Beiträge von Mikel

    Vendetta – oder die Rache ist mein
    „Nun fahr schon schneller Remzi!“ drängte der junge Mann den Fahrer die Auffahrt zum Landhaus, das zu einem privaten Pflegeheim und Hospiz umgebaut worden war, hochzufahren. Ein Hinweisschild an der Grundstückseinfahrt wies den Besucher darauf hin, dass auf dem gesamten Gelände nur Schrittgeschwindigkeit erlaubt war. Kaum hatte der Ältere den schwarzen Toyota RAV4 auf dem Besucherparkplatz vor dem großen Eingangsportal eingeparkt, als Rashid ausstieg und in die Eingangshalle stürmte. Diese erinnerte von ihrer Ausstattung her, eher an den Empfangsbereich eines vornehmen Kurhotels als an den Eingang zu einem Hospiz und Pflegeheim. Die Bewohner dieser Luxuseinrichtung hatten auch ein entsprechendes Vermögen auf ihren Bankkonten.
    Schwester Jutta, die auf der Hospiz-Station arbeitete und sich vornehmlich um das Wohlbefinden seines Vaters kümmerte, erwartete ihn bereits ungeduldig und eilte in der Halle auf ihn zu.

    „Hallo Herr Stojkovicz, schön dass sie so schnell kommen konnten. Ihr Vater wartet schon sehnsüchtig auf sie.“

    Rashid wollte an ihr vorbeistürmen, als die grauhaarige Schwester ihn am Arm festhielt. Unwillig brummte er vor sich hin und versuchte den Griff abzuschütteln. In ihrem Blick lag jedoch so etwas Bestimmendes, was ihn ermahnte, ihr zuzuhören.

    „Ihr Vater ist bei klarem Verstand. Nutzen sie diesen Moment, es wird nicht mehr viele solche Gelegenheiten geben, mit ihm zu reden. Wenn sie noch was mit ihm zu klären haben, ist das vielleicht ihre letzte Chance!“

    Die Worte der Schwester riefen ihm ins Bewusstsein, sein geliebter Vater war dem Tode geweiht. Sein Verstand wehrte sich gegen diese Vorstellung, dass Boris Stojkovicz nach Aussage der behandelnden Ärzte nur noch wenige Tage zu leben hatte. Der Hospizbereich lag im Erdgeschoss des riesigen Anwesens. Alle Zimmer hatten über Panorama Fenster einen weitläufigen Blick auf den angrenzenden Park, in dessen Mitte sich ein Teich mit Wasserspielen befand. Auch sein Vater starrte durch das Fenster hinaus, als Rashid leise die Zimmertür öffnete und beobachtete die Menschen, die dort im Schatten der Bäume verweilten oder spazieren gingen. Ohne dass der alte Mann den Kopf wendete, wusste er, wer eintrat. „Hallo mein Sohn! Komm setze dich neben mich!“ Rashid setzte sich auf den Besuchersessel neben dem Krankenbett. Man hatte das Kopfteil des Bettes hochgestellt und seinen Vater so gelagert, dass er bequem liegen konnte. Über eine Nasenbrille bekam er zusätzlich Sauerstoff verabreicht. Ohne das Pflegebett und die medizinische Ausrüstung hätte man glauben können, in einem Komfort-Luxus-Hotelzimmer zu residieren. Die restlichen Möbel waren allesamt aus Edelhölzern gefertigt worden. Die geöffnete Tür erlaubte einen Blick ins Badezimmer, dessen Ausstattung aus feinstem italienischem Marmor, farblich aufeinander abgestimmt, bestand.

    Der junge Mann ergriff die knöcherne Hand seines Vaters, die eher an eine Klaue erinnerte und küsste diese zärtlich.
    „Wie geht es dir heute Papa? Besser?“ Es war das Betteln nach einem Hoffnungsschimmer. „Lassen wir dieses Geplänkel mein Sohn! Du weißt, es wird zu Ende gehen, meine Tage sind gezählt!“

    Ein Hustenanfall übermannte ihn, der Kranke japste röchelnd nach Luft und Rashid geriet schon in Versuchung nach der Krankenschwester klingeln. Eine Geste seines Vaters ließ ihn inne halten. „Wie ist es gelaufen? Erzähl mir lieber, ob die Schwester von diesem verdammten Jäger tot ist!“
    Der junge Mann schüttelte den Kopf. „Nein, ein paar Unfallzeugen konnten sie rechtzeitig aus dem Fahrzeug retten, bevor dieses explodiert ist. Dein Super-Experte aus Serbien ist scheinbar doch nicht so perfekt!“

    Der alte Mann schloss die Augen, die tief in den Augenhöhlen lagen. Sein Gesicht verzog sich zu einer hassverzerrten Fratze. Leise stieß er ein paar derbe Flüche und Verwünschungen aus.

    „Aber ich habe ein paar Videoaufnahmen gemacht Papa! Willst du Sie dir ansehen?“ meinte Rashid, um Versöhnung heischend, zog sein Handy aus der Hosentasche und startete das Video. Als die Szene kam, wo Ben Jäger auf das brennende Auto zu rannte und hilflos schrie, fing der alte Mann bösartig an zu lachen. Der nächste Hustenanfall stoppte ihn. Keuchend und nach Luft ringend lag er in seinem Krankenbett. Die Verzweiflung des jungen Polizisten verschaffte ihm eine gewisse Genugtuung.

    Boris Stojkovicz hätte seine Seele dem Teufel verkauft, wenn er dafür noch einige Tage länger leben würde und dadurch das Ende von Ben Jäger miterleben könnte. Warum musste ihn dieser verdammte Lungenkrebs auch innerlich auffressen, bevor er seinen Rachedurst an diesem verräterischen Bullen hatte stillen können. Vor vielen Jahren hatte dieser sich sein Vertrauen erschlichen, als er Undercover im Auftrag des LKAs tätig gewesen war. Ben Jäger trug an allem die Schuld: Dem Untergang seiner Familie, dem Tod seiner drei anderen Söhne, dem Tod seiner Frau, die sich aus Gram selbst das Leben genommen hatte und dass er die letzten Jahre im Rollstuhl verbringen musste. Nicht zuletzt, dass seine Krebserkrankung tödlich verlaufen würde. Der Gefängnisarzt hatte seine Beschwerden nicht ernst genommen und als er auf Drängen seines Anwalts zur weiteren Diagnose in die Uni-Klinik verlegt worden war, war es zu spät gewesen. Der Lungenkrebs hatte über seinen Körper Metastasen gestreut. Es gab keine Rettung mehr. Dabei hätte er nur noch ein Jahr bis zu seiner Entlassung absitzen müssen, dann wäre er auf Bewährung auf Grund seines Alters und Behinderung frei gekommen. Wie oft hatte er sich in der Gefängniszelle in seinen Gedanken ausgemalt, wie er Blutrache in diesem verräterischen jungen Polizisten nehmen würde. Die Zeit zerrann dem Todkranken zwischen den Fingern.

    Rashid dachte schon, dass ein Vater eingeschlafen sei, als dieser unvermittelt die Augen aufschlug. So wie früher blitzten ihn diese an.
    „Ich weiß nicht, ob ich das Ende von Ben Jäger noch erleben werde.“
    „… dann lass mir doch einfach eine Bombe unter sein Auto legen und er ist tot!“ fiel ihm sein Sohn ins Wort. „Nein! … Nein! … Und nochmals nein! … Verstehst du nicht, das wäre viel zu billig! Der Kerl soll leiden. … Wissen, was es heißt einen Verlust zu verspüren, um jemand zu trauern … eine Bombe! ...“ hasserfüllt lachte der alte Mann auf, „das wäre zu billig … zu einfach! Der Verräter hat deinen ältesten Bruder Sergej erschossen, mich angeschossen …!“

    Der Alte geiferte richtig vor sich hin. Mit seinem knochigen Finger deutete er auf das bereitgestellte Getränk auf dem Nachttisch. Rashid hielt ihm den Becher mit dem Strohhalm hin und der alte Mann trank gierig einige Schlucke.

    „Hör zu, mein Sohn! Es gibt noch ein paar Dinge, die du wissen solltest und die ich für dich geregelt habe.“ Rashid stellte den Trinkbecher zurück und lauschte den Worten seines Vaters. Dabei umfasste er mit seinen beiden Händen dessen kalte Hand. „Rechtsanwalt Dr. Hinrichsen war heute Nachmittag ebenfalls da und hat noch ein paar Instruktionen für den Fall meines Ablebens bekommen.“ Immer wieder legte der Todkranke Pausen während des Sprechens ein, um neue Kraft zu sammeln. „Dein Onkel Zladan hat dich gegen meinen Willen in die Familiengeschäfte mit reingezogen. Nach dem letzten Wunsch deiner Mutter, war dir bestimmt, ein bürgerliches Leben zu führen und für den Fortbestand unserer Familie zu sorgen. Meinetwegen heirate diese Elena, wenn sie dich glücklich macht, hast du meinen Segen. Dr. Hinrichsen wird dafür sorgen, dass du ein finanzielles Auskommen haben wirst. Dein Onkel wird dir deinen Erbteil aus den Geschäften überweisen! Jeden Cent einschließlich Zinsen!“ Der Alte lachte meckernd vor sich hin, als hätte er den Clou seines Lebens gemacht.

