er hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn „Dass du das Beste bist, was mir in meinem Leben begegnet bist! Solange du bei mir bist, wird alles wieder gut!“
Ben saß am Frühstückstisch und vertilgte bereits seine zweite Portion Rührei. Anna saß ihm gegenüber. Geduldig wartete sie, bis er fertig gefrühstückt hatte. Während der Zubereitung hatte ihr Freund geduscht und ziemlich lange auf der kleinen Dachterrasse mit ihrem Handy telefoniert.
„Und wie geht es weiter? Was hast du vor?“ forschte sie nach. Sie hatte ihre Ellbogen auf dem Tisch aufgestützt, hielt eine Tasse dampfenden Kaffee in der Hand. Sie pustete an den Rand des Kaffeepotts, bevor sie vorsichtig an dem heißen Getränk schlürfte.„Ich geh erst mal zu Leon. Die Anhörung morgen wurde verlegt, denn einer der Hauptbelastungszeugen der Staatsanwaltschaft ist verschwunden.“ Er konnte sich ein leichtes ironisches Grinsen nicht verkneifen und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. „Der Penner ist einfach aus der sicheren Wohnung der Polizei abgehauen. Leon hatte zwischenzeitlich komplette Akteneinsicht und ein paar wertvolle Informationen!“ Er verschränkte seine Hände hinter seinem Kopf und starrte einen imaginären Punkt an der Decke an, bevor er fortfuhr. „Barnie hat etwas über Memphis rausgefunden …. Ich treffe mich mit ihm heute Nachmittag!“ Er konnte die Angst erkennen, die in ihren Augen aufflackerte. Ben beugte sich über dem Tisch zu ihr rüber, ergriff zärtlich ihre Unterarme „Hey keine Angst, mein Schatz! Ich pass auf mich auf!“ Sie wollte etwas erwidern. Er legte seinen Zeigefinger auf ihre wundervoll geschwungenen Lippen. „Pssst! … Der Überfall vorgestern Nacht war wahrscheinlich nur Zufall … Das passiert in dieser Gegend öfters. Das waren Drogensüchtige, die Geld brauchten, um sich den nächsten Schuss zu setzen. Glaube mir, Barnie würde mich nie in eine Falle locken … also …!“
Sein Ausspruch stand im krassen Gegensatz zu dem, was er dachte. Mittlerweile glaubte er an gar keine Zufälle mehr, sondern dass er beobachtet wurde und die Schlägertypen auf ihn angesetzt worden waren. Während er sich fertig anzog, schaffte sie es, ein Lächeln aufzusetzen und versuchte ihre wahren Gefühle zu kaschieren. Innerlich wurde sie von ihrer Sorge und Furcht um ihren Freund fast zerrissen. Was hätte sie darum gegeben, wenn Semir an seiner Seite stand und auf ihn ein bisschen Acht gab.
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Eine Welle des Schmerzes durchfuhr Ben, als er auf den Boden des Treppenhausflures aufschlug. Diese vertrieb augenblicklich die Schwärze vor seinen Augen. Nur mit Mühe konnte er einen schmerzhaften Aufschrei unterdrücken, der sicherlich das komplette Haus geweckt hätte. Er stützte sich auf seinen linken Unterarm. Das Treppenhauslicht erlosch. Kraftlos hämmerte er mit seiner Faust gegen die Wohnungstür in der Hoffnung, seine Freundin würde es hören. Nach wenigen Minuten schimmerte ein Lichtschein unter der Tür hervor. Leise Schritte näherten sich.
„Hallo ist da jemand?“, fragte ihre Stimme, statt einer Antwort klopfte er, worauf sie mit Sperrkette im Schloss öffnete. Durch den schmalen Türspalt erkannte Anna ihren Freund. „Ben!“, schrie sie erschrocken und riss die Eingangstür auf. „Oh mein Gott, was ist passiert?“ Der Dunkelhaarige streckte ihr seine blutverschmierte Hand entgegen. Binnen Sekundenbruchteilen erfasste die junge Ärztin die Situation, sah die blutdurchtränkte Kleidung und kniete bei Ben nieder.
„Anna!“ hauchte er „du musst mir helfen!“
„Ich ruf einen Rettungswagen! Du gehörst ins Krankenhaus!“
Krampfhaft hielt er ihren Arm fest und widersprach ihr energisch. „Nein! …. Nicht! …. Kein Krankenhaus! Was ich als letztes gebrauchen kann, ist ein übereifriger Arzt, der wegen der Verletzung die Polizei verständigt. Ich habe schon genug Ärger am Hals. Kannst du mich nicht wieder ein bisschen zusammenflicken!“
Seine braunen Augen blickten sie schmerzerfüllt und flehentlich an. Mit knappen Worten berichtete der junge Polizist, was geschehen war. Sie schniefte kurz auf und nickte. Wortlos half sie ihm auf die Beine. Ben lehnte sich am Türrahmen an und versuchte sein Gleichgewicht wiederzufinden. Vor seinen Augen tanzte ein buntes Sternenmeer.
