Beiträge von Mikel

    Der Türke betrat das Gerichtsgebäude. Im Eingangsbereich fand wie üblich eine Sicherheitskontrolle statt. Neben dem Wachpersonal, das für die Kontrollen verantwortlich war, saß dort in einem Glaskasten der Pförtner, Herr Müllender, der Semir persönlich kannte.
    Während der Polizist seine Dienstwaffe und alle Gegenstände, die sich in seinen Taschen befanden, in das bereitliegende Fach legte und der Wachmann ihn mit dem Metalldetektor scannte, kam der Pförtner um die Ecke. Hinter der Sicherheitsschleuse wartete er auf den Türken, der seine Sachen wieder sorgfältig verstaute.
    „Hallo, Herr Gerkhan! … Einen Moment mal bitte! …!“, begrüßte ihn Herr Müllender, der nur noch wenige Monate bis zu seiner Rente zu arbeiten hatte. In seiner Rechten hielt er ein Blatt Papier und wedelte damit herum. „Ich habe eine Nachricht für Sie! Sie sollen unbedingt noch ihre Frau anrufen, bevor sie in die Gerichtsverhandlung gehen.“
    „Danke, Herr Müllender! Ich habe bereits mit ihr telefoniert.“, seufzte der Türke und weckte damit das Interesse des Pförtners, der ihn eingehend musterte.
    „Schlechte Nachrichten? … Sie sehen aus, als hätten Sie ein Gespenst gesehen!“, erwiderte der weißhaarige Mann mitfühlend.
    „So kann man es nennen.“ Semirs Blick fiel auf die Uhr im Eingangsbereich. „Wer hat ihnen die Nachricht gegeben?“, forschte der Türke nach.
    „Kann ich ihnen nicht sagen.“, gab er als Antwort zurück und zuckte mit den Achseln. „Die Nachricht lag nach der Mittagspause auf meinen Platz mit dem Vermerk eilig. Den kann praktisch jeder reingelegt haben, der in dem Zeitraum Post geholt oder abgeliefert hat. Günter hast du was gesehen?“, wandte sich der Pförtner an den Sicherheitsbeamten, der nur den Kopf schüttelte. „Wäre das wichtig gewesen, Herr Gerkhan?“ Dieser winkte ab, die Zeit drängte. „Ich muss weiter. Danke!“, murmelte er und huschte die Treppenstufen hoch ins erste Obergeschoss, wo sich der Sitzungssaal befand. Noch einmal probierte er seinen Partner auf dem Handy zu erreichen. Diesmal kam die Ansage, dass der Teilnehmer vorübergehend nicht erreichbar sei. Lautlos fluchte der Türke vor sich hin. An der Hinweistafel zum Gerichtssaal leuchtete die Aufschrift, dass die Verhandlung bereits begonnen hatte. Ehe sich Semir weitere Gedanken zu Andreas Anruf machen konnte, kam über dem Lautsprecher die Aufforderung, dass er als Zeuge den Sitzungssaal betreten sollte.
    Er wurde vom Richter Schmidt aufgefordert auf dem Zeugenstuhl Platz zu nehmen. Nachdem seine Personalien festgestellt worden waren, belehrte ihn der Richter über seine Rechte und Pflichten als Zeuge, die Folgen einer Falschaussage und dass er unter Eid gestellt werden könnte.

    Selbstsicher begann die Staatsanwältin mit ihrer Befragung zum Unfallhergang bis es zur entscheidenden Stelle der Aussage kam.
    „Ist Herr Schneider der Fahrer des schwarzen Audi TT, das Fahrzeug, das den Unfall verursacht hat Herr Hauptkommissar Gerkhan?“
    „Das kann ich leider nicht mit absoluter Sicherheit sagen. Ich habe am Rastplatz nur einen jungen Mann am Steuer erkannt.“
    In den Augen der Staatsanwältin blitzte es auf und sie schnappte förmlich nach Luft. Ihre Blicke schienen Semir förmlich zu hypnotisieren und zu durchbohren. Man konnte spüren, wie ihr Groll über die gerade getroffene Aussage wuchs.
    „Herr Gerkhan, das widerspricht komplett dem, was Sie gestern zu Protokoll gegeben haben! Also nochmal: Ist Herr Schneider der Fahrer des Wagens gewesen, ja oder nein?“, kam es sehr energisch von der erbosten Staatsanwältin.
    „Ich bin mir nicht sicher Frau Staatsanwältin. Tut mir leid!“
    Sie erhob sich von ihrem Stuhl und stampfte auf den Zeugen zu. Ihre Gesichtsfarbe hatte vor Zorn auf dunkelrot gewechselt. Ihr Körper bebte vor Erregung, so wie ihre Stimme als sie fortfuhr: „Herr Gerkhan, ich warne Sie!“ Geräuschvoll atmete sie mehrmals ein und aus. „Überlegen Sie sich das genau! … Sie wissen, was das heißt, Herr Hauptkommissar! Sie widerrufen somit Ihre Aussage im Protokoll von gestern.“
    „Oh ja Frau Staatsanwältin!“, kam es leise von Semirs Lippen. Sein Blick wanderte rüber zur Anklagebank. Durch die Zuschauerreihen hinter ihm ging ein Raunen.
    Über das Gesicht des Angeklagten huschte ein hämisches Grinsen. Die Zeugenaussage des Kommissars bedeutete nämlich seinen Freispruch. Der junge Mann wusste bereits durch seinen Anwalt, dass es in der KTU ein Feuer gegeben hatte und somit alle sonstigen Spuren vernichtet worden waren. Es konnten keine Fingerabdrücke im beschlagnahmten Audi TT sichergestellt werden. Semirs Zeugenaussage war zum dem Zeitpunkt der Haftprüfung das einzige Beweismittel für seine Schuld, der einzige Grund ihn weiter in Untersuchungshaft zu behalten.
    Erst jetzt registrierte der Kommissar, dass neben dem Angeklagten ein stadtbekannter Strafverteidiger saß, Dr. Hans-Heinrich Hinrichsen. In Semir kam die Frage hoch, wie konnte sich ein Nicolas Schneider einen solch sündhaft teuren Strafverteidiger leisten?

    Der sicher geglaubte Fall zerrann der Staatsanwältin zwischen den Fingern. Ihr Stolz war verletzt. Ihre Wut richtete sich gegen ihren Hauptbelastungszeugen.
    „Wir sprechen uns noch Herr Hauptkommissar Gerkhan! Gerichtsdiener führen Sie Herrn Gerkhan ab in mein Büro. So nicht … nicht mit mir! Das wird Konsequenzen für Sie haben!“, drohte sie Semir noch im Gerichtssaal.
    Schweigend und mit hängenden Schultern ließ der Türke sich abführen. Als er an der Anklagebank vorbeilief, lehnte sich der Angeklagte lässig in seinen Stuhl zurück und grinste ihn hinterhältig an, während sich sein Anwalt erhob und eine Erklärung seines Mandanten vorlas. Semir bekam noch den größten Teil der Erklärung mit, bei der sich teilweise seine Nackenhärchen aufstellten.