    „Aber Papa! Du kennst doch Onkel Zladan! Er hat mich mit ein paar mickrigen Euros fürs Studium abgespeist. Wenn ich mehr Geld möchte, soll ich für ihn arbeiten!“ warf der junge Mann ein.

    „Pffff, vergiss das! Dr. Hinrichsen hat Mittel und Wege und auch mächtige Verbündete, die deinem Onkel klar machen, wer das Sagen hat!“ Wieder fing der Alte an bösartig vor sich hinzulachen. Er glich in diesem Moment einem Dämon, der Ausgeburt der Hölle. „Schade …. Einfach … nur schade! Was ich wirklich bedauere, ist, dass ich das Gesicht von diesem Jäger nicht erleben kann, wenn er erfährt, wer hinter seinem Untergang steckt“, krächzte der Alte. Er verfiel für ein paar Minuten in ein Schweigen. Rashid wagte es nicht das Wort zu ergreifen. „Denke immer daran mein Sohn, auch wenn ich sterbe, du bist nicht allein bei deinem Rachefeldzug! … Du hast mächtige Verbündete! Vertraue diesen Leuten! Außerdem wird dieser Remzi auf dich aufpassen! …“

    Rashid wollte seinem Vater lieber nicht sagen, wie er die Fürsorge dieses Söldners empfand. In den letzten Tagen und Wochen ihrer Zusammenarbeit und des Zusammenlebens hatte er diesen rücksichtslosen Menschen näher kennengelernt. Der junge Albaner sehnte schon den Tag herbei, wenn er aus der Obhut dieses gewalttätigen Kerls, den er nicht ausstehen konnte, entfliehen konnte. Er hatte keine Ahnung, wie sein Vater ausgerechnet auf diesen Mann für die Ausführung seines Racheplans gekommen war. Woher kannte er diesen Mann? Der junge Albaner wusste, dass der Grauhaarige im Balkankrieg gekämpft hatte. Wahrscheinlich stammte daher seine Lieblingsbeschäftigung, andere Leute, einschließlich ihm, mit seiner sadistischen und menschenverachtenden Art zu quälen.

    „Papa, bitte! Warum ausgerechnet dieser Kerl? Sascha und ich kriegen das alleine hin und …!“

    „Du und Sascha?“ unterbrach ihn der Alte mit einem geringschätzigen Lachen. „Nein, nein mein Sohn! Wovon träumst du denn! Weder Sascha noch du haben den nötigen Grips, die solch ein ausgeklügelter Racheplan mit sich bringt! “ Wieder krümmte sich der Kranke in einem Hustenanfall zusammen. Sein Gesicht wirkte grau und eingefallen, als wer wieder Luft bekam und seinem Sohn eine letzte Botschaft mitgab. „Kümmere dich nicht um Details mein Sohn! Es ist alles geregelt! Mach, was Remzi dir sagt und am Ende wirst du, wenn Ben Jäger tot ist, belohnt werden!“

    Rashid quälten noch viele Fragen im Zusammenhang mit diesem Rachefeldzug. Bis zum Schluss hatte sein Vater Geheimnisse vor ihm. Als er das letzte Mal nachgebohrt hatte und das wieso und warum hinterfragt hatte, war sein alter Herr regelrecht ausgeflippt. Die Worte der Krankenschwester kamen ihm wieder in den Sinn. Nein, einen Streit als letztes Gespräch, nein, das wollte er nicht riskieren. Rashid wollte in Frieden mit seinem Vater hier und heute auseinandergehen. Die beiden Männer wechselten noch ein paar Worte, die die Zukunft des jungen Mannes betrafen, bevor der Todkranke erschöpft einschlief.

    Rashid verharrte noch einige Minuten regungslos in seinem Sessel. Irgendwie war ihm klar, dass er Abschied nehmen musste von seinem Vater. Er kniff die Lippen zusammen und aus den Augenwinkel rannen Tränen über seine Wangen. Viele Gedanken schossen ihm durch den Kopf, über die Vergangenheit und seine Zukunft. Das Piepsen seines Handys, auf dem eine neue Nachricht angekommen war, riss ihn aus seiner Traumwelt. Remzi wartete auf ihn und drängte zum Aufbruch. Der junge Albaner erhob sich aus dem Sessel und hauchte seinem Vater zum Abschied einen Kuss auf die Stirn.

    „Lass es gut sein Ben, das bringt ja doch nichts!“ Anna war zu ihm getreten und nahm ihn sanft in die Arme und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Kollege Renger und auch Semir haben mich angerufen und mir erzählt, was passiert ist!“ Als er darauf etwas entgegnen wollte, legte sie ihm ihren rechten Zeigefinger auf den Mund. „Pssst! Sag nichts. Es bringt ja sowieso nichts. …. Ich denke, wir gehen erst mal nach Hause und ich kümmere mich um dich mein Schatz!“

    Ihr zukünftiger Schwiegervater quetschte ein mühseliges „Hallo Anna!“ hervor, während sich ihr zukünftiger Schwager demonstrativ von ihr abwendete, so als würde sie in seinen Augen ebenfalls Schuld an Julias Unfall und gesundheitlichen Zustand tragen.
    Konrads Anschuldigungen seinem Sohn gegenüber hatten Anna tief schockiert. So bescheuert konnte man doch ihrer Ansicht nach gar nicht sein und glauben, dass Ben seine Schwester absichtlich in Gefahr bringen würde. Sie kochte innerlich vor Wut und versuchte ihr Temperament zu zügeln. Die junge Frau stützte Ben. Auf dem Weg zum Krankenhausflur hielt sie am Türrahmen einen Moment inne und flüsterte zu Ben.
    „Bleib mal stehen und halte dich hier fest!“

    Sie konnte es sich einfach nicht verkneifen und drehte sich zu Konrad Jäger um. Sie blickte dem älteren Mann mit einem tödlichen Blick in die Augen. Mit einer eisigen Stimme, die es geschafft hätte, im Hochsommer einen Badesee in Sekunden Schock-zu-Frosten, raunte sie Bens Vater zu: „Etwas kann ich nicht verstehen Herr Jäger! Wie kann jemand geschäftlich so erfolgreich sein wie Sie und gleichzeitig im privaten Bereich mit seiner Meinung über andere Menschen so daneben liegen!“ Sie kam so richtig in Fahrt und Peter Kreuzer-Jäger bekam auch noch sein Fett ab. In seiner Richtung schnaubte sie verächtlich „Und du Peter? Deine Menschenkenntnis ist irgendwo auf deinem Bankkonto hängen geblieben, sonst würdest du Ben nicht solche Vorhaltungen machen. … Keine Ahnung, was Julia an solch einem Vollposten wie dich findet. … Richtet Julia schöne Grüße und gute Besserung von uns aus, wenn sie aufwacht. Ich werde mich bei ihr direkt melden!“

    Sie zog Bens Arm über ihre Schulter und stapfte mit ihm Richtung Ausgang. Ben murmelte noch einen Abschiedsgruß und Genesungswünsche für seine Schwester.

    Peter Kreuzer-Jäger ließ nur ein abfälliges „Pffff, das sagt gerade die Richtige!“, hören und schlich zurück zu seiner Frau auf die Intensivstation. Bens Schwager sah in Anna nach wie vor eine ständige Bedrohung, die es nur auf das Vermögen der Familie Jäger abgesehen hatte.
    Etwas verlassen in der Mitte des Warteraumes stand Konrad Jäger stand da und hatte an der Ansage, die ihm Anna gegeben hatte, schwer zu schlucken. Ihr Blick hatte ihn durchbohrt und ihre Worte ihn wie ein Nadelkissen durchlöchert. Abermals war er in seiner Denkweise über die junge Frau innerlich hin und her gerissen. Zum einen bewunderte er deren Mut, mit welchem Anna klar und deutlich ihre ehrliche Meinung zum Ausdruck brachte. Eigentlich zeigte ihm das unmissverständlich, dass diese Frau weder raffiniert noch durchtrieben war, wie es sein Schwiegersohn ein ums andere Mal in der Vergangenheit behauptet hatte.