„Schaffst du es alleine bis ins Bad?“, erkundigte sie sich.
Er schüttelte den Kopf, zog seine blutverschmierte linke Hand unter dem Shirt hervor und legte sie um ihre Schulter. Seinen rechten Unterarm presste er gegen die Stichverletzung. Mühsam schleppte sie ihren verletzten Freund ins Badezimmer und verfrachtete ihn auf einen Duschhocker neben dem Waschbecken. Achtlos warf sie vorher den darauf liegenden Kleiderberg auf den Fußboden. Ben lehnte sich an die kalte Fliesenwand an und wartete mit geschlossenen Augen darauf, dass der Schmerz, der durch seinen Körper tobte, abklang. Wie durch einen Wattebausch nahm er wahr, dass Anna die Wohnungstür verschloss und von irgendwoher ihren Arztkoffer anschleppte. Er hatte ihr voller Stolz den Koffer zur bestandenen Abschlussprüfung geschenkt. Nie hätte er damals geglaubt, dass der Notfallkoffer bei ihm einmal Anwendung finden würde. Erleichtert atmete die junge Ärztin auf, als sie das Shirt zerschnitten hatte und die Wunde im grellen Licht der Halogenleuchten untersuchen konnte. An den Rändern hatte sich schon eine leichte Kruste gebildet und sie vermutete, dass der starke Blutverlust für Bens Schwäche und Kreislaufprobleme verantwortlich war. Mit geschickten Fingern begann seine Freundin die Stichwunde zu begutachten.
„Du hast Glück gehabt Schatz! Die Wunde ist zwar tief und muss genäht werden, aber nicht lebensgefährlich! … Jetzt wird es ein bisschen wehtun, ich habe nichts hier, für eine örtliche Betäubung!“
„Heißt das, ich werde es überleben?“, wisperte er ironisch „Fang an, ich werde es aushalten!“
Sein Gesicht war so weiß wie die Fliesenwand, an der er lehnte. Kein Laut kam über seine zusammengekniffenen Lippen, als sie die Wundränder säuberte und zusammennähte. Nur der Rhythmus seiner Atmung verriet ihr, welche Schmerzen er durchlebte. Zur Vorsicht legte sie noch einen leichten Druckverband an, um einen weiteren Blutverlust zu vermeiden. Fast schon widerstandslos ließ er es über sich ergehen, dass Anna ihn vom Rest seiner beschmutzten Kleidung befreite, das Blut wegwusch und ihn anschließend in ihr Bett verfrachtete. Die sich abzeichneten Verfärbungen der Schläge versorgte sie mit Salbe. Die ganze Zeit über kämpfte Ben mit sich, um nicht ohnmächtig zu werden.„Hier trink und schluck die Tabletten dazu!“ Sie hielt ihm ein Glas Wasser hin und in ihrer anderen Hand befanden sich zwei länglich weiße Schmerztabletten. „Soll ich nicht lieber Semir anrufen?“, Anna saß auf der Bettkante und betrachtete besorgt ihren Freund, während der sich mühevoll auf seinen linken Unterarm stützte, die Tabletten schluckte und das Glas leer trank.
„Lass gut sein Anna! Semir und Andrea sind zusammen weggefahren, um ihre Ehe zu retten … schon vergessen!“, seufzte er auf „Er kann und wird mir auch nicht helfen!“, meinte er fast schon resignierend. Sanft zog er seine Freundin zu sich herunter, küsste sie und wisperte leise „Danke!“ bevor er ins Schattenreich der Träume abdriftete.
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Vergeblich hielt Ben nach einem Taxi Ausschau. In dieser heruntergekommenen Gegend fuhren diese nachts nicht freiwillig herum. Sein Blick wanderte an sich herunter. Die Kleidung verschmutzt und teilweise zerrissen. Besonders vertrauenerweckend sah er ja nicht gerade aus, stellte der Autobahnpolizist fest. Er taumelte die Straßenzüge entlang in Richtung Innenstadt. Der Blutverlust machte seinem Kreislauf zu schaffen und ein ums andere Mal bekämpfte er gegen eine aufkommende Ohnmacht an. So würde er Annas Wohnung, die am anderen Ende der Stadt lag, nie erreichen.