    „Mein Mandant möchte zu Protokoll geben, er sei nur ein willkürliches Opfer der Autobahnpolizei gewesen, die für den Unfall einen Schuldigen gesucht hatten. Er sei vom Unfall so geschockt gewesen, dass er orientierungslos umhergeirrt sei. Als die beiden Polizisten mit gezückter Waffe auf ihn zugestürmt sind, bekam er es mit der Angst zu tun und ist davongerannt. Es ist ja offensichtlich, dass es sich hier wieder mal ein klarer Fall von Justizirrtum vorliegt. Ich beantrage hiermit, Herrn Nickolas Schneider in allen Punkten der Anklage frei zu sprechen.“

    Semir kochte innerlich vor Wut. Justizirrtum, schon allein dieser Begriff! Doch was sollte er tun? Die beiden Sicherheitsbeamten begleiteten den Polizisten zum Büro der Staatsanwältin. Auf dem Steinboden hallten die Schritte. Niemand sprach ein Wort. Die Zimmertür wurde geschlossen und die beiden Sicherheitsbeamten stellten sich davor, als wollten sie jeglichen Fluchtversuch des Polizisten verhindern. Der Türke war sich darüber im Klaren, dass seine Aussage ein Disziplinarverfahren und Ermittlungen der Internen Abteilung nach sich ziehen würde. Unruhig wanderte er im Büro der Staatsanwältin hin und her. Hilflos musste Semir durch eines der großen Fenster, die einen direkten Blick auf den Vorplatz des Landgerichts erlaubten, mit ansehen, wie Nicholas Schneider in einen dunklen Audi Q7 einstieg. Es war für ihn offensichtlich, dass der junge Mann erwartet wurde. Er fühlte sich schuldig, denn letztendlich hatte seine Aussage dazu beigetragen, dass dieser Mann, der für den Tod von vier Unschuldigen verantwortlich war, vom Richter frei gesprochen wurde. In ihm brannte der Wunsch, den Verdächtigen zu verfolgen. Aber in seinem Kopf hallten die Worte des Telefongesprächs mit Andrea nach.

    meine Befürchtung hat sich bestätigt, Ben hat eine Herzmuskelentzündung <X<X<X
    daran schuld sind diese kleinen fiesen Dinger names Streptokokken .... da denkt man als Laie nicht daran, was die Folgen sein können
    hoffen wir mal, dass die Ärzte Ben helfen können und vor allen Dingen mit der Diagnose richtig liegen
    dass Sarah da zusammenbricht, wundert mich nicht mehr ... als Frau vom Fach ... ist Wissen manchmal auch der Horror

    „Ja, es ist was passiert, aber nicht Ben … sondern Hartmut! … Frau Krüger wartet auf dich!“, gab die Sekretärin kurz angebunden zurück.

    Beim Gang zum Büro der Dienststellenleiterin beschlich Semir ein mulmiges Gefühl. Die Tür stand offen und Frau Krüger saß mit sehr angespannter Miene hinter ihrem Schreibtisch. Aufmerksam las sie in einem Bericht, der vor ihr lag. Als Semir das Zimmer betrat, blickte sie auf und schob das Papier zur Seite.

    „Guten Morgen Herr Gerkan. Setzen Sie sich bitte!“ Der Kommissar nahm auf dem Besucherstuhl vor dem Schreibtisch Platz und studierte dabei eingehend seine Vorgesetzte. Sofort fielen ihm die dunklen Ringe unter ihren Augen auf. Seine Chefin sah aus, als hätte sie die vergangene Nacht durchgefeiert.
    „Guten Morgen, Frau Krüger. Susanne sagte, ich solle sofort zu ihnen kommen! Es sei etwas mit Hartmut passiert?“
    „Die KTU wurde überfallen!“, beantwortete sie seine Frage.
    „Bitte was?“ erwiderte er total überrascht. „Was ist passiert?“
    „Sie haben schon richtig gehört. Jemand ist gestern Abend in die Räume der KTU eingedrungen. Die komplette Fahrzeughalle und die angrenzenden Räumlichkeiten wurden durch einen Sprengsatz oder mehrere Sprengsätze und ein daraus entstandenes Feuer zerstört und mit ihr alle darin befindlichen Fahrzeuge.“
    Semir blieb für einen Moment die Luft weg. Er schluckte und brachte mit einer belegten Stimme hervor: „Und Harmut? …. Was ist mit Hartmut? …. Ist ihm was passiert? … So reden sie doch Frau Krüger!“
    „Herr Freund hat Überstunden gemacht, um die Fingerabdrücke und sonstige Beweise aus dem beschlagnahmten Audi zu sichern. Dabei wurde er von den Tätern überrascht. Man hat ihn niedergeschlagen. Es grenzt schon an ein Wunder, dass er es in seinem angeschlagenen Zustand gelungen ist, aus der Halle zu kriechen.“ Kim Krüger atmete mehrmals tief durch. „Ich war bis vor einer Stunde im Krankenhaus. Herrn Freund geht es den Umständen entsprechend, um einmal die Worte des Arztes zu zitieren. Neben einer Platzwunde, die genäht werden musste, hat er noch eine Gehirnerschütterung davongetragen. Wegen des eingeatmeten Rauches liegt er für die nächsten vierundzwanzig Stunden zur Überwachung auf der Intensivstation.“ Es herrschte ein kurzer Moment der Stille. „Frau Dorn ist auf dem Weg ins Krankenhaus, um Herrn Freund ein paar persönliche Dinge vorbeizubringen. Sie bleibt dort und hält uns auf den Laufenden, falls sich was an seinem Zustand ändert.“ Kim Krüger blickte auf ihre verschränkten Finger, die auf der Schreibtischplatte ruhten. Düster murmelte sie: „Leider konnte Hartmut die Einbrecher nicht an ihren Plänen hindern... Alle Beweismittel, die zu diesem Zeitpunkt in der KTU gelagert waren, sind unwiederbringlich vernichtet.“