    Zum anderen war da sein Freund Prof. Dr. Kraus, ein langjähriger Freund der Familie Jäger. Dieser hatte ihm erst kürzlich an seiner Geburtstagsfeier Ende März ordentlich die Meinung gesagt, warum er der jungen Frau gegenüber so misstrauisch und distanziert auftrat. Dr. Kraus könnte sich gar keine bessere Ehefrau für Ben vorstellen als Anna Becker. Und zuletzt war da seine Tochter Julia, auch die schwärmte von der dunkelhaarigen Frau in den höchsten Tönen, nannte sie ihre Freundin und meinte mehr als einmal, dass die Beziehung zwischen Ben und Anna das Beste war, was ihrem Bruder hatte passieren können. Julia war Annas größte Fürsprecherin in der Familie. Wenn Konrad Jäger ehrlich zu sich selbst war und seinen Sohn und seine Freundin so beim Weggehen betrachtete, musste er seiner Tochter zustimmen. Die junge Dame hatte es anscheinend geschafft, seinen widerspenstigen Sohn zu zähmen. In ihren Händen war er weich wie Wachs. Es wurde wirklich Zeit, dass er sein Verhalten gegenüber Bens Freundin gründlich überdachte. Er war schon im Begriff den beiden jungen Leuten hinterher zu gehen, als ihn eine Krankenschwester der Intensivstation ansprach.
    „Herr Jäger, kommen sie bitte. Dr. Beiersdorf hat jetzt Zeit für Sie und ihren Schwiegersohn!“

    *****

    Wie ein Schlafwandler tapste Ben durch die langen Krankenhausflure neben seiner Freundin her, bis sie den Parkplatz erreicht hatten. Anna, die mit ihrem 1,72 m einen halben Kopf kleiner als Ben war, hatten ihren Arm um seine linke Flanke gelegt und seinen rechten Arm über ihre Schulter gezogen.

    „Lass das!“ meinte sie, als er zurückweichen wollte, „mach mir nichts vor Ben! Du kannst dich doch kaum noch auf den Beinen halten!“

    Er widersprach ihr nicht, denn letztendlich hatte sie Recht. Der Rest des Weges verlief relativ schweigsam. Der junge Kommissar hatte sich innerlich schon darauf vorbereitet, dass er eine Strafpredigt von seiner Freundin über sich ergehen lassen muss, weil er sich einer stationären Aufnahme im Krankenhaus widersetzt hatte. Gewohnheitsgemäß steuerte er am geparkten Golf die Fahrertür an.

    „Vergiss es Ben! In diesem Zustand fährst du mir kein Auto!“ - „Aber …“ - „Keine Diskussionen, bitte! … Schau dich doch mal an, wie du aussiehst! Wie eine wandelnde Leiche!“
    Sorge schwang in ihrer Stimme mit. Wortlos ließ sich Ben in den Beifahrersitz sinken und lehnte seinen Kopf gegen die Beifahrerscheibe. Mit einem leeren Blick starrte er nach draußen.
    Mehrmals sprach Anna ihn an. Sorgenvoll musterte sie ihren Freund. Als keine Reaktion von erfolgte, stupste sie ihn an einer roten Ampel am Arm an.
    „Ben? Entscheide dich! … In deine oder meine Wohnung?“
    „Nach Hause!“ murmelte er und verfiel wieder in seinen Grübeleien. Der Vorwurf und die Anschuldigungen seines Vaters und seines Schwagers gingen ihm einfach nicht aus dem Kopf. Er hätte Julia zu dieser Autofahrt animiert und trug somit die Schuld an dem Unfall. Schuld! … Schuld! Du bist schuld! Dieses Wort hämmerte unaufhörlich auf ihn ein.

    Zu Hause in seiner Wohnung angekommen, verschwand Ben wortlos im Bad. Anna bereitete in der Zwischenzeit in der Küche einen kleinen Imbiss zu, den sie liebevoll auf dem gläsernen Esstisch anrichtete. Als Ben aus der Dusche kam, steuerte er den Kühlschrank an und wollte sich eine Flasche Bier rausnehmen.
    „Bitte Ben! … Nicht! … Kein Alkohol!“
    Wütend schleuderte er die Kühlschranktür wieder zu, trat einen Schritt zur Seite und klammerte sich leicht vornübergebeugt an die Kante der Arbeitsplatte. Anna konnte sehen wie seine Schultern bebten. Sein Atem ging keuchend und schwer. Leise rief sie seinen Namen.
    „Ben? … Ben!“
    Keine Antwort, keine Reaktion. Sie rief seinen Namen etwas lauter.
    „Ben, was ist los?“ Sie eilte zu ihrem Freund. „Ben, bitte schau mich an!“
    Von hinten umfasste sie ihn zärtlich, drehte ihn zu sich herum. In seinen Augen standen Tränen. Nicht nur das konnte sie darin lesen, da standen auch Angst und Verzweiflung. „Warum Julia? … Sag mir warum Anna?“ stöhnte er mit tränenerstickter Stimme. „Oh verdammte Scheiße!“ Er hämmerte mit der Faust auf die Arbeitsplatte ein. Anna zog ihn näher zu sich heran, drückte ihn fester an sich.
    „Scht …. Scht … Es wird alles wieder gut, glaube mir Ben!“ und strich ihm beruhigend über den Rücken, durch sein feuchtes Haar. Er löste sich ein bisschen von ihr. Seine Lippen suchten die ihren und fanden sich. Anna konnte den salzigen Geschmack seiner Tränen schmecken, als sie sein Gesicht mit Küssen bedeckte.
    „Komm! … Leg dich hin und ruh dich ein bisschen aus!“

    Sanft drängte sie ihn in Richtung des Schlafzimmers. Das Abendessen blieb unbeachtet stehen. Ben zog seine Freundin zu sich runter ins Bett, schmiegte sich an sie heran. Seine starken Arme umklammerten sie, legten sich schützend um sie. Es dauerte nicht lange und Anna merkte, wie Bens Körper und die verabreichten Medikamente ihren Tribut einforderten. Seine Atemzüge wurden gleichmäßiger, er war eingeschlafen.

    das war ein Action Kapitel, wie es in einer Cobra Folge nicht besser dargestellt werden kann :thumbup::thumbup:
    Respekt vor deinen Ideen, die du in solch einer Szene mit einbaust ...
    und Ben im Kipplaster konnte ich mir ebenso vorstellen wie Semir, der hinten auf dem Auflieger rumturnt
    Ferge ist geschnappt ... ich bin gespannt, was der bei einem Verhör noch so von sich gibt

    mein lieber Herr Gesangsverein! Diese Schwester hat ja so viel Einfühlungsvermögen, wie ein Elefant im Prozellanladen =O
    wie geht die denn mit Ben um??? =O
    da möchte man liebsten schreiend hinrennen und dazwischen gehen X(X(X(
    und die Psychologin ist ja die Krönung ... keine Zeit, also beschäftigt die sich im Vorfeld überhaupt nicht mit dem Schicksal ihres Patienten
    für Ben muss die maskierte Frau der reinste Horror gewesen sein - kein Wunder dass der so panisch reagiert
    HALLO ... wo sind da die einfühlsamen Mitarbeiter der Intensivstation geblieben????
    ich wünsche mir inbrünstig, dass zumindest der Stationsarzt seinen Gehirnkasten benutzt und im Sinne seines Patienten handelt.

    Ben verstand überhaupt nicht, warum ihn sein Schwager so rabiat angefahren hatte. Klar, dass dieser außer sich vor Sorge um seine Frau und das Ungeborene war, aber diese aggressive Reaktion? Sein Vater stand ebenfalls mit einer grimmigen Miene unter der Tür und gab ihm durch ein Handzeichen zu verstehen, das Krankenzimmer zu verlassen. Als er an ihm vorbeiging, sprach Konrad Jäger ihn leise an.

    „Warte draußen auf mich mein Sohn, ich will erst mit dem Arzt reden und komme noch mal zu dir! Wir haben einiges zu klären!“

    Der dunkelhaarige Kommissar wusste nicht, wieviel Zeit vergangen war, seit er hier am Fenster des Warteraums an die Wand angelehnt stand, hinausblickte, ohne etwas zu sehen. Er hatte seine Arme vor seinem Körper verschränkt. Plötzlich wurde er herumgerissen. Sein Schwager stand mit einem vor Wut verzerrten Gesicht vor ihm. Er packte Ben an den Aufschlägen seiner Jacke und presste ihn gegen die Wand. Seine Stimme bebte vor Empörung.

    „Was hast du dir dabei gedacht Ben? Du hirnverbrannter A.rsch! … Warum hast du Julia angerufen und ihr solche Angst eingejagt? Was sollte das? Du Idiot wusstest doch genau, dass Julia kein Auto mehr fahren sollte?“

    Ben japste nach Luft, da sein aufgebrachter Schwager mit dem Unterarm gegen seinen Kehlkopf drückte. Entsprechend heiser klang seine Antwort.
    „Hey, hör auf! … Spinnst du! …. Du erwürgst mich ja!“ röchelte der junge Polizist. Mit seinen Händen versuchte er Peters Unterarm wegzuziehen und sich aus dem Würgegriff zu befreien. Doch irgendwie hatte er Hemmungen sich energischer gegen seinen aufgebrachten Schwager zur Wehr zu setzen und zu Selbstverteidigungsgriffen überzugehen. Julias Mann lockerte etwas den Griff. Nach Luft schnappend, krächzte Ben: „Was soll das Peter? ... Ich habe Julia nicht angerufen! … Wir sind nur zufällig an den Unfallort gerufen worden! Ich wollte Julia ….!“ Die Worte erstarben auf Bens Lippen.