Aus dem Dunkel der Nacht schälte sich das leuchtende Hinweisschild für eine U-Bahn-Station. Kein Fahrgast stand zu der späten Stunde am Gleisrand und wartete. Ben war allein. Es war eine der wenigen Stationen, die oberirdisch angelegt waren. Die Gleise verschwanden wenig später in einem Tunnel im Erdreich unter der Stadt. Sein schmerzvernebeltes Gehirn versuchte krampfhaft den Namen der Haltestation zu lesen. Ben torkelte zum Schaukasten mit der Fahrplanauskunft. Mit seiner rechten Hand stützte er sich daran ab, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Unter Aufbietung all seiner verbliebenen Konzentration schaffte er es die Routenführung für die U-Bahnlinie zu entziffern. … Seine Rettung … eine der Haltestationen war in der Nähe von Annas Wohnung.Ein Vibrieren der Gleise kündigte das Herannahen eines Zuges an. Zur Abwechslung hielt seine kleine Glückssträhne an. Die U-Bahn fuhr in die richtige Fahrtrichtung. Die Waggons waren fast menschenleer. Ein männlicher Fahrgast, der aus stieg und ihn wegen seines unsicheren Ganges wohl für betrunken hielt, als er ihn aus Versehen anrempelte, raunzte ihn an: „Hey Kumpel, pass doch auf, wo du hinläufst! Früher haben nur die gesoffen, die es auch vertragen haben!“
Ben nuschelte leise „Entschuldigung!“ und schleppte sich in die hinterste Sitzreihe. Außer ihm war kein weiterer Fahrgast in dem Waggon mehr anwesend. Qualvoll aufstöhnend ließ er sich in der Ecke der Rückbank niedersinken. Sein Herzschlag raste und er biss die Zähne zusammen, um nicht lauthals aufzuschreien. Die tiefe Stichverletzung, aus der noch Blut heraussickerte, brannte wie ein kleines Höllenfeuer. Längst schon hatte sich der Stoff seiner Jeans vollgesogen. Ohne dass es dem jungen Polizisten bewusst war, hinterließ er auf seinem Sitzplatz eine Blutspur. Mit eisernen Willen gelang es ihm wach zu bleiben, denn jedes Rütteln und Vibrieren des Waggons während der langen Fahrt überflutete seinen Körper mit einer Welle aus Schmerzen.
Irgendwann hatte er durch die fast menschenleeren Straßen der Stadt sein Ziel erreicht, das Haus, in dem seine Freundin wohnte. Mühsam fischte er seinen Schlüsselbund aus der Hosentasche. Seine Hand zitterte, als er den Haustürschlüssel ins Schlüsselloch stecken wollte. Schweiß stand auf seiner Stirn vor Anstrengung. Der Bewegungsmelder ließ die Treppenhausbeleuchtung aufflammen, als er das Gebäude betrat. Unter Aufbietung seiner letzten Kräfte schleppte er sich das Treppenhaus hoch in den vierten Stock zur Dachwohnung. Vor Annas Wohnungstür verlor Ben den Kampf gegen seine körperliche Schwäche. Ihm wurde schwarz vor Augen und er sank am Türrahmen entlang in sich zusammen.
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Der Angreifer hatte auf den Kopf des Polizisten gezielt. Dank der Ausweichbewegung traf ihn sein Gegner an der rechten Schulter mit voller Wucht. Augenblicklich geriet Ben ins Taumeln, sein rechter Arm hing gefühllos herunter und ein brennender Schmerz breitete sich von der Stelle, an der er getroffen wurde, aus. Er hatte keine Lust, sich hier vermöbeln zu lassen. In Bruchteilen von Sekunden bekam er wieder seinen Körper unter Kontrolle und fuhr blitzschnell herum und warf sich auf den nächsten Schatten. Der Schläger hatte ebenfalls wie er, ein Kapuzenshirt an und sich die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Ben konnte nichts erkennen, sondern nahm nur den ekeligen Atem des Angreifers, der aus dem geöffneten Mund nach verfaulten Zähnen roch, wahr. Wie jeder Polizist war Ben in Selbstverteidigung und im Nahkampf Mann gegen Mann ausgebildet worden.
Instinktiv holte der Polizist aus und rammte den Mann im Kapuzenshirt mit seinem linken Ellenbogen voll in der Magengrube. Sein Gegner fing an zu würgen, ließ den Baseballschläger fallen und ging zu Boden. Erneut schnellte der Kommissar herum. Die Gefahr war noch nicht gebannt. Sein rechter Arm war immer noch nicht zu irgendetwas zu gebrauchen, außer dass er eine Schmerzwelle nach der anderen durch seinen Körper jagte.