    Der Kommissar schnaufte erst mal durch und musste den nüchternen Bericht seiner Vorgesetzten verarbeiten. „Warum haben sie Ben und mich nicht verständigt? Schließlich geht es um Hartmut!“, blaffte er sie im Tonfall schärfer an, als beabsichtigt.
    „Warum? … Warum?“ Kim Krüger erhob sich aus ihrem Stuhl. Nervös ging sie zum Bürofenster und lehnte sich mit dem Rücken dagegen und verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Damit Sie sich wie ich, die Nacht um die Ohren schlagen und der Feuerwehr beim Löschen zuschauen können!“, verteidigte sie sich mit einem ironischen Unterton und schüttelte unwillig den Kopf. Ihr Pferdeschwanz wippte dabei hin und her. „Wir haben keinen blassen Schimmer, wer hinter dem Anschlag stecken könnte. … Und damit wir uns verstehen, hätte es nur den Hauch eines Hinweises auf die Attentäter gegeben, hätte ich keine Sekunde gezögert, Sie und Herrn Jäger aus dem Bett zu klingeln.“ Sie schob ihre Unterlippe vor und legte ihre Stirn in Falten. „ Nachdem Sprengstoff mit im Spiel war, sind die Kollegen des LKAs mit deren Spurensicherung in der KTU betraut. Fahren Sie einfach hin und verschaffen Sie sich einen Überblick. Vielleicht haben die Kollegen ja mittlerweile einen Anhaltspunkt, in welche Richtung wir ermitteln können.“

    „Soll ich Ben anrufen?“

    „Nein lassen Sie mal. Um zur KTU zu fahren, brauchen Sie doch die Begleitung von Herrn Jäger nicht, oder? Gönnen Sie ihren Partner seinen freien Tag. Wenn Sie Verstärkung brauchen, nehmen Sie sich Bonrath mit. … Ach ja, bevor ich es vergesse. Der Termin für die Haftprüfung wurde auf 14.00 h festgelegt. Seien Sie also bitte pünktlich am Landgericht Köln!“

    Gleich im Anschluss an die Besprechung mit Frau Krüger telefonierte Semir auf dem Weg zu seinem BMW mit Jenny. Erst als er von ihr bestätigt bekam, dass es Hartmut soweit gut gehe, fuhr der Türke vorerst beruhigt zur KTU.
    Ein Teil der Feuerwehrautos rückten ab und kamen ihm auf der Zufahrt entgegen. Der Türke parkte seinen BMW vor dem Tor und stieg aus. Beißender Brandgeruch schlug ihm entgegen. Es roch nach verschmortem Gummi. Auf dem Hof vor der KTU lagen verkohlte und verschmorte Teile herum, über deren Ursprung man nur raten konnte. Zwischendrin wimmelte es von den Kollegen der Spurensicherung, die in ihren weißen Overalls herausstachen. Es dauerte ein bisschen, bis er den Leiter der Spurensicherung, Lars Schmidt, gefunden hatte.

    „Hallo Lars, wie sieht es aus? Hast du schon was für mich?“ erkundigte sich der Kommissar bei seinem Kollegen.

    „Genaues kann ich dir noch nicht sagen Semir. Außer einem, hier waren waschechte Vollprofis am Werk. Die Zünder, der Sprengstoff … alles deutet auf eine militärische Ausbildung der Täter hin. Auf dem ersten Blick würde ich auf eine angeheuerte Söldnertruppe tippen.“

    „Söldner? Wollten die die ganze KTU zerstören?“, meinte Semir nachdenklich, während er weiter die Kollegen der Spusi bei ihrer Arbeit beobachtete. Der Löschschaum behinderte zusätzlich die Spurensicherung. Auf Lars Handzeichen hin, folgte ihm der Kommissar. Vor der dunklen Lücke im Mauerwerk, in der früher einmal das Tor mit der Eingangstür zur KTU gewesen war, blieben die beiden Männer stehen.

    „Die hatten es in der Hauptsache auf diesen Bereich der KTU abgesehen, in dem die gesicherten Fahrzeuge abgestellt waren“, dabei deutete er auf die zerstörte Einrichtung der Werkstatt und auf die ausgebrannten Fahrzeugwracks. „Habt ihr schon was von Hartmut gehört, wie geht es ihm? Ein Wunder, dass er noch lebend rausgekommen ist, wenn man sich die Zerstörungen anschaut.“

    „Ich habe vorhin mit Jenny telefoniert. Wahrscheinlich muss Einstein einige Tage zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben, vorausgesetzt, es gibt keine Komplikationen. Ich fahr auf jeden Fall nach dem Gerichtstermin nachher noch mal in der Uni-Klinik vorbei und besuche ihn.“

    Der Kommissar unterhielt sich noch mit einigen Kollegen, konnte aber keine neuen Erkenntnisse gewinnen. Es gab einfach keine Anhaltspunkte gegen wen ermittelt werden konnte. So langsam verstand er die Entscheidung seiner Chefin. Ein Blick zur Uhr sagte ihm, dass es Zeit war, sich in Richtung Landgericht auf den Weg zu machen, wenn er dort pünktlich eintreffen wollte. Bedingt durch den dichten Stadtverkehr kam er erst zehn Minuten vor dem angesetzten Termin am Justizgebäude an. Gerade als er die Treppen hochsprinten wollte, klingelte sein Handy in der Hosentasche. Auf dem Display konnte er erkennen, dass Andrea versuchte, ihn zu erreichen. Er unterdrückte seinen ersten Impuls das Gespräch wegzudrücken. Eine innere Stimme ermahnte ihn, es könnte wichtig sein. Seine Frau würde um diese Tageszeit nicht grundlos anrufen und er nahm das Gespräch an.

    „Hallo Andrea mein Schatz, was ist los?“ begrüßte er seine Frau. Die nachfolgenden Worte, die er vom Ende der Leitung hörte, ließen den Kommissar leichenblass werden. Er hatte das Gefühl, der Boden unter seinen Füßen schwankte … er war fassungslos … Bevor er zu einer Erwiderung ansetzen konnte, wurde der Anruf beendet.
    Sein Herzschlag raste. Er versuchte Ben auf seinem Handy zu erreichen. Doch stattdessen Stimme kam nur die automatische Nachricht, dass der Teilnehmer vorübergehend nicht erreichbar sei. Als nächstes probierte er den Festnetzanschluss … mit dem Ergebnis, dass sich dort nur der Anrufbeantworter meldete. Semir hinterließ Ben sowohl auf dem Anrufbeantworter als auch auf der Mailbox seines Smartphones eine Nachricht.