    Peters Augen blitzten ihn fast schon hasserfüllt an, als dieser erneut den Druck auf Bens Hals verstärkt hatte. Verzweifelt japste der junge Polizist nach Luft. „Halts Maul du Heuchler!“ fauchte Bens Schwager, der mit seiner freien Hand ein Handy aus der Jackentasche fischte, etwas eintippte und das Display Ben vor Augen hielt.

    „Schau her! … Lies! …. Du Lügner! … Du gottverdammter Lügner! … Dann erkläre mir mal bitte diese Nachricht von Julia!“ brüllte Peter lautstark, dass sich sogar auf dem Krankenhausflur einige Besucher und Schwestern neugierig umdrehten. Auf dem Protokoll der eingehenden SMS war eine Nachricht zu lesen. „Hallo Schatz, mach dir keine Sorgen! Ben braucht mich dringend! Ist ein Notfall! Fahre zur PAST! In Liebe Julia“ „Warum lügst du mich an Ben? Warum? … Was wolltest du von Julia, dass sie so dringend zu dir kommen sollte! … Erkläre mir diese Nachricht? … Der Anruf! …Hast du wieder mal eine Cowboy-Nummer auf der Autobahn abgezogen, so wie du aussiehst? Du schuldest mir eine Antwort. Und gib sie mir schnell, bevor ich mich endgültig vergesse!“, fauchte Peter und krallte sich in die Jacke seines Schwagers fest und schlug Bens Kopf mehrmals gegen die Wand, der dadurch viel zu benommen war, um sich zu wehren. Wieder nahm er Ben in den Schwitzkasten und presste ihn gegen die Wand und drückte ihn mit seinem Unterarm gegen den Hals.

    Konrad Jäger griff beherzt in die Situation ein und riss seinen Schwiegersohn an der Schulter zurück.
    „Das reicht! … Lass Ben los, Peter!“ erklang befehlend die Stimme von Bens Vater. „Reiß dich zusammen! Es reicht ja wohl, wenn Julia hier im Krankenhaus liegt.“
    Man hörte Konrad deutlich schnaufen. „Aber in einem gebe ich Peter Recht Ben, auch mich würde interessieren, was du von Julia wolltest, dass sie Hals über Kopf sofort zu dir kommen sollte.“

    Der Druck auf seinen Hals lockerte sich und der junge Polizist bekam wieder Luft. Der Dunkelhaarige röchelte, hustete und saugte deutlich hörbar die Luft in seine Lunge ein. Ben lehnte sich an die Wand sonst wäre er zusammengesunken. Vor seinen Augen flackerte ein Funkenregen auf. Sein lädierter Kopf rebellierte gegen die rüde Behandlung. Keuchend und kaum verständlich antwortete er seinem Vater.
    „So glaub mir doch Papa, ich habe Julia nicht angerufen!“, startete der verzweifelte junge Mann einen erneuten Versuch sich zu rechtfertigen. Sein Vater fiel ihm ins Wort und blaffte ihn grimmig an „Ich habe ja schon viel mit dir erlebt mein Junge…Warum lügst du mich an? Du bist so eine Enttäuschung für mich! … Julia hat mich noch extra vor dem Meeting mit dem Kunden angerufen, um uns mitzuteilen, dass sie zu dir fährt. Wir sollten uns keine Sorgen um sie machen. … Ich wollte es ihr in ihrem Zustand noch ausreden. Doch sie meinte, du brauchst sie, du hättest sie nochmals angerufen … sie angefleht, zu ihr zu kommen. Sie hatte Angst um dich, weil klangst du so verzweifelt klangst, dass sie sofort los fahren wollte.“ Das Gesicht seines Vaters hatte sich zu einer abweisenden Grimasse verzogen.

    Der dunkelhaarige Polizist schüttelte ungläubig den Kopf. „Nein! … Nein! … Nein, so glaub mir doch endlich! Wir waren auf Streife unterwegs. Frag Semir, ich habe Julia nicht angerufen!“ Er wankte auf seinen Vater zu und hob flehentlich die Hände „Papa … bitte! So glaub mir doch!“
    „Tut mir leid Ben, ich glaube dir nicht! Ich vertraue Julias Aussagen mehr. Schau dich doch mal an, wie du wieder aussiehst. Du hast Mist gebaut und Julia sollte dir wohl aus der Patsche helfen. Ich denke, es ist momentan das Beste, du hältst dich von deiner Schwester fern. Geh mir aus den Augen!“
    Die kaltherzige Antwort seines Vaters empfand Ben, wie eine schallende Ohrfeige. Warum glaubte ihm sein alter Herr nicht? Gerade sein Vater sollte doch wissen, dass Ben seiner Schwester niemals schaden würde. Niemals etwas tun würde, was sie in Gefahr brachte oder gar das Baby. Im Gegenteil! Er überlegte gerade, wie er den Beiden klar machen könnte, dass er nicht der Anrufer gewesen war, als noch jemand, der von ihm unbemerkt in den Warteraum getreten war und den Großteil der Unterhaltung verfolgt hatte, das Wort ergriff. Es war seine Freundin Anna.

    Wahrheit oder Traum ... das wäre der passende Name für dieses Kapitel
    und ich brüte darüber nach, hat sich Jenny nur alles eingebildet ... eine Illusion
    oder war da doch was?
    ein Kapitel, das wieder einmal unter die Haut ging

    ein Kapitel mit vielen Informationen ....
    Ben ist zumindest körperlich auf dem Weg der Besserung - nur seine Aussage, Semir könnte seinen Mädels was antun, schockt mich gerade
    :(:(:(
    Unser kleiner Türke kämpft innerlich auch mit seinen Emotionen ... das Verhältnis zu Ben scheint zerrüttet ... vielleicht kann er sich nur ein paar Momente mal in die Situation seines Freundes versetzen ... überlegen was man ihm angetan hatte - für mich ist das nicht einfach eine Paranioa, sondern Ben ist schwer traumatisiert und braucht Hilfe ... wirklichen Hilfe
    zum lieben Chefarzt sage ich mal nichts ... befürchte fast, Ben flippt aus, wenn er von seiner Sarah getrennt wird
    wobei wir beim nächsten Thema wären. Sarah: Man möchte ihren kleinen Immunzellen helfen, gegen diese schrecklichen Bakterien anzukämpfen

    Seit einer halben Stunde saß Ben alleine im Wartebereich, nachdem er sich bei der Stationsschwester als Angehöriger von Julia Jäger angemeldet hatte. Die Schwester vertröstete ihn damit, dass die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen seien und bat um Geduld. Der behandelnde Arzt würde so schnell wie möglich zu ihm kommen.

    Zu Beginn der Wartezeit beobachtete der junge Mann unaufhörlich die Eingangstür zur Intensivstation in der Hoffnung, dass sich diese öffnete und ein Arzt zu ihm herauskam. Um die Zeit zu überbrücken, fischte er sein Handy aus der Hosentasche und rief seinen Freund Semir an. Dieser war erst einmal beruhigt, als Ben ihm so weit versicherte, dass es ihm gut gehe. Von ihm erfuhr der junge Polizist, dass sein Vater und Schwager wegen eines Geschäftstermines in Osnabrück unterwegs gewesen seien. Semir hatte bereits mehrmals mit der Sekretärin von Bens Vater telefoniert. Auf Grund des dichten Feierabendverkehrs und Staus auf der Autobahn würde es mindestens noch eine Stunde dauern, bis sie hier in der Uniklinik Köln ankommen würden.

    „Und wie konnte es zu dem Unfall kommen Semir? Was sagen die Zeugen?“; murmelte er ins Handy.

    „So wie es aussieht, hat Julia mit hoher Geschwindigkeit einen Laster überholt und beim Einscheren auf die rechte Fahrbahn die Kontrolle über ihren Wagen verloren. Die Zeugen bestätigen einvernehmlich, dass der Mercedes ohne Fremdverschulden anfing zu schleudern, die Leitplanke durchbrach und sich anschließend mehrmals überschlug, bevor er in dem Getreidefeld landete. Scheinbar hat die Benzinleitung etwas abbekommen und deshalb fing der Wagen Feuer.“

    Ben verstand die Welt nicht mehr, seine Schwester war eine ausgezeichnete Autofahrerin und die sollte einfach so, die Kontrolle über ihren Wagen verloren haben. Nachdenklich fuhr er sich durchs Haar.

    „Wird der Wagen in der KTU untersucht?“

    „Mensch Ben, es war ein ganz alltäglicher Unfall, so wie sie jeden Tag auf der Autobahn passieren. Nein, das Fahrzeug wird nicht in die KTU gebracht. Dafür besteht kein Grund. Du kennst die Vorgehensweise! Der Versicherungssachverständige wird sich das Fahrzeugwrack morgen anschauen und wenn dem nichts auffällt, ist der Fall für uns praktisch erledigt.