Sein zweiter Gegner wollte die Chance nicht ungenutzt verstreichen lassen und griff ihn mit einem Stilett an. Die ersten Attacken konnte der Polizist erfolgreich abwehren. Sein Gegner stöhnte ein paar Mal auf, als der Polizist seine Treffer mit den Beinen landen konnte. Im Schein der Straßenlaterne erkannte er, dass sein Gegenüber einen Irokesenschnitt trug. Die Haarsträhne in der Mitte war leuchtend grün gefärbt und hob sich von dessen dunkler Gesichtsfarbe deutlich ab. Es war eindeutig ein Farbiger, mittleren Alters. Als er den Mund öffnete blitzten seine weißen Zähne in der Dunkelheit. Niemand sprach ein Wort. Es war nur das Ächzen und Stöhnen der kämpfenden Männer zu hören.Ben konnte mit einem gezielten Tritt erneut einen Wirkungstreffer platzieren und seinen Gegner zum Taumeln bringen. Das Stilett entfiel dem Irokesenschnitt und landete klappernd auf den Pflastersteinen des Gehsteigs. Jedoch beging Ben den Fehler und verlor den am bodenliegenden Mann aus den Augen, der sich siegessicher das Messer schnappte. Auch sein Handicap, dass er den rechten Arm nicht gebrauchen konnte, wurde dem Autobahnpolizisten in dem Moment zum Verhängnis. Er reagierte zu spät. Ben spürte ein leichtes Brennen oberhalb des rechten Rippenbogens.
„Oh, fuck!“ entfuhr es ihm wütend, als merkte, dass ihn der eine Gegner mit dem Messer erwischt hatte. „Jungs, ihr habt euch den Falschen ausgesucht!“ fauchte er.
Seine aufgestaute Wut der letzten Tage fand ein Ventil und entlud sich mit einem Schlag. Den Schmerz an seiner Seite ignorierend, das Adrenalin in seinen Adern pulsierend, schnappte er sich mit der Linken den am Boden liegenden Baseballschläger und teilte in Richtung seiner Gegner aus. Er handhabte den Baseballschläger wie einen Polizeiknüppel und setzte einen wirkungsvollen Treffer nach dem anderen. Seine Angreifer schrien ein ums andere Mal schmerzerfüllt auf und suchten letztendlich ihr Heil in der Flucht.
Im Schutze der Dunkelheit konnten sie dem jungen Polizisten in einer Seitenstraße entkommen. Völlig außer Atem lehnte sich Ben an eine Hauswand an. Jetzt erst spürte er das Brennen an seinen Rippen und wie ihm etwas warm und klebrig an der Seite hinunterlief. Vorsichtig tastete er unter seinem Shirt die Verletzung mit den Fingerkuppen seiner linken Hand ab.
„Verdammt!“, entfuhr es ihm.
Die Schnittwunde war so tief, dass sie genäht werden musste. Unaufhaltsam quoll das Blut daraus hervor. Auch wenn es fürchterlich schmerzte, zwang der Dunkelhaarige sich, die flache Hand auf die Wunderränder zu pressen, um den Blutstrom einzudämmen. Taumelnd setzte er sich in Bewegung und dachte fieberhaft nach. Die Wunde musste ärztlich versorgt werden, da führte kein Weg daran vorbei. Krankenhaus … nee … kam nicht in Frage. Die meldeten die Verletzung der Polizei … Danke, auf die Befragungen konnte er nach seinen letzten Erfahrungen mit den Kollegen verzichten. Anna! Anna könnte die Wunde versorgen. Mehr und mehr kehrte das Gefühl in seinem rechten Arm zurück und damit auch der Schmerz. Das ausgeschüttete Adrenalin verflüchtigte sich. Jede seiner Körperstellen, die einen Treffer von den Angreifern einstecken musste, brannte und schmerzte höllisch. Seine Knie wurden weich. Erneut musste er sich an einer Hauswand abstützen und abwarten, bis die Sterne vor seinen Augen aufhörten zu tanzen.Sein Ziel war klar … Annas Wohnung.
Einige Gassen weiter ….
Der Typ mit dem Irokesenschnitt schleppte seinen Partner mit und wollte ihn in Sicherheit bringen. Das Geräusch, mit dem eine Waffe entsichert wurde, ließ sie augenblicklich erstarren.