    „Ben ruf mich bitte sofort an! Es ist dringend!“

    Semir und seine Menschenkenntnis ... hatte wirklich Angst, dass Gregor vor lauter Sorge, dass er Ärger bekommen würde, Timo nicht helfen wird
    so und nun wünsche ich mir, dass das Phantombild hilft Patrick zu identifizieren
    denn da schließe ich mich Susan an ... der Prolog macht Angst :(:D

    "Wer anderen eine Grube gräbt, fällt sebst hinein!" anders kann ich die Aktion von Sander nicht beschreiben
    und das Loch ist wohl verdammt tief ...
    hatte wie das Team der PAST ein dickes fettes Grinsen im Gesicht über Caros Gegenmaßnahmen
    und jetzt ... jetzt ist das zu eingefroren ... zu einer Eisskulptur erstarrt ;(;(;(;(
    der letzte Satz ... das kannst nicht machen :(

    Zu Hause bei Semir …

    Ben parkte seinen Mercedes in der Auffahrt zur Garage der Gerkans und klingelte. Ein Blick auf seine Armbanduhr entlockte ihm ein Schmunzeln. Ausnahmsweise hatte er es mal geschafft pünktlich zu sein. Von draußen konnte er Aidas fröhliche Stimme hören.
    „Ich mach auf, das ist Ben!“
    Wie ein Wirbelwind fegte sie vom Garten über die Terrasse ins Haus und rannte zur Haustür. Kaum hatte sie diese einen Spaltbreit geöffnet, hüpfte sie voller Begeisterung an Ben hoch. Ihr freudiges „Beeeeeennn!“, hallte durch das Erdgeschoss. Nach der stürmischen Begrüßung ließ der Dunkelhaarige das Mädchen wieder zurück auf den Boden gleiten.
    „Boah, du wirst langsam zu schwer und zu groß dafür, Aida!“, ächzte er mit einem Lachen im Gesicht.
    Sie grinste ihn schelmisch an und zog ihn am Arm ins Haus hinein.
    „Das Essen dauert noch ein bisschen hat Mama gesagt. Kommst du mit mir in den Garten spielen?“

    Der Weg der beiden führte an der Küche vorbei, wo Andrea mit der Zubereitung der Beilagen für das Abendessen beschäftigt war. Der Duft von gedünstetem Gemüse, ein Hauch von Zwiebeln, Knoblauch und Tomaten und einer würzigen Soße lag in der Luft.
    „Hallo Andrea, hmm das sieht nicht nur lecker aus, das riecht verführerisch!“ Deutlich hörbar sog er die Luft in seine Nase und versuchte beim Vorbeigehen an der Küchentheke vom bereitgestellten Nudelsalat zu naschen.
    „Ben, Finger raus!“, ermahnte ihn Andrea, die seine Absicht erahnte. Sie reichte ihm einen Löffel und einen kleinen Teller. Ohne zu zögern, schöpfte sich der Dunkelhaarige eine Ladung Salat auf den Teller und stopfte sich einen üppig beladen Löffel mit Nudelsalat in den Mund.
    „Hmmm … Lecker! Du bist die beste Köchin der Welt!“ Kauend blickte er sich suchend im kombinierten Wohn-Essbereich um. "Wo ist denn der Herr des Hauses? Und Lilly? … Wo ist mein kleiner Sonnenschein?“
    „Oh, danke, du Charmeur! … Der Herr ist im Garten und heizt den Grill an … !“
    Nun sah Ben auch seinen Partner, der eifrig bemüht war, mit einem Blasebalg die Glut im Grill anzufeuern. „Oh, oh! Ich sehe schon, das wird was Größeres!“, und fing an zu lachen.
    „Gut erkannt! … Sprich es dauert noch ein wenig mit Essen bis unser Grillmeister das Fleisch serviert. … Und Lilly ist bei meinen Eltern.“
    Ben stellte den leer gegessenen Teller auf die Anrichte zurück und begab sich lachend mit seiner kleinen Freundin an der Hand in den Garten. Von dort beobachtete weiter seinen Partner und konnte sich den einen oder anderen Kommentar über Semirs Grillkünste nicht verkneifen. Feixend ging er in Deckung, als der Türke mehrere Grillbriketts nach ihm warf.

    Immer wieder warf Andrea einen Blick durch das Küchenfenster in den Garten. Ein Schmunzeln lag auf ihrem Gesicht, als sie beobachtete, wie Ben und Aida zusammen spielten und rumtobten. Nachdem das Fleisch auf den Rost lag und der Geruch von gegrilltem Fleisch breitete sich aus, kam Semir in die Küche, um für sich und Ben ein Bier zu holen. Lachte Andrea über ihn? Er warf ihr einen fragenden Blick zu, den seine Frau auch gleich verstand.
    „Irgendwie ist doch Ben ein kleiner großer Junge geblieben, wenn man ihn so sieht oder nicht … Aida liebt es mit ihm zu spielen. Du, ich habe Ben schon lange nicht mehr so ausgelassen lachen gehört Semir!“ Der nickte zustimmend, hauchte seiner Frau einen sanften Kuss auf die Lippen. Vergessen waren in diesem Moment die Sorgen des Alltags und die Ereignisse des Vormittags.

    Im Garten fragte Aida ihren Spielpartner, während sie mit einem Fuß gegen den Ball trat: „Bringst du mich später ins Bett Ben?“
    „Na klar!“, gab er als Antwort zurück und hechtete nach dem Fußball. Ben spielte den Torwart. Er stand zwischen zwei mannshohen Tannen, die das Tor markierten und Aida hatte ihre helle Freude daran ihn abzuschießen.
    „Und singst du mir was vor?“ Kam gleich die nächste Frage hinterher.
    „Natürlich Prinzessin! Für dich doch immer.“
    Ben dachte in diesem Moment daran, wie es wohl wäre, wenn er selbst mal Kinder haben würde. Seine Gedanken wurden durch Andreas Ruf „Essen ist fertig!“ unterbrochen. Beim Abendessen drehten sich die Gespräche um die kleinen Dinge des alltäglichen Lebens und es herrschte eine ausgelassene Stimmung. Zu Aidas Freude spielten die Erwachsenen anschließend ein bisschen UNO mit ihr, bis die mahnende Stimme ihrer Mutter erklang.
    „So kleines Fräulein, für dich wird es langsam Zeit ins Bett zu gehen! Du hast morgen Schule und musst früh raus!“
    „Ben, kommst du mit hoch? Du hast es verspochen? … Bitte!“, quengelte Aida gleich los.
    „Geh du erst mal ins Bad, wasche dich und putze dir die Zähne. Ben kommt hoch, wenn du mit Schlafanzug fix und fertig im Bett liegst. … Einverstanden!“, bestimmte Andrea. In Rekordzeit hatte sich Aida bettfertig gemacht und rief nach Ben. Unter dem Lächeln von Semir und Andrea flitzte er hoch ins Kinderzimmer. Die beiden lauschten nach oben als Bens wunderbare Stimme erklang. Er sang ihr einige ihrer Lieblingslieder aus Disney Filmen vor.
    Zum Schluss, als Aida schon fast nicht mehr wusste, wie sie die Augen für Müdigkeit offen halten sollte, fragte sie den jungen Mann, der auf der Bettkante saß: „Ben?“
    „Ja Aida.“ Erwartungsvoll blickte er das Mädchen an, was die junge Dame noch für eine Überraschung auf Lager hatte.
    „Du hast doch morgen frei? Oder?“ kam gleich hinterher.
    „Ja, ich habe morgen meinen freien Tag. Was hast du denn auf dem Herzen Prinzessin?“
    „Ich mag nicht mit Mami zu dem blöden Kaffeekränzchen gehen. Die Erwachsenen unterhalten sich nur über so blödes Zeugs. Keiner hat Zeit für mich, keiner spielt mit mir“, jammerte das Mädchen weiter. „Willst du nicht mit in den Zoo gehen oder noch besser ins Phantasia-Land? Ach bitte …. ! Du hast es schon so lange versprochen!“ Sie blickte Ben dabei so treuherzig aus ihren dunklen Augen an, zog den schönsten Schmollmund aller Zeiten, dass er nicht widersprechen konnte. Außerdem hatte er nur für den Nachmittag nur geplant, seine Wohnung aufzuräumen und die konnte warten.
    „Ok ich hole dich morgen Nachmittag nach den Hausaufgaben ab! … Versprochen!“
    Auf Aidas Gesicht ging die Sonne auf, so strahlte sie. „Oh ja super. Ich flitze gleich runter und erzähl es Mami.“
    „Nee, nee lass mal, dass mach ich schon. So und jetzt schlaf schön. Bis morgen Mittag.“