    Ben hatte sich von dem Gespräch mehr erhofft. Recht schnell beendete er es und lehnte es auch ab, dass Semir ihn vom Krankenhaus abholte. Während des Telefongespräches war der Dunkelhaarige, an der Wand lehnend gestanden. Langsam ließ er sich zu Boden sinken, zog seine Beine an, umfasste diese mit den Armen und bettete seine Stirn auf den Knien. Er war zum hilflosen Warten verdonnert. Gedankenversunken saß er da und nahm nach einer gewissen Zeit überhaupt nicht mehr wahr, was sich um ihn herum abspielte. Jemand klopfte ihn auf die rechte Schulter. Erschreckt blickte er auf und schaute in zwei blaue Augen, die zu einem markant geschnittenen sonnengebräunten Gesicht gehörten, dass von einem grauen Haarkranz eingerahmt wurde. Der Mann mittleren Alters trug die typische Kleidung eines Arztes. Dr. Beiersdorf las Ben auf dem Namensschild an seinem Kittel. Er hatte eine angenehme Stimme, als er den jungen Kommissar ansprach.

    „Herr Jäger?“; kam es fragend. „Ich bin Dr. Beiersdorf und der behandelnde Arzt ihrer Schwester!“

    Ben nickte und rappelte sich mühselig auf. Seine Glieder waren von dem langen Sitzen am Boden ganz steif geworden. Im ersten Moment war es ihm auch ein bisschen schwindlig, weswegen er sich kurz an der Wand abstützte und seinen Kopf schüttelte.

    „Ist alles in Ordnung mit ihnen? Saßen Sie bei dem Unfall mit im Wagen?“; erkundigte sich der Arzt für vorsorglich. Sein Gegenüber war kreidebleich geworden und machte auf den Arzt den Eindruck, dass er jeden Moment umkippen würde.

    „Alles ok! Geht schon!“; wiegelte Ben wie üblich ab, auch wenn er gerade das Gefühl hatte, sich jeden Augenblick übergeben zu müssen. „Wie geht es meiner Schwester? Kann ich zu ihr? Kann ich sie sehen? Wie geht es dem Baby?“, überfiel er den Arzt mit seinen Fragen. Seine dunklen Augen blickten ihn angstvoll an.

    „Wollen wir uns nicht lieber hinsetzen Herr Jäger? Und jetzt zu ihrer Schwester: Sie muss beim Überschlag des Autos mit dem Kopf seitlich an die Fahrertür gestoßen sein. Sie hat eine Platzwunde, die wir genäht haben … ja und keine Sorge, die Narbe wird später mal fast nicht zu sehen sein. Was aber schlimmer ist, sie hat durch diesen Aufprall einen Schädelbasisbruch erlitten. Bis aktuell können wir keine Blutungen ins Gehirn bzw. eine Anschwellung des Gehirns feststellen. Ihre Schwester ist noch bewusstlos, das macht uns am meisten Sorgen. Wir können nichts weiter tun als abwarten und hoffen, dass nicht doch noch weitere Komplikationen auftreten. Dem Baby geht es sehr gut. Es steht ein Notfallteam bereit, falls wir es frühzeitig holen müssen.“

    Ben war bei diesen Nachrichten noch blasser geworden und musste diese Informationen erst mal verarbeiten. Er hatte die abschließende Frage des Arztes überhaupt nicht wahrgenommen.

    „Herr Jäger? Herr Jäger?“ - „Ähm, sorry, was wollten Sie wissen Herr Dr. Beiersdorf?“

    „Wissen Sie in welcher Schwangerschaftswoche ihre Schwester ist?“, fragte der Neurologe nochmals nach
    .
    Der junge Mann schüttelte den Kopf. „Nein, tut mir Leid, ich weiß nur, dass das Baby in der letzten Juliwoche kommen sollte, ich glaube am 28.“
    „Das reicht mir schon als Information, danke. Wissen Sie wo der Ehemann ist?“

    Wieder dauerte es eine Weile, bevor Ben antwortete. Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht: „Peter, mein Schwager? Er müsste jeden Moment zusammen mit meinem Vater hier eintreffen. Die beiden waren geschäftlich unterwegs!“

    „Ok! Wenn sie möchten, dürfen Sie für ein paar Minuten zu ihrer Schwester.“

    Der Arzt führte ihn durch die Schleuse der Intensivstation zum Krankenzimmer seiner Schwester. Der Anblick, der sich Ben bot, wirkte auf ihn wie ein kleiner Alptraum. Seine Schwester trug einen weißen Verband um den Kopf, ansonsten sah sie unverletzt aus, vielleicht ein bisschen blasser von der Gesichtsfarbe als sonst. Überall waren Kabel, die mit verschiedenen Monitoren verbunden waren. Diese gaben teilweise aufgeregte, piepsende Töne von sich.

    „Nicht erschrecken, das hektische Piepsen ist der Herzschlag des Babys!“, erklärte ihm der Arzt, der den Blick von Ben richtig gedeutet hat.
    Der junge Mann trat seitlich an das Bett seiner Schwester. Sanft ergriff er ihre Hand und streichelte über ihren Handrücken, dabei wisperte er ihren Namen
    „Julia … Julia, ich bin es Ben. Du hast mir einen schönen Schrecken eingejagt. Normalerweise bin ich doch für solche Katastrophen zuständig.“

    Er konnte es nicht verhindern, Tränen stiegen in ihm hoch und liefen über seine Wangen. Sein Blick wanderte zur Zudecke, unter der sich der Babybauch seiner Schwester abzeichnete. Seine Hand glitt darunter und er streichelte über die Bauchdecke. Als hätte das Ungeborene darauf gewartet, bekam er prompt einen kleinen Tritt. „Na wenigstens dir geht’s gut kleiner Mann!“ Er streichelte die Bauchdecke weiter und hielt auf diese Art eine stille Kommunikation mit dem Baby. Sein Blick richtete sich wieder auf das bleiche Gesicht von Julia, „Komm kleine Schwester, wach wieder auf! Ich möchte doch mein Patenkind gerne zusammen mit dir erleben!“

    Bevor er weitersprechen konnte, wurde die Eingangstür zum Patientenzimmer seiner Schwester aufgerissen. Atemlos und völlig aufgelöst stand sein Schwager Peter unter der Tür und fuhr ihn barsch an: „Raus Ben! … Geh weg von Julia! … Raus! Verschwinde von hier!“

    Hali-Halo ... da ist es ja das Kapitel, das mit Freude erwartet wurde
    die Verfolgungsjagd des Flüchtigen Frege, das war Cobra-Action, wie man sie sich vorstellt
    mitten drin ... statt nur dabei
    und zack ... setzt du wieder einen drauf: Semir wird am Arm verletzt ... dachte bei mir auch ... da muss doch schon so viel Hornhaut und Narben sein, dass eine Kugel nichts mehr anrichten kann
    so ... und jetzt will ich wissen, wie es ausgeht

    das Drama vor allem um Sarah geht weiter ;(;(;(
    und doch ist es wieder einmal verwunderlich, was die Macht der Liebe alles vermag
    die Botschaften von Ben schein ja wie ein Lebenselixier auf seine Frau zu wirken
    sie überlebt die Nacht, obwohl alle Hoffnung schon dahin ist und auch am kommenden Tag verfehlt die Botschaft nicht seine Wirkung
    das war wirklich sehr ... sehr emotional ... auf so was steh ich
    nur das Verhältnis von Ben und Semir bereitet mir langsam ehrlich Sorgen
    ich glaube, da ist bei Ben einiges kaputt gegangen ...

    Ein Sanitäter, der auf die Situation aufmerksam wurde, kam auf die beiden Polizisten zu.

    „Was ist mit dem Mann? Saß er auch im Unfallfahrzeug? erkundigte er sich hilfsbereit.

    Semir schüttelte den Kopf. „Nein, aber die Frau dort drüben ist seine Schwester! Er dachte, sie befindet sich noch im Mercedes und wollte sie aus dem brennenden Fahrzeug retten, als der Benzintank explodiert ist. Die Wucht der Explosion hat ihn voll erfasst und über den Boden geschleudert!“
    Wissend nickte der erfahrene Sanitäter. „Ok, ihr Kollege hat wahrscheinlich neben seinen Blessuren einen schweren Schock erlitten. Am besten wir nehmen ihn im Rettungswagen mit ins Krankenhaus. Seine Schwester wird mit dem Rettungshubschrauber transportiert. Der müsste sowieso jeden Moment hier eintreffen!“ Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als die Geräusche eines sich nahenden Helikopters zu hören waren.
    Mittlerweile waren noch andere Streifenbeamte der PAST eingetroffen, die den Unfallort weiträumig abriegelten. Die Feuerwehr hatte mit Schaum das brennende Fahrzeug gelöscht.

    Ben öffnete seine Augenlider und wunderte sich, warum er auf dem Boden lag und jemand an seinem Arm zu schaffen machte. Ein Paar gutmütige blaue Augen blickten ihn an. Neben ihm kniete ein Sanitäter, der seinen Blutdruck messen wollte. Das Wort Krankenhaus hallte noch in seinem Kopf nach. Eigenwillig murmelte er: „Kein Krankenhaus! Ich gehe in kein Krankenhaus!“ und versuchte den Arm wegzuziehen.