„An was für Anfänger bin ich denn bei euch geraten?“ fauchte eine männliche Stimme die beiden Ganoven wütend an. „Was habt ihr beiden Idioten euch bei der Nummer denn gerade gedacht? Ihr solltet dem Bullen eine Abreibung verpassen! Stattdessen habt ihr die Hucke voll bekommen! Ihr seid Versager!“ Bei seinen letzten Worten hatte der Sprecher auf die Waffe einen Schalldämpfer aufgeschraubt. Bevor die beiden Kleinganoven reagieren konnten, hatte er schon abgedrückt. Noch bevor die Körper der Beiden auf dem Boden aufschlugen, hatten sie ihr Leben ausgehaucht. Der Mörder grunzte selbstzufrieden vor sich hin. Er nahm das blutbefleckte Stilett an sich und grinste diebisch vor sich hin. Die Mordwaffe warf er bei nächster Gelegenheit in den Rhein. Ihn plagte kein schlechtes Gewissen wegen der Morde, denn er vertrat die Meinung: Nur tote Zeugen sind gute Zeugen. -
30 Stunden später …. Am Rande der Kölner Südstadt
Systematisch hatte Ben alle Kneipen, von denen er wusste, dass sein Freund Memphis in ihnen verkehrte, in der vergangenen und in dieser Nacht abgeklappert. Der Autobahnpolizist war mittlerweile bei der letzten Bar auf seiner nächtlichen Tour angelangt. „Hells Gate“ stand in flammend roten Buchstaben auf der Leuchtreklame über der Tür. Stickige und abgestandene Luft schlug ihm entgegen, als er die Kneipe betrat. Rechts vom Eingang befand sich die Theke, hinter der ein glatzköpfiger bulliger Typ mit einem kleinen Bierbauch ausschenkte. Der Wirt war so um die fünfzig, trug eine ärmellose schwarze Lederweste, die an der Brust offen stand. Seine Arme und Brust waren von Tattoos übersät. Gegenüber an der Wand hingen einige Spielautomaten, an denen die Gäste auch noch ihr letztes Geld verzockten. Überraschender Weise war diese Bar zu so später Nachtstunde gut besucht.
Ben drängte sich zwischen den Gästen hindurch und suchte sich am hintersten Ende der Theke einen freien Barhocker. Die Wand im Rücken konnte er den Raum gut überblicken und die anwesenden Leute mustern. Mit einer gewissen Erleichterung stellte er fest, dass kein bekanntes Gesicht darunter war. In der vorherigen Kneipe war Ben nur knapp einer Schlägerei entgangen, als einer der dort anwesenden Dealer in ihm einen Polizisten erkannt hatte. Ben schob sich seine Kapuze vom Kopf, wuschelte sich durch die Haare und wartete auf den Wirt.
„Hey Ben, warst schon lange nicht mehr da!“, begrüßte ihn der bullige Wirt mit Handschlag „was treibt dich denn zu später Stunde in diese zwielichtige Gegend? Ein frisch gezapftes Kölsch?“
„Hey Barnie, ja danke. Ich suche jemanden? Vielleicht kannst du mir helfen?“
Der junge Kommissar kannte den Wirt aus seiner Zeit beim LKA, als er einen Undercover Einsatz hatte. Damals hatte er viele Stunden in dieser Kneipe verbracht. Durch Zufall konnte Ben einen Überfall auf den Kneipenwirt vereiteln. Eine Bande Jugendlicher Drogensüchtiger, die es auf die Tageseinnahmen abgesehen hatten, hatte ihn mit Baseballschlägern in die Mangel genommen und außer Gefecht gesetzt. Nur Dank des beherzten Eingreifens des jungen Polizisten kam der Wirt mit ein paar gebrochenen Rippen und Prellungen davon. Daraus hatte sich, wenn man in diesem Milieu davon sprechen konnte, eine Art Freundschaft entwickelt. Außer dem Wirt und seinem gesuchten Informanten Memphis, den Ben hier zu finden hoffte, wusste niemand, von seiner Tätigkeit bei der Polizei.
„Wen suchst du denn?“, fragte der Glatzköpfige. Gleichzeitig nahm er sein Bierglas und stieß mit Ben an.
„Ich suche Memphis? … War er die Tage mal hier?“ Er wischte sich mit dem Handrücken den Bierschaum von den Lippen und blickte den Wirt erwartungsvoll an.
„Hmm, Memphis, lass mich mal überlegen? Nee der war mindestens schon zwei Wochen nicht mehr hier. Komisch, ist mir gar nicht aufgefallen. Aber jetzt wo du es sagst! … Was ist passiert? Du fragst doch nicht ohne Grund!“
Er hatte sich an die Theke angelehnt und gab seinem Kumpel Snake mit der Hand ein Zeichen, dass er die anderen Gäste bedienen sollte. Snake stellte als Erstes vor dem Kneipenwirt zwei weitere Gläser Kölsch hin, wischte mit einem Lappen über die Theke, um die Wasserflecken und Ränder der Getränkegläser zu entfernen. Ben überlegte kurz und wartete bis sich der hagere Typ wieder entfernt hatte. Es half nichts, wenn er hier Informationen bekommen wollte, musste er zumindest bei Barnie mit offenen Karten spielen.
„Mir will einer ans Bein pissen Barnie, …. mich fertigmachen. Man hat mir eine Falle gestellt und Memphis Namen als Köder benutzt!“
Die Augen seines gegenüber leuchteten interessiert auf. „Oha!“ Mit kurzen Sätzen schilderte Ben dem Wirt, was sich einige Abende vorher in der Markgrafenstraße zugetragen hatte und mit welchen Beschuldigungen er auf dem Polizeirevier bzw. durch die Staatsanwaltschaft konfrontiert wurde. Zwischendrin nippte er an seinem Bier.