    Ben gab Aida noch einen Gute-Nacht-Kuss auf die Stirn, schaltete das Licht aus und ging zu Semir und Andrea runter ins Wohnzimmer. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er wieder mal sehr viel mehr Zeit im Kinderzimmer verbracht hatte, als er geglaubt hatte.
    „Habt ihr was dagegen, wenn ich Aida morgen Nachmittag abhole?“, fragte er die beiden. Andrea ahnte schon, wer diese Idee gehabt hatte.
    „Aida, will morgen nicht mit. Ich habe ja Lilly schon deswegen zu meinen Eltern gebracht. Wenn es dir nichts ausmacht Ben, gerne!“ beantwortete sie die Frage.
    Während Andrea die Küche aufräumte und putzte, saßen die beiden Polizisten noch im Wohnzimmer zusammen und sprachen über die Massenkarambolage auf der Autobahn. Jeder der beiden versuchte so ein bisschen die Ereignisse des Tages zu verarbeiten. Zu vorgerückter Stunde verabschiedete sich Ben von den Gerkans an der Haustür.
    „Komm gut nach Hause Ben! Du hast es ja schön, du hast morgen frei und ich darf Alleinunterhalter für die Schrankmann spielen!“ maulte Semir rum.
    „Sorry Partner! Das ist Schicksal. Nee, ich gehe noch nicht heim. Kann eh nicht schlafen, nach dem was heute passiert ist. Werde noch in einer der Kneipen in der Innenstadt, dem Club 99, abhängen, wo um die Zeit noch Livemusik gespielt wird.“

    Beim Einsteigen ins Auto winkte er den beiden nochmals zu und verschwand im Dunkel der Nacht.

    ***********

    …. Am nächsten Morgen

    Semir hatte die Dienststelle der PAST noch nicht richtig betreten, als er bereits von einer aufgeregten Susanne abgefangen wurde.
    „Guten Morgen Semir! Du sollst sofort zur Chefin kommen!“
    „Ist was passiert? ... Mit Ben?“

    also ich schließe mich mal Silli's Meinung an... auch ich hätte erwartet, dass die Polizei sofort die Kleidung ihress Hauptverdächtigen beschlagnahmt bzw. danach suchen lässt =O
    und ich fühle mich mehr und mehr in meiner Annahme bei Ben bestätigt ...
    dann hoffen wir mal, dass der Kardiologe etwas von seinem Handwerk versteht und Ben helfen kann

    so heute nur ein kurzes Feedback
    was hat das Gespräch mit Juan in Köln gebracht ... :?:
    das sowohl Semir als auch Ben die Erkenntnis gewonnen haben .... Kevin hat den schrecklichen Sturz überlebt
    so und nun sollen unsere beiden Helden zurück nach Hamburg und nach Jenny suchen

    Aus Sicht von Caro ... was macht man nicht alles der Liebe wegen ... nur irgendwann läuft das Fass über
    irgendwie kann ich Caro verstehen ... ihr Vergleich dass sie sich wie eine Gefangene fühlt kann man nachvollziehen
    ihren unbändigen Wunsch ihr Leben zurück haben zu wolllen
    warum will Alex das nicht verstehen????? er hat sich kein Heimchen am Herd ausgesucht sondern eine Powerfrau ...
    die ihren gefährlichen Job über alles liebt ... vielleicht sollte er auch mal ein wenig Verständnis wie dieser Lukas aufbringen
    fand die Emotionen von Caro ... sind gut rüber gekommen

    also mal ganz ehrlich ... bei dir bekommt der Begriff: DRAMA eine völlig neue Dimension
    und im Mittelpunkt steht Jenny ... sie durchlebt eine emotionale Achterbahnfahrt, die man niemanden wünscht
    der Schock .. die Zweifel ... ist das wirklich Kevin gewesen, der da im ersten Stock ist
    ich bin wieder einmal begeistert, wie du Jennys Gefühlsleben beschrieben hast :thumbup:

    also ich schließe mich mal der Meinung von Silli und Susan an ...
    dieser Lars Büttner ist ein Bauernopfer ... Pflicht erfüllt .. und anschließend geopfert
    und dahinter steckt jemand der Macht hat ... und da kommt Sander ins Spiel ... der steht auf meiner Hitliste der Verdächtigen an erster Stelle
    aber Caro ist ja süß ... was die so alles unternimmt, um dem Büro zu entfiehen und wieder die Einsatzleitung zu übernehmen herrlich ... regt so richtig schön das Kopfkino an. :)

    also ich kann mir meine Schadenfreude auch nicht verkneifen ... Elisa bekommt die Quittung für ihr Verhalten und Milena kündigt ihr die Freundschaft ...
    nur mal ehrlich, die ist charakterlich auch nicht viel besser ... beschuldigt die doch glatt Sarah an allem schuld zu sein ... Hallo geht's noch? Denke, das ist noch nicht vorbei ... Inhalt des Kofferes ersetzen ..????
    beim Türsteher hat sich wieder mal ein altes Sprichwort bewahrheitet: Gottes Mühlen mahlen langsam aber gerecht.
    hmmm, was mir gar nicht gefällt. Hartmut kann seinen Plan nicht in die Tat umsetzen ... schlecht ... sehr schlecht
    das gibt dem Unbekannten im Hintergrund neue Chancen .... also setze mal auch ein paar Polizisten vor die Intensivstation
    ... und ich warte auf Nachrichten von Ben

    Die Fragen von Frau Krüger prasselten auf den Unfallverursacher ein. „Ihren Namen? … Wo wohnen Sie? … Wer saß mit ihnen im Auto? … Wieso sind sie geflüchtet?“ Ihre Blicke schienen ihn förmlich zu durchbohren. Doch der Verdächtigte schaute stoisch auf die Tischplatte vor sich. Zwischendurch setzte er sich ein wenig bequemer hin und ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen.

    „Ok, ich kann auch anders. Ihnen ist doch klar, dass Sie für den von ihnen verursachten Unfall einige Zeit in den Knast gehen! Das war fahrlässige Tötung, da gibt es keine Bewährungsstrafe!“, versuchte sie ihn weiter einzuschüchtern. Ihre Worte wurden immer energischer. Sie stütze ihre Hände auf die Tischplatte vor dem Verdächtigen und fauchte ihn wütend an: „Ich rede mit Ihnen! Schauen sie mich gefälligst an!“ Der Unbekannte hob den Kopf, schaute Frau Krüger in die Augen und senkte ihn wieder. Völlig gelangweilt begann er sich die Fingernägel zu putzen. Ihre Fragen prallten an ihn ab. Wütend umkreiste sie ihn wie ein Raubtier seine Beute. Nichts, absolut nichts brachte ihren Gegner aus der Fassung, egal welche Verhörmethode die Krüger auch anwandte.
    Für Semir, der das Verhör nach wie vor beobachtete, war es ein bisschen unheimlich, wie abgebrüht und kaltschnäuzig der Unbekannte war. Die Chefin der PAST biss sich an dem Gefangenen sprichwörtlich die Zähne aus.

    „Ich habe da was über euren Freund da drinnen!“, erklang Susannes Stimme von hinten. Semir wandte sich ihr zu und warf einen flüchtigen Blick auf die Computerausdrucke.
    „Warte, ich hole Frau Krüger gleich dazu. Ich glaube, die kann dringend ein wenig Munition gebrauchen. Ihre Waffen sind im Verhör bisher recht stumpf geblieben.“

    Semir klopfte an die Tür des Vernehmungszimmers, öffnete diese und gab durch ein Zeichen Frau Krüger zu verstehen, dass sie vor die Tür kommen sollte. Gemeinsam mit Semir hörte sie aufmerksam Susannes Ausführungen zu.

    „Der junge Mann heißt Nicolas Schneider und ist seit mehreren Jahren aktenkundig. Er ist mittlerweile 24 Jahre alt und hat in seiner Kindheit und Jugend in verschiedenen Pflegefamilien im Großraum Köln gelebt. Bis er dann mit 16 Jahren in ein Heim kam und dort endgültig auf die schiefe Bahn geriet. Die Schule hat er abgebrochen, scheint aber trotzdem ein recht helles Bürschchen zu sein. Er hatte die Zeit zwischen seinem 17. bis 20. Lebensjahr im Jugendknast wegen verschiedener Delikte verbracht. Diebstahl, Körperverletzung, illegale Autorennen, kleinere Betrügereien, nichts Besonderes. Seit er damals entlassen wurde, war er nicht mehr auffällig gewesen, bis heute. Übrigens, was noch interessant ist. Es gibt keinen Eintrag ins Melderegister der Stadt Köln … keine Steuererklärung ... Keine Ahnung wo er sich die letzten drei Jahre aufgehalten hat, von was er gelebt hat, was er gemacht hat, es gibt nichts.“

    „Ok, dann warten wir mal ab, was Hartmut noch im Auto des Verdächtigen findet. Vielleicht haben wir dann einen Hinweis, warum er vor ihnen geflüchtet ist, Herr Gerkan! Bonrath, schnappen Sie sich einen Kollegen und bringen Sie den Gefangenen in die JVA Ossendorf! Und Sie Herr Gerkan, schreiben mir bis heute Abend ihre Berichte! Frau Schrankmann übernimmt selbst die Anklagevertretung, wenn er morgen dem Haftrichter vorgeführt wird.“
    „Wollen Sie ihn nicht mal befragen, Frau Krüger, nachdem wir jetzt wissen wer er ist?“, erkundigte sich der Türke.
    „Sie haben ihn doch die ganze Zeit beobachtet oder? Glauben Sie wirklich, dass der irgendwas aussagt?“
    Semir schüttelte den Kopf als Antwort.
    „Also los Herr Bonrath, schaffen Sie mir den Kerl aus den Augen!“

    Als hochgewachsene Polizist und eine weitere Kollege zusammen mit dem Gefangenen die PAST verließen, kam Ben zur Eingangstür herein. Der dunkelhaarige Polizist war gezeichnet von dem, was er in den letzten Stunden gesehen und erlebt hatte. Seine Kleidung war mit eingetrockneten Blutflecken überzogen. „Du siehst aus wie eine wandelnde Leiche, Ben!“, sagte Dieter Bonrath, als der an seinem jüngeren Kollegen vorbei ging. „Trink erst einmal einen Kaffee und gehe dich duschen! Das hilft vielleicht!“
    „Heute könnte ich etwas Stärkeres vertragen!“, murmelte Ben zurück.

    „Und wie sieht es da draußen aus Herr Jäger?“, wurde er gleich von der Krüger abgefangen. „Wurde die Vollsperrung mittlerweile aufgehoben?“
    Ben seufzte abgrundtief auf und fuhr sich mit seinen Händen über das Gesicht, bevor er mit seinem Bericht begann. „Da draußen sieht es aus wie auf einem Schlachtfeld. Es gab insgesamt drei Tote.“ Er deutete mit Geste in Richtung des abfahrenden Porsches von Bonrath und schüttelte dabei kurz den Kopf, als könne diese Bewegung die Bilder aus seiner Erinnerung verscheuchen und fuhr fort. „Zehn weitere Personen sind schwer verletzt, ob zwei davon überleben?“ Er zuckte mit den Schultern und sein blasses Gesicht wurde noch um einige Nuancen bleicher. „Keine Ahnung! Laut den Aussagen des Rettungsdienstes werden die nächsten Stunden entscheiden! … Ansonsten viele Leichtverletzte … der Sachschaden … keine Vorstellung davon … sechsstellig. … Auf jeden Fall wird noch Stunden dauern, bis die Autobahn endgültig geräumt ist und alle Fahrspuren wieder frei sind. Die Feuerwehr hofft, dass sie es bis zum einsetzenden Berufsverkehr am Abend schafft. Frau Krüger, das war ein Inferno! Es wird auch noch dauern, bis der Audi in die KTU kommt. Übrigens Semir, auf der Rücksitzbank war kein Gewehrkoffer mehr oder er ist weg“, beendete Ben seinen vorläufigen Bericht. Er stand mit hängenden Schultern da, mehrfach fuhr er sich mit den Händen durch seine verstrubbelten Haare, die nach allen Seiten abstanden.
    „Brauchbare Zeugenaussagen Herr Jäger?“
    Der Dunkelhaarige lachte ironisch auf. „Fragen sie hundert Leute und sie erhalten hundert verschiedene Meinungen. Der Busfahrer behauptet sogar, eine Frau habe den Audi gefahren. Zumindest ist er sich sicher, dass eine Frau von dem Fahrzeug weggerannt ist. Nur in einem sind sich die meisten Zeugen einig. Der Unfallverursacher war der Audi TT … Aber außer Semir kann niemand den Fahrer des Audis eindeutig identifizieren!“
    „Es hilft nichts! Genau aus diesem Grund brauche ich ihre Berichte und Aussagen vor Dienstende meine Herren! Die Staatsanwaltschaft wartet darauf. Also ran die Arbeit! Anschließend können sie gerne nach Feierabend machen.“

    In diesem Moment dachte Ben nur, ist sie wirklich so gefühlskalt oder ist das ihr Schutzmechanismus. Mit einem Stöhnen tapste er hinter Semir her ins gemeinsame Büro. Den Rest des Tages verbrachten die beiden Kommissare recht schweigsam mit Berichte schreiben.
    Semir warf seinen Kugelschreiber auf die Schreibtischplatte und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Geschafft! … Ich bin fertig, wie sieht es bei dir aus Partner?“ Ben blickte von seinem Schreibtisch hoch, schüttelte den Kopf und brummte unwillig vor sich hin. „Gleich … gib mir noch ein paar Minuten. Du könntest uns ja zwischenzeitlich noch einen Kaffee holen?“, meinte er mit einen schelmischen Grinsen und konzentrierte sich wieder auf seine Finger, die emsig auf der Tastatur rumhämmerten. Als Semir mit zwei Tassen dampfenden Kaffee zurückkam, streckte und dehnte sich sein Partner in seinem Stuhl. Die Finger hatte er dabei hinter seinem Hinterkopf verschränkt. Der Türke reichte eine Tasse weiter und fragte seinen Freund: „Hast du heute Abend schon was vor, Ben?“
    „Nein, warum?“
    „Ich habe vorhin mit Andrea gesprochen und ihr erzählt, was auf der Autobahn passiert ist. Sie meinte, ein bisschen Ablenkung würde uns wohl gut tun. Du sollst zum Abendessen vorbeikommen, so gegen 19.00 h. Naja, nichts Großes. Ich heize den Grill an und sie kocht uns was Leckeres dazu. Was hältst du davon?“
    „Zum Abendessen? Klar komme ich. Irgendwas mitbringen?“ war die Gegenfrage.

    :):):) sorry .. ich habe kein Bedauern für Elisa und Milena ... die ja selbst in der Stunde der Not, wieder nur an sich gedacht haben ... vielleicht kommen die Grazien jetzt einmal zur Besinnung
    und der Türsteher, na dem sind seine Aspirin Tabletten wohl gar nicht bekommen. Bin schon gespannt, ob der Kerl ein wertvoller Zeuge werden kann ... sofern man ihm medizinisch noch helfen kann
    und zu Ben ... ich fand den medizinischen Teil interessant :thumbup: und er hat ja noch gerade mal wieder die Kurve gekriegt
    hoffentlich hat der Arzt etwas entdeckt, warum es ihm so schlecht geht

    Die Kopfschmerzen scheinen nicht gerade vorteilhaft für den Denkprozess des Türstehers zu sein ... :)
    und der kleine Sadist in mir gönnt ja den beiden Weibern so eine kleine Abreibung ... denn Dank der aufmerksamen Nachbarin ist ja schon Rettung unterwegs
    nur der Schluss des Kapitels .... der Schluss ... willst du dass ich nachts wach liege und darüber nachgrüble, was mit Ben ist
    wie kannst du da bitte aufhören ... ;(;(<X

    OMG ... dieser Patrick .... was für ein sadistisches Schwein ;(<X
    was hat der Kerl mit Jenny noch vor ... du machst mir Angst ... richtig Angst
    Kevin konnte sie zwar diesmal vor dem Schlimmsten bewahren
    nur mit tut Jenny unendlich leid ... was muss die Ärmste durchleben und verarbeiten
    diese Fast-Vergewaltigung ... und wer weiß was das nächste Mal passiert ... so grausam bist du nicht ... Oder???
    und dann hört sie Kevins Stimme ...

    Der Unfallverursacher verzog keine Miene, als Semir ihn nicht gerade zartfühlend, vor sich her schob. Kein Ton kam über dessen Lippen. Von seiner Position auf der Anhöhe oberhalb der Autobahn konnte der Türke das ganze Ausmaß der Massenkarambolage überblicken. Der Reisebus … drei LKWs und ein dutzend Autos waren ineinander gekracht … unzählige Leute rannten hilflos zwischen den Fahrzeugen hin und her … Ben telefonierte und aus der Ferne hörte man die Martinshörner der herannahenden Rettungsdienste, Feuerwehr und der alarmierten Kollegen. Na super, dachte er bei sich, das gibt wieder einen Einlauf von der Krüger. Die Autobahn würde wieder über Stunden gesperrt sein, bis das Chaos beseitigt ist. Ok, diesmal hatte wenigstens der BMW die Verfolgungsjagd ohne Schaden überstanden, dachte er bei sich sarkastisch. Während der Türke zusammen mit dem Verhafteten weiter in Richtung seines Kollegen ging, schien der junge Mann mit seinen Blicken erneut die Gegend abzusuchen. Dem aufmerksamen Polizisten war dies nicht entgangen, und er vermutete sofort, dass er nach der Beifahrerin Ausschau hielt.
    Auch Ben kam ihnen entgegen und am Fahrbahnrand am Heck des BMWs trafen sie sich.

    „Ist eine Riesenschweinerei hier Semir. Gut, das du den Kerl bekommen hast.“ Bevor Semir eingreifen konnte, hatte Ben den Verdächtigen am Halsausschnitt seines T-Shirts gepackt und leicht zu sich herangezogen. „Dafür gehst du ein paar Jahre in den Knast mein Freund, das verspreche ich dir!“, fauchte der dunkelhaarige Polizist total wütend den Verdächtigen an. Deutlich hörbar entwich die Atemluft zwischen seinen Zähnen. Semir war verwundert. Selten hatte er in ihrer bisherigen Zusammenarbeit solch einen emotionalen Ausbruch seines Partners gegenüber einem Verdächtigen erlebt. Er wollte ihn schon ermahnen, doch da ließ Ben das Shirt los und trat einen Schritt zurück. „Du bist es gar nicht wert, dass ich mir die Finger dreckig mache!“ Der Blick aus seinen dunklen Augen, den er dem Schuldigen zuwarf, schien diesen förmlich zu zermalmen. Semir war klar, hier musste mehr passiert sein, als ein bisschen Blechschaden und ein paar Leichtverletzte. Auf seinen fragenden Blick hin fuhr Ben mit seinen Erklärungen fort. „Da vorne ist eine junge Mutter mit ihrem Kleinkind gestorben, gleich das erste Auto, das der Typ mit seinem Audi angeschoben hat und das daraufhin in die Frontpartie des Busses gekracht ist … und weiter hinten … unter dem Heck … der Astra …“ Ben schüttelte sich „Man sieht nichts mehr vom Fahrer … nur ein verformtes Blechknäuel … ich weiß nicht …“ Er deutete auf das Ende der Karambolage und biss sich auf die Oberlippe. „Ein LKW konnte zu spät bremsen und hat einen Renault Twingo unter sich begraben! Ich …. !“ Erschüttert wandte er sich ab, um weiter Hilfe zu leisten. Ben war sich nicht sicher, ob er nicht doch noch seine Selbstbeherrschung verlieren würde, da der Unfallverursacher bei seinem Bericht einen spöttischen Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte.
    Semir verfrachtete den Verdächtigen auf die Rücksitzbank seines Dienstwagens. „Werner!“, rief er einem Kollegen vom Streifendienst zu, der mit weiteren Kollegen der PAST am Unfallort eingetroffen war, „Du begleitest mich. Wir bringen unseren stummen Fisch zur Dienststelle!“ Er schlug die Autotür zu und wandte sich in Richtung seines Partners: „Ben? … Bleibst du hier und hilfst den Kollegen bei den Zeugenaussagen? Schau mal, ob du eine Spur von seiner Begleiterin findest! Vielleicht hat ja einer der Zeugen was gesehen und kann uns eine Beschreibung von ihr liefern. Oder einer dieser Möchte-Gern-Kamera-Leute hat was aufgenommen!“ Dabei deutete er auf eine Gruppe Jugendlicher, die trotz Aufforderung ihre Handys wegzustecken, eifrig weiter filmten. Sein Partner nickte zustimmend und verabschiedete sich, „Ich lass den Audi in die KTU bringen und komme so bald wie möglich mit einem der Kollegen nach!“

    *****
    Auf der Dienststelle wurden Semir und der Unfallverursacher bereits von Frau Krüger erwartet. Mit verschränkten Armen stand sie vor Susannes Schreibtisch. Ihre eiserne Miene sprach Bände.

    „Ist das der junge Mann, der für die Massenkarambolage auf der A3 verantwortlich ist?“
    Semir, der den gefesselten Mann vor sich her schob, nickte zustimmend. Die Chefin stellte sich vor dem Mann hin und musterte ihn mit ihrem tödlichen Blick. „Gut! Die Staatsanwaltschaft hat sich schon bei mir gemeldet. Das Kennzeichen des Audi TT ist gefälscht. Da hier akute Fluchtgefahr besteht und auf Grund der Unfalltoten wird er auf Anordnung der Staatsanwaltschaft erst mal in Untersuchungshaft genommen. Kümmern Sie sich um die erkennungsdienstlichen Maßnahmen, Herr Gerkan!“, ordnete sie an. „Sobald seine Identität bekannt ist, kümmert sich Frau Schrankmann um den Haftbefehl!“

    „Der Kerl war während der Fahrt stumm wie ein Fisch Frau Krüger. Kein Plan, wer er ist! Er hatte keine Papiere bei sich. Keinen Ausweis, keinen Führerschein, keine Fahrzeugpapiere. Einfach nichts. Außerdem denkt er wohl, dass er hier den harten Mann spielen kann!“, klärte Semir seine Chefin auf.

    „Die Vernehmung übernehme ich selbst!“, zischte sie.

    Der junge Verdächtigte wurde in ein Vernehmungszimmer geführt. Hier nahm ihm Semir höchstpersönlich die Fingerabdrücke ab. Nach wie vor zog es der Mann vor, sich in Schweigen zu hüllen. Seine Mimik hatte sich verändert. Er hatte ein Pokerface aufgesetzt, aus dem sich keine Reaktion auf den verursachten Unfall mehr lesen ließ. Der Kommissar studierte sein Gegenüber … eigentlich wirkte er wie ein normaler junger Mann, nichts Besonderes … nichts Auffälliges … einfach nur Durchschnitt. Anfang 20 … sportliche Figur … mittelgroß … so ein Typ wie du und ich. Er ließ den Unfallverursacher alleine im Verhörraum zurück. Ein bisschen Psycho-Krieg spielen, dachte er, vielleicht war es so leichter an ihn ran zu kommen, von ihm eine Aussage zu bekommen. Ohne Grund fährt ja schließlich niemand mit einem gefälschten Kennzeichen durch die Gegend. Auf dem Weg zu Susannes Schreibtisch kam ihm Frau Krüger im Flur entgegen, die mit dem Verhör beginnen wollte. Wortlos ging sie an ihm vorbei.

    „Jag die Fingerabdrücke gleich mal durch den Computer Susanne und schau mal nach, ob du was über unseren Freund findest. Falls ja, Frau Krüger wartet drauf. Sie ist momentan im Verhörzimmer und befragt den Verdächtigen. Und sag Hartmut Bescheid, dass er sich den schwarzen Audi dringend anschauen soll.“

    Der Hauptkommissar kehrte zurück und wohnte der Vernehmung als stiller Beobachter von außen bei. Über ein Fenster konnte er direkt in den Raum blicken und hörte über eine Gegensprechanlage, was gesprochen wurde. Der Unfallverursacher zeigte nach wie vor keine Regung … keine Antwort … nichts ließ einen Außenstehenden erahnen, was in seinem Innern vorging. Er verlangte noch nicht mal einen Anwalt zu sprechen. Stocksteif saß er auf seinem Stuhl, starrte einen imaginären Punkt an der gegenüberliegenden Wand an und hielt demonstrativ die Arme vor seiner Brust verschränkt.