    „Ben, sei vernünftig! Du bist gerade umgekippt. Wahrscheinlich hast du doch was bei der Explosion abbekommen, als du durch die Gegend geflogen bist!“, appellierte Semir an die Vernunft seines Partners, der auf der anderen Körperseite kniete. Aber der Ältere kannte den jungen Polizisten zu gut. Gegen den Widerstand des Sanitäters richtete Ben sich langsam auf. Sein Interesse galt einzig und allein dem Befinden seiner Schwester, die gerade vom Rettungsteam zum Rettungshubschrauber transportiert wurde. Der Hubschrauber startete und flog in Richtung Uni-Klinik Köln.

    „Ich muss meinem Vater Bescheid geben und Peter!“, wisperte der dunkelhaarige Polizist, der auf die umstehenden Personen noch völlig verstört wirkte.

    Der ältere Sanitäter, der noch neben Ben gekniet und den jungen Kommissar untersucht hatte, versuchte sein Glück, den jungen Polizisten zur Besinnung zur bringen.

    „Passen Sie auf! So wie Sie aussehen, sollten Sie sich im Krankenhaus durchchecken lassen. Was halten Sie davon, wir bringen Sie in die Notaufnahme der Uni-Klinik und anschließend können Sie nach ihrer Schwester sehen“, schlug er ihm vor.

    Stur wie Ben nun mal war, schüttelte er den Kopf und stöhnte unterdrückt auf, als das kleine Männchen in seinem Kopf wieder mit dem Hämmerchen zuschlug. Mit seinen Handflächen drückte er gegen seine Schläfen, als könne er so den Schmerz vertreiben.

    „Na gut“, erwiderte darauf der Sanitäter, Herr Naumann, stand auf seinem Namensschild. „Wenn Sie es schaffen selbstständig aufzustehen und zehn Schritte alleine zu laufen, gebe ich mich geschlagen. Schaffen Sie es nicht und kippen um, gehören Sie mir und meinem Kollegen. Verstanden!“
    Wild entschlossen versuchte Ben aufzustehen, als er sich aufgerichtet hatte, tanzte ein Feuerwerk aus bunten Sternen vor seinen Augen herum, in seinen Ohren rauschte es fürchterlich. Er kam sich vor, als wäre er an Deck eines Schiffes bei Windstärke zehn. Übelkeit stieg in ihm hoch. Der junge Polizist drohte wieder in sich zusammenzusacken. Wenn der Sanitäter und Semir nicht beherzt zugegriffen hätten, wäre er erneut in sich zusammengesackt.

    „Jetzt reicht es Ben!“, herrschte ihn sein Partner an „du lässt dich im Krankenhaus durchchecken und die Platzwunde verarzten! Oh, vergiss es mir zu erklären, dir geht es gut!“ Dabei zog er seine Hand hinter Bens Rücken hervor und zeigte ihm das Blut an seinen Fingern. Zusammen mit dem Sanitäter brachten er ihn zum Rettungswagen „Keine Widerrede du Dickschädel, ich rufe Anna an! Auch deinem Vater und Peter sage ich Bescheid. Also mach dir deswegen keine Gedanken.“

    Die Drohung mit seiner Freundin verfehlte nicht ihre Wirkung. Anna würde ihm die Hölle heiß machen, wenn er sich nicht durchchecken ließ.

    „Ja Papa Semir …. !“ murmelte der dunkelhaarige Polizist und gab sich geschlagen. Mit einem erleichterten Stöhnen ließ er sich auf die Transportliege niedersinken. Er spürte kaum den Einstich, als ihm der zwischenzeitlich weitere eingetroffene Notarzt einen Zugang für eine Infusion legte. Wenigstens würde er in die Uni-Klinik gebracht … also konnte er so schnell wie möglich zu seiner Schwester.
    *****
    In der Notaufnahme waren sein Kopf und Rumpf vorsorglich geröntgt worden. Seine Platzwunde und die kleinen Risswunden im Gesicht waren verarztet worden. Die Übelkeit und der Schwindel waren auch Stunden später nach dem Unfall noch da und bestätigten den Verdacht des behandelnden Arztes auf eine Gehirnerschütterung. Am Oberkörper hatte Ben einige schmerzhafte Prellungen erlitten, jedoch konnte der Arzt keine Knochenbrüche feststellen.

    Der behandelnde Arzt, Dr. Renger, saß an dem kleinen Schreibtisch des Behandlungszimmers und füllte die Patientenunterlagen aus. Ben lag mit geschlossenen Augen auf der Behandlungsliege. Die verabreichten Medikamente zeigten langsam ihre Wirkung. Der Schwindel und seine Schmerzen am Rücken verschwanden. Er überlegte gerade, ob er es riskieren könnte, sich zu erheben und zur neurologischen Intensivstation zu marschieren. Langsam richtete er seinen Oberkörper auf, als die Krankenschwester, die Dr. Renger zu Beginn der Behandlung assistiert hatte, etwas hektisch die Tür aufstieß, um das Krankenbett für Ben Jäger rein zu schieben.

    „Halt Herr Jäger! Bleiben sie liegen! Sie können nicht aufstehen!“, schrie sie los.

    „Erzählen sie mir nicht, was ich kann oder nicht kann, Schwester Nadja!“, gab Ben ächzend zurück. Mittlerweile saß er auf dem Rand der Liege und seine Füße hatten Bodenkontakt, als aus dem Hintergrund die Stimme des Arztes ihn ebenfalls ermahnte: „Herr Jäger, bitte sind sie doch vernünftig! Ich kann sie unmöglich in diesem Zustand nach Hause gehen lassen!“ Dr. Renger hätte den jungen Polizisten wegen des schweren Schocks gerne zur Beobachtung über Nacht auf Station behalten. Er erhob sich von seinem Stuhl und baute sich vor seinem Patienten auf.

    „Vergessen Sie das Doc! Ich bleibe nicht hier! Ich will zu meiner Schwester!“, widersprach Ben ihm schon ein bisschen energischer. Mit seiner linken Hand tastete er nach seiner Jacke und seinem verschmutzten Shirt. Mit zusammengekniffenen Lippen zog er sich dieses über, eisern darauf bedacht, ja keinen Schmerzenslaut von sich zu geben. „Sie können mich nicht zwingen, Doc! Und langsam sollten sie mich auch kennen!“

    Oh ja, Dr. Renger kannte seinen Patienten noch von dem Klinikaufenthalt im vergangenen Jahr. Noch einmal versuchte er an Bens Vernunft zu appellieren. Keine Chance. Der junge Polizist bestand darauf, auf eigenen Wunsch und Risiko entlassen zu werden. „Wo sind diese komischen Zettel Dr. Renger? Geben Sie schon her und ich unterschreibe Sie ihnen!“ Notgedrungen gab der Arzt nach. Mit ein paar Schmerztabletten für seinen Kopfschmerzen und Prellungen am Rücken, zusammen mit einer Krankmeldung für den kommenden Tag und Verhaltensmaßregeln entließ er den Patienten.

    Als Ben das Behandlungszimmer verlassen hatte, griff Dr. Renger nach dem Telefonhörer und wählte die Nummer der Chirurgischen Abteilung und verlangte Frau Dr. Becker zu sprechen. Er war etwas enttäuscht, als er hörte, dass diese sich noch in einer Operation befand. Die Krankenschwester am anderen Ende der Leitung versprach aber, dass Bens Freundin sich so schnell wie möglich beim Oberarzt melden würde.

    Auf wackeligen Beinen wankte Ben quer durch das Gelände der Uni-Klinik zur neurologischen Intensivstation. Mehr als einmal musste er sich an der Wand des Flures abstützen, damit er nicht einfach umkippte. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn, als er endlich den Wartebereich der Intensivstation erreicht hatte.

    ein neues Kapitel ... man freut sich auf Action mit Semir und was packst du wieder aus :D:D
    den nächsten Trumpf .... :thumbup:
    bei all den Morden, den Gedanken auf Rache hatte ich Juan, als die große Unbekannte doch glatt vergessen :D
    mich überrascht nur, dass der Kolumbianer der Einzige ist, der diese Querverbindung zu Anis gedanklich knüpft
    ich bin gespannt, was der vor hat

    ich bin ziemlich sprachlos ... also dass Ferge reif für die Klapse ist, darüber braucht man nicht zu diskutieren ... dieses Geständnis ist schon der Hammer =O=O
    den damaligen Ermittlern gibt er die Schuld, dass der Mörder seiner geliebten Monika nicht gefasst wurde und deswegen werden die seine Opfer
    Hallo ... was ist der von Beruf - Polizist bei der Mordkommission ... warum hat er nicht auf eigene Faust den Mörder gesucht, hätte auch noch Selbstjustiz verstanden ... aber statt dessen bringt er ein Kind um
    das ist krank .. aber richtig krank
    und die Krönung ... die Verbindung mit Anis ... die Stelle musste ich glatt zweimal lesen
    auf das kommende Kapitel freue mich auch ... hoffentlich Action pur ... Semir und Ben verfolgen Ferge ... und du bist ein Meister in der Beschreibung solcher Action Szenen

    Semir verstand im ersten Moment überhaupt nicht, was plötzlich in seinen jungen Partner gefahren war.

    „Hey Ben! … Spinnst du vollkommen?“

    Der Türke parkte seinen Wagen am Straßenrand und stieg aus. Zum einen vernahm er Bens fast schon hysterische Stimme. Welchen Namen rief er denn da? Verwundert blickte der Ältere hinter den jungen Polizisten her, der völlig durchgedreht auf den Wagen zu rannte, der dort lichterloh brannte. Er schien jeglichen Selbstschutz vergessen zu haben. Das konnte nur in einer Katastrophe enden.

    „Ben! …. Ben pass auf! Der Wagen fliegt gleich in die Luft!“, warnte er seinen Partner lautstark.

    Hinten am Kofferraum neben dem Benzintank schlugen die lodernden Flammen ins Freie, es war nur noch eine Frage von Sekunden bis der Mercedes explodieren würde.

    „Los weg hier!“, forderte er die Schaulustigen mit einer entsprechenden Geste seiner Hände auf, sich vom Unfallort zu entfernen. Einige der Gaffer schien das nicht zu interessieren. Sie hielten ihre Handys in den Händen und filmten die dramatische Szene, die sich vor ihren Augen abspielte. „Verdammt!“, fluchte Semir „Habt ihr was an den Ohren? … Leute los, macht einen Abflug! … Bringt euch aus der Gefahrenzone!“
    Auch wenn die Leute murrten, erkannte selbst der Letzte unter ihnen die Gefahr, in der sie schwebten und sie leisteten der Aufforderung des Autobahnpolizisten Folge. Aus der Ferne waren die Sirenen der herannahenden Feuerwehr und des Rettungsdienstes zu vernehmen.

    Ben hörte den Warnschrei seines Partners nicht. Der Dunkelhaarige kannte nur noch ein Ziel, seine Schwester aus dem brennenden Wagen retten. Obwohl er das letzte aus seinem Körper herausholte, kam er zu spät. Keine Chance! Der Wagen explodierte vor seinen Augen. Die Druckwelle schleuderte ihn auf den Boden und er landete hart auf seinem Rücken. Mit dem Kopf schlug er auf einen Stein auf. Um ihn herum wurde es dunkel.

    ****

    Langsam schwanden die dunklen Schatten, die den jungen Kommissar gefangen hielten. Wie lange war er ohnmächtig gewesen? Ben konnte es nicht sagen … waren es nur Sekunden oder gar Minuten gewesen. Es regnete Erdbrocken, kleine Steine, Glassplitter und andere Kleinteile des Mercedes auf ihn runter. Seine Ohren pfiffen und rauschten nur noch. Er nahm seine Umgebung überhaupt nicht mehr richtig wahr. Mit seiner Hand wischte er sich den Schmutz aus dem Gesicht. Einige Hautstellen an der Wange und der Stirn brannten, aber irgendwie war dies Ben überhaupt nicht bewusst. Mühsam stützte er sich auf seinen rechten Unterarm und richtete seinen Oberkörper in Zeitlupentempo wieder auf. Kniend blieb sein Blick an dem brennenden Auto vor ihm haften. Eine dunkle Rauchwolke stand über dem Wrack. Die Flammen schlugen aus dem Inneren des Wagens ins Freie. Die Hitze des Feuers verhinderte, dass man sich dem Mercedes annähern konnte. In dem jungen Polizisten war nur noch grenzenlose Verzweiflung. Sein Körper zitterte. Etwas Warmes sickerte am Rücken entlang und tränkte sein Shirt. Tränen rannen ihm über das Gesicht vermischten sich mit dem Schmutz und dem Blut aus den kleinen Risswunden. Die Martinshörner der Einsatzkräfte, die sich dem Unfallort näherten, drangen an sein Ohr. Plötzlich spürte Ben, wie sich eine Hand auf seine Schulter legte und ihn jemand ansprach. Es dauerte eine Weile bis er den Sinn der Worte erfasste und die Person erkannte.

    „Ben! … Ben! Beruhige dich! Um Gottes Willen, Partner komm wieder zu dir! Julia war nicht mehr im Wagen. Hörst du mich?“ Semir kniete vor ihm und hielt ihn an den Schultern fest. Mit einer Hand tätschelte er Bens Wange. „Hey Partner, schau mich an. Ein paar beherzte Männer haben sie rechtzeitig aus den Wagen gezogen. Sie ist bewusstlos und liegt dort drüben, aber sie ist verletzt. Wie schwer, kann ich dir nicht sagen?“ Langsam sprach Semir auf seinen Freund ein. „Hast du mich verstanden?“ Andeutungsweise nickte der junge Kommissar und suchte mit seinen tränenverschleierten Blick nach seiner jüngeren Schwester. Semir erhob sich und zog seinen jungen Kollegen auf die Beine.

    „Ist mit dir alles in Ordnung? … Ist dir was passiert? Du blutest!“

    Bens Knie waren immer noch butterweich. Wenn ihn Semir nicht gestützt hätte, wäre er wahrscheinlich wieder in sich zusammengesunken. Er spürte nichts … nur das lästige Pfeifen in den Ohren. Das Zittern seines Körpers war verflogen und stattdessen machte sich ein Eisklumpen, der seine Kälte verbreitete, in ihm breit.

    „Alles ok Semir!“, nuschelte er und versuchte seinen besorgten Partner zu beruhigen.

    Langsam gingen sie auf die Stelle zu, an der man seiner Schwester Erste Hilfe leistete. Irgendjemand hatte sie in eine stabile Seitenlage gebracht. Deutlich zeichnete sich ihr gewölbter Bauch unter der Rettungsdecke ab. Aus einer klaffenden Kopfwunde an ihrer linken Schläge strömte unaufhaltsam Blut. Ein älterer Herr drückte eine Kompresse darauf und versuchte die Blutung zum Stillstand zu bringen. Ansonsten sah sie unverletzt aus. Ben nahm alles wie durch einen Schleier wahr. Als er sich neben seiner Schwester hinknien wollte, wurde er von einem Sanitäter zur Seite geschoben, der zwischenzeitlich mit dem Notarzt eingetroffen war.

    „Machen Sie mal Platz! Na los! Gehen sie auf Seite, damit wir die Verletzte besser versorgen können!“

    Die Anweisung galt auch die für umher stehenden Schaulustigen, die den Rettungskräften im Weg standen. Wie gebannt, beobachtete Ben den Notarzt und die Sanitäter, als diese sich um seine Schwester kümmerte. Sein Herzschlag hämmerte in seinen Schläfen. Vereinzelte Wortfetzen kamen in seinem Gehirn an.

    „… Verdacht auf Schädel-Hirn-Trauma … Rettungshubschrauber … Uni-Klinik … Neurologie …“

    Panik stieg in ihm auf. Bitte nicht seine kleine Schwester, sie musste weiterleben, sie hatte sich doch so auf das Baby gefreut. Er hatte sich darauf gefreut Onkel zu werden und jetzt das.
    Übelkeit stieg in ihm hoch. Ben wendete sich zur Seite ab und übergab sich. Auf einmal fing alles an sich zu drehen, vor seinen Augen wurde es schwarz. Im letzten Moment konnte Semir den Sturz seines Partners abfangen und ließ ihn zu Boden gleiten.

    Treffer und versenkt ... möchte ich mal behaupten
    Ferge war für mich Kandidat Nummer 1 auf der Liste und scheinbar lag ich richtig
    nur die Frage nach dem Warum ist mir noch nicht so klar ... das Motiv ja - Rache, Ferge hat die Frau geliebt
    aber warum hat er die Ermittler umgebracht ... nach der langen Zeit?

    Kevin wäre das Finale gewesen, nur Anis hat dazwischengefunkt

    die Achterbahnfahrt der Gefühle geht weiter
    Ben geht es körperlich ein wenig besser .... aber das war es auch schon
    Halt ... es gibt noch die Erkenntnis: Die Urwalldmedizin scheint zu wirken ... nur Wunder kann auch sie nicht bewirken ... alles braucht seine Zeit
    Zeit, die scheinbar Sarah nicht mehr hat ... wenn ich die Aussage des Arztes wegen des Priesters höre ... läuft mir ein Schauer über den Rücken
    übersteht Sarah diese Nacht ;(;(;(
    vielleicht wäre diese Nachricht der richtige heilsame Schock für Ben, um durch diese aufrüttelnde Nachricht sein Trauma der Entführung ein wenig zu überwinden
    eigentlich würde ich mir wünschen, dass die beiden in einem Zimmer zusammen liegen
    und Maria kann ruhig weiter leiden ... noch viel mehr, wenn es nach mir geht
    mich würde ja mal interessieren, was ist aus deren Bruder geworden?

    ein Kapitel voller Licht und Schatten
    unser Einstein tut sein Bestes, um den wissenschaftlichen Beweis anzutreten, dass das Orchideen-Mittel aus dem Regenwald wirkt :thumbup:
    auch Andi als erfahrener Pfleger hat erkannt, dass bei Ben scheinbar eine Besserung eintritt
    wobei Bens Verhalten ... seine Psyche ... da wir mir es ganz anders. Man hat ja das Gefühl, dass Semir sein größter anzunehmender Feind ist
    ich bin auf das erste Gespräch mit der Psychologin gespannt ... ist sich eine Frau ... Frau = Feindbild .. na ob das was wird????
    bei Sarah's Zustand wird es mir ganz anderes ... hoffentlich ist die Anwesenheit ihrer Eltern eine psychische Stütze für die junge Frau
    aber auch hier kluger taktischer Zug von Andi ... dann hoffen wir mal, dass das Wundermittel wirkt
    und warten aber, ob das frostige Klima zwischen Ben und Semir, das ja schon einer Eiszeit gleicht, sich wieder in ein Tauwetter wandelt

    irgendwie habe ich das Gefühl: Campino du machst Ernst
    diese neue Komplikation bei Kevin - Sepsis ... das klingt ja fast schon wie ein Todesurteil bei seinen Verletzungen
    dazu der letzte Satz von Kalle: Wie würde Kevin entscheiden? dabei habe ich diese Bindung zwischen Kevin und seiner Schwester wie ein Spiegelbild im Kopf

    auf jeden Fall war die Begegnung und das Gespräch von Kalle und Jenny wieder ein sehr emotionaler Einblick in Kevins Vergangenheit
    und ich kann mir sehr gut etwas unter Christiane F. vorstellen .... habe ich damals, als es raus kam verschlungen
    ich frage mich auch gerade, wie würde Kevins Vater reagieren, wenn er von dem Attentat erfährt. Hätte Erik Anis im Verdacht?

    Das LKA hatte den Fall wegen der Überfälle auf die LKWs komplett übernommen. Die Bande agierte bundesweit. Semir und Ben sollten nur noch auf Anforderung unterstützend mit eingreifen. Einer der Verhafteten der Rastanlage Frechem packte aus und lieferte entscheidende Hinweise zur Festnahme von weiteren Überfallkommandos und der Hintermänner. Somit wurde der Arbeitsalltag von den beiden Autobahnpolizisten von täglicher Routinearbeit beherrscht.

    Ben lümmelte so richtig bequem auf dem Beifahrersitz und verspeiste einen Snack nach dem anderen, die er sich bei einem Zwischenstopp auf einer Rastanlage gekauft hatte.

    „Oh man Ben, muss das sein?“ maulte Semir seinen jüngeren Kollegen an.
    „Was hast du denn Kollege?“ meinte er mit vollem Mund. „Du wolltest doch nichts ab haben!“
    „Na das!“ dabei zeigte der Türke auf die zerknüllten Verpackungen der Müsliriegel im Fußraum und die Bananenschale auf der Mittelkonsole. „Mein Auto sieht aus wie eine Müllhalde!“
    Ben stopfte sich den letzten Bissen der Banane in den Mund. „Was kann ich dafür, dass ich ständig Hunger habe!“
    „Wie hält das Anna denn nur mit dir aus?“
    „Ganz einfach, die isst mit!“, feixte Ben. „Wie läuft es denn bei dir und Andrea? Wie geht es weiter? … Hattet ihr den Termin beim Psychologen schon?“
    Mit seinen Fragen versuchte Ben seinen Partner abzulenken, da er befürchtete, sonst nach Dienstschluss tatsächlich das Auto putzen zu müssen.
    „Der Termin war gestern Abend. Wenn es den Herrn interessiert und übermorgen werden Andrea und ich so richtig groß ausgehen!“, grinste Semir selbstzufrieden vor sich hin. Bevor er weitere Details verraten konnte, wurden sie durch einen Funkruf unterbrochen.

    „Zentrale für Cobra 11! Hallo Jungs, wo seid ihr denn gerade?“, säuselte kurz vor Dienstschluss Susannes Stimme aus dem Lautsprecher. Ben stöhnte auf, das konnte nur Überstunden bedeuten. Darauf hatte er absolut keinen Bock.

    „Na los, geh schon ran!“, forderte ihn der Deutsch-Türke auf.

    Nach einem langen Seufzer nahm er das Mikro in die Hand „Cobra 11 hört! Was gibt es denn noch Susanne, wir sind auf der A4 in Fahrtrichtung Olpe. Sprich wir haben nur noch ein paar Kilometer bis zur PAST und zum Feierabend!“

    „Das trifft sich gut. Ihr müsstet eigentlich den Stau gleich bemerken. Bei Kilometer 756 hat ein PKW die Leitplanke durchbrochen und Feuer gefangen. Sorry, … ihr seid die letzten, die vor Schichtwechsel noch draußen seid. Schaut euch die Sache mal an. Der Autofahrer, der den Unfall gemeldet hat, hat so ein paar komische Beobachtungen gemacht!“

    „Oh nee, das ist doch nicht dein Ernst Susanne“, nörgelte Ben los. „Kann das nicht die Nachtschicht übernehmen?“, legte er gleich vorwurfsvoll hinterher. Von seinem Fahrer erntete er dafür einen anerkennenden Blick.

    „Vergiss es Ben! Schau da, vorne! Wir haben schon das Stauende erreicht!“, revidierte der Türke gleich wieder seine Meinung. Gleichzeitig schaltete er Blaulicht und Sirene ein, in der Hoffnung, dass die anderen Verkehrsteilnehmer eine Rettungsgasse bildeten, damit sie schneller den Unfallort erreichen konnten.

    „Ok Susanne, wir übernehmen! Sind denn der Rettungsdienst und die Feuerwehr schon unterwegs?“, fragte Ben sicherheitshalber nach und tippte seinen Partner an der Schulter an und deutete auf die dunkle Rauchsäule, die am Horizont nach oben stieg.

    „Alles schon in die Wege geleitet Ben. Keine Ahnung, wie lange die durch den dichten Feierabendverkehr brauchen. Und keine Sorge, die Kollegen von der Nachtschicht schicken sofort Streifenwagen zur Unterstützung raus. Ähm … ich sehe gerade, die ersten Fahrzeuge fahren gerade vom Hof. Zentrale Ende!“

    „Oh, man können die nicht zur Seite fahren und Platz machen!“, regte sich der junge Kommissar über das Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer auf. „Komm fahr über die Standspur Semir, so brauchen wir ja eine halbe Ewigkeit, bis wir am Unfallort ankommen!“ die letzten Worte klangen schon recht genervt.

    „Wie der Herr befehlen!“, meinte der Deutsch-Türke mit einem leichten Grinsen im Gesicht und scherte aus. „Bitte festhalten Kollege, es könnte ein bisschen holprig werden!“ Währenddessen fuhr er über den Grünstreifen und nicht nur er, sondern auch Ben wurde ordentlich durchgeschüttelt. „Boah, mein Essen kommt gleich wieder hoch! Kannst du nicht ein bisschen sanfter fahren!“, beschwerte sich der junge Kommissar.

    Sie kamen dem Unfallort näher. Von ihrer Position aus konnte Ben die durchbrochene Leitplanke am rechten Straßenrand erkennen und wurde schlagartig ernst. Schaulustige standen herum und diskutierten miteinander. Semir betätigte die Hupe, damit er Platz zum Durchfahren bekam
    .
    „Oh man, immer das gleiche mit diesen Vollpfosten!“ fing Ben an rum zu maulen. Der Rest seiner Worte blieb ihm förmlich in der Kehle stecken. Er hatte den Wagen, der dort im Getreidefeld lag, erkannt. Es war der metallic-blaue Mercedes SLK seiner Schwester. Er spürte förmlich wie ihm alle Farbe aus dem Gesicht wich, sein Herz fing wie wild an zu rasen und er keuchte völlig verstört auf: „Oh mein Gott! Bitte nicht! …. Nein bitte nicht!“ Noch bevor sein Kollege den BMW endgültig zum Stillstand gebracht hatte, öffnete er die Beifahrertür und verließ den noch rollenden Wagen. Im Vollsprint rannte er auf die Unfallstelle zu und rief dabei wiederholt den Namen seiner Schwester „Juuuliiiaaaa!“

    Kaum hat man einmal ein paar Tage keine Zeit, kommen gleich zwei solch spannende und interessante Kapitel
    Jerry ist in Freiheit und macht die Erfahrung: Die Vergangenheit holt einen immer ein. Das war wohl ein harter Schlag für ihn, als er erkannte wer alles sein Geheimnis kannte
    Und dann der Auftritt von Anis
    Anis war der Täter … ich habe es geahnt … irgendwo die ganze Zeit geahnt
    Torben auf dem Silbertablett, das war zu einfach und wäre nicht Campino Like gewesen
    Nur fragt sich hier: Warum haben die Kollegen ihn fallen gelassen????
    Und wen beschreibt die Zeugin: Ferge