„Kennst du die Namen der beiden Obdachlosen? Naja, wie man sie hier halt in der Szene nennt? … Ihre Spitznamen?“
Der dunkelhaarige Polizist schüttelte den Kopf. „Der Typ, der mich auf meinem Handy angerufen hat, sprach mit einem urbayerischen Dialekt. Denke, die beiden Penner stammen den Namen nach laut den Ermittlungsakten aus Miesbach in Oberbayern und sind mit ihrem Dialekt bestimmt hier in den Kneipen oder auf der Straße aufgefallen?“ Ben fuhr sich nachdenklich über das Gesicht. „Barnie, ich mache mir echt Sorgen um Memphis. Oder glaubst du, dass er einfach so jemanden meine private Handynummer weitergibt?“
„Nee, glaube ich nicht. Ich höre mich um! Auch nach diesen beiden Streifenbeamten. Sollten die Dreck am Stecken haben, kriege ich es raus. Wie erreiche ich dich?“, erkundigte sich der Wirt. Mit der Geste seiner Hand bestellte er noch zwei Bier für sich und Ben.
„Probiere es auf dieser Handynummer!“ Ben notierte auf einem Bierdeckel die Telefonnummer und reichte sie an den Wirt weiter. „oder sprich mir auf den AB in meiner Wohnung!“ Er trank sein Kölsch auf einen Zug leer. Aus seiner Hosentasche fischte er einen Fünf-Euro-Schein und legte ihn auf die Theke. Barnie schob ihn zurück.
„Du bist mein Gast, Ben! … Beleidige mich nicht!“
Die beiden ungleichen Männer verabschiedeten sich per Handschlag. Der Polizist zog sich die Kapuze über den Kopf und verließ die Bar. Als er die Straße betrat, wartete Ben ein paar Minuten, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Misstrauisch sondierte er seine Umgebung. Den ganzen Abend über hatte Ben dieses Gefühl gehabt, beobachtet zu werden. Mit dem Rücken an die Hauswand lehnend, musterte er argwöhnisch die umliegenden Hauseingänge und Hofeinfahrten, konnte aber nichts Verdächtiges erkennen. Er löste sich von der Wand und ging langsam Richtung der nächsten U-Bahnstation. Aus dem Augenwinkel nahm er plötzlich eine Bewegung wahr, wie ein Schatten. Ben versuchte auszuweichen … zu spät … ein mörderischer Schlag traf ihn.
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Nach dem Besuch bei Leon fuhr Ben erst einmal zurück in seine Wohnung. Dort führte ihn sein erster Gang zum Kühlschrank, wo er sich eine Flasche Bier herausholte. Die geöffnete Flasche setzte er an seinen Lippen an und trank die halbe Flasche in einem Zug leer. Mit dem Handrücken wischte er sich über den Mund. Weder der bittere Geschmack im Mund, noch seinen düsteren Gedanken ließen sich verscheuchen. Mit der Bierflasche in der Hand schlurfte er zum großen Panoramafenster, lehnte sich mit dem Rücken an der Ecke der Fensterlaibung an und schaute nach draußen. Langsam ließ Ben das Gespräch mit seinem Freund Revue passieren.
Zwischendrin nippte er an seiner Bierflasche. Der Rechtsanwalt glaubte zuerst an einen schlechten Scherz, als Ben ihm sein Anliegen vortrug. Recht schnell hatte der Rotblonde den Ernst der Lage begriffen und sich noch im Beisein von dem jungen Kommissar telefonisch mit dem ermittelnden Staatsanwalt van den Bergh in Verbindung gesetzt. Der Rechtsanwalt verlangte sofortige Akteneinsicht. Frau Krüger hatte diese Ben verwehrt, weil sie über das Verhalten ihres Mitarbeiters so erbost gewesen war. Nachdem Leon am Telefon richtig laut und energisch geworden war, bot der Staatsanwalt an, die wichtigsten Teile der Ermittlungsakte Ben Jäger vorab sofort per Fax zu schicken. Nach wenigen Minuten summte das Faxgerät. Sorgsam lasen sowohl der Rechtsanwalt, als auch der Autobahnpolizist die angekommenen Blätter durch.
Ben erfuhr dadurch erstmals den Namen seines angeblichen Opfers: Dieser hieß Korbinian Unterbauer und hatte keinen festen Wohnsitz in Köln. Der Verletzte lag in der Marien-Klinik und war aktuell nach wie vor nicht vernehmungsfähig. Sprich der einzige Zeuge, der seine Unschuld bestätigen konnte, war außer Gefecht. Dem armen Mann war mehrfach der Unterkiefer gebrochen worden, er hatte einige Zähne verloren, das Jochbein war gebrochen, Rippenbrüche, ansonsten war sein Körper übersät mit schweren Prellungen und inneren Verletzungen. Laut Aussage des behandelnden Arztes musste jemand unkontrolliert auf den am Boden liegenden Mann eingetreten haben. Man hatte ihn für die nächsten Tage in ein künstliches Koma gelegt, um seinen Kiefer zu richten und um seine Alkoholabhängigkeit besser therapieren zu können. Der Zeuge des Überfalls, ein Matthias Moosgruber, war ebenfalls im Obdachlosen Milieu von Köln unterwegs. Die Beamten des Reviers Nord hatten ihn in einer sicheren Wohnung der Kölner Polizei untergebracht. Leon hatte Ben ans Herz gelegt, bei seinen eigenen Ermittlungen vorsichtig zu sein und sich von ihm verabschiedet.
Ben schloss seine Augen und überlegte, in welcher Kneipe er die größte Chance hatte, seinen alten Freund Memphis zu finden. Memphis, der mit richtigen Namen Charles Callahan hieß, war ein ehemaliger US-Soldat, der in Deutschland gestrandet war. Der Amerikaner war ein begnadeter Musiker und Gitarrist. Wahrscheinlich sollte er in den Bars der Kölner Innenstadt, in denen Live-Musik gespielt wurde, beginnen. Bei diesen Auftritten sammelte Memphis so viel Geld, dass er davon bescheiden leben konnte.Die Nacht würde lang werden, also beschloss der junge Kommissar sich erst einmal aufs Ohr zu legen und noch mal eine Mütze voll Schlaf zu nehmen. Er löste sich von der Wand, stellte die leergetrunkene Flasche auf die Anrichte der Küche und begab sich in sein Schlafzimmer. Aus seinem Kleiderschrank suchte der Dunkelhaarige sich seine älteste Jeans, ein uraltes Kapuzenshirt heraus und legte es auf dem Hocker neben dem Bett bereit. Die Kleidung, die er trug, streifte er ab und lies sie achtlos einfach auf den Boden fallen. Im Bett zog er das Kopfkissen, auf dem normalerweise Anna schlief zu sich heran. Der Duft ihres Parfums haftete daran. Er sog ihren Geruch gierig in seine Nase, schloss die Augen und fing an zu träumen. Von Anna … von sich selbst … ihrem Urlaub … und driftete ab in den Schlaf …
…. Er rannte … Seine Verfolger waren dicht hinter ihm. Ben hörte wie der Große Befehle erteilte. Sie wollten ihn dem Weg zu seinem Wagen abschneiden. Fieberhaft suchte der junge Kommissar einen Ausweg. Er war seinem Gegner unwissentlich in die Falle gegangen. Die nächste Seitengasse, war sie die Rettung? Als er darin einbog, klatschte eine Kugel in das Mauerwerk hinter ihm. Gesteinsbrocken spritzten auf ihn. Mit seiner Waffe erwiderte Ben das Feuer und zwang seine Gegner in Deckung zu gehen. Keuchend ging sein Atem … weiter, er musste weiter … weg von hier. Auf die Hilfe der Anwohner brauchte er nicht zu hoffen, die gingen in dieser Gegend lieber in Deckung, als bei einem Schusswechsel die Polizei zu rufen. Er bog um die nächste Gebäudeecke. Nach ungefähr 100 m Metern versperrte eine mannshohe Mauer seinen weiteren Fluchtweg. „Fuck!“ entfuhr es ihm frustriert. Ok, dachte er sich mit ein bisschen Anlauf, sollte er drüber kommen. Ben startete einen verzweifelten Versuch … sprintete los, sprang ab und hüpfte hoch. Seine Fingerspitzen krallten sich in die Mauerkrone und er versuchte seinen Körper mit letzter Kraft hochzuziehen, als ihn ein Befehl erstarren ließ. „Vergiss es Jäger! … Das war es! Dein Weg ist hier zu Ende! … Komm runter und schau mir ins Gesicht, wenn ich dir das Leben auspuste!“
Ben gab auf, seine letzte Chance bestand darin, mit der Waffe schneller als sein Gegner zu sein. Er ließ los und landete mit seinen Füßen auf dem Asphaltboden. Seine Waffe steckte vorne im Hosenbund. Umdrehen und das Ziehen der Waffe waren eine Bewegung. Ben zog den Abzug der Waffe durch, sah die Überraschung des Anderen und es machte einfach nur Klack … Leer … Seine Waffe war leer geschossen. Sein Gegner fing an zu lachen, laut … hässlich … schadenfroh. Er schob seine Kapuze, die bisher sein Gesicht verborgen hatte nach hinten. Ben erkannte ihn. Er hatte den grauhaarigen Mann vor Jahren wegen Mordes hinter Gittern gebracht. Bei einem Banküberfall mit Geiselnahme hatten er und sein Bruder auf der Flucht Geiseln erschossen. Ja bis … bis Ben beim Zugriff mit dem SEK jenen Bruder erschossen. Nun stand dieser Mann vor ihm, lachte und lachte. „Das war es Jäger, verabschiede dich von dieser Welt und Grüße meinen Bruder, wenn du in der Hölle begegnest.“ Der Grauhaarige hob die Waffe an. Ben blickte genau in die Mündung, sah es aufflammen und spürte nur wenige Sekundenbruchteile später den Einschlag der Kugel …
Schweißgebadet und schreiend fuhr Ben in seinem Bett in die Höhe. „Nein! … Nein!“ Sein Atem ging stoßweise. Es dauerte einige Sekunden, bis er begriff, dass er sich in seinem Schlafzimmer befand und es sich bei dem Durchlebten um einen Alptraum gehandelt hatte. Ein Schauder durchlief seinen Körper und ließ ihn erzittern.
„Scheiße … Scheiße!“, murmelte er vor sich hin und versuchte die aufkommende Panik in ihm zu unterdrücken. Was wäre, wenn diese Alpträume, die er soeben und in den vergangenen Nächten schon wiederholt durchlebt hatte, die immer mit seinem Tod endeten, wenn diese Alpträume zur Wahrheit werden würden. Nein das durfte nicht sein. Niemals. Es wie eine Prophezeiung der fürchterlichsten Art! Benommen blickte er auf den Wecker, es war kurz vor 20:00 h. Aufseufzend schüttelte Ben seinen Kopf. Die Bilder in seinem Kopf waren so real gewesen. Immer wieder versuchte er sich einzureden, es war nur ein Traum Ben! Es war nur ein Traum gewesen und trottete ins Badezimmer. Vor dem Waschbecken blieb er stehen und betrachtete sich im Spiegel. Dunkle Ringe lagen um seine Augen. Der junge Polizist schaufelte einige Hände voll kaltem Wasser in sein Gesicht und entschied, eine Dusche wäre wohl sinnvoller.
Eine halbe Stunde später stand Ben gedankenverloren in seiner Küche und hielt eine Tasse Kaffee in der Hand. Sein Blick schweifte in seiner Wohnung umher und blieb auf seiner Post haften, die er bei seiner Ankunft am frühen Nachmittag achtlos auf den Esstisch geworfen hatte. Ein DINA5 Umschlag des Tonstudios erregte seine Aufmerksamkeit. Er entnahm die darin befindliche CD, legte sie in den CD-Player ein. Ben ließ sich auf sein Sofa fallen und startete mit der Fernbedienung die CD. Anfangs lauschte der Dunkelhaarige mit geschlossenen Augen der Musik. Als der Refrain begann, nahm Ben einen Bilderrahmen vom Beistelltisch, darin befand sich ein Foto von Anna. Völlig verträumt streichelte er mit seinen Fingerkuppen darüber. Am Ende des Songs schimmerten seine Augen feucht. Kurz entschlossen erhob er sich, suchte in den Schubladen nach Briefpapier und setzte sich an den Tisch. Seine düsteren Ahnungen trieben ihn förmlich dazu, seine Gedanken zu Papier zu bringen. Er schrieb und schrieb. Einzelne Tränen tropften auf das Briefpapier, als er sich die Zeilen nochmals durchlas. Ben biss sich leicht auf die Unterlippe und dachte nach, sollte er besser den Brief zerknüllen und wegwerfen. Er zögerte. Nein er fühlte sich irgendwie besser, wenn Anna diese Nachricht bekam!
Ben holte die CD aus dem Player steckte die silberne Scheibe, die er vorher mit einer Widmung versah, zurück in den Umschlag, strich die Adresse durch und schrieb mit großen Buchstaben „Für Anna“ darauf. Den handgeschriebenen Brief legte er darunter. Daraufhin eilte er zurück ins Schlafzimmer und durchsuchte die unterste Schublade seiner Nachtkonsole. Achtlos warf er die sich darin befindlichen Shorts auf das Bett. Endlich entdeckte er das gesuchte kleine Geschenk, nahm es an sich und legte es auf den Umschlag mit der CD zwischen seiner Gitarrensammlung. Er konnte nicht anders. Er öffnete die kleine Geschenkschachtel und betrachtete den Inhalt verträumt.
Wenn seine Wünsche zur Wirklichkeit werden sollten, wurde es Zeit, dass er etwas unternahm, damit seine Hirngespinste und Alpträume nicht Realität wurden. Ben war bereit den Kampf mit seinem unbekannten Gegner aufzunehmen.