Es dauerte trotzdem eine halbe Stunde lang, bis Semir im Schockraum der Klinik ankam. Trotz weiterer Volumengabe und kreislaufstützender Medikamente verschlechterte sich Semirs Zustand während der Fahrt. Im Schockraum wurde er umgelagert.
Die Ärztin beeilte sich mit der Übergabe – heute war mal wieder die Hölle los! Auch das Team vom Rettungsdienst verabschiedete sich – sie mussten so schnell wie möglich ihre Ausstattung reinigen und auffüllen! Die Leitstelle brauchte sie so schnell wie möglich zurück.
Gerade wollte man Semir mit dem mobilem Röntgengerät untersuchen, da stiegen plötzlich Blutdruck und Puls.
Das erste, was Semir bemerkte, war die Schwere seiner Glieder. Die heftigen Schmerzen. Die vollumfängliche Dunkelheit. Er konnte sich nicht rühren, keine seiner Zellen schien ihm mehr zu gehorchen. Nicht einmal die Augenlieder ließen sich bewegen. Kein Laut entwich seinem Mund, der mit irgendetwas gefüllt war. Panik ergriff ihn. Wo war er? Was war passiert? Er spürte sein Herz rasen. So schnell, so unbändig, dass ihm das Hämmern des Pulsschlags in den Ohren kreischte. Im selben Moment musste etwas an seinem Verhalten seine Peiniger informiert haben, dass er im Begriff war, zu sich zu kommen: Ein schriller Alarm ertönte. Semir hörte ein Fluchen. Ein unmenschlicher Schmerz durchzog seinen Kopf. Ihm wurde übel. Wieder verlor er das Bewusstsein und mit ihm jeden Schmerz.
Die Anästhesistin wusste sofort, was passiert war: „Das Ketamin lässt nach!“ Kaum hatte sie ihren Patienten mit einer passenden Narkose versorgt, sackte der Blutdruck ab. Der rasende Puls war nicht mehr an den Handgelenken, nur noch am Hals schwer tastbar. Dr. Seywald hatte den Brustkorb so gut wie möglich versorgt und die Atmung gesichert. Gegen die Blutung, die sich laut dem ersten Ultraschall im Schockraum in Semirs Bauch ausbreitete und die Blutung, die im Oberschenkel stattfinden konnte, waren alle präklinischen Maßnahmen machtlos.
In Windeseile packte das Schockraumteam alles Erforderliche zusammen und Semir kam in den OP. Dort leuchtete die Anästhesistin ihrem Patienten nochmals in die Augen und stellte erschrocken fest: "Er hat eine klare Pupillendifferenz